Urteil vom Landgericht Düsseldorf - 25 S 83/14
Tenor
Die Berufung der Kläger zu 2. und 3. gegen das am 28. Mai 2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 291a C 17654/13 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern zu 2. und 3. auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens: 17. 829,35 €.
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291a C 17654/13Amtsgericht Düsseldorf |
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Verkündet am 25.02.2015 Blank, Justizbeschäftigte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle |
Landgericht Düsseldorf IM NAMEN DES VOLKES Urteil |
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In dem Rechtsstreit
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1. der Frau ...
Klägerin zu 1,
6Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Braßel und Er, Kasernenstraße 15, 40213 Düsseldorf,
7- 8
2. der Frau ...
- 9
3. des Herrn ...
Kläger zu 2. und 3. und Berufungskläger,
11Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin ...
12g e g e n
13die übrigen Eigentümer der WEG ...
14Beklagten und Berufungsbeklagten,
15Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte ...
16Beigeladene:
17...
18hat die 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 26.01.2015 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. A., die Richterin am Landgericht B. und die Richterin C.
19für Recht erkannt:
20Die Berufung der Kläger zu 2. und 3. gegen das am 28. Mai 2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf – 291a C 17654/13 – wird zurückgewiesen.
21Die Kosten des Berufungsverfahrens werden den Klägern zu 2. und 3. auferlegt.
22Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
23Streitgegenstand des Berufungsverfahrens: 17. 829,35 €.
24G r ü n d e
25I.
26Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft D., deren Verwalterin die Beigeladene ist.
27Mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2013, eingegangen bei dem Amtsgericht Düsseldorf am 5. Dezember 2013, haben die Kläger zu 2) und 3) die auf der Eigentümerversammlung vom 5. November 2013 unter TOP 2 und 3 gefassten Beschlüsse angefochten, wobei Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits die Beschlussanfechtung zu TOP 2 der Eigentümerversammlung vom 5. November 2013 ist.
28Mit Beschluss vom 11. Dezember 2013 hat das Amtsgericht den Streitwert vorläufig festgesetzt und mit Schreiben vom 13. Dezember 2013, eingegangen bei der Prozessbevollmächtigten der Kläger zu 2. und 3. am 19. Dezember 2013, einen Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 723,00 € angefordert. Die Prozessbevollmächtigte der Kläger zu 2) und 3) leitete diese Kostenanforderung an die hinter den Klägern zu 2) und 3) stehende Rechtsschutzversicherung weiter. Letztere veranlasste die diesbezügliche Zahlung, welche am 14. Januar 2014 bei der Gerichtskasse einging.
29Unter dem 3. Februar 2014 bestimmte die Amtsrichterin Termin auf den 7. Mai 2014 und wies die Kläger zu 2. und 3. auf eine mögliche Verfristung der Klage hin. Es könne keine Zustellung mehr erfolgen, die demnächst im Sinne des § 167 ZPO sei. In Ausführung der gerichtlichen Verfügung vom 3. Februar 2014 wurde die Klage der Kläger zu 2) und 3) den Beklagten am 6. Februar 2014 zugestellt.
30Im Übrigen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil nach § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
31Durch das angegriffene Urteil vom 28. Mai 2014 hat die Amtsrichterin die Klage der Kläger zu 2) und 3) abgewiesen, da die Anfechtungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG versäumt worden sei.
32Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger zu 2. und 3.
33Die Kläger zu 2. und 3. beantragen,
34unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Düsseldorf vom 28. Mai 2014 den unter TOP 2 der Eigentümerversammlung vom 5. November 2013 gefassten Beschluss für ungültig zu erklären.
35Die Beklagten beantragen,
36die Berufung zurückzuweisen.
37Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Akteninhalt Bezug genommen.
38II.
39Die Berufung der Kläger zu 2. und 3. ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufungsbegründung genügt den formellen Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
40Die Kläger zu 2. und 3. rügen eine Rechtsverletzung des Amtsgerichts, die als zutreffend unterstellt, rechtserheblich wäre. Sie vertreten weiterhin die Auffassung, dass die Zustellung der Klageschrift demnächst im Sinne des § 167 ZPO erfolgt sei und damit die Anfechtungsklage nicht verfristet sei.
41III.
42Die Berufung der Kläger zu 2. und 3. hat in der Sache keinen Erfolg.
43Die Klage ist verfristet.
44Die Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden. Die Erhebung der Klage erfolgt nach § 253 Abs. 1 ZPO durch Zustellung der Klage an die beklagten Wohnungseigentümer. Die Eigentümerversammlung fand am 5. November 2013 statt. Die am 5. Dezember 2013 bei Gericht eingegangene Klageschrift vom 4. Dezember 2013 wurde am 6. Februar 2014 zugestellt.
45Gemäß § 167 ZPO wirkt die Zustellung der Klage auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage bei Gericht zurück, wenn die Zustellung demnächst erfolgt ist.
46Eine Zustellung erfolgt „demnächst“, wenn sie innerhalb einer den Umständen nach angemessenen, selbst längeren Frist stattfindet und die Partei und ihr Prozessbevollmächtigter (vgl. § 85 Abs. 2 ZPO) alles Zumutbare für die alsbaldige Zustellung getan haben (vgl. Bundesgerichtshof NJW 2003, 2830; Musielak-Wittschier, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 167 Rn. 6).
47Eine absolute zeitliche Obergrenze gibt es bei § 167 ZPO nicht. Maßgeblich ist der Zweck des § 167 ZPO. Der Kläger soll vor Nachteilen geschützt werden, die durch den gerichtlichen Geschäftsbetrieb, den er nur bedingt beeinflussen kann, entstehen. Demgegenüber muss sich die Partei grundsätzlich solche Verzögerungen zurechnen lassen, die sie oder ihr Prozessbevollmächtigter bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können. Dabei sind auch geringfügige, vom „Zustellungsbetreiber“ durch Nachlässigkeit verursachte Verzögerungen, die er bei sachgerechter Prozessführung hätte vermeiden können, unschädlich, wobei im Regelfall nur eine Verzögerung von bis zu 2 Wochen noch als geringfügig anzusehen ist (Bundesgerichtshof NJW-RR 2006, 789; Bundesgerichtshof FamRZ 2004, 21; Bundesgerichtshof NJW 2000, 2282). Darüber hinaus bleiben Verzögerungen, die der Sphäre des Gerichts zuzurechnen sind, außer Betracht, da die klagende Partei keinen Einfluss auf den Zustellungsbetrieb des Gerichts hat (Bundesgerichtshof NJW 2003, 2830).
48Die Kläger zu 2) und 3) sind bis zum Erhalt der Gerichtskostenrechnung untätig geblieben.
49Den Gerichtskostenvorschuss brauchten die Kläger nicht von sich aus mit der Klage einzuzahlen; sie durften vielmehr die Anforderung durch das Gericht abwarten (Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage, § 167 Rn. 15 m.w.N.).
50Bleibt die Anforderung aus, darf der Kläger aber nicht länger als angemessen (ca. drei Wochen) untätig bleiben sondern muss beim Gericht nachfragen.
51Vorliegend ist die Gerichtskostenvorschussanforderung der Prozessbevollmächtigten der Kläger zu 2) und 3) am 19. Dezember 2013, mithin 14 Tage nach Eingang der Klageschrift, zugegangen. Der Zustellbetreiber darf über einen solchen Zeitraum untätig bleiben (vgl. Bundesgerichtshof, VersR 2003, 489; Bundesgerichtshof, VersR 1992, 433).
52Zwischen dem Zugang der Anforderung des Gerichtskostenvorschusses am 19. Dezember 2013 und dem Eingang des Gerichtskostenvorschusses am 14. Januar 2014 liegen fast vier Wochen, nämlich 3 Wochen und 5 Tage.
53Nach Anforderung des Gerichtskostenvorschuss darf die Zahlung sich allenfalls geringfügig verzögern (vgl. Musielak-Wittschier, ZPO, 11. Aufl. 2014, §167 Rn.10). Der Bundesgerichtshof geht dabei davon aus, dass der Gerichtskostenvorschuss grundsätzlich innerhalb eines Zeitraumes eingezahlt wird, der sich um zwei Wochen bewegt, da ansonsten die Partei die Zustellung unangemessen verzögert hat, und eine nicht mehr nur geringfügige Verzögerung gegeben ist (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil vom 30. März 2012, - V ZR 148/11; Bundesgerichtshof, Urteil vom 16. Januar 2009, - V ZR 74/08). Die Kammer vertritt insoweit die Auffassung, dass im Interesse der Rechtssicherheit bei § 167 ZPO eine grundsätzliche Grenzziehung für die Frist zur Einzahlung bei 14 Tagen geboten ist. Dieser Zeitraum reicht üblicherweise aus, um den Vorschuss zu leisten.
54Der Gerichtskostenvorschuss hätte nach dem Zugang am Donnerstag, den 19. Dezember 2013 unter Draufgabe von fünf Tagen, die auf Weihnachten und Silvester/Neujahr entfielen, damit spätestens am Dienstag, den 7. Januar 2014 bei der Gerichtskasse eingehen müssen. Tatsächlich ist der Vorschuss erst am 14. Januar 2014 eingegangen.
55Auch die Einschaltung einer Rechtsschutzversicherung gibt von sich aus keinen Anlass zu einer längeren Zahlungsfrist. Die Kläger hätten vorliegend, insbesondere wegen der Weihnachtszeit, in der, wie allgemein bekannt ist, vermehrt Urlaub genommen wird, vielmehr in Vorlage treten müssen.
56IV.
57Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung bezüglich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
58Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.
59Dr. A. B. C.
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Referenzen
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- ZPO § 713 Unterbleiben von Schuldnerschutzanordnungen 1x
- ZPO § 167 Rückwirkung der Zustellung 6x
- ZPO § 540 Inhalt des Berufungsurteils 1x
- § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 520 Berufungsbegründung 1x
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- ZPO § 543 Zulassungsrevision 1x
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