Urteil vom Landgericht Dortmund - 1 O 149/10
Tenor
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger als Gesamtschuldner mit der E2, der M und Herrn N 26.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 10.07.2006 bis zum 16.07.2009 sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.07.2009 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung aller mit der Beitrittserklärung vom 10.07.2006 erworbenen Rechte und Ansprüche aus der Beteiligung als Gesellschafter an der E
Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Annahme der angebotenen Gegenleistung in Verzug befindet.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Klagepartei macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche geltend im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an der E – nachfolgend Fondsgesellschaft -.
3Der vorgenannten Fondsgesellschaft war die Klagepartei durch Beitrittserklärung vom 10.07.2006 mit einem Beteiligungsbetrag von 25.000,00 € nebst Agio beigetreten.
4Der Verkaufsprospekt der Fondsgesellschaft wurde am 15.7.2005 veröffentlicht, Herausgeber und Emittentin war die Fondsgesellschaft, Anbieter deren Komplementärgesellschaft, die E2 - nachfolgend Verwaltungsgesellschaft genannt -.
5Gründungskommanditisten der Fondsgesellschaft waren:
6- N, geschäftsführender Kommanditist mit einer Pflicht- und Hafteinlage von 500 €;
- die M in I (nachfolgend M genannt), Treuhandkommanditistin mit einer Pflicht- und Hafteinlage von 500 €; alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der M war Rechtsanwalt M2 aus T2;
- der Beklagte mit einer Pflicht- und Hafteinlage von 9.000 €.
Gesellschafter der Verwaltungsgesellschaft waren
8- der Beklagte mit einem Anteil von 95 %,
- N mit einem Anteil von 5 %;
Geschäftsführer der Verwaltungsgesellschaft war der Beklagte.
10Geschäftsgegenstand der Fondsgesellschaft war der Neubau eines Hotels in der 4-Sterne Kategorie mit mindestens 1000 Zimmern in Dubai und die Erzielung von Einkünften aus der Vermietung und Verpachtung dieser Immobilie. Initiiert wurde der Fonds von dem Beklagten – einem Finanzwirt aus I -, von dem auch Idee und Konzeption des Fonds stammten.
11Zur Finanzierung des Geschäftsgegenstandes sollte das Gesellschaftskapital der Fondsgesellschaft auf bis zu 142.950.000,00 € erhöht werden, in erster Linie durch Erhöhung des Kapitalanteils der Treuhandkommanditistin. Insgesamt haben sich über 950 Anleger an der Fondsgesellschaft beteiligt, mit nur vereinzelten Ausnahmen mittelbar über die Treuhandkommanditistin.
12Die Umsetzung des Geschäftsgegenstandes sollte durch die im Emirat Dubai von dem Beklagten gegründete Firma "T" – nachfolgend T genannt - erfolgen, bei deren Geschäftsführer es sich wiederum um den Beklagten handelt, der auch 95 % der Geschäftsanteile hält.
13Der Verkaufsprospekt wurde am 11.7.2005 veröffentlicht, am 10.10.2005 folgte die Veröffentlichung eines Nachtrages nach § 11 Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz.
14In dem Verkaufsprospekt waren u.a. der Gesellschaftsvertrag der Fondsgesellschaft sowie der von ihr mit der M geschlossene Treuhandvertrag veröffentlicht.
15Der vorgenannte Gesellschaftsvertrag enthält in § 5 Ziffer 2 die Regelung, dass im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander und im Verhältnis zur Beteiligungsgesellschaft die der Beteiligungsgesellschaft mittelbar beitretenden Treugeber wie Kommanditisten behandelt würden.
16Der vorgenannte Treuhandvertrag sieht u.a. vor,
17- dass der Treuhänder treuhänderisch im eigenen Namen, aber im Umfang der gezeichneten Beteiligung für Rechnung des Treugebers einen Kommanditanteil als Treuhänder an der Beteiligungsgesellschaft hält (§ 1 Ziffer 1 des Vertrages);
- dass der Treuhänder für die Übernahme der Treuhandschaft und der damit verbundenen Tätigkeiten eine von der Beteiligungsgesellschaft geschuldete und zu zahlende Vergütung gemäß §§ 20, 29 des Gesellschaftsvertrages erhalte (§ 16 Ziffer 1) – § 20 Ziffern 1 und 2 des Gesellschaftsvertrages sieht insoweit eine einmalige Vergütung von netto 210.000 € vor, fällig spätestens zum 31.12.2005 sowie ab dem Jahr der Fertigstellung eine jährliche Vergütung in Höhe von 0,13 % der Gesamtinvestitionssumme zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer.
- Über die Haftung des Treuhänders verhält sich § 10 des Treuhandvertrages.
Der Nachtrag vom 10.10.2005 enthielt u.a. einen "Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle" zwischen der Fondsgesellschaft – vertreten durch die Verwaltungsgesellschaft – und der "Rechtsanwaltskanzlei M3, P-str. ##, ##### C". Darin heißt es u.a.:
19- Ziel sei die Kontrolle der korrekten Verwendung eingehender Beteiligungsgelder im Sinne des Investitions- und Finanzierungsplans gemäß § 7 des Gesellschaftsvertrages … (§ 1).
- Dass Auszahlungen von den auf dem Gesellschaftskonto eingezahlten Geldern der Gesellschafter/Treugeber nur mit Zustimmung der Rechtsanwaltskanzlei M3 vorgenommen bzw. freigegeben werden dürften … (§ 2).
- Dass die Einlagen der Gesellschafter/Treugeber auf ein Gesellschaftskonto eingezahlte würden, über das die Beteiligungsgesellschaft bzw. ihre Komplementärin und ihr geschäftsführender Kommanditist nur gemeinsam mit der Mittelverwendungskontrolle verfügen könnten … (§ 2).
- Dass die Rechtsanwaltskanzlei M3 für die gemäß dem Treuhandvertrag auszuführenden Tätigkeiten eine Pauschalvergütung von € 142.950 zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer erhalte, fällig spätestens zum 31.12.2006 …sowie Ersatz der notwendigen Aufwendungen … (§ 5).
Unter der Überschrift "Die Informationen zum Grundstück" heißt es in dem Nachtrag vom 10.10.2005 ferner u.a. wörtlich wie folgt:
21" Unser Grundstück ist mit Kaufvertrag vom 4.8.2005 direkt von der Dubai Properties, der staatlichen Grundstücksgesellschaft, durch die Firma T für die Beteiligungsgesellschaft erworben worden.
22In den Vereinigten Arabischen Emiraten ist es im Gegensatz zu Deutschland so, dass ein Grundstück grundsätzlich nur erworben werden kann, wenn eine Baugenehmigung vorliegt – so hat auch unser Grundstück selbstverständlich eine Baugenehmigung für ein Hotel …"
23Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Konzeption des Fonds und der zugrunde liegenden Verträge wird auf den in Kopie zu den Akten gereichten Fondsprospekt vom 15.07.2005 nebst Nachtrag vom 10.10.2005 Bezug genommen.
24Der von der Fondsgesellschaft beabsichtigte Hotelbau ist nicht realisiert worden.
25Mit Beschluss vom 29.02.2008 verfügte das Amtsgericht Dortmund auf Antrag der Staatsanwaltschaft Dortmund in Höhe von 24,8 Millionen Euro den dinglichen Arrest in das Vermögen der Fondsgesellschaft. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist mit Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 09.05.2008 (Az.: 33 Qs 6 und 7/08) verworfen worden. Auf dieser Grundlage pfändete die Staatsanwaltschaft Dortmund die noch in Deutschland befindlichen Vermögenswerte der Fondsgesellschaft, worüber sie die Anleger informierte.
26Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Dortmund erließ das Amtsgericht in Dortmund am 28.10.2008 (Az: 170 Js 54/08 StA Dortmund) gegen den Beklagten – der sich nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft an einem unbekannten Ort in Dubai aufhalten soll – Haftbefehl wegen des Verdachts des – durch 941 selbständige Handlungen begangenen – Kapitalanlagebetruges.
27Mit einem am 4.6.2009 beim BKA eingegangenen Schreiben teilte das Dubai Police General H.Q. in Beantwortung eines entsprechenden vorausgegangenen Ersuchens des BKA mit, dass die Lizenz der T bis 29.5.2006 gültig gewesen sei und dass auf dem Grundstück keinerlei Baumaßnahmen existierten, es handele sich um leeren Raum.
28Die Klagepartei behauptet,
29bei Erstellung des Fondsprospektes und Übergabe an sie habe entgegen der im Prospekt enthaltenen Angaben keine Baugenehmigung für das Hotelprojekt vorgelegen, nicht einmal die für die Beantragung der Baugenehmigung erforderlichen Bauzeichnungen und Baupläne. Die T habe bislang nicht den für eine Baugenehmigung erforderlichen Nachweis einer für die beabsichtigte Bauhöhe zugelassenen Bauträgerfirma geführt. Der vorgelegte Affection Plan sei keine staatliche Genehmigung. Angesichts des rechtswidrigen Zustandes habe die zuständige Behörde Anfang September 2008 die Baustelle gesperrt und gegen den Beklagten eine Geldbuße in Höhe von AED 200.000,00 verhängt. Die Prognoseberechnung, die eine Eröffnung des Hotels Mitte 2007 vorsieht, sei daher von vorneherein unrealistisch gewesen.
30Die im Prospekt suggerierte objektive Mittelverwendungskontrolle sei zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen. Unter Hinweis auf die polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Rahmen des vorgenannten Strafverfahrens, insbesondere u.a. unter Hinweis auf die Angaben der dort vernommenen Zeugen C2, L und B behauptet die Klägerseite insbesondere, seit dem Sommer 2005 sei die Rechtsanwältin M3 mit dem Beklagten liiert, ihre Tätigkeit in der Anwaltskanzlei in C, P-str. habe sie bereits im Sommer 2005 beendet, eine Mittelverwendungskontrolle nicht durchgeführt; vielmehr lebe Frau M3 in Dubai mit dem Beklagten und einer im Dezember 2006 dort geborenen gemeinsamen Tochter. Unter Vorlage einer – ebenfalls aus dem vorgenannten Strafverfahren herrührenden – Kopie einer Heiratsurkunde macht die Klägerseite ferner geltend, dass der Beklagte und Frau M3 seit dem 27.4.2006 miteinander verheiratet seien.
31Dass tatsächlich keine Kontrolle über die ordnungsgemäße Verwendung der Anlegergelder erfolgt sei, belege schon die Bilanz der Fondsgesellschaft für das Jahr 2006.
32Auch die Angaben zum Festpreis von 128.000.000 € für die Erstellung des schlüsselfertigen Hotels seien überhöht und unzutreffend, durch die Angabe im Prospekt, der Preis sei von dem Projektmanagement E3 verifiziert worden, sei der unzutreffende Eindruck erweckt worden, die Finanzierung des Bauvorhabens basiere auf seriöser Planung.
33Auch seien die vertraglichen Regelungen zwischen der Beteiligungsgesellschaft und der T insbesondere zur Frage, wer Eigentümer des Grundstückes wird, im Prospekt nicht hinreichend dargelegt. Das Grundstück sei auch deshalb von Anfang an der Kontrolle der Gesellschafter entzogen gewesen, weil der Beklagte bereits Ende 2006 versucht habe, das Grundstück zu verkaufen.
34Der Beklagte habe das Verkaufsprospekt trotz Kenntnis der Fehlerhaftigkeit und deren Erheblichkeit veröffentlicht. Zweck habe nur sein können, die Anleger zum Erwerb der offerierten Kapitalanlage zu bewegen. Der Beklagte habe das Ziel verfolgt, die privaten Anlegergelder eigenmächtig und entgegen der prospektierten Angaben zu verwenden. Die Mittelverwendungskontrolle habe allein dazu gedient, die Anleger über den von vornherein beabsichtigten und entsprechend umgesetzten Kapitaltransfer nach Dubai zu täuschen. Damit habe sich der Beklagte bewusst über den Schutz der Anlegerinteressen hinweggesetzt.
35In Kenntnis der tatsächlichen Umstände hätte die Klagepartei von der Beteiligung an der Fondsgesellschaft abgesehen und eine festverzinsliche Anlage gewählt.
36Die Klagepartei beantragt,
37- den Beklagten zu verurteilen, gesamtschuldnerisch mit der E, der E2, Herrn N und der M an sie EUR 26.250,- nebst Zinsen in einer vom Gericht zu bestimmenden Höhe seit dem 10.07.2006 bis Rechtshängigkeit sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Abtretung aller mit der Beitrittserklärung vom 10.07.2006 erworbenen Rechte und Ansprüche aus der Beteiligung als Gesellschafter der Fondsgesellschaft;
- festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Annahme der von der Klagepartei angebotenen Gegenleistung in Verzug befindet.
Der Beklagte beantragt,
39die Klage abzuweisen.
40Er behauptet,
41in Dubai sei es für Ausländer bzw. ausländische Firmen ausgeschlossen, ein Stück Land zu kaufen und als Eigentum zu halten, wenn auf diesem Grundstück nicht eine bestimmte Art der Bebauung vorgesehen und genehmigt sei. Für das streitgegenständliche Grundstück habe tatsächlich eine Baugenehmigung für ein Hotel bestanden, diese sei durch die damals hierfür zuständige Behörde, die "Dubai Technology and Media Free Zone Authority" – nachfolgend Tecom genannt – im Rahmen des sog. "Affection Plan" vom 14.08.2005 erfolgt. Die bestehende Genehmigung sei mit Bestätigung der Tecom vom 18.7.2007 insoweit erweitert worden, dass der bereits genehmigte Hotelbau antragsgemäß von der Geschoßzahl "G+29" auf "G+34" aufgestockt worden sei, vorausgegangen sei bereits im Juni 2005 die Prüfung und Genehmigung des "Master Plan" – dieser habe ähnlich einem Bebauungsplan u.a. auch die maximale Höhe der Gebäude geregelt - durch die zuständige Behörde.
42Nach einem Zuständigkeitswechsel im Oktober 2006 seien sowohl der Affection Plan des konkreten Bauvorhabens, als auch der Master Plan für das gesamte Baugebiet von dem neuen Master Developer, der Dubai Municipality, zu genehmigen gewesen. Dies habe zu erheblichen Verzögerungen und Schwierigkeiten geführt. Am 21.10.2007 habe die Dubai Municipality den Affection Plan aber im selben Umfang bestätigt, wie zuvor die Tecom; insoweit habe es sich lediglich um eine zweite, also wiederholte Genehmigung desselben Bauvorhabens gehandelt, nachdem die erste Baugenehmigung bereits erteilt gewesen sei.
43Der Beklagte trägt vor, der Zuständigkeitswechsel und dessen Folgen seien in keiner Weise absehbar gewesen, es habe sich um ein landestypisches Risiko gehandelt. Der Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf die im Prospekt – Seite 10 und 12 – enthaltenen Risikohinweise.
44Eine persönliche Beziehung zwischen ihm und der Rechtsanwältin M3 habe weder bei Veröffentlichung des Prospektnachtrags, noch zum Zeitpunkt der Beteiligung der Klagepartei bestanden.
45Die für die Errichtung des Hotels in Ansatz gebrachten Kosten seien auch insbesondere unter Berücksichtigung der geplanten Bauzeit ortsüblich und angemessen.
46Der Beklagte erhebt außerdem die Einrede der Verjährung.
47In der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2010 hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten im Hinblick auf das gegen den Beklagten laufende Strafverfahren Aussetzung des Verfahrens beantragt.
48Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den Inhalt der Beiakte 170 Js 54/08 StA Dortmund und das Sitzungsprotokoll vom 23.11.2010 Bezug genommen.
49Entscheidungsgründe:
50Die Klage hat Erfolg.
51Der Klagepartei stehen gegen den Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) im tenorierten Umfang zu.
52Der Beklagte hat als Initiator der E Anleger, darunter auch die Klagepartei, mithilfe unrichtiger Prospektangaben durch arglistige Täuschung zum Vertragsschluss veranlasst.
53Der Prospekt enthält unrichtige Angaben zur Mittelverwendungskontrolle und zum Vorliegen einer Baugenehmigung für das Hotelprojekt:
54Entgegen der Prospektangaben auf Seite 2 des Nachtrages: "… so hat auch unser Grundstück selbstverständlich eine Baugenehmigung für ein Hotel" lag weder bei Veröffentlichung des Prospektes bzw. des Nachtrages, noch bei Beitritt der Anlagepartei oder zu einem späteren Zeitpunkt die für die Realisierung des Gesamtprojektes erforderliche Baugenehmigung vor.
55Der Beklagte hat eine Baugenehmigung für den geplanten Hotelkomplex nicht zu den Akten gereicht. Hierzu hätte naheliegende Veranlassung bestanden, nachdem die Klägerseite unter Bewertung verschiedener Umstände aus den bei den Akten befindlichen Unterlagen und Schriftverkehr die Existenz einer solchen Baugenehmigung bestritten hat und der Prospekt eindeutige Angaben dazu enthält.
56Bei der als "Affection Plan" vorgelegten Anlage handelt es sich nicht um eine rechtsverbindliche amtliche Genehmigung. Vielmehr enthält das Dokument einen ausdrücklichen Hinweis auf den Entwurfscharakter ("This document is draft, not for legal use, subject to change without notice.").
57Auch die Tatsache, dass die T noch im Juli 2006 wegen bestehender Unklarheiten über die Bauhöhe mit der Tecom kommuniziert hat (Schreiben vom 12.07.2006 – Anlage B-III), weist darauf hin, dass vor Veröffentlichung des Prospektes nebst Nachtrag die erforderliche Baugenehmigung noch nicht erteilt worden war.
58Mit der Vorlage dieses gerade genannten Schreibens hat der Beklagte ferner letztlich selbst vorgetragen, dass die Genehmigung noch einer Erweiterung bedurfte. Schon deswegen war die – ohne jegliche Einschränkung aufgestellte - Angabe im Verkaufsprospekt, die Baugenehmigung liege vor, falsch.
59Außerdem fällt auf, dass erstmals im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens behauptet wird, seitens der Tecom sei bereits eine Genehmigung erteilt worden. In den Kundeninformationsschreiben des Beklagten an die Anleger, beispielsweise im Schreiben vom 27.09.2007 oder in der Stellungnahme der Geschäftsführung nach § 14 Nr. 5 des Gesellschaftsvertrages zur Auflösung und Beendigung der E vom 24.06.2008, ist keine Rede von einer ursprünglich erteilten Genehmigung. Ein Hinweis darauf und die Darlegung einer etwaigen Zuständigkeitsproblematik wäre jedoch naheliegend gewesen. Auch das als Anlage vorgelegte Schreiben N vom 23.09.2007 lässt nicht den logischen Schluss zu, dass vor März 2007 bereits eine Baugenehmigung seitens der Tecom erteilt worden war. Vielmehr ist lediglich davon die Rede, dass das Verfahren mehr Zeit in Anspruch nehme, als im August 2005 vorhersehbar gewesen sei.
60Auch die Angaben des Zeugen B in der Zeugenvernehmung vom 08.10.2008, auf die sich die Klägerseite bezieht, stützen dieses Ergebnis. Danach war Anfang 2006 noch keine Baufirma für das Projekt gewonnen worden, die unbegrenzt hoch bauen durfte. Erst im August 2007 seien die Vorarbeiten (Erstellung der Pläne) erledigt gewesen, so dass sie der Genehmigungsbehörde vorgelegt werden konnten.
61Im Übrigen sprechen die Antwort des Dubai Police General H.Q. vom 04.06.2009 auf das Ersuchen des BKA und die lediglich bis zum 29.05.2006 gültige Lizenz der T dafür, dass eine auf einer Genehmigung beruhende Bautätigkeit nicht stattgefunden hat.
62Die in das Wissen verschiedener Zeugen gestellte schlichte Behauptung, die für das Genehmigungsverfahren damals zuständige Tecom habe im August 2005 der Geschäftsführung der Fa. T mitgeteilt, es bestehe die Genehmigung zum Bau eines Hotels entsprechend dem Affection Plan vom 14.08.2005, stellt ohne weitere Konkretisierung keinen hinreichenden Sachvortrag dar. Dies gilt auch für den weiteren Ablauf in Verbindung mit Zuständigkeitsverlagerungen und Erklärungen Dritter in Bezug auf den Affection Plan bzw. Masterplan.
63Auch der Hinweis im Prospekt auf Fertigstellungs- und Abnahmerisiken der Hotelimmobilie als solche sowie Risiken bei Auslandsinvestitionen allgemeiner Art berühren andere hier nicht greifende Eventualitäten und nicht die Angaben zum Vorliegen einer Baugenehmigung als solcher.
64Aufgrund einer Gesamtschau der maßgeblichen und zuvor bewerteten Umstände ist die Kammer davon ausgegangen, dass eine Baugenehmigung nicht vorliegt. Der Beklagte hat der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast nicht genügt. Er hat bis heute keine schriftliche Baugenehmigung vorgelegt. Dies wäre ihm – die Richtigkeit seiner Behauptung unterstellt – jedoch ohne weiteres möglich gewesen. Die Klagepartei hat demgegenüber keinen tatsächlichen Zugriff auf maßgebliche schriftliche Unterlagen im Zusammenhang mit Vorgängen des Genehmigungsverfahrens in Dubai. Diesen Zugang hat vor allem der Beklagte selbst aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung. Gerade ihm hätte es auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 421 ZPO oblegen, derartige Unterlagen zugänglich zu machen. Im Ergebnis hat die Klagepartei damit ihre Behauptung, es habe zu keinem Zeitpunkt eine hinreichende Genehmigung vorgelegen, durch verschiedene Umstände untermauert, die in Verbindung mit dem Inhalt der Akte und der Beiakte erhebliche Zweifel daran erwecken, dass für das Bauprojekt eine Baugenehmigung vorgelegen hat.
65Eine arglistige Täuschung der Anleger hat der Beklagte ferner begangen, indem er in dem Prospektnachtrag vom 10.10.2005 durch die Veröffentlichung des Vertrages über die Mittelverwendungskontrolle wahrheitswidrig objektiv den Eindruck erweckte, aufgrund des Vertrages sei für die Anleger eine zuverlässige und seriöse Mittelverwendungskontrolle gewährleistet.
66Nach dem veröffentlichten Wortlaut des Vertrages vom 1.9.2005 sollte die Mittelverwendungskontrolle durch die in C, P-str. ##, ansässige Rechtsanwaltskanzlei M3 erfolgen. Hierdurch wurde ein Anschein erweckt, dass es sich bei der genannten Rechtsanwaltskanzlei um eine seriöse und von der – in I ansässigen - Fonds- bzw. Verwaltungsgesellschaft unabhängige Anwaltskanzlei handele, die ausschließlich im Interesse der Anleger die Verwendung der Mittel kontrollieren und Unregelmäßigkeiten verhindern werde. Dieser Eindruck war jedoch – wie der Beklagte wußte – falsch. Aufgrund folgender – von der Klägerseite vorgetragener bzw. sich aus der Beiakte ergebender Umstände ist die Kammer davon überzeugt, dass der Beklagte tatsächlich nur den Anschein einer zuverlässigen Mittelverwendungskontrolle schaffen wollte, diese in Wirklichkeit jedoch zu keinem Zeitpunkt stattfinden sollte:
67- Laut Angaben des Rechtsanwaltes K aus C gegenüber der Polizei (Beiakte Bd. II Bl. 741) war das Büro der Anwaltskanzlei M3 in der P-str. in C bereits im Sommer 2005 durch die Rechtsanwältin M3 unter Mitwirkung des – nach Eindruck des Rechtsanwaltes K mit der Anwältin liierten - Beklagten aufgelöst und geräumt worden.
- Ab dem 18.04.2006 unterhielt Frau M3 nur noch ein virtuelles Büro und war für die Anleger des Fonds nicht mehr unter der im Prospekt aufgeführten Anschrift erreichbar, wie sich aus dem Büroservicevertrag vom 19.4.06 mit dem F service center (Beiakte Bd. VII Bl. 002264) ergibt.
- Im Jahre 2006 wurde laut Aussage der Zeugin L vom 14.08.2008 (Anlage K-I-9) in Dubai das erste gemeinsame Kind des Beklagten und Frau M3, die Tochter D, geboren. Dies ist gegenüber der Polizei auch von der Zeugin M4 (Beiakte Bd. III Bl. 001172) bestätigt worden.
- Laut vorgelegter Heiratsurkunde des State of Nevada ist der Beklagte seit dem 27.04.2006 mit Frau M3 verheiratet,
- laut entsprechender Geburtsurkunde (Beiakte Bd. VI Bl. 9184) kam die zweite Tochter, G, in Dubai am 24.5.08 zur Welt.
- Der Zeuge C2 (Anlage K-I-10) hat in seiner polizeilichen Vernehmung vom 24.04.2008 angegeben, der Beklagte sei seit August 2005 mit Frau M3 zusammen.
Tatsächlich hat auch keine wirksame Mittelverwendungskontrolle stattgefunden, was sich bereits aus dem insoweit unstreitigen Inhalt der Bilanz der Fondsgesellschaft für das Jahr 2006 ergibt, welche hohe Anzahlungen auf Bauten und Grundstücke ausweist, ohne dass diesen ein entsprechender Gegenwert gegenüber steht. Wie bereits oben ausgeführt, legt die Mitteilung des Dubai Police General H.Q. vom 04.06.2009 nahe, dass ein Baufortschritt nicht zu verzeichnen ist.
69Vor diesem Hintergrund hätte der Beklagte, den auch diesbezüglich eine sekundäre Darlegungslast trifft, genau darlegen müssen, dass und in welcher Form eine Mittelverwendungskontrolle beabsichtigt war und tatsächlich umgesetzt worden ist. Diesen Anforderungen genügt der pauschale Vortrag des Beklagten, weder bei Prospektveröffentlichung, noch zum Zeitpunkt des Beitritts der Klagepartei zur Fondsgesellschaft habe eine persönliche Beziehung zu Frau M3 bestanden, nicht.
70Eine vom Beklagtenvertreter beantragte Aussetzung des Rechtsstreites im Hinblick auf den noch nicht rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens gegen den Beklagten und hieraus möglicherweise herzuleitender Feststellungen zu objektiven und subjektiven Tatumständen auch zur Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreites kommt nicht in Betracht.
71Im Ausgangspunkt steht ein laufendes Strafverfahren vor dem Hintergrund zivilprozessualer Gegebenheiten und eigenständiger Bewertungen des Sachvortrages einer ergänzenden Verwertung von Erkenntnissen aus beigezogenen Strafakten auch unter Berücksichtigung schützenswerter Interessen des Beklagten nicht entgegen. Dabei war gegeneinander abzuwägen ein möglicher zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu Einzelumständen gegen die sich durch Zuwarten ergebenden zeitlich nicht überschaubaren Verzögerungen am Fortgang des Rechtsstreits. Der Haftbefehl gegen den Beklagten stammt vom 28.10.2008, der Beklagte soll sich an unbekanntem Ort aufhalten. Die Abtrennung des Verfahrens gegen den Beklagten erfolgte u.a. vor dem Hintergrund einer geplanten persönlichen Anhörung. Diese konnte bisher nicht erfolgen. Es bestehen auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte demnächst zurückkehrt und sich den gegen ihn gerichteten Verfahren stellen wird.
72Die Angaben über eine Baugenehmigung und eine Mittelverwendungskontrolle gehören zu den für die Realisierbarkeit des Hotelprojektes und damit auch für die Anlageentscheidung erheblichen Umständen.
73Dass der Beklagte über solche Umstände vorsätzlich falsche Prospektangaben gemacht hat, begründet auch eine Sittenwidrigkeit i.S.d. § 826 BGB, dh. einen Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden. Der Beklagte hat auf der Grundlage des Prospektes Anlagegelder eingeworben, obwohl angesichts der oben geschilderten fehlerhaften Angaben grundlegende Voraussetzungen für die Realisierung des Projektes (noch) nicht gegeben waren und sich damit die streitgegenständliche Anlage für die Anleger als mit Risiken behaftet darstellte, die in hohem Maße über die hinausgehen, die einer Anlage im grauen Kapitalmarkt immanent und im Prospekt beschrieben sind. Damit hat er die Schädigung eines großen Anlegerkreises aus Eigennutz zumindest billigend in Kauf genommen.
74Die Täuschung ist auch für die Anlageentscheidung der Klagepartei kausal geworden. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass ein Prospektfehler für die Anlageentscheidung ursächlich geworden ist (BGH NJW 2000, 3346 ff.). Diese tatsächliche Vermutung hat der Beklagte nicht widerlegt.
75Die Klagepartei kann daher Ersatz ihres negativen Interesses beanspruchen. Sie ist unter Ausgleich aller Vor- und Nachteile so zu stellen, wie sie ohne Beteiligung an der E gestanden hätte.
76Sie hat daher einen Anspruch auf Erstattung des Anlagebetrages Zug um Zug gegen Übertragung der Rechte aus der Beteiligung an der E.
77Die Klagepartei hat außerdem einen Anspruch auf entgangenen Gewinn. Bei Kapitalanlagen gilt die Regel, dass das Eigenkapital nicht ungenutzt geblieben wäre, wenn es nicht in Form der gezeichneten Anlage verwendet, sondern zu einem allgemein üblichen Zinssatz angelegt worden wäre (BGH NJW 1992, 1223 ff.). Die Kammer schätzt die Höhe des entgangenen Gewinns für den Zeitraum der Anlage bis Rechtshängigkeit auf 4 % des Anlagebetrages p.a..
78Die weitere Zinsforderung ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB.
79Ferner war festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Annahme der von der Klagepartei angebotenen Übertragung der streitgegenständlichen Beteiligung in Verzug befindet.
80Den Klageansprüchen steht nicht die Einrede der Verjährung entgegen. Für die aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, § 826 BGB, resultierenden Ansprüche gilt die regelmäßige Verjährungsfrist, §§ 195, 199 BGB. Der insoweit darlegungsbelastete Beklagte hat nicht dargetan, wann die Klagepartei Kenntnis von den die Ansprüche begründenden Umständen erlangte. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Einzelheiten zum Ausmaß der persönlichen Beziehungen zwischen dem Beklagten und der Rechtsanwältin M3M3 und den Hintergründen des nicht durchgeführten Bauvorhabens erst im vorliegenden Verfahren und im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Ermittlungen zutage getreten sind.
81Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.
82Der Streitwert wird auf bis 30.000,00 € (26.250 € + entgangener Gewinn:3.170,13 €) festgesetzt.
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