Urteil vom Landgericht Dortmund - 3 O 394/19
Tenor
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits nach einem Streitwert in Höhe von bis zu 25.000,00 € bis zum 08.06.2020 und in Höhe von bis zu 30.000,00 € seit dem 09.06.2020 trägt der Kläger.
3.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten um Ansprüche nach Widerruf eines zur Finanzierung eines Fahrzeugkaufes abgeschlossenen Darlehensvertrages.
3Der Kläger kaufte am 00.00.2014 bei der A1 einen gebrauchten Pkw BMW 535D (Erstzulassung: 00.00.2009, Kilometerstand: 45.763, Fahrgestellnummer: 01) zu einem Kaufpreis von 22.500,00 €. Der Kläger erbrachte eine Anzahlung über 3.000,00 €. Über den Restkaufpreis (19.500,00 €) zuzüglich einer Prämie für eine „Ratenschutzversicherung Tod und AU“ (1.079,92 €) zuzüglich Zinsen nach einem für die gesamte Vertragslaufzeit gebundenen Sollzinssatz von 3,92 % p.a. (anfänglich effektiv: 3,99 % p.a.) in Höhe von 2.633,01 € (Darlehensgesamtbetrag: 23.212,93 €) schloss er ebenfalls am 07.08.2014 mit der Beklagten einen Darlehensvertrag mit einer Laufzeit von 60 Monaten ab. Die Rückzahlung des Darlehens sollte in 59 gleichen monatlichen Raten zu je 294,29 €, beginnend ab dem 05.09.2014, und einer Schlussrate von 5.850,00 € am 05.08.2019 erfolgen (Einzelheiten: Anlagenkonvolut B6).
4Die Darlehensvertragsunterlagen enthielten auf den Seiten 1 von 10 bis 3 von 10 (Anlagenkonvolut B7) die nachfolgend wiedergegebene „Europäische Standardinformation für Verbraucherkredite“:
5„Bilddarstellung wurde entfernt“
6Der Darlehensvertrag erhielt außerdem auf Seite 7 von 10 (ebenfalls Anlagenkonvolut B7) die nachfolgend wiedergegebene Widerrufsinformation:
7„Bilddarstellung wurde entfernt“
8Das Darlehen wurde vollständig an das Autohaus ausgekehrt.
9Die Raten bediente der Kläger in der Folge vertragsgemäß. Die Schlussrate über 5.850,00 € leistete er, wie vertraglich vorgesehen, im August 2019 an die Beklagte, so dass das Darlehen mittlerweile vollständig abgelöst ist.
10Mit Schreiben vom 21.09.2018 (Anlage K3) widerrief der Kläger seine auf Abschuss des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen gegenüber der Beklagten. Nachdem die Beklagte den Widerruf mit Schreiben ebenfalls vom 21.09.2018 (Anlage K4) zurückgewiesen hatte, forderte der Kläger sie mit anwaltlichem Schreiben vom 24.04.2019 (Anlage K5) unter Fristsetzung auf, den Vertrag rückabzuwickeln; gleichzeitig bot der Kläger die Rückgabe des Fahrzeugs an; auch diese Aufforderung lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 29.04.2019 (Anlage K6) ab.
11Der Kläger meint, dass die von der Beklagten erteilte Widerrufsinformation nicht den gesetzlichen Anforderungen entspräche, weshalb der Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden sei.
12Der Kläger hat ursprünglich (in der Klageschrift vom 20.05.2019, dort S. 2 = Bd. I Bl. 2 d.A.) beantragt:
131.
14Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag Nr. 03 über nominal 20.579,92 € ab dem Zugang der Widerrufserklärung vom 21.09.2018 kein Anspruch mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zusteht.
152.
16Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 19.774,53 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen nach Herausgabe des Fahrzeugs BMW 535D mit der Fahrzeugidentifikationsnummer 02 nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
173.
18Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziff. 2. genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
194.
20Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerschaft von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 633,32 € freizustellen.
21Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 09.06.2020 (dort S. 1 f. = Bd. II Bl. 334 f. d.A.) hat der Kläger im Hinblick auf den ursprünglichen Klageantrag zu Ziff. 1. den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und den ursprünglichen Klageantrag zu Ziff. 2. (nunmehr Klageantrag zu Ziff. 1.) hinsichtlich der Hauptforderung um einen Betrag von 6.438,58 € (für die in den Monaten Juni und Juli 2019 gezahlten Raten zu je 294,29 € sowie für die im August 2019 gezahlte Schlussrate in Höhe von 5.850,00 €) erhöht; die ursprünglichen Klageanträge zu Ziff. 3. und 4. (nunmehr Klageanträge zu Ziff. 2. und 3.) sind unverändert geblieben. Der Kläger beantragt somit nunmehr:
221.
23Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 26.213,11 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen nach Herausgabe des Fahrzeugs BMW 535D mit der Fahrzeugidentifikationsnummer 02 nebst Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren.
242.
25Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des unter Ziff. 2. (richtig: Ziff. 1.) genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
263.
27Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerschaft von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 633,32 € freizustellen.
28Die Beklagte hat der Teilerledigungserklärung des Klägers widersprochen; sie beantragt,
29die Klage abzuweisen.
30Sie beantragt außerdem hilfsweise für den Fall, dass der Klage des Klägers zugesprochen werden sollte:
31Es wird festgestellt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten Wertersatz für den Wertverlust des Fahrzeuges BMW mit der Fahrgestellnummer 02 zu leisten, der auf einen Umgang mit dem Fahrzeug zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise nicht notwendig war und der über den anhand der gefahrenen Kilometer zu ermittelnden Wertersatz nach der Wertverzehrtheorie hinausgeht.
32Der Kläger beantragt,
33die Hilfswiderklage abzuweisen.
34Die Beklagte rügt die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund. Sie meint ferner, dass der Widerruf verfristet sei, da die Widerrufsinformation korrekt sei und alle Pflichtangaben vollständig erteilt worden seien. Ein etwaiges Widerrufsrecht des Klägers wäre zudem verwirkt bzw. seine Ausübung rechtsmissbräuchlich. Weiterhin meint die Beklagte, dass der Kläger – einen wirksamen Widerruf unterstellt – jedenfalls vorleistungspflichtig hinsichtlich der Rückgabe des Pkw sei, so dass insoweit keine Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgen könne. Deswegen könne auch kein Annahmeverzug bestehen. Außerdem stünde ihr ein Anspruch auf Wertersatz für den Gebrauch des Fahrzeugs zu. Dieser Wertersatzanspruch sei derzeit nicht zu beziffern, da der Kläger das Fahrzeug noch in Besitz habe. Deswegen sei auch der Hilfswiderklageantrag zulässig.
35Der Kläger ist der Ansicht, dass die Hilfswiderklage teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet sei.
36Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.
37Mit Einverständnis der Parteien (des Klägers mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 21.04.2020 = Bd. II Bl. 298 d.A., und der Beklagten mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 29.04.2020, dort S. 1 = Bd. II Bl. 309 d.A.) ist das Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO im schriftlichen Verfahren fortgeführt worden, wobei als Termin, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, mit Beschluss vom 05.05.2020 (Bd. II Bl. 328 d.A.) der 12.06.2020 bestimmt worden ist.
38Entscheidungsgründe:
39I.
40Die Klage ist zulässig.
411.
42Insbesondere ist das angerufene Landgericht Dortmund für sämtliche der ihm zuletzt angetragenen Sachanträge örtlich zuständig. Das gilt sowohl für den – nach einseitig gebliebener Erledigungserklärung des Klägers im Hinblick auf den ursprünglichen negativen Feststellungsantrag zu Ziff. 1. entsprechend auszulegenden – Antrag auf Feststellung, dass der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache erledigt ist, als auch für den Leistungsantrag zu Ziff. 1., den positiven Feststellungsantrag zu Ziff. 2. und den Freistellungsantrag zu Ziff. 3.; für diese Anträge ist jeweils der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 Abs. 1 ZPO am Wohnsitz des Klägers zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages (in D1, belegen im Bezirk des angerufenen Landgerichts Dortmund) gegeben. Insoweit wird vollumfänglich auf das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 27.11.2019 im Verfahren I-31 U 114/18 (zit. nach juris, Rn. 56 u. 66 ff.) Bezug genommen (vgl. zum Ganzen auch: Urt. dieser Kammer v. 21.02.2020 – 3 O 356/19 – BeckRS 2020, 2341, Rn. 16).
432.
44Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse für den Teilerledigungsfeststellungsantrag und den Klageantrag zu Ziff. 2. ist gegeben.
45II.
46Die Klage ist jedoch insgesamt unbegründet.
47Im Hinblick auf den ursprünglichen negativen Feststellungsantrag zu Ziff. 1. ist der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht erledigt, weil die diesbezügliche Klage bis zum Erledigungsereignis unbegründet war. Der Kläger hat den mit der Beklagten geschlossenen Darlehensvertrag nicht wirksam widerrufen, weshalb auch den weiteren Klageanträgen zu Ziff. 1. bis 3. der Erfolg versagt bleiben musste. Da die Klage somit insgesamt der Abweisung zu unterliegen hatte, bedurfte es einer Entscheidung über die – unter der innerprozessualen Bedingung des Erfolgs der Klage gestellte – Hilfswiderklage nicht.
48Ohne Erfolg hat der Kläger die Feststellung verlangt, dass aufgrund seines Widerrufs vom 21.09.2018 die Beklagte aus dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag vom 07.08.2014 keinen Anspruch auf Zahlung der Zins- und Tilgungsleistungen mehr herleiten kann. Die Voraussetzungen des Rückabwicklungsschuldverhältnisses, auf welches der Kläger sich beruft, sind nicht erfüllt, weil die Widerrufsfrist zum Zeitpunkt der Abgabe der Widerrufserklärung bereits abgelaufen war.
49Die Beklagte hat den Kläger nach den für den Vertragsschluss (07.08.2014) geltenden gesetzlichen Anforderungen (BGB und EGBGB i.d.F. vom 13.06.2014 bis zum 20.03.2016) ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt, so dass die zweiwöchige Widerrufsfrist mit Abschluss des Vertrages zu laufen begonnen hat.
50Der Bundesgerichtshof hat mittlerweile in mehreren Entscheidungen wortgleiche Widerrufsinformationen der hiesigen Beklagten für gesetzeskonform erachtet (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2019 – XI ZR 650/18 – BeckRS 2019, 30577; Beschl. v. 11.02.2020 – XI ZR 648/18 – BeckRS 2020, 2755; Beschl. v. 31.03.2020 – XI ZR 198/19 – BKR 2020, 253 [mit eingescannter Original-Widerrufsinformation]). Es ist in diesem Zusammenhang davon auszugehen, dass der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes die jeweils verfahrensgegenständlichen Widerrufsinformationen umfassend in jeder rechtlichen Hinsicht geprüft und im Ergebnis dieser Prüfung für gesetzmäßig befunden hat. Bei vorformulierten Widerrufsinformationen wie der von der Beklagten verwandten handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die wie revisible Rechtsnormen zu behandeln sind. Ihre Übereinstimmung mit höherrangigem Recht – hier: mit § 355 Abs. 2 BGB a.F. und mit dem Belehrungsmuster des Gesetzgebers – ist eine Rechtsfrage und ohne Bindung an das Parteivorbringen zu untersuchen; der Beibringungsgrundsatz gilt insoweit nicht (vgl. BGH, Urt. v. 20.06.2017 – XI ZR 72/16 – NJW-RR 2017, 1197, 1199, Rn. 27-29 m.w.N.; Urt. dieser Kammer v. 21.02.2020, a.a.O., Rn. 29; Urt. dieser Kammer v. 24.01.2020 – 3 O 556/18 – zit. nach juris, Rn. 41; Urt. dieser Kammer v. 22.02.2019 – 3 O 170/18 – BeckRS 2019, 2568, Rn. 19; LG Stuttgart, Urt. v. 13.06.2018 – 29 O 28/18 – zit. nach juris, Rn. 49).
51Da die Gesetzmäßigkeit einer wortgleichen Widerrufsinformation der hiesigen Beklagten nach alledem höchstrichterlich geklärt ist, erfolgen die nachstehenden Ausführungen (zu Ziff. 1.-8.) nur höchst vorsorglich:
521.
53Die Beklagte hat gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. hinreichend über die „Art des Darlehens“ informiert. Jedenfalls die in der Form der Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite nach Art. 247 § 2 Abs. 2 EGBGB a.F. zu dem Punkt „Kreditart“ gemachten Angaben genügen den gesetzlichen Anforderungen. Aus ihnen geht hervor, dass es sich um ein befristetes Darlehen mit regelmäßiger Tilgung handelt (vgl. BT-Drucks. 16/11643 [52] S. 123). Die zur Wahrung der Schriftform des § 492 Abs. 1 BGB erforderliche Urkundeneinheit zwischen der Standardinformation und den übrigen Vertragsunterlagen wurde hier mittels fortlaufender Paginierung hergestellt. Hierdurch hat die Beklagte zugleich zum Ausdruck gebracht, mittels der Standardinformation nicht nur vorvertragliche, sondern auch vertragliche Informationspflichten erfüllen zu wollen (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2019, a.a.O., Rn. 51 m.w.N.).
542.
55Dass die Vermittlungsprovision der kreditvermittelnden A1 in dem Darlehensvertrag nicht in einem absoluten Geldbetrag angegeben ist, ist entgegen der Ansicht des Klägers unschädlich. Nach den §§ 492 Abs. 2, 495 Abs. 2 BGB a.F. und nach Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB a.F. gehört zu den im Darlehensvertrag anzugebenden Kosten nicht ein vom Darlehensgeber übernommenes Entgelt für einen zwischengeschalteten Darlehensvermittler (vgl. BGH, Beschl. v. 09.07.2019 – XI ZR 53/18 – BeckRS 2019, 28485, Rn. 3 ff.).
563.
57Die Beklagte hat auch gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB a.F. hinreichend über den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung unterrichtet. Die Beklagte hat insoweit das Gesetz (§ 288 Abs. 1 BGB) und damit die „zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrags geltende Regelung“ (so Art. 10 Abs. 2 Buchst. l Verbraucherkreditrichtlinie) zutreffend wiedergegeben. Einer Angabe des zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden konkreten Prozentsatzes bedarf es wegen der halbjährlichen Veränderbarkeit des Basiszinssatzes und der damit verbundenen Bedeutungslosigkeit des Verzugszinssatzes bei Vertragsschluss nicht (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2019, a.a.O., Rn. 52 m.w.N.).
584.
59Soweit die Klägervertreter darauf abheben, dass der hier vorliegende Darlehensvertrag keine Widerrufsinformationen enthalte, geht diese Ansicht fehl. Dass sich die Unterschriften der Vertragsparteien auf Seite 6 von 10 der Vertragsunterlagen befinden, die Widerrufsinformation auf der nachfolgenden Seite 7 von 10 jedoch nicht gesondert unterschrieben ist, ist unschädlich. Denn eine Widerrufsbelehrung muss von Gesetzes wegen nicht gesondert unterschrieben werden (vgl. BGH, Beschl. v. 05.12.2017 – XI ZR 294/17 – BeckRS 2017, 136447, Rn. 10).
605.
61Entgegen der Auffassung der Klägervertreter hat die Beklagte auch die erforderliche Pflichtangabe gemäß § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB a.F. zu den Voraussetzungen und der Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung ordnungsgemäß erteilt. Insoweit wird, da es sich hier wie dort um wortgleiche Angaben der hiesigen Beklagten handelt (jeweils in der „Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite“ unter Ziff. 4. („Andere wichtige rechtliche Aspekte“) in der zweiten Zeile zum Stichpunkt „Vorzeitige Rückzahlung“), vollumfänglich auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofes in dem Urteil vom 05.11.2019 (a.a.O., Rn. 40-50) Bezug genommen.
626.
63Dem Kläger wurde im Sinne des § 356b Abs. 1 BGB eine Abschrift der Vertragsurkunde zur Verfügung gestellt.
64Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt der Lauf der Widerrufsfrist nur voraus, dass der Verbraucher ein Exemplar des Vertragsformulars erhält, das nach Unterschriftsleistung des Verbrauchers die Vertragserklärung dokumentiert. Dass gerade das dem Verbraucher überlassene Exemplar seine Unterschrift trägt, ist dazu nicht erforderlich (vgl. BGH, Urt. v. 27.02.2018 – XI ZR 160/17 – zit. nach juris, Rn. 30). Soweit die Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu § 355 Abs. 2 S. 3 BGB in der bis zum 12.07.2014 geltenden Fassung ergangen ist, entspricht der Wortlaut von § 356b Abs. 1 BGB in der hier einschlägigen Fassung dem Wortlaut des § 355 Abs. 2 S. 3 BGB in seiner der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zugrundeliegenden Fassung, so dass kein Anlass besteht, die Frage vorliegend anders zu behandeln (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 08.03.2019 – 19 U 106/18 – BeckRS 2019, 30848, Rn. 13 f.; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.11.2019 – 6 U 133/18 – BeckRS 2019, 28180, Rn. 14-16; Urt. dieser Kammer v. 30.08.2019 – 3 O 433/18 – BeckRS 2019, 22965, Rn. 33).
657.
66Das Urteil des EuGH vom 26.03.2020 (Az.: C-66/19; ZIP 2020, 663; Kreissparkasse C1) ändert an diesem rechtlichen Befund nichts.
67Danach soll die in der Musterbelehrung nach Anlage 7 zum EGBGB enthaltene sog. „Kaskadenverweisung“ nicht den Anforderungen der Verbraucherkreditrichtlinie 2008 entsprechen. Gleichwohl scheidet eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung der Gesetzlichkeitsfiktion bei der Verwendung des Musters wie auch bei einer bloßen Verwendung des entsprechenden Inhalts des Musters aus. Denn die gesetzgeberische Konzeption des Belehrungsmusters sowie die Interpretation der Belehrungsvorschrift durch den Gesetzgeber selbst immunisiert beide Konstellationen gegen eine richtlinienkonforme Rechtsfortbildung (vgl. ausführlich zum Ganzen: Herresthal, ZIP 2020, 745, 755). Diese Ansicht vertreten auch verschiedene Oberlandesgerichte und Landgerichte in den bislang bekannt gewordenen, nach dem EuGH-Urteil ergangenen und sich mit diesem Urteil auseinandersetzenden Entscheidungen (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 05.04.2020 – 6 U 182/19 – BeckRS 2020, 5408; OLG München, Beschl. v. 30.03.2020 – 32 U 5462/19 – BeckRS 2020, 5137; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.03.2020 – I-6 U 160/19 – bislang n.v.). Der Bundesgerichtshof hat sich dieser Sichtweise zwischenzeitlich ebenfalls angeschlossen (vgl. Beschl. v. 31.03.2020 – XI ZR 198/19 – BKR 2020, 253; Beschl. v. 31.03.2020 – XI ZR 581/18 – BKR 2020, 255; Beschl. v. 31.03.2020 – XI ZR 299/19 – BeckRS 2020, 7412; Beschl. v. 28.04.2020 – XI ZR 120/19 – BeckRS 2020, 10607; Beschl. v. 28.04.2020 – XI ZR 129/19 – BeckRS 2020, 10015; Beschl. v. 12.05.2020 – XI ZR 70/19 – BeckRS 2020, 11978; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 98/19 – BeckRS 2020, 13135; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 252/19 – BeckRS 2020, 13271; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 262/19 – BeckRS 2020, 13270; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 359/19 – BeckRS 2020, 13155; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 434/19 – BeckRS 2020, 13268; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 569/19 – BeckRS 2020, 13152; Beschl. v. 26.05.2020 – XI ZR 570/19 – BeckRS 2020, 13136).
688.
69Da der Kläger nach alledem den Darlehensvertrag vom 07.08.2014 nicht wirksam widerrufen hat, kam es für die Entscheidung dieses Rechtsstreits auf Fragen der Verwirkung und/oder des Rechtsmissbrauchs nicht an.
70III.
71Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
72IV.
73Den Streitwert hat das Gericht gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. den §§ 3, 5 ZPO bis zum Eingang der Teilerledigungserklärung bei Gericht (09.06.2020) auf bis zu 25.000,00 € festgesetzt. Maßgeblich für die Bemessung war dabei die Summe aus Nettodarlehensbetrag (hier: 20.579,92 €) und erbrachter Eigenleistung (hier: 3.000,00 €) (vgl. BGH, Beschl. v. 29.05.2015 – XI ZR 335/13 – BeckRS 2015, 10627; OLG Braunschweig, Beschl. v. 26.11.2018 – 11 W 41/18 – BeckRS 2018, 33522; LG Aurich, Urt. v. 13.11.2018 – 1 O 632/18 – BeckRS 2018, 30943, Rn. 56; Beschl. dieser Kammer v. 26.03.2019 – 3 O 28/19 – n.v.). Die Hilfswiderklage erhöhte, da über sie eine Entscheidung nicht ergangen ist, den Streitwert nicht, § 45 Abs. 1 S. 2 GKG.
74Nach Eingang der Teilerledigungserklärung bei Gericht erhöhte sich der Streitwert um den Wert der für den ursprünglichen Klageantrag zu Ziff. 1. bis dahin angefallenen Gerichts- und Parteikosten auf insgesamt bis zu 30.000,00 €.
75V.
76Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. S. 2 ZPO.
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