Urteil vom Landgericht Bonn - 6 S 4/90
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 28. November 1989 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bonn – 6 C 385/89 – wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der Klage im übrigen werden die Beklagten verurteilt, an die Kläger 367,40 DM nebst 4 % Zinsen von 11,40 DM seit dem 22.06.1989 sowie von 356,00 DM seitdem 21.11.1989 zu zahlen.
Im übrigen wird die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Kläger als Gesamtschuldner zu 88% und die Beklagte zu 12 %.
1
Entscheidungsgründe
2I.
3Die formell unbedenkliche Berufung der Kläger hat sachlich keinen Erfolg, denn die Beklagte schuldet die im zweiten Rechtszug von Klägerseite weiterverfolgten Positionen Feuerversicherung und Grundsteuer aus der Nebenkostenabrechnung vom 22.05.1989 nicht.
4Zu Recht hat das Amtsgericht die Regelung des Pachtvertrages vom 07.11.1985 in Bezug auf die Frage, welche Nebenkosten von der Beklagten als Pächterin zu tragen sind, für nicht hinreichend bestimmt angesehen. Auf die insoweit zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils wird verwiesen.
5Eine ausdrückliche Regelung, welche Kosten von der Beklagten zu tragen sind, enthält der Vertrag nicht. Die Kläger behaupten auch nicht etwa, es gebe einen allgemeinen Sprachgebrauch dahingehend, unter Betriebskosten seien unter anderem die in Rede stehenden Kosten gemeint, ein solcher Sprachgebrauch besteht nicht.
6Der Auffassung der Berufung, die vertraglich gewählte Formulierung "sämtliche Betriebskosten" würden von der Pächterin getragen, sei im Wege der Auslegung dahingehend zu verstehen, daß alle in der Anlage 3 zu § 27 Abs. 2 2. Berechnungsverordnung (II. BV) aufgeführten "Betriebskosten" auf die Beklagte abgewälzt werden könnten, teilt die Kammer nicht: Hätten die Parteien mit ihrer Wortwahl im Pachtvertrag den Begriff der Betriebskosten aus der II. BV gemeint, hätte es zum einen nahegelegen, dies im Vertragstext ausdrücklich klarzustellen, zumal es sich um einen gewerblichen Pachtvertrag handelt, bei dem sich ein gedanklicher Bezug zu den einschlägigen Vorschriften des öffentlich geförderten Wohnungsbaus nur schwer herstellen lässt. Zum anderen fragt es sich dann, weshalb in § 11 des Pachtvertrages einige Kosten als umlagefähig beispielhaft aufgeführte werden, wenn sämtliche Betriebskosten der II. BV von der Pächterin zu tragen gewesen sein sollten. Es kommt hinzu, daß sich die Definition der Betriebskosten nach der II. BV als Auslegungskriterium für den Pachtvertrag der Parteien auch deshalb verbietet, weil eine gesetzliche Vorschrift, die die Verhältnisse im - noch dazu öffentlich geförderten - Wohnungsbau regeln will, nicht ohne weiteres für eine Vertragsbestimmung maßgebend sein kann, die die Vertragsparteien, ohne durch Mietbindungsbestimmungen eingeschränkt zu sein, frei ausgehandelt haben, denn für sie können ganz andere Gesichtspunkte und Kalkulationsüberlegungen maßgebend gewesen sein (vgl. BGH WPM 1970, 95). Auch ist es im Bereich der Gaststättenpacht weder Verkehrssitte noch Brauch, die strittigen Nebenkosten ohne eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung, auf den Pächter umzulegen. Dies bringen die Kläger im übrigen selbst nicht vor. Tatsächlich handelt es sich bei den strittigen Beträgen um Kosten der Gebrauchsgewährung und -unterhaltung des Pachtobjekts, die nach der gesetzlichen Grundentscheidung in § 581 Abs. 2 i.V.m. §§ 536, 546 BGB der Verpächter zu tragen hat.
7Mit der Beklagten lässt sich nach allem die in Rede stehende Klausel allenfalls dahingehend verstehen, daß nur die Nebenkosten zu Lasten der Verpächterin gehen sollten, die für sie mit einem unmittelbaren Vorteil verbunden und für den Betrieb des Gaststättenobjekts erforderlich sein sollten, wie beispielsweise die Heizkosten und die Gebühren der Be- und Entwässerung des Objekts, nicht aber solche Aufwendungen, die den Klägern aus ihrer Stellung als Eigentümern entstanden (wie z.B. Grundsteuern) und die dem Erhalt des Eigentums und der eigenen Absicherung dienten (wie Versicherungsprämien). Sollten die Kläger mit der Nebenkostenregelung eine umfassende Abwälzung von Nebenkosten gewollt haben, wäre dies unbeachtlich, weil der für die Auslegung von Willenserklärungen nach § 133 BGB maßgebliche wirkliche Wille des Erklärenden (Kläger) nur insoweit in Betracht zu ziehen ist, als er dem Erklärungsempfänger (Beklagte) durch seinen in der Erklärung ausgedrückten objektiven Erklärungsgehalt erkennbar geworden ist.
8Die Berufung der Kläger ist somit ohne Erfolg.
9II.
101.
11Die Berufung der Beklagten ist teilweise unzulässig. Zwar ist sie fristgerecht eingelegt worden. Soweit sich die Beklagte mit ihrem Berufungsantrag aber nicht nur gegen die Verurteilung zur Zahlung verschiedener Versicherungsprämien einschließlich Mehrwertsteuer in Höhe von 462,98 DM wendet, sondern offenbar auch die Verurteilung zur Zahlung eines Betrages von 356,-- DM betreffend anteilige Mehrwertsteuer auf die unstreitigen Nebenkostenpositionen angreift, fehlt es - worauf in der Berufungsverhandlung hingewiesen worden ist - an der gem. § 519 Abs. 3 Nr. 3 ZPO erforderlichen bestimmten Bezeichnung der im einzelnen aufzuführenden Gründe der Anfechtung. Die Berufung ist deshalb insoweit als unzulässig zu verwerfen, ohne daß dazu Stellung zu nehmen ist, ob die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des genannten Mehrwertsteuerbetrages von 356, -- DM sachlich zu Recht erfolgt ist.
122.
13Soweit die Beklagte ihre Berufung begründet hat, ist sie auch im übrigen formell unbedenklich und in der Sache erfolgreich, denn die Beklagte braucht die in Rechnung gestellten Versicherungsprämien für Sturm-, Wasser~ und Haftpflichtschäden nicht zu bezahlen. Entgegen der vom Amtsgericht in diesem Zusammenhang vorgenommenen Würdigung der bereits unter I. erörterten Nebenkostenregelung der Parteien ist die Kammer der Auffassung, daß der Umstand allein, daß die Kläger sich in § 8 des Pachtvertrages verpflichtet hatten, das Gebäude gegen die dort genannten Schäden ausreichend zu versichern, in Bezug auf die Kostentragung ohne Aussagewert ist, so daß es bei der gesetzlichen Regelung der § 581 Abs. 2 i.V.m. §§ 536, 546· BGB zu verbleiben hat. Wäre eine Abwälzung dieser Kosten auf die Pächterin beabsichtigt gewesen, hätte es nahegelegen, dies bereits in § 8 selbst zu regeln - zumal gleich im Anschluss in § 9 eine von § 581 Abs. 2 i. V. m. § 536 BGB abweichende Kostentragung zu· Lasten der Beklagten vereinbart wurde -, oder aber entsprechendes in § 11 des Pachtvertrages als weiteres Beispiel der von Pächterseite zu tragenden Kosten aufzuführen.
143.
15Somit ist das angefochtene Urteil nur in Höhe von 356,00 DM zuzüglich des von der Berufung der Beklagten nicht angegriffenen Betrages von 11,40 DM, d.h. in Höhe von 367,40 DM aufrechtzuerhalten; im übrigen ist die Klage - wie geschehen – abzuweisen.
16III.
17Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO. Sie entspricht dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen der Parteien in beiden Instanzen.
18Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens beträgt (2.213,96 DM Klägerberufung + 818,98 DM Beklagtenberufung) 3.032.94 DM.
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