Urteil vom Landgericht Bonn - 17 0 244/84
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.512,84 DM nebst 4 % Zinsen aus 1.318,82 DM seit dem 31.10.1984 und aus weiteren 1.194,02 DM seit , dem 01.01.1985 zu zahlen.
Die Beklagten sind als Gesamtschuldner verpflichtet, dem Kläger allen zukünftig entstehenden materiellen Schäden aus dem Unfallereignis vom 21.12.1982, soweit, die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind, zu 3/4 zu ersetzen, die Beklagte zu 1) jedoch nur im Rahmen der Haftungssumme aus dem Versicherungsvertrag Nr. ### ####.
Die Beklagten zu 1) und 3) sind als Gesamtschuldner verpflichtet, dem Kläger allen zukünftig entstehenden immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 21.12.1982 unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 1/4 zu ersetzen, die Beklagte zu 1) jedoch nur im Rahmen der Haftungssumme aus dem Versicherungsvertrag Nr. ### ####.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 87 %, die Beklagten 13 %.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,-- DM, für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.500,-- DM vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Sicherheitsleistung auch durch eine selbstschuldnerische Bürgschaft einer westdeutschen Großbank oder Sparkasse erbringen.
1
Tatbestand:
2Der Kläger verlangt Ersatz des vollen Schadens, den er bei einem Verkehrsunfall am 21.12.1982 gegen ##:## Uhr erlitten hat. Er befuhr mit seinem Pkw I B im Gebiet der Stadt C die vorfahrtsberechtigte L ### in Richtung J und stieß mit einem von links aus der Dstraße in die Fahrtrichtung des Klägers einbiegenden Lkw zusammen.
3Die Beklagten zu 2) und 3) sind die Halterin bzw. der Fahrer des Lkw, die Beklagte zu 1) deren Haftpflichtversicherer.
4Der Kläger hatte bei dem Unfall den Sicherheitsgurt nicht angelegt und stand unter Alkoholeinwirkung. Eine knapp drei Stunden später entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholwert von 1,36 0/00 im Mittelwert.
5Bei der Kollision der Fahrzeuge erlitt der Kläger folgende Verletzungen:
6Trümmerfraktur der rechten Hüfte mit Ausrenkung des Hüftkopfes, Fraktur der 8. Rippe, Radiusfraktur, Herzquetschung, Gehirnerschütterung, stumpfes Bauchtrauma, HWS-Schleudertrauma, Knieprellung.
7Er befand sich wiederholt in stationärer Behandlung, und zwar vom ##.##.1982 bis ##.##.1983 im Q-Krankenhaus in E sowie vom ##.##. bis ##.##.1984, vom ##.##. bis ##.##.1984 und vom ##.##. bis ##.##.1984 im F-Krankenhaus in L. Anfang des Jahres 1984 wurde ihm dort eine zementlose Judet-Protese implantiert. Wegen unzureichender Stabilität der Hüftpfanne erfolgte postoperativ eine Ruhigstellung im Beckenbeingips und später die Anlegung einer Gipshose, die erst nach dem ##.##.1984 abgenommen werden konnte. Auch heute leidet der Kläger insbesondere bei Kälte unter belastungsabhängigen Schmerzen der rechten Hüfte bis zum Knie. Abends kommt es häufig zu einem Anschwellen des rechten Fußes. Als Dauerschäden werden vor allem ein Beckenschiefstand mit Beinverkürzung rechts um knapp 2 cm, eine Einschränkung der Hüftbeweglichkeit, eine Hyposensibilität an der Lateralseite des rechten Ober- und Unterschenkels und der Innenseite des linken Fußes, eine Großzehenheberschwäche rechts sowie Schmerzen bei Wetterumschwung verbleiben. Der Kläger war bis zum 04.01.1985 zu 100 % erwerbsunfähig. Ab diesem Zeitpunkt beträgt die Erwerbsunfähigkeit 60 %.
8Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zu den Akten gereichten ärztlichen Gutachten, insbesondere die Stellungnahmen des Dr. med. T vom ##.##.1984 (Bl. 9 d.A.) und vom ##.##.1984 (Bl. 182 d.A.) sowie das den Erstbefund im Q-Krankenhaus betreffende Attest vom ##.##.1985 (Bl. 196 d.A.) verwiesen.
9Wegen der erlittenen Verletzungen machte der Kläger gegenüber den Beklagten zu 1) und 3) ein angemessenes Schmerzensgeld von nicht unter 20.000,-- DM geltend. Darüber hinaus verlangt er von allen Beklagten Erstattung der durch den Unfall verursachten materiellen Schäden und der sonstigen Folgekosten in einer Gesamthöhe von 35.640,-- DM gemäß Aufstellung Bl. 2 und 3 der Klageschrift. Außerdem wird für die Zeit ab dem ##.##.1983 ein Erwerbsschaden geltend gemacht.
10Der Kläger war bis zum Unfall bei einer Maler- und Anstreicherfirma tätig. Er bezog im Jahre 1982 entsprechend der zu den Akten gereichten Lohnbescheinigung (BI. 44 d.A.) unter Einschluss einer Prämie und des Weihnachtsgelds ein Nettogehalt von 20.960,43 DM. Ab dem ##.##.1983 erhielt der Kläger folgende Leistungen der LVA bzw. des Arbeitsamtes: Für die Zeit vom ##.##.1983 bis ##.##.1984 bezog er eine Erwerbsunfähigkeitsrente von insgesamt 27.178,20 DM (vgl. Schreiben LVA vom ##.##.1984 und ##.##.1985 (Bl. 45, 201 d.A.». In der Zeit vom ##.##.1985 bis zum ##.##.1985 bezog er ein Arbeitslosengeld von 234,60 DM wöchentlich (vgl. Bewilligungsbescheid BI. 97 d.A.). Seit dem ##.##.1985 nimmt er an einer Umschulung zum Bürokaufmann teil und erhält von der LVA ein kalendertägiges Übergangsgeld, das bis zum ##.##.1985 pro Tag 46,42 DM, vom ##.##.1986 bis ##.##.1986 kalendertägig 49,51 DM und ab dem ##.##.1986 kalendertägig 51,-- DM beträgt.
11Die Beklagten haben vor Rechtshängigkeit Abschlagzahlungen in Höhe von 16.500,-- DM und nach Rechtshängigkeit weitere 5.000,-- DM gezahlt, die der Kläger sich auf die vorstehenden Ansprüche anrechnen lässt.
12Der Kläger behauptet, der Beklagte zu 3) habe bei dem Unfall trotz Dunkelheit die Scheinwerfer nicht eingeschaltet gehabt. Das Nicht- anlegen der Sicherheitsgurte und der Alkoholgenuss habe sich bei dem Unfall nicht ausgewirkt, weil bei Benutzung der Gurte die gleichen Verletzungen aufgetreten wären und ein nüchterner Fahrer den Unfall nicht hätte vermeiden können.
13Der Kläger beantragt,
141. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 24.456,-- DM ( Verdienstausfall vom 22.06.1983 bis 31.12.1984 sowie Sachschaden) nebst 4 % Zinsen ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
152. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 1.620,-- DM (Verdienstausfall Januar und Februar 1985) sowie ab März 1985 bis zum Ende der auf den Unfallverletzungen vom 21.12.1982 beruhenden Arbeitslosigkeit des Klägers alle zwei Wochen jeweils 405,-- DM zu zahlen;
163. die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen ab 21.12.1983 zu zahlen;
174. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 1) jedoch nur im Rahmen der Haftungssumme aus dem Versicherungsvertrag Nr. ### ####, verpflichtet sind, dem Kläger allen zukünftig entstehenden materiellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 21.12.1982 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen sind;
185. festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 1) jedoch nur im Rahmen der Haftungssumme aus dem Versicherungsvertrag Nr. ### ####, verpflichtet sind, dem Kläger allen zukünftig entstehenden immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 21.12.1982 zu ersetzen.
19Die Beklagten beantragen,
20die Klage abzuweisen und Sicherheitsleistungen auch durch Bankbürgschaft erbringen zu dürfen.
21Sie bestreiten für einen Teil der geltend gemachten materiellen Schäden die Unfallursächlichkeit. Insoweit wird auf die Ausführungen in der Klageerwiderung Bl. 37-39 d.A. Bezug genommen. Im Übrigen sind sie der Ansicht, infolge des Mitverschuldens des Klägers und der erbrachten Zahlungen seien die Ansprüche bereits ausgeglichen.
22Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 05.03.1985. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen R vom 08.05.1985 (Bl. 122 d.A.), das Gutachten des Prof. Dr. K vom 12.08.1985 (Bl. 162 d.A.) sowie die mündlichen Erläuterungen des Dr. X in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.1985 (Bl. 192 d.A.) Bezug genommen.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und Anlagen verwiesen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.
26Dem Kläger stehen gegenüber dem Beklagten zu 3) Schadensersatzansprüche zu gemäß §§ 823 I, 11 BGB i.V.m. § 8 StVO, sowie gemäß §§ 7, 17, 18 StVG. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Beklagte zu 3) den Unfall durch die Vorfahrtsverletzung schuldhaft verursacht hat.
27Für die darüber hinaus behauptete fehlende Beleuchtung am Lkw ist der Kläger hingegen beweisfällig geblieben.
28Auch den Kläger trifft am Unfall jedoch ein Verschulden, weil er infolge des vorangegangenen Alkoholkonsums fahruntüchtig war und deshalb zu spät reagiert hat, während ein nüchterner Fahrer sein Fahrzeug noch rechtzeitig angehalten hätte. Aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen R in seinem Gutachten vom 08.05.1985 (BI. 122 d.A.) steht für die Kammer fest, dass der Kläger den Unfall durch eine um 0,6 sec. frühzeitigere Reaktion hätte vermeiden können, da sein Fahrzeug dann noch vor dem Lkw zum Stand gekommen wäre. Die tatsächliche Reaktion lag jedoch erst 1,89 sec. bzw. 2,06 sec. vor dem Anstoß, wobei die Reaktionszeit mit 0,8 sec. berücksichtigt ist. Als Folge hiervon konnte die Geschwindigkeit nicht mehr ausreichend abgebaut werden.
29Der Sachverständige R hat sich allerdings aufgrund seiner Feststellungen nicht dazu äußern können, ob der Lkw zu dem Zeitpunkt, zu dem eine Reaktion hätte erfolgen müssen, für den Kläger bereits erkennbar war. Gleichwohl bedarf es keiner weiteren Untersuchungen im Rahmen der vom Sachverständigen vorgeschlagenen Fahrversuche. Der Sachverständige Dr. X hat bei seiner Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 01.10.1985 (BI. 193 d.A.) nachvollziehbar dargelegt, dass sich ab einer Blutalkoholkonzentration von 1 0/00 aufwärts die ". Reaktionszeit um mindestens 40 bis 50 % verschlechtert. Eine noch größere Bedeutung misst der Sachverständige dem Umstand zu, dass ein alkoholisierter Fahrer das Gefahrenmoment einer Verkehrssituation erheblich später erkennt als ein nüchterner Fahrer. Diese Feststellungen sind für den vorliegenden Fall anwendbar, weil die Rückrechnung des festgestellten Blutalkoholwertes auf die Unfallzeit nach den Ausführungen des Sachverständigen einen Wert von mindestens 1,43 0/00 ergibt. Zu der Reaktionszeit von 0,8 sec., die der Sachverständige R als Erfahrungswert für einen nüchternen Fahrer zugrundegelegt hat, ist somit eine weitere Reaktions- bzw. Wahrnehmungszeit von etwa gleicher Länge hinzuzurechnen, die der Kläger infolge der alkoholbedingten Verlangsamung zusätzlich benötigt hat, um die festgestellten Bremsspuren verursachen zu können. Das sich aus den Spuren ergebende Bremsmanöver wäre also nicht möglich gewesen, wenn der Kläger das Fahrzeug nicht bereits weitere 0,8 sec. vor dem vom Sachverständigen R errechneten Reaktionszeitpunkt gesehen hätte. Diese zusätzliche Zeitspanne hätte für einen nüchternen Fahrer jedoch ausgereicht, um den Unfall zu vermeiden.
30Ein weiteres Mitverschulden im Hinblick auf die Verletzung der Anschnallpflicht trifft den Kläger hingegen nicht. Nach den Ausführungen des medizinischen Sachverständigen im schriftlichen Gutachten vom 12.08.1985 (Bl. 162 ff d.A.) und den hierzu gegebenen mündlichen Erläuterungen im Termin vom 01.10.1985 (B1. 193 d.A.) steht für die Kammer fest, dass gleichschwere Verletzungen auch bei angelegtem Sicherheitsgurt aufgetreten wären. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Hüftverletzung. Die Kammer hält es aufgrund der aus den Lichtbildern ersichtlichen Fahrzeugschäden und den Feststellungen im polizeilichen Unfallbericht, nach denen der Kläger in seinem Fahrzeug auf dem Fahrersitz eingeklemmt war, für erwiesen, dass das Armaturenbrett in den Fahrzeugraum hineingedrückt worden ist. Es wäre auch bei einem angegurteten Fahrer zu einem derart starken Anprall auf das Knie und zu einer entsprechenden Kraftübertragung auf die Hüfte gekommen, dass das Hüftgelenk dieser Belastung nicht standgehalten hätte.
31Die somit erforderliche Abwägung nach §§ 17, 18 Abs. 3 StVG, § 254 BGB führt zu einer Quote von 1/4:3/4 zugunsten des Klägers. Die Nichtbeachtung der Vorfahrt trotz des im Einmündungsbereich der Dstraße aufgestellten Stoppschildes stellt ein besonders grobes verkehrswidriges Verhalten des Beklagten zu 3) dar. Hinzu kommt die gegenüber einem normalen Pkw gesteigerte Betriebsgefahr des Lkw. Der Ursachenbeitrag und das Verschulden des Klägers infolge der verspäteten Bremsreaktion tritt dahinter zurück.
32Neben dem Beklagten zu 3) haftet die Beklagte zu 2) als Halterin des Pkw im gleichen Umfang (§§ 7, 17 StVG), wobei die immateriellen Schäden jedoch ausgeklammert sind. Die Beklagte zu 1) haftet jeweils als Gesamtschuldner mit den Beklagten zu 2) bzw. 3) gemäß § 3 Nr. 1, 2 PflVersG als deren Haftpflichtversicherer.
33Hinsichtlich der Höhe des sich daraus ergebenden Schadensersatzanspruchs gilt folgendes:
341. Von den geltend gemachten Sach- und Vermögensschäden (ohne Verdienstausfall) ist nur ein Teilbetrag in Höhe von 13.758,42 DM berücksichtigungsfähig. Unter Einbeziehung der Haftungsquote (3/4) ergibt sich ein Betrag von 10.318,82 DM. Es sind dabei aus der Schadensaufstellung BI. 2/3 d.A. die Positionen 1. bis 4. und 13. mit einem Betrag von 9.214,82 DM unstreitig. Ebenfalls begründet sind die Positionen 5. bis 8., 10., 14. und 17. mit dem geltend gemachten Gesamtbetrag von 2.586,60 DM (Kleiderschaden, Fahrtkosten, Orthopädische Schuhe, Zusatzaufwand Krankenhausaufenthalt, Treueprämie). Bei der Schwere der vom Kläger erlittenen Verletzungen entspricht es dem normalen Verlauf, dass die in diesen Positionen aufgeführten Aufwendungen anfallen.
35Bei Position 9. (Ehebett) und Position 11. (Pkw) kommt lediglich ein Teilbetrag von 200,-- DM bzw. 1.000,-- DM in Ansatz, weil der Kläger nur die unfallbedingten Mehrkosten verlangen kann, hier also die Kosten für einen zusätzlichen Lattenrost für das Bett und den Aufpreis für eine Getriebeautomatik. Insoweit hat das Gericht von der Möglichkeit der Schadensschätzung gem. § 287 ZPO Gebrauch gemacht.
36Bei Position 12. (weitere Fahrtkosten der Ehefrau) ist lediglich ein Teilbetrag von 257,-- DM belegt. Die übrigen Beträge betreffen Fahrten des Klägers, die in Position 7. geltend gemacht werden und dort voll in Ansatz kommen.
37Bei Position 15. (Stornogebühr) ist der Ursachenzusammenhang mit dem Unfall nicht gegeben. Wenn der Kläger, wie er vorträgt, auf etwa 8 Monate im Voraus eine Urlaubsreise gebucht hat in der Hoffnung, bei Reiseantritt gesundheitlich wieder hergestellt zu sein, so geschah dies ausschließlich auf eigenes Risiko.
38Bei Position 16. ist lediglich das Weihnachtsgeld 1983 in Höhe von 500,-- DM anzusetzen, weil der Anspruch für das Jahr 1982 gemäß § 4 LFZG auf den Arbeitgeber übergegangen ist. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beklagten hat der Kläger von seinem Arbeitgeber 1982 ein Weihnachtsgeld von 500,-- DM erhalten.
39Die angeführten Einzelbeträge ergeben den oben angeführten Betrag von 13.758,42 DM, von dem die Mithaftquote abzusetzen ist.
402. Bei dem Erwerbsschaden kommt lediglich ein Rückstand für das Jahr 1985 in Höhe von 1.194,02 DM in Ansatz. Im Übrigen, insbesondere auch für die überschaubare Zukunft, ist der Schaden durch die Leistungen der Sozialversicherungsträger ausgeglichen.
41Die Einkommenseinbußen des Klägers sind auf der Basis des Nettolohnes zu berechnen. Die Ersparnisse an Sozialabgaben und Steuern sind abzusetzen, weil der Erwerbsschaden zu einem großen Teil durch Leistungen der Sozialversicherung abgedeckt ist, die nicht einkommenssteuerpflichtig sind. Darüber hinaus braucht der Kläger zur Zeit keine eigenen Sozialabgaben zu tragen. Würden diese Ersparnisse nicht berücksichtigt und stattdessen das ungekürzte Bruttoeinkommen zugrundegelegt, - würde der Kläger entgegen dem Grundsatz des § 249 S. 1 BGB unangemessen begünstigt (vgl. BGH NJW 80, 1788, VersR 1983, 149).
42Weiterhin sind die erbrachten Renten- bzw. Arbeitslosengeldzahlungen in voller Höhe vom Anspruch des Klägers abzusetzen, weil insoweit ein Forderungsübergang auf die Sozialversicherungsträger erfolgt ist. Es handelt sich bei dem im Jahre 1982 erfolgten Unfall um einen "Altschaden", bei dem statt des § 116 SGB X die Vorschriften der §§ 127 AFG i.d.F. des Gesetzes vom 22.12.1981 bzw. § 1542 RVO und das darin geregelte Quotenvorrecht Anwendung findet.
43Der Jahresnettolohn des Klägers betrug im Jahre 1982 20.960,43 DM. Dies entspricht einem durchschnittlichen monatlichen Nettolohn von 1.746,70 DM. Für die weitere Schadensberechnung legt die Kammer für die Vergangenheit eine jährliche Steigerung des Nettolohns von 3 % zugrunde (§ 287 ZPO). Dieser Satz entspricht der allgemein bekannten Entwicklung der Arbeitslöhne, wie sie etwa auch in den Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamts ihren Niederschlag findet (vgl. z.B. Fachserie 16 Ziffer 312). Eine darüber hinausgehende Einkommenssteigerung - etwa auf Grund einer zusätzlichen beruflichen Qualifikation -, hat der Kläger nicht dargelegt. Insbesondere reicht das Vorbringen im Schriftsatz vom 23.01.1986, das ohnehin gemäß § 296 a ZPO als verspätet zurückzuweisen ist, hierfür nicht aus.
44Für das Jahr 1983 gilt nach alledem folgendes: Der anzusetzende Monatsnettolohn beträgt 1.800,-- DM. Für die Zeit vom 22.06. bis 31.12.1983 (6 1/4 Monate) folgt hieraus ein Betrag von 11.250,-- DM. Für das Jahr 1984 beträgt der anzusetzende Monatslohn 1.854,-- DM. Der zu erwartende Jahresnettolohn betrug 22.248,-- DM. Der Gesamtverlust bis zu diesem Zeitpunkt belief sich damit auf 33.498,-- DM. Unter Berücksichtigung der Mithaftquote (1/4) verbleibt der Betrag von 25.123,50 DM. Tatsächlich erhalten hat der Kläger jedoch 27.178,20 DM (18.079,80 DM + 9.098,40 DM).
45Im Jahre 1985 betrug der anzusetzende Monatslohn 1.910,-- DM. Dies entspricht einem Jahresnettolohn von 22.920,-- DM. Nach Abzug des Mitverschuldensanteils verbleibt ein Betrag von 17.190,-- DM. Erhalten hat der Kläger für die Zeit vom 01.01. bis 17.03.1985 2.580,60 DM (11 x 234,60 DM) und für die Zeit vom 18.03. bis 31.12.1985 13.415,38 DM (289 x 46,42 DM) somit insgesamt 15.995,98 DM. Es verbleibt ein Erwerbsschaden von 1.194,02 DM.
46Für das Jahr 1986 beträgt der anzusetzende Monatslohn 1.967,--DM. Bei der vom Kläger verlangten zweiwöchigen Zahlungsweise ergibt sich die Summe von 917,93 DM (1.967 : 30 x . 14). Unter Berücksichtigung des Mitverschuldens verbleibt ein Betrag von 688,45 DM. Der Kläger erhielt bis zum 18.02.1986 pro
47Tag 49,51 DM und damit für den 14-Tages-Zeitraum 693,14 DM. Der Erwerbsschaden ist damit voll ausgeglichen. Ab dem 01.03.1986 liegen die Zahlungen der LVA sogar noch höher, so dass auch für die Zeit danach kein Anspruch verbleibt.
483. Der Schmerzensgeldanspruch des Klägers ist bei Berücksichtigung aller Umstände auf den Betrag von 12.500,-- DM zu bemessen. Besonderes Gewicht hatte dabei die Schwere der vom Kläger erlittenen Verletzungen. Der Kläger musste sich wiederholt langandauernden stationären Behandlungen unterziehen. Das Hüftgelenk musste prothetisch versorgt werden. Es sind erhebliche Dauerschäden zurückgeblieben, insbesondere eine Bewegungseinschränkung der Hüfte sowie eine Schädigung des Nervus-Ischiadicus. Der Kläger ist bis heute nicht schmerzfrei.
49Er muss sich einer beruflichen Umschulung unterziehen, wobei die spätere Wiedereingliederung in das Berufsleben noch offen ist.
50Von den weiteren für die Bemessung des Schmerzensgeldes maßgebenden Gesichtspunkten hat die Kammer insbesondere der vom Beklagten zu 3) begangenen groben Vorfahrtsverletzung besonderes Gewicht beigemessen. Andererseits war zu berücksichtigen, dass der Kläger das Fahrzeug in absolut fahruntüchtigem Zustand geführt hat und dass ein nüchterner Fahrer den Unfall vermieden hätte.
51Bei den vorstehenden Erwägungen hat die Kammer die Verletzungsfolgen so berücksichtigt, wie sie sich zum Schluss der mündlichen Verhandlung darstellen. Abgegolten sind damit insbesondere auch die Schmerzen und Beeinträchtigungen, unter denen der Kläger zu leiden haben wird, wenn keine Verschlechterung des Gesundheitszustandes eintritt. Insoweit war eine zeitliche Beschränkung des Anspruchs nicht möglich, weil der Kläger die Kenntnis, dass die heute vorhandenen Schmerzen noch in der Zukunft fortdauern werden, nicht aus seinem Bewußtsein verdrängen kann. Darüber hinaus würde eine ins freie Belieben des Klägers gestellte zeitliche Beschränkung des Schmerzensgelds im Ergebnis zu einer im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigten Schmerzensgeldrente führen können.
52Nicht in das Schmerzensgeld eingeflossen ist hingegen die Möglichkeit, dass in der Zukunft eine Verschlechterung des Zustands eintreten kann. Zwar mag auch insoweit bereits die Möglichkeit für eine medizinische Prognose gegeben sein, so dass an sich auch die möglicherweise zu erwartenden zukünftigen Beeinträchtigungen grundsätzlich mit hätten einbezogen werden können. Nach dem im Zivilprozess herrschenden Verfügungsgrundsatz bleibt es dem Kläger jedoch insoweit unbenommen, die Möglichkeit von Folgeschäden auszuklammern und damit die weitere Entwicklung abzuwarten.
53Nach alledem ergibt sich insgesamt ein Zahlungsanspruch des Klägers in Höhe von 24.012,84 DM (10.318,82 + 1.194,02 + 12.500,--). Hiervon sind die geleisteten Zahlungen in Höhe von 21.500,-- DM abzusetzen, so dass ein Betrag von 2.512,84 DM verbleibt.
54Hinsichtlich der Verrechnung dieser Zahlungen ist zu berücksichtigen, dass die Beklagten keine Bestimmungen getroffen haben und dass die vom Kläger getroffene Bestimmung einer Verrechnung vornehmlich auf den Erwerbsschaden nicht wirksam ist, weil der Erwerbsschaden nur zu einem geringen Teil gegeben ist und dies auch erst in einem nach Zahlungseingang liegenden Zeitpunkt.
55Die Verrechnung erfolgt daher vornehmlich auf das Schmerzensgeld und danach auf die Sachschäden. Dies führt dazu, dass hinsichtlich des Restbetrages eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten verbleibt.
56Die Feststellungsanträge sind mit der Maßgabe begründet, dass der Kläger 1/4 der zukünftigen Schäden selbst zu tragen hat. Da der weitere Heilungsverlauf noch nicht feststeht, ist das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Anträge gegeben.
57Der Zinsanspruch des Klägers ist begründet gem. §§ 284, 286, 288 BGB. Hinsichtlich eines Teilbetrags von 1.194,02 DM (Erwerbsschaden) war jedoch zu berücksichtigen, dass dieser erst im Jahre 1985 entstanden ist.
58Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Hier hatte die Kammer zu berücksichtigen, dass ein Teilbetrag von 5.000,-- DM erst nach Rechtshängigkeit gezahlt worden ist, und dass die Beklagten ohne diese Zahlung insoweit unterlegen wären.
59Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
60Streitwert: 113.870,64 DM (24.456,-- + 54.414,64 + 20.000,-- + " 10.000,-- + 5.000,--)
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