Urteil vom Landgericht Hamburg (23. Zivilkammer) - 323 O 479/13
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Der Kläger macht Ansprüche gegen die Beklagte auf Schadensersatz wegen Beratungspflichtverletzungen und Prospektfehlern im Zusammenhang mit einer mittelbaren Kommanditbeteiligung als Treugeber geltend.
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Der Kläger zeichnete am 04.11.2004 eine mittelbare Beteiligung an der „H. T.“ D. B. GmbH & Co. KG mit einer Einlage von 20.000,00 € (zuzüglich Agio von 3 %) als Treugeber, welche die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Treuhandkommanditistin auftragsgemäß für ihn erwarb und hielt (vgl. den Zeichnungsschein Anlage K 3). Dem Kläger wurde in diesem Zusammenhang ein Exemplar des Emissionsprospektes übergeben (Anlage K 2).
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Mit Schreiben vom 30.09.2013 forderte die Beklagte den Kläger zur Rückzahlung von gewährten Liquiditätsausschüttungen in Höhe von 1.240,00 € auf (Anlage K 6).
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Der Kläger macht geltend, die der Beklagten zuzurechnende Anlageberatung durch die Firma P. sei weder anleger- noch anlagegerecht gewesen.
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Er behauptet, er sei vor der Zeichnung der Beteiligung durch den für die Vermittlerfirma P. tätigen Herrn W. am 04.11.2004 beraten worden. Der Berater habe darauf hingewiesen, dass jeder zur Altersabsicherung vorsorgen müsse und der Kläger daher sein Kapital so lukrativ und renditestark als möglich zum Einsatz bringen solle. Er habe dem Kläger die im Emissionsprospekt aufgeführten Vorteile der streitgegenständlichen Beteiligung dargestellt (vgl. insbesondere Anlage K 2, S. 2) und mitgeteilt, dass derzeit kein Anleger bei Beteiligung an einem Schiffsfonds etwas falsch machen könne. Es bestünden enorme Renditeerwartungen und man könne von überdurchschnittlichen Ausschüttungen profitieren. Es handele sich bei der Beteiligung um eine sichere Altersvorsorgemaßnahme für den Kläger und seine Familie. Das Kapitalverlustrisiko, das Risiko einer Kommanditistenhaftung, die 105 %-Wertsicherungsklausel, das Währungskursrisiko, die fehlende Fungibilität und die einkalkulierten Weichkosten seien durch den Berater demgegenüber erwähnt worden.
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Der Kläger macht des Weiteren geltend, dass der maßgebliche Emissionsprospekt Fehler aufweise.
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Das Kapitalverlustrisiko werde verschleiert.
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Die fehlende Fungibilität des Fondsanteils werde nur unzureichend beschrieben.
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Die Frage der 105 %-Wertsicherungsklausel werde im Prospekt nicht beschrieben.
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Die sich aus der Fremdfinanzierung für den Anleger ergebende Gefahr werde verharmlost.
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Die mögliche Pflicht zur Rückzahlung von Ausschüttungen sei dem Prospekt nicht zu entnehmen.
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Der Kläger verlangt im Wege des Schadensersatzes die Erstattung geleisteter Zahlungen von 20.300,00 € abzüglich von Ausschüttungen in Höhe von 1.240,00 €.
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Der Kläger beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 19.060,00 € nebst Zinsen in Höhe von 2,0 % p. a. aus 14.300,00 € für die Zeit vom 16.11.2014 bis zur Klagzustellung, nebst Zinsen in Höhe von 2,0 % p. a. aus 6.000,00 € für die Zeit vom 15.01.2005 bis zur Klagzustellung und danach nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB aus 19.060,00 € zu bezahlen, Zug-um-Zug gegen Abgabe eines Angebots des Klägers auf Übertragung seiner von der Beklagten gehaltenen Treugeberstellung an der Fondsgesellschaft mit der Bezeichnung „H. T.“ D. B. GmbH & Co. KG (HT Flottenfonds III) zur Treuhandregisternummer 3...0 über eine Nominaleinlage von 20.000,00 € an die Beklagte,
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2. festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, an die Beklagte 1.240,00 € zurückzuzahlen,
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3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der vom Kläger bei ihr gehaltenen Treugeberstellung an der Fondsgesellschaft mit der Bezeichnung „H. T.“ D. B. GmbH & Co. KG (HT Flottenfonds III) zur Treuhandregisternummer 3...0 über eine Nominaleinlage von 20.000,00 € in Verzug befindet,
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4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.171,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB hieraus seit Klagzustellung zu bezahlen.
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Die Beklagte sowie die Nebenintervenientinnen beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte bestreitet das von dem Kläger vorgetragene Geschehen im Zusammenhang mit dem Beratungsgespräch mit Nichtwissen. Jedenfalls scheide eine Zurechnung zu Lasten der Beklagten aus. Zudem sei auf die bestehenden Risiken in dem Prospekt vollständig und richtig hingewiesen worden. Eine Kausalität etwaiger Beratung- bzw. Prospektfehler für die Anlageentscheidung des Klägers wird bestritten.
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Eine Haftung der Beklagten sei zudem wirksam ausgeschlossen worden.
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Die Schadenshöhe wird teilweise bestritten.
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Die Beklagte erhebt schließlich die Einrede der Verjährung.
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Die Nebenintervenientinnen nehmen Prospektfehler in Abrede.
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Wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Es bestehen keine durchsetzbaren Ansprüche des Klägers aus einer Prospekthaftung im weiteren Sinne oder aufgrund einer fehlerhaften Aufklärung über Risiken und Chancen der gezeichneten Beteiligung aus § 280 BGB i. V. m. einem Anlageberatung- oder Anlagevermittlungsvertrag.
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Etwaige Schadensersatzansprüche des Klägers sind jedenfalls verjährt, § 194 Abs. 1 i. V. m. § 214 Abs. 1 BGB.
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Die Verjährung ist zum 01.01.2008 eingetreten. Die Regelfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB begann am 31.12.2004 zu laufen. Die streitgegenständliche Klage wurde erst am 20.12.2013 anhängig gemacht.
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Maßgeblich für den Beginn der Verjährungsfrist sind gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB neben der Entstehung des Anspruchs im Jahre 2004 auch Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners.
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Eine der Kenntnis gleichstehende grob fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt immer dann vor, wenn der Geschädigte, obwohl er sich die Kenntnis in zumutbarer Weise ohne nennenswerte Mühe verschaffen kann, sich der Kenntnis missbräuchlich verschließt oder auf der Hand liegende Möglichkeiten nicht ausnutzt (vgl. BGHZ 133, 192). Es kommt dabei im Hinblick auf einen Schadensersatzanspruch insgesamt grundsätzlich nicht darauf an, ob der Geschädigte die Rechtswidrigkeit des Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt oder einschätzen würde, ebenso sind etwaige rechtlich fehlerhafte Vorstellungen des Geschädigten in der Regel unbeachtlich. Es ist vielmehr allein darauf abzustellen, ob dem Kläger, möglicherweise auch nach Inanspruchnahme rechtlicher Beratung, unter den gegebenen Umständen eine Klageeinreichung zumutbar gewesen wäre (vgl. etwa OLG Celle, ZGS 2007, 195).
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Der Kläger hatte bereits im Jahre 2004 jedenfalls grob fahrlässige Unkenntnis hinsichtlich des Vorliegens eines etwaigen Schadensersatzanspruches gegen die Beklagte. Er hat es in grob fahrlässiger Weise versäumt, den Inhalt des erhaltenen Emissionsprospekts zumindest zeitnah im Zusammenhang mit seiner Anlageentscheidung nachträglich – jedenfalls oberflächlich – zur Kenntnis zu nehmen, wodurch sich ihm die offensichtlich bestehende Diskrepanz zwischen dem Beratungsinhalt und der tatsächlichen Beschaffenheit der Beteiligung aufgedrängt hätte.
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Dem steht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes entgegen, wonach eine grob fahrlässige Unkenntnis des Beratungsfehlers eines Anlageberaters oder der unrichtigen Auskunft eines Anlagevermittlers sich nicht schon allein daraus ergibt, dass es der Anleger unterlassen hat, den ihm überreichten Emissionsprospekt – gegebenenfalls aufgrund einer von ihm erkannten bestimmten Pflichtverletzung des Anlageberaters oder -vermittlers – durchzulesen und auf diese Weise die Ratschläge und Auskünfte des Anlageberaters oder -vermittlers auf ihre Richtigkeit hin zu kontrollieren (vgl. BGHZ 186, 152; BGH NJW-RR 2010, 1623).
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Vorliegend ist es aufgrund der Besonderheiten des behaupteten Beratungsgesprächs schlicht unverständlich, dass der Kläger den Prospekt und insbesondere die darin beschriebenen Risiken (vgl. Anlage K 2, S. 10f. und 43ff.) nicht jedenfalls nachträglich zur Kenntnis genommen hat.
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Legt man den eigenen Vortrag des Klägers zu dem Inhalt des Beratungsgesprächs am 04.11.2004 zugrunde, hätten bei ihm nach der sodann erfolgten Übergabe des Emissionsprospekts „sämtliche Alarmglocken schrillen“ müssen. Da der Kläger nach seinem Vorbringen auf das Vorhandensein von Risiken überhaupt nicht hingewiesen und die Beteiligung als eine zur Altersvorsorge und Absicherung der Familie des Klägers geeignete Anlagemöglichkeit bezeichnet worden war, musste der Kläger von einer sparbuchähnlichen Kapitalanlage ausgehen. Allein die Übergabe eines mehr als hundert Seiten umfassenden Prospektes musste den Kläger in dieser Situation veranlassen, zumindest im Nachgang zu dem Termin mit dem Berater jedenfalls einen kurzen Blick in diese Unterlagen zu werfen.
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Jedem Verbraucher, der eigenverantwortlich am Rechtsverkehr teilnimmt, drängt sich bei einer solchen Sachlage die Frage auf, warum zu einem solchen sparbuchähnlichen Kapitalanlageprodukt, bei dem es für einen Anlageberater außer der enormen Renditeerwartung und der Eignung zur Altersvorsorge offenbar gar keine weiteren erwähnenswerten Umstände gibt, derart umfangreiche Informationsunterlagen erstellt werden. Unterlässt er dann jeglichen Blick in diese angesichts der Ausführungen des Beraters überraschender Weise überreichten Unterlagen, nimmt er in leichtfertiger Weise in Kauf, dass ihm nicht alle relevanten Umstände, die seine Anlageentscheidung betreffen und nun für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen von Bedeutung sein können, in der erforderlichen Weise bekannt sind.
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Hätte der Kläger dies aber wie jeder vernünftige Anleger zum Anlass genommen, zeitnah nach der Unterzeichnung einen Blick in den Emissionsprospekt zu werfen, so wäre für ihn – selbst ohne jede Vorkenntnisse und Erfahrungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen – ohne Weiteres offensichtlich gewesen, dass ihm eine Beteiligung vermittelt worden war, die mit der behaupteten Darstellung einer mit keinerlei Risiken behafteten Kapitalanlage nicht die geringste Ähnlichkeit aufwies. Bereits ein Blick in das Inhaltsverzeichnis ergibt nämlich, dass in dem Prospekt an den zwei oben genannten Stellen neben Chancen auch Risiken der Beteiligung dargestellt werden, so dass die vollkommen unzureichende Beratung für den Kläger sofort evident gewesen wäre.
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Dies wiederum hätte jedem eigenverantwortlich handelnden Anleger hinreichend Anlass geben müssen, rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen. Hätte der Kläger aber zur Wahrung seiner Interessen bereits zeitnah nach der Zeichnung der Beteiligung seine fachkundigen Prozessbevollmächtigten mandatiert, so wären ihm bereits zum damaligen Zeitpunkt sämtliche in diesem Rechtsstreit gerügten Aufklärungs- und Beratungsfehler bekannt geworden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 2 ZPO.
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Referenzen
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- BGB § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist 1x
- ZPO § 101 Kosten einer Nebenintervention 1x
- BGB § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen 2x
- BGB § 280 Schadensersatz wegen Pflichtverletzung 1x
- BGB § 214 Wirkung der Verjährung 1x