Urteil vom Landgericht Hamburg (27. Zivilkammer) - 327 O 434/13

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen von Herrn J. H. und begehrt die Erteilung einer Vollstreckungsklausel gegen die Beklagte.

2

Die Beklagte ist eine seit 23.06.2010 im Handelsregister Hamburg eingetragene Kommanditgesellschaft mit dem Unternehmensgegenstand „Juweliergeschäft sowie Einzelhandel mit Schmuck und Uhren“ (vgl. Anl. K 10).

3

Der Kläger hatte in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter u. a. gegen die Firma B. & G. GmbH (im Folgenden: die Schuldnerin) eine Entscheidung des H. C. o. S. A. (Kammer der Kapprovinz) vom 5.12.2007 erwirkt, wonach die Schuldnerin gesamtschuldnerisch mit einer weiteren Beklagten verurteilt worden ist, an den Kläger 3.302.867,72 Südafrikanische Rand (ZAR) nebst 15,5 % Zinsen hierauf seit dem 21. Januar 2005 sowie weiter kapitalisierte Zinsen in Höhe von 15.5 % auf weiter im Einzelnen genannte Beträge für im Einzelnen bestimmte Zeiträume zu zahlen. Die südafrikanische Entscheidung wurde erstinstanzlich durch Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23.04.2009 (327 O 319/08) für in der Bundesrepublik Deutschland vollstreckbar erklärt (vgl. Anl. K 1). Die dagegen gerichtete Berufung der dortigen Beklagten blieb erfolglos (Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 10.01.2013, vgl. Anl. K 2).

4

Die Firma W. H. GmbH, deren Geschäftsführer auch Geschäftsführer der Schuldnerin war, war Inhaberin der Wortmarken „B. & G.“, „B.“ und „G.“. Diese Marken erwarb Herr Dr. A. F., der Komplementär der Beklagten, mit Übertragungsvereinbarung vom 20.05.2010 zu einem Kaufpreis von 50.000 € (vgl. Anl. K 13).

5

Bis zur Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund Kündigung zum 31.05.2010 betrieb die Schuldnerin unter der Bezeichnung „B. & G., H. J. s. ...“ ein traditionsreiches Juweliergeschäft am ... in H. (vgl. Anl. K 14). Nach Durchführung eines Räumungsverkaufs wurde der Geschäftsbetrieb der Schuldnerin mit Rückgabe der Geschäftsräume am 31.05.2010 endgültig eingestellt und die Arbeitnehmer entlassen (vgl. Anl. K 24).

6

Am 21.06.2010 benannte sich die Schuldnerin in V. GmbH um und verlegte ihren Firmensitz nach P. (vgl. Anl. K 5).

7

Die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen die Schuldnerin blieb erfolglos. Im April 2013 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der V. GmbH mangels Masse abgelehnt (vgl. Anl. K 6, K7).

8

Einen Antrag des Klägers auf Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel gem. §§ 727, 729 gegen die Beklagte, wies das Landgericht Hamburg mit Beschluss vom 15.08.2013 zurück (vgl. Anl. K 4).

9

Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte habe gem. § 25 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 HGB den Geschäftsbetrieb der Titelschuldnerin B. & G. GmbH fortgeführt. Hieraus hafte sie auch für deren Verbindlichkeiten.

10

Der Kläger beantragt,

11

ihm Vollstreckungsklausel zu dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 23.04.2009 (327 O 319/08) in Sachen M. J. L. u.a. gegen B. & G. GmbH u.a. zum Zwecke der Zwangsvollstreckung gegen die Beklagte zu erteilen.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Sie trägt vor, dass kein Unternehmens- sondern lediglich Wortmarkenerwerb stattgefunden habe. Es existierten keinerlei Rechtsbeziehungen zwischen ihr und der Schuldnerin bezogen auf das von der Schuldnerin früher in H. geführte Geschäft.

15

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 25.03.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

1.

16

Die Klage ist zulässig. Das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers ist vorliegend zu bejahen. Es entfällt nicht dadurch, dass der Kläger gegen den Beschluss des Rechtspflegers nicht das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt hat. Die Einlegung des Rechtsbehelfs im Klauselerteilungsverfahren ist keine notwendige Zulässigkeitsvoraussetzung Musielak/Lackmann, ZPO, § 731Rn. 5; Zöller/Stöber, ZPO, § 731 Rn. 2).

2.

17

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Voraussetzungen des Tatbestands des § 731 ZPO sind nicht erfüllt. Es fehlt schon nach den im Prozess vorgebrachten Tatsachen an hinreichenden Anhaltspunkten für eine Firmenfortführung i.S.d. § 25 HGB.

18

Ein Anspruch nach § 731 ist begründet, wenn die allgemeinen Voraussetzungen der Klauselerteilung gem. § 724 ZPO sowie eine der besonderen Klauselerteilungsvoraussetzungen (§ 726 Abs. 1, §§ 727 ff. ZPO) gegeben sind.

19

Es besteht vorliegend ein Titel i.S.v. § 724 ZPO gegen die B. & G. GmbH. Die besondere – hier als einzige in Betracht kommende – Klauselerteilungsvoraussetzung des § 729 ZPO gegen den Vermögens- und Firmenübernehmer ist dagegen nicht erfüllt. Als materielle Grundlage kommt nur § 25 HGB in Betracht. Eine Haftung nach § 25 HGB setzt eine Geschäfts- und Firmenfortführung voraus. Für eine solche Fortführung des Handelsgeschäftes der Schuldnerin durch die Beklagte liegen jedoch keinerlei Anhaltspunkte vor.

20

Voraussetzung der Haftung nach § 25 HGB ist die Fortführung des Geschäftes unter der bisherigen Firma. Maßgeblich ist, ob aus Sicht des Verkehrs eine Firmenfortführung vorliegt und der Verkehr die alte mit der neuen Firma identifiziert (ständige Rspr. des BGH, vgl. BGH, NJW 1982, 577, 578). Vorliegend verwendet die Beklagte zwar mit „B. & G. –H. J. s. ... KG“ eine ähnliche Bezeichnung, wie die Schuldnerin (bis zum 21.06.2010). Die bloße Weiterführung einer Etablissement- oder Geschäftsbezeichnung reicht aber für die Annahme einer Firmenfortführung nicht aus (OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 965 OLG Brandenburg NJW-RR 1999,395). Ebenso wenig lässt die Tatsache, dass die Beklagte die von einem dritten Unternehmen erworbenen Markenrechte zur Kennzeichnung ihrer Waren und Dienstleistungen verwendet, den Schluss auf eine Firmenfortführung zu. Denn Marken können - im Gegensatz zur Unternehmensbezeichnung (vgl. § 23 HGB) - auch ohne das dazu gehörende Handelsgeschäft übertragen werden.

21

Für eine Firmenfortführung genügt eine Fortführung des Handelsgeschäfts im wesentlichen Kern (Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl. 2014, § 25 Rn. 6). Auch die Fortführung eines Teils ist ausreichend, wenn der Kern beibehalten oder Personal übernommen wird. Selbst der Betrieb des Unternehmens als Zweigniederlassung steht dem nicht entgegen (Baumbach/Hopt, a.a.O., § 25 Rn. 6). Der Kläger hat jedoch keinerlei Tatsachen dargelegt, nach denen eine Firmenfortführung i.S.v. § 25 HGB gegeben wäre. Die Aufgabe des Geschäftsbetriebs 2010 beinhaltete selbst nach dem Vorbringen des Klägers (vgl. Anl. K 24) die Kündigung der Geschäftsräume, die Beendigung der Arbeitsverträge mit den angestellten Mitarbeitern sowie den Ausverkauf sämtlicher Unternehmensgegenstände. Dass ein anderes Geschäft mehrere Monate später in der Nähe der alten Niederlassung wiederaufgenommen wurde, ist für sich genommen noch kein Hinweis auf eine Geschäftsfortführung. Auch ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass z. B. ehemalige Mitarbeiter übernommen worden sind bzw. ein wesentlicher Teil der Unternehmensgegenstände übergegangen sind.

II.

22

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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