Urteil vom Landgericht Freiburg - 3 S 6/14

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Freiburg vom 10.12.2013 - 53 C 2302/13 - abgeändert.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

 
I.Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche wegen eines fehlerhaft ausgeführten Radwechsels an ihrem Fahrzeug geltend. Durchgeführt wurde der Radwechsel am 26.04.2012 im Rahmen des Schulprojekts „Fahrzeugservice M.schule“, bei dem Schüler unter der Aufsicht eines Lehrers auf dem Parkplatz der L. schule in F. Werkleistungen an Fahrzeugen anboten.
Das Amtsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus §§ 634 Nr. 4, 280 BGB in Höhe von 797,90 EUR bejaht. Zur Begründung hat es ausgeführt, zwischen der Klägerin und der Beklagten sei ein Werkvertrag im Sinne von §§ 633 ff. BGB zustande gekommen. Dies ergebe sich aus der interessegerechten, der Billigkeit entsprechenden Auslegung der Willenserklärungen bei Vertragsabschluss. Wenn eine Schule nach außen hin als „Schülerfirma“ Leistungen anbiete, könne diese Erklärung von einem verständigen Empfänger nicht so verstanden werden, als wollten die (minderjährigen) Schüler oder die Lehrer Vertragspartner werden. Vielmehr komme der Vertrag mit dem dahinter stehenden Schulträger zustande. Dies sei hier gem. § 28 Abs. 1 SchulG die Beklagte als zuständige Gemeinde. Da die Schüler bei dem Radwechsel das Fahrzeug durch falsches Anlegen des Wagenhebers beschädigt und damit gegen ihre vertraglichen Nebenpflichten verstoßen hätten, müsse die Beklagte den - der Höhe nach unstreitigen - Schaden ersetzen.
Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Berufung eingelegt, mit der sie ihre fehlende Passivlegitimation rügt. Die Rechtsauffassung des Amtsgerichts, nach der in Fällen, in denen eine Schule nach außen hin als „Schülerfirma“ Leistungen anbiete, ein entsprechender Vertrag zwischen Kunden und Schulträger zustande komme, sei nicht nachvollziehbar. Die Beklagte habe als Schulträger keinerlei Rechte gegenüber dem Lehrpersonal, die - ohne dass sie darauf Einfluss gehabt hätte - das Schulprojekt beschlossen und durchgeführt hätten. Es gebe daher keinen Grund, wieso die Beklagte für einen hierbei entstandenen Schaden haften solle. Anhaltspunkte für eine Pflichtverletzung der Beklagten in ihrer Eigenschaft als Trägerin der sächlichen Schullast lägen nicht vor.
Die Klägerin verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
Von einer weiteren Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet. Ein Anspruch auf Zahlung des geforderten Schadensersatzbetrags besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.
1.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts steht der Klägerin gegen die Beklagte kein vertraglicher Schadensersatzanspruch zu, weil zwischen der Klägerin und der Beklagten kein Vertrag zustande gekommen ist.
Etwaige Werkverträge, die im Rahmen des Schulprojekts „Fahrzeugservice M.schule“ geschlossen wurden, kamen - unabhängig davon, wer Vertragspartner geworden ist - jedenfalls nicht mit der Beklagten zustande.
Zwar ist die Beklagte gem. § 28 Abs. 1 SchulG Schulträger der M.schule und hat damit gem. § 27 Abs. 1 SchulG die sächlichen Kosten der Schule zu tragen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jeder Vertrag, der im schulischen Umfeld geschlossen wird, mit dem Schulträger zustande kommt. Vielmehr handelt die Schule als nicht rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 23 Abs. 1 SchulG) nur insoweit mit Rechtswirkungen für den Schulträger, als das „äußere Schulverhältnis“ betroffen ist, d.h. die sächliche Ausstattung der Schule, einschließlich der baulichen Einrichtungen (§§ 27, 36 SchulG). Soweit dagegen das „innere Schulverhältnis“ d.h. die inhaltliche und pädagogisch-didaktische Aufgabe der Schule betroffen ist, handelt die Schule - sofern keine Eigenhaftung der Handelnden in Betracht kommt - mit Rechtswirkungen für das Land (vgl. zur Abgrenzung des inneren und des äußeren Schulverhältnisses Lambert/Müller/Sutor, Schulrecht Baden-Württemberg, Stand Feb. 2013, Kap. 13.23 Ziff. 1; vgl. auch LG Bonn, Urteil v. 12.02.2007, 1 O 99/06, zitiert nach JurionRS 2007, 53686).
10 
Da das Schulprojekt „Fahrzeugservice M.schule“ nicht Gegenstand der sächlichen Ausstattung der Schule ist, sondern eine pädagogisch-didaktische Zielsetzung verfolgt, ist das innere Schulverhältnis betroffen, so dass ein Handeln der Schüler und des Lehrers mit Rechtswirkungen für die Beklagte als Träger der sächlichen Schullast ausscheidet.
2.
11 
Anhaltspunkte, aus denen sich eine deliktische Haftung der Beklagten ergeben könnte, sind nicht ersichtlich. Für eine - von der Klägerin nicht dargelegte - Aufsichtspflichtverletzung des betreuenden Lehrers müsste der Dienstherr des Lehrers, also das Land Baden-Württemberg, einstehen.
III.
12 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
13 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
14 
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

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