Urteil vom Landgericht Hamburg (26. Zivilkammer) - 326 O 244/14
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.767,39 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.09.2014 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger nimmt die Beklagte auf Erstattung eines Betrages in Höhe von 17.767,39 € gestützt auf die §§ 161 Abs. 2, 110 HGB in Anspruch.
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Die Beklagte ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform der Kommanditgesellschaft. Der Kläger trat im Jahre 1993 der Beklagten als Kommanditist mit einer Einlage in Höhe von DM 100.000,- bei. Im Laufe der Geschäftstätigkeit der Beklagten kam es immer wieder zu gewinnunabhängigen Ausschüttungen an die Kommanditisten, so auch an den Kläger, in Höhe von insgesamt 34,75 % der gezeichneten Einlage.
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Im Gesellschaftsvermögen befindet sich die Immobilie S.str. in B., die zunächst für die Dauer von 10 Jahren fest vermietet war. Nach Beendigung des längerfristigen Mietvertrags konnte für die Immobilie nur noch eine erheblich geringere Miete realisiert werden. Ein von der Beklagten aufgenommenes Darlehen bei ihrer Hauptgläubigerin, der S. Bank AG, konnte nicht mehr ordnungsgemäß bedient werden. Um den Bestand des Fonds zu sichern und gegebenenfalls eine geregelte Liquidation durchzuführen, führte die Beklagte im Jahre 2008 mit der S. Bank AG Gespräche. Es war zunächst geplant, dass ein Teil des rückständigen Darlehens durch den Verkauf der Immobilie S.str. und ein weiterer Teil durch Zahlungen der Kommanditisten aufgebracht werden sollten und zwar durch Rückzahlung eines Teils der erhaltenen Ausschüttungen. Über die Begleichung des hiernach verbleibenden Restdarlehens wurde seinerzeit noch keine Einigung erzielt. Im Gegenzug zu den Zahlungen der Kommanditisten sollte die Bank gegenüber diesen auf weitergehende Ansprüche verzichten unter der Bedingung, dass der Kaufvertrag über die Immobilie eine bestimmte Summe übersteigt.
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Die Beklagte forderte die Kommanditisten auf, zur Sanierung der Fondsgesellschaft die in den vergangenen Jahren erfolgten Ausschüttungen anteilig zurückzuzahlen. Sie verlangte 34,75 % der ausgeschütteten Beträge, denen keine entsprechenden Gewinne gegenüber stünden, dies entspricht für den Kläger dem Betrag der hiesigen Klagforderung.
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Der Kläger nahm das Angebot der S. Bank AG nicht an und schloss keine sog. Freistellungsvereinbarung. Auch zahlte er nicht an die Beklagte die erhaltenden Ausschüttungen anteilig zurück.
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In der Folgezeit machte die S. Bank AG ihre Ansprüche aus § 172 Abs. 4 BGB gegenüber Kommanditisten - auch den Kläger - gerichtlich geltend. Durch das als Anlage K 4 vorgelegte Urteil des Bundesgerichtshofes vom 20.5.2014 wurde der Kläger verurteilt, an die S. Bank AG 17.767,39 € zu zahlen.
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Am 2.9.2014 zahlte der Kläger den geforderten Betrag an die Beklagte und forderte diese gleichzeitig zur Erstattung auf unter Fristsetzung bis zum 9.9.2014.
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Der Kläger vertritt die Auffassung, dass die Rückzahlung eines Teils der Ausschüttung zur teilweisen Tilgung des Darlehens der Beklagten gegenüber der Bank als Sonderopfer im Sinne des § 110 HGB anzusehen sei, da er zur Zahlung nicht verpflichtet gewesen sei. Ihm stehe vor diesem Hintergrund ein Erstattungsanspruch gegen die Beklagte zu.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 17.767,39 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 03.09.2014 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie vertritt die Auffassung, ein Anspruch aus § 110 HGB bestehe deshalb nicht, weil in der Zahlung der Klägerin bereits keine „Geschäftsangelegenheit“ der Beklagten zu sehen sei, da vorliegend ganz überwiegend das Eigeninteresse des Gesellschafters im Vordergrund gestanden habe, das Gesellschaftsinteresse dagegen vollständig dahinter zurückgetreten sei. Aufgrund der teilweisen Rückzahlung der Ausschüttungen sei es zu einem Wiederauffüllen des klägerischen Kapitalkontos gekommen, weshalb insoweit auch keine Inanspruchnahme Dritter, insbesondere der S. Bank AG befürchtet werden müsse.
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Auch sei die von Klägerseite zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 20.06.2005 (AZ.: II ZR 252/03) in der vorliegenden Konstellation nicht anwendbar, denn der BGH stelle ausdrücklich darauf ab, dass die Zahlung ohne rechtliche Verpflichtung erfolge.
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Jedenfalls wäre ein solcher Anspruch nicht fällig.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.07.2015 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet.
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Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 17.767,39 € gem. §§ 161 Abs. 2, 110 HGB.
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Die Voraussetzungen des § 110 HGB für einen entsprechenden Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte liegen vor. Die Zahlung des Klägers erfolgte freiwillig, er war gegenüber der Beklagten zu dieser Zahlung nicht verpflichtet. Der Gesellschaftsvertrag sah keine Erstattung vor. Ein Wiederaufleben der Außenhaftung des Klägers gegenüber der S. AG ist unerheblich. Im Einzelnen wird auf die zutreffenden und überzeugenden Gründe des Urteils des HansOLG vom 4. April 2014 (11 U 310/13, ebenso HansOLG, § 522 ZPO - Beschluss vom 18. November 2014 - 11 U 210/14) sowie auch auf die Urteile des Landgerichts Hamburg vom 1.11.2013 (Gz 328 O 108/13) und vom 7.7.2015 (Gz. 310 O 228/14) Bezug genommen.
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Dass die Rückzahlung der Auszahlung nicht im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen gewesen war, ist unerheblich, denn jedenfalls enthielt der Gesellschaftsvertrag auch keine Pflicht zur Rückzahlung. Dass der Kläger mit der Zahlung an die Beklagte der Vollstreckung der S. Bank AG aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 20.5.2014 zuvorkommen wollte, ändert nichts daran, dass es sich im Verhältnis zur Beklagten um eine Gesellschaftsangelegenheit handelt. Denn das Fremdverhältnis ist nur ein wirtschaftlicher Hintergrund und im Verhältnis zur Beklagten bestand jedenfalls keine Pflicht. Der Kläger hat auch gegen keine gesellschaftrechtliche Treuepflicht verstoßen, denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte durch die Erfüllung der Klagforderung in Insolvenzgefahr gerät. Dass der Kläger die Zahlung anders als im Falle der zitierten Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts direkt an die Beklagte vornahm, ist lediglich ein anderes Element dergleichen Leistungskette und ändert daher an den Grundsätzen der Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts nichts.
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Zinsen kann der Kläger erst ab dem 10.9.2014 aus Verzug verlangen, §§ 286, 288 BGB. Durch das als Anlage K 7 vorgelegte Schreiben vom 2.9.2014 hat der Kläger der Beklagten eine Frist zur Zahlung bis zum 9.9.2014 eingeräumt, so dass diese erst ab dem 10.9.2014 sich in Verzug befand.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO.
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Referenzen
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- 11 U 210/14 1x (nicht zugeordnet)
- 11 U 310/13 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 172 Vollmachtsurkunde 1x
- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 1x
- HGB § 161 2x
- HGB § 110 5x
- BGB § 286 Verzug des Schuldners 1x
- 310 O 228/14 1x (nicht zugeordnet)
- 328 O 108/13 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden 1x
- ZPO § 522 Zulässigkeitsprüfung; Zurückweisungsbeschluss 1x
- II ZR 252/03 1x (nicht zugeordnet)