Beschluss vom Landgericht Arnsberg - 8 T 4/16
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 05.08.2016 wird der Ordnungsgeldbeschluss der Einigungsstelle bei der Industrie- und Handelskammer Arnsberg vom 03.08.2016 abgeändert und wie folgt gefasst:
Gegen den Antragsgegner wird wegen unentschuldigten Ausbleibens im von der Einigungsstelle zur Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bei der Industrie- und Handelskammer Arnsberg anberaumten Verhandlungstermin vom 03.08.2016 ein Ordnungsgeld in Höhe von 100,00 € festgesetzt.
Die weitergehende sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Einigungsstelle zur Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bei der Industrie- und Handelskammer O1 hat im oben näher bezeichneten Verfahren einen Termin auf den 03.08.2016 anberaumt und das persönliche Erscheinen des Antragsgegners angeordnet. In diesem Verhandlungstermin erschien der Antragsgegner nicht. Gegen ihn wurde daraufhin wegen unentschuldigten Ausbleibens ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 € festgesetzt.
4Gegen diesen ihm am 05.08.2016 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seinem als „Widerspruch“ bezeichneten Rechtsbehelf vom selben Tage. Zur Begründung trägt der Antragsgegner in diesem Schreiben Folgendes vor: „Wie telefonisch schon erklärt, hatte ich eine Autopanne. Aus diesem Grund konnte ich bei dem Termin nicht anwesend sein. Bitte vereinbaren sie mit mir einen Termin“.
5Diesen „Widerspruch“ hat der Vorsitzende der Einigungsstelle ausweislich des Schreibens vom 29.08.2016 zurückgewiesen.
6Die Akte ist daraufhin der Kammer zur Entscheidung vorgelegt worden.
7II.
8Die statthafte sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist zum Teil begründet:
91.
10Gemäß § 15 Abs. 5 Satz 3 Alt. 2 UWG findet gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung an das für den Sitz der Einigungsstelle zuständige Landgericht – dort die Kammer für Handelssachen – statt. Daraus folgt, dass der vom Antragsgegner gegen den Ordnungsgeldbeschluss eingelegte, als „Widerspruch“ bezeichnete Rechtsbehelf als sofortige Beschwerde auszulegen und als solche statthaft ist. Zur Entscheidung berufen ist gemäß § 349 Abs. 2 Nr. 12 ZPO der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen ohne Mitwirkung der Handelsrichter.
112.
12Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Gemäß § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO kann gegen eine im Termin ausgebliebene Partei ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Aus der Bezugnahme auf die Vorschriften betreffend die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen nicht erschienenen Zeugen folgt, dass eine Partei – ebenso wie ein Zeuge – in Anwendung der Regelung des § 380 Abs. 3 ZPO gegen einen Ordnungsgeldbeschluss sofortige Beschwerde einlegen kann, wie dies auch aus der Regelung des § 15 Abs. 5 Satz 3 Alt. 2 UWG hervorgeht.
13Die sofortige Beschwerde ist zulässig erhoben (§ 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), insbesondere innerhalb der Frist des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt worden.
14Die sofortige Beschwerde ist der Kammer auch zur Entscheidung angefallen, nach- dem sich dem Schreiben des Vorsitzenden der Einigungsstelle vom 29.08.2016 entnehmen lässt, dass der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen werden sollte. Die Kammer erachtet diese Vorgehensweise noch für genügend, weist aber darauf hin, dass eine (Nicht-)Abhilfeentscheidung im Sinne des § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO (i. V. m. § 15 Abs. 5 Satz 3 Alt. 2 UWG) grundsätzlich von den Personen zu fassen ist, die auch in der entsprechenden Sitzung anwesend waren, also vom Vorsitzenden und den Beisitzern. Im vorliegenden Fall erschiene es jedoch als bloße Förmelei, die Akte zur Nachholung einer solchen Nichtabhilfeentscheidung an die Einigungsstelle zurückzusenden.
153.
16Die demnach statthafte und zulässige sofortige Beschwerde ist in der Sache nur teilweise begründet.
17a)
18Eine vollständige Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses, wie sie vom Antragsgegner angestrebt wird, kommt vorliegend allerdings nicht in Betracht: Die Kammer hat den Antragsgegner mit ihm am 23.09.2016 zugestelltem Schreiben bereits darauf hingewiesen, dass die Festsetzung des Ordnungsgeldes unter Anwendung der einschlägigen Regelung des § 381 Abs. 1 ZPO nur dann aufgehoben werden kann, wenn das Ausbleiben im anberaumten Termin – hier somit im Termin vom 03.08. 2016 – nachträglich genügend entschuldigt wird. Die Kammer hat dem Antragsgegner in diesem Schreiben aufgegeben, binnen zwei Wochen nähere Darlegungen zur Akte zu reichen, aus denen sich ergeben sollte, wann er zum Verhandlungstermin aufbrach, wann und wo er die Autopanne erlitt und wieso er die Einigungsstelle nicht unverzüglich vom Auftreten der Autopanne unterrichtete. Eine Stellungnahme des Antragsgegners hierzu ist bis zum heutigen Tage nicht eingegangen. Daraus folgt, dass der Antragsgegner – entgegen der gesetzlichen Anforderung, wie sie sich aus § 381 Abs. 1 Satz 2 ZPO ergibt – es nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihn an der Nichtwahrnehmung des Termins vom 03.08.2016 kein Verschulden traf, so dass die Aufhebung des Ordnungsgeldbeschlusses gemäß § 381 Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht in Betracht kommt.
19b)
20Unter Beachtung von - zu ähnlichen Fällen ergangenen - obergerichtlichen Entscheidungen ist die Kammer aber der Ansicht, dass vorliegend die Verhängung eines Ordnungsgeldes in einer Höhe von 100,00 € angemessen im Sinne des Gesetzes ist:
21Bei der Ausübung des der entscheidenden Stelle hinsichtlich der Festsetzung der Höhe eines zu verhängenden Ordnungsgeldes zustehenden Ermessens haben sowohl die festsetzende Stelle – hier also die Einigungsstelle – als auch das Gericht die Zwecksetzung des § 141 Abs. 3 ZPO (im vorliegenden Falle i. V. m. § 15 Abs. 5 Satz 3 UWG) zu würdigen; in diesem Zusammenhang sei ergänzend dargelegt, dass die Notwendigkeit, insoweit Ermessen auszuüben, aus der einschlägigen Regelung gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EGStGB folgt, laut der das Mindestmaß eines Ordnungsgeldes fünf, das Höchstmaß tausend Euro beträgt. Zweck des § 141 Abs. 3 ZPO ist es aber nicht, eine vermeintliche Missachtung der Anordnung des persönlichen Erscheinens zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts und den Fortgang des Verfahrens sicherzustellen sowie eine gütliche Beilegung des zugrundeliegenden Streits zu ermöglichen, so dass der entscheidenden Stelle mit der Möglichkeit, im Fall des Ausbleibens einer geladenen Person ein Ordnungsgeld verhängen zu können, in erster Linie ein Mittel an die Hand gegeben werden soll, die zur Wahrheitsfindung erforderliche Aufklärung des Tatbestands und die sachgemäße Förderung des Verfahrens sicherzustellen (vgl. nur OLG Düsseldorf, OLGZ 1994, 576 ff., m. z. w. N.). Vor dem Hintergrund dieses Gesetzeszweckes ist es anerkannt, dass die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die trotz Ladung dem Termin ferngebliebene Partei nicht zwingend ist, sondern dass die entscheidende Stelle ein Ermessen hat, das sie anwenden und – weil sonst die Nachprüfbarkeit für die Partei und das Rechtsmittelgericht fehlt – inhaltlich begründen muss (OLG Düsseldorf, a. a. O.). Aus dieser Begründung muss hervorgehen, warum die verhängende Stelle nach pflichtgemäßer Abwägung des Für und Wider zum Einen die Verhängung eines Ordnungsgeldes für angezeigt erachtet; zum Andern muss die Begründung auch ergeben, wieso die Festsetzung des jeweils verhängten Ordnungsgeldes in der jeweils verhängten Höhe für angemessen erachtet wird. Eine solche Begründung geht aus dem angefochtenen Beschluss aber nicht hervor.
22Das ändert nichts daran, dass die Kammer zur Entscheidung über die vom Antragsgegner eingelegte sofortige Beschwerde berufen ist. Zu den Gründen für die abändernde Entscheidung der Kammer sei kurz Folgendes dargelegt:
23Vorliegend ist für die Entscheidung der Kammer, den Ordnungsgeldbeschluss zur Höhe abzuändern, insbesondere maßgeblich, dass der Antragsgegner im als solchen bezeichneten „Widerspruchsschreiben“ vom 05.08.2016 zwar nicht das Vorliegen genügender Entschuldigungsgründe glaubhaft gemacht, aber immerhin um einen neuen Termin gebeten hat. Daraus folgt, dass eine grundsätzliche Bereitschaft des Antragsgegners zu bejahen sein dürfte, am Verfahren mitzuwirken, so dass kein Fall vorliegen dürfte, in dem die Mitwirkungsbereitschaft durch die Verhängung eines Ordnungsgeldes zu fördern ist; dabei ist zu berücksichtigen, dass von der Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen eine Partei nur zurückhaltend Gebrauch gemacht werden soll (vgl. zum Ganzen OLG Düsseldorf, a. a. O. m. w. N.).
24Diese in die Ermessensausübung einzustellenden Aspekte bewegen die Kammer – die die Festsetzung des Ordnungsgeldes selbst vornehmen darf (OLG Düsseldorf, a. a. O.) – dazu, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses und unter Zurückweisung der weitergehenden sofortigen Beschwerde des Antragsgegners das Ordnungsgeld mit einem Betrag in Höhe von 100,00 € festzusetzen.
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Referenzen
- ZPO § 569 Frist und Form 1x
- § 15 Abs. 5 Satz 3 UWG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 349 Vorsitzender der Kammer für Handelssachen 1x
- § 15 Abs. 5 Satz 3 Alt. 2 UWG 3x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 380 Folgen des Ausbleibens des Zeugen 1x
- ZPO § 572 Gang des Beschwerdeverfahrens 1x
- ZPO § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde 1x
- ZPO § 141 Anordnung des persönlichen Erscheinens 3x
- ZPO § 381 Genügende Entschuldigung des Ausbleibens 3x