Urteil vom Landgericht Hamburg (12. Zivilkammer) - 312 O 195/15

Tenor

I. Der Beklagten wird untersagt, gegenüber Verbrauchern gem. § 13 BGB die nachfolgenden oder inhaltsgleichen Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Dienstleistungsverträgen über die kostenpflichtige Nutzung von Datenbanken, Services und Portalen von a..de zu verwenden oder sich auf diese Klauseln zu berufen:

1. Ich habe die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und akzeptiere sie.

2. Mit der Registrierung erkennt der Nutzer die Allgemeinen Geschäftsbedingungen an.

3. [Der Nutzer ist berechtigt, seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung binnen 2 Wochen zu widerrufen.] Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.

4. Eine Haftung seitens a..de für Schäden und Beeinträchtigungen durch Computerviren ist ebenso ausgeschlossen wie für die Haftung für mittelbare Schäden oder entgangenen Gewinn.

5. Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.

6. Nebenabreden, Änderungen oder Ergänzungen zu diesem Vertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

7. Auch die Aufhebung des Schriftformerfordernisses bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

II. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

IV. Das Urteil ist für den Kläger hinsichtlich des Verbotsausspruchs zu Ziff. I gegen Sicherheitsleistung i.H.v. € 21.000,-- vorläufig vollstreckbar. Bezüglich der Kosten ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten vorliegend um die rechtliche Zulässigkeit von insgesamt 7 Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten.

2

Bei dem Kläger handelt es sich um eine qualifizierte Einrichtung i.S.v. § 4 UKlaG (Anlage K 1). Die Beklagte betreibt die Internetseite www.a..de. Dabei verwendet die Beklagte im Rahmen ihres Angebotes Allgemeine Geschäftsbedingungen wie aus der Anlage K 3 ersichtlich, auf die wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird.

3

Der Kläger hält insgesamt sieben der AGB Klauseln für rechtswidrig und hat die Beklagte diesbezüglich mit Schreiben vom 20.4.2015 abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert (Anlage K 4). Die Beklagte bat zunächst um Fristverlängerung, reagierte in der Folgezeit jedoch nicht mehr auf die Abmahnung.

4

Der Kläger ist der Ansicht, die Klausel „Ich habe die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und akzeptiere sie“ (Antrag zu Ziff. I.1.) verstoße gegen § 309 Nr. 12 lit. b) BGB. Wenn, so der Kläger, nach höchstrichterlicher Rechtsprechung eine Klausel, nach der die Versicherung eines Verbrauchers, die AGB gelesen und verstanden zu haben, rechtswidrig sei, so sei die Erklärung, der Verbraucher würde die Bedingungen „akzeptieren“, erst recht unzulässig. Der Verbraucher solle durch diese Formulierung davon abgehalten werden, sich gegen den Inhalt der AGB zu wehren. Gleiches gelte für die Klausel zu Ziff. I.2.

5

Die Klausel „[Der Nutzer ist berechtigt, seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung binnen 2 Wochen zu widerrufen.] Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“ (Antrag zu Ziff. I. 3.) sei wegen Intransparenz unwirksam, da völlig unklar sei, wann die Frist zu laufen beginne.

6

Die Klausel „Eine Haftung seitens a..de für Schäden und Beeinträchtigungen durch Computerviren ist ebenso ausgeschlossen wie für die Haftung für mittelbare Schäden oder entgangenen Gewinn“ (Antrag zu Ziff. I.4.) verstoße gegen § 309 Nr. 7 lit. b) BGB. Nach dem Wortlaut der Klausel schließe die Beklagte die Haftung für sich bzw. ihre Erfüllungsgehilfen auch für die Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit aus. Dies sei bereits nach dem Gesetzeswortlaut ohne Wertungsmöglichkeiten rechtswidrig.

7

Weiterhin, so der Kläger, erweise sich auch die Klausel „Die Redaktion übernimmt keine Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen“ als rechtswidrig (Antrag zu Ziff. I.5. - § 309 Nr. 7 lit. b BGB). Auch nach dem Wortlaut dieser Klausel schließe die Beklagte die Haftung für sich bzw. ihre Erfüllungsgehilfen auch für die Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit völlig aus, was ebenfalls bereits nach dem Gesetzeswortlaut ohne Wertungsmöglichkeiten rechtswidrig sei.

8

In der Klausel „Nebenabreden, Änderungen oder Ergänzungen zu diesem Vertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform“ (Antrag zu Ziff. I.6.) sieht der Kläger einen Verstoß gegen § 307 BGB. Nach dem Wortlaut der Klausel würden auch nach Vertragsschluss getroffene Abreden, soweit sie nicht schriftlich erfolgten, für (scheinbar) unwirksam erklärt. Dies sei hingegen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung rechtswidrig.

9

Schließlich verstoße auch die Klausel „Auch die Aufhebung des Schriftformerfordernisses bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform“ (Antrag zu Ziff. I.7.) gegen § 307 BGB. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang auf seinen Vortrag zur Klausel gem. dem Antrag zu Ziff. I.6.

10

Der Kläger beantragt,

11

wie erkannt.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Sie trägt vor, die geltend gemachten Unterlassungsansprüche seien unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gerechtfertigt, da sämtliche der beanstandeten Klauseln zulässig seien und einer Inhaltskontrolle standhielten.

15

Die Klausel im Antrag zu Ziff. I.1. sei bereits deshalb zulässig, weil sie sich separat auf der Internetseite der Beklagten befinde und auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verweise, ohne selbst ein Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu sein. Selbst wenn man dies anders sähe, wäre die Klausel gleichwohl zulässig. Denn das in der streitgegenständlichen Klausel angeführte „Akzeptieren“ der AGB entspreche den in § 305 Abs. 2 BGB aufgestellten Erfordernissen der Kenntnisnahme und des Einverständnisses des Kunden als Einbeziehungsvoraussetzung.

16

Die Klausel zu Ziff. I.2. verstoße ebenfalls nicht gegen § 309 Nr. 12 lit. b) BGB. Das „Anerkennen“ der AGB sei dort nämlich nur als eine umgangssprachliche Beschreibung des „Zur Kenntnis Nehmens“ zu verstehen, dem jedoch keinerlei rechtliche Bedeutung für die Frage zukomme, ob der private Nutzer der Datenbanken und Internetportale der Beklagten von den Bedingungen Kenntnis genommen habe oder bei zumutbarer Sorgfalt hiervon Kenntnis habe nehmen können.

17

Auch die Klausel zu Ziff. I. 3. sei nicht zu beanstanden. Gemäß § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB beginne die Widerrufsfrist erst, wenn dem Verbraucher eine den Anforderungen des § 360 Abs. 1 BGB entsprechende Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden sei. Auf nichts anderes weise die Beklagte in dieser Klausel hin.

18

Die Klausel gem. dem Klagantrag zu Ziff. I.4. (§ 7 Ziff. 6 der AGB) sei entgegen der Auffassung des Klägers gerade nicht dahingehend zu verstehen, dass sich die Beklagte von jeglicher Haftung und damit auch von solchen Pflichtverletzungen freizeichne, die auf grober Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz beruhten. Im Gegenteil: die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit bleibe von jeglichen Haftungsfreizeichnungen in ihren AGB unberührt. Dies ergebe sich aus einer Gesamtschau der in den AGB enthaltenen Regelungen. Haftungsbeschränkungen fänden sich nämlich ausdrücklich in einer eigenständigen Regelung. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf § 7 ihrer AGB, speziell auf die dortigen Ziffern 3 und 4. Eine Haftung werde somit im Rahmen der angegriffenen Klausel - entsprechend der Regelung in Ziffer 3 - lediglich für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen, und - entsprechend der Regelung in Ziffer 4 - auch nur für die Verletzung solcher Pflichten, die keine Kardinalspflichten darstellten.

19

Auch der Klausel gem. dem Klagantrag zu Ziff. I.5., so die Beklagte, sei in der Gesamtschau der Nutzungsbedingungen lediglich eine Haftungsfreizeichnung für leichte Fahrlässigkeit zu entnehmen. Die Klausel sei insbesondere im Zusammenhang mit § 7 Ziff. 3 zu lesen, wonach sie, die Beklagte, sehr wohl für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit hafte.

20

Ferner weist die Beklagte darauf hin, dass auch die Klausel gem. dem Klagantrag zu Ziff. I.6. der Inhaltskontrolle standhalte. Zwar verstießen Schriftformklauseln gegen § 305 b und § 307 BGB, soweit sie für Vertragsänderungen konstitutiv die Einhaltung der Schriftform forderten. Dem liege der Gedanke zugrunde, dass formularmäßige Klauseln nicht nachträglich getroffene höherrangige individuelle Abreden außer Kraft setzen könnten. Gerade angesichts der massenhaften und überwiegend nicht verifizierbaren Nutzung ihrer Internet-Portale habe sie jedoch ein berechtigtes Interesse an einer Sicherheit im Rechtsverkehr und könne deshalb eine schriftliche Fixierung von Nebenabreden, Änderungen oder Ergänzungen des Vertrags mit einem Nutzer ihrer Internetportale verlangen. Da nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen seien, müssten ihre Nutzungsbedingungen in einer solchen Situation Vorrang vor eventuell kollidierenden mündlichen Vereinbarungen haben.

21

Entsprechend, so die Beklagte, verhalte es sich auch mit der Klausel, welche Gegenstand des Klagantrags zu Ziff. I.7. ist.

22

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19. 1.2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

23

Die zulässige Klage ist begründet. Die seitens des Klägers beanstandeten Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten erweisen sich sämtlich als rechtswidrig und halten einer Inhaltskontrolle nicht Stand. Der Unterlassungsanspruch des Klägers basiert auf § 1 UKlaG i.V.m. §§ 307 Abs. 1, 309 Nr. 12 lit. b), 309 Nr. 7 lit. b) BGB.

24

Im Einzelnen:

1.

25

Hinsichtlich der im Tenor zu Ziff. I.2., 4., 5., 6. und 7. genannten Klauseln hat die Kammer bereits im Verfahren 312 O 508/13 betreffend Computerbild rechtskräftig entschieden, dass die Klauseln unzulässig sind. Dabei entspricht die dortige Ziff. I.1. der hiesigen Ziff. I.2., die dortige Ziff. I.2. der hiesigen Ziff. I.4., die dortige Ziff. I.3. der hiesigen Ziff. I.5., die dortige Ziff. I.4. der hiesigen Ziff. I.6. und die dortige Ziff. I.5 der hiesigen Ziff. I.7. Die Kammer nimmt insoweit auf die dortigen Entscheidungsgründe Bezug:

26

„Die Kammer hat in ihrem gerichtlichen Hinweis vom 24.02.2014 ausgeführt:

27

„Im Hinblick auf den Termin am 25.03.2014 wird die Beklagte darauf hingewiesen, dass ihrer Rechtsverteidigung - nach vorläufiger rechtlicher Einschätzung der Kammer - wohl keine hinreichenden Erfolgsaussichten beizumessen sein dürfte. Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen:

28

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen sind, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zu Grunde zu legen. Zweifel bei der Auslegung gehen zu Lasten des Verwenders. Diese Auslegungsregel führt im Verbandsprozess dazu, dass bei einer mehrdeutigen Klausel von den möglichen Auslegungen diejenige zu Grunde zu legen ist, die zur Unwirksamkeit der Klausel führt. Das setzt allerdings voraus, dass nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bleibt und mindestens zwei Auslegungsmöglichkeiten rechtlich vertretbar sind, wobei lediglich Verständnismöglichkeiten außer Betracht bleiben, die zwar theoretisch denkbar, praktisch aber fernliegend sind und für die an solchen Geschäften typischerweise Beteiligten nicht ernsthaft in Betracht kommen (BGH, Urteil vom 18. 07. 2012, VIII ZR 337/11, NJW 2013, S. 291).

29

Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze erweisen sich sämtlich der vorliegend streitgegenständlichen Klauseln der Beklagten, nach vorläufiger rechtlicher Einschätzung der Kammer, als unwirksam.

30

Antrag zu Ziff. I.1.

31

Die Klausel verstößt gegen § 309 Nr. 12 BGB.

32

Nr. 12 lit. b will die Verwendergegenseite davor schützen, dass sie mit der Unterschrift unter den Vertragsantrag zugleich unbemerkt eine Tatsache bestätigt, die die Beweislast zu ihren Ungunsten abändert. Der Tatsachenbegriff ist weit zu verstehen. Hierunter fallen sowohl Bestätigungen über tatsächliche Vorgänge oder Zustände als auch wertende Bestätigungen (Bamberger/Roth/Becker, BeckOK BGB, Stand 01.08.2013, Edition 29, § 309 Nr. 12 BGB, Rdnr. 8 m.w.N.).

33

Zutreffend hat der Kläger darauf hingewiesen, dass der Verbraucher durch die Verwendung der inkriminierten Klausel, er würde die Allgemeinen Geschäftsbedingungen „anerkennen“, davon abgehalten wird, sich gegen deren Inhalt zu wehren, was die Unwirksamkeit der Klausel zur Folge hat.

34

Soweit die Beklagte diesbezüglich eingewandt hat, bei der streitgegenständlichen Klausel handele es sich nicht um eine Beweislastklausel im vorstehenden Sinne, da der verwendete Begriff des „Anerkennens“ lediglich als eine umgangssprachliche Beschreibung des „Zur Kenntnis Nehmens“ zu verstehen sei, dem vorliegend keine rechtliche Bedeutung zukomme, vermag sie hiermit nicht mit Erfolg gehört zu werden. Gegen eine solche Annahme spricht allein schon der Wortlaut der Klausel, bedeutet „anerkennen“ doch „akzeptieren“ bzw. „für gültig erklären“ (vgl. http://synonyme.woxikon.de/synonyme/anerkennen.php) und beinhaltet mithin gerade eine rechtlich relevante Bestätigung und geht somit über ein bloßes „Zur Kenntnis Nehmen“ hinaus.

35

Hierauf basierend ist es unerheblich, dass sich der Verbraucher auch im Rahmen des Registriervorgangs bei der Beklagten mit den Nutzungsbedingungen einverstanden erklären muss (was zudem im Vergleich zu einem „Anerkenntnis“ ein Minus darstellen dürfte).

36

Antrag zu Ziff. I.2.

37

Die diesbezüglich streitgegenständliche Haftungsausschlussklausel verstößt gegen § 309 Nr. 7 lit. b BGB, was deren Nichtigkeit begründet.

38

Der Verweis der Beklagten auf eine „Gesamtschau“ ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, speziell der Haftungsklausel gem. § 4 (insbesondere der dortigen Ziffern 3 und 4) geht fehl. Die inkriminierte Klausel gem. § 4 Nr. 6 der Bedingungen enthält ob des insoweit eindeutigen Wortlautes einen vollständigen Haftungsausschluss. Eine „Gesamtschau“ mit den von der Beklagten ins Feld geführten anderweitigen Regelungen in § 4 Nr. 3 und 4 sowie § 7 Nr. 5 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen scheidet allein schon deshalb aus, da der Wortlaut der Klausel gem. Nr. 6 keinerlei Bezugnahme hierzu aufweist und mithin die anderweitig von der Beklagten verwendeten Regelungen in keinster Weise geeignet sind, den Inhalt der streitgegenständlichen Klausel in irgendeiner Art und Weise einzuschränken. Auf den Grundsatz der kundenfeindlichsten Auslegung (s.o.) wird insoweit verwiesen.

39

Antrag zu Ziff. I.3.

40

Hinsichtlich der Haftungsfreizeichnungsregelung in § 4 Nr. 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf obige Ausführungen verwiesen, da auch diese Regelung gegen § 309 Nr. 7 lit b. BGB verstößt.

41

Antrag zu Ziff. I.4.

42

Die Regelung in § 12 Nr. 3 S. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen verstößt gegen den Vorrang der Individualabrede gem. §§ 307 Abs. 1 i.V.m. 305 b BGB (BGH, Urteil vom 21. 9. 2005, XII ZR 312/02, NJW 2006, S. 138). Dies nimmt im Übrigen auch die Beklagte nicht ernsthaft in Abrede. Soweit sie in diesem Zusammenhang auf die Regelung in § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB verwiesen hat (Berücksichtigung den Vertragsschluss begleitender Umstände), vermag auch dies ein anderweitiges Ergebnis nicht zu rechtfertigen.

43

Der Anwendungsbereich vorstehender Regelung gilt nämlich nur für die Inhaltskontrolle im Individualprozess - im Verbandsklageverfahren - wie vorliegend - muss es aber der Natur der Sache nach bei einem abstrakt-überindividuellen Kontrollmaßstab bleiben (Palandt/Grüneberg, BGB, 73. Auflage 2014, § 310 BGB, Rdnr. 20 m.w.N.).

44

Selbst wenn man jedoch zu Gunsten der Beklagten unterstellen wollte (quod non), dass die Regelung in § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB auch in vorliegendem Verbandsklageverfahren Anwendung finden würde, würde ihr dies im Streitfall nicht zum Erfolg verhelfen. Dies, da auch die „den Vertragsschluss begleitenden Umstände“ nicht geeignet sind, dem Vorrang der Individualabrede entgegenzustehen. Die Beklagte wendet sich mit ihrem Internetangebot an eine Vielzahl von Verbrauchern. Soweit sie, wie vorgetragen, die Nutzung ihrer Internet-Portale vermeintlich überwiegend nicht verifizieren kann, liegt dies allein im Verantwortungsbereich der Beklagten.

45

Die Frage einer wirksamen Einbeziehung der streitgegenständlichen Klausel stellt sich zunächst nicht für sämtliche Nutzer der Internet-Angebote der Beklagten, sondern nur bzgl. derjenigen Verbraucher, welche sich bei der Beklagten registrieren. Dass sie deren Nutzung nicht verifizieren kann, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Dies hat die Beklagte auch nicht einmal ansatzweise dargetan. Der Vortrag der Beklagten, sie habe ein berechtigtes Interesse an einer Sicherheit im Rechtsverkehr, ist zwar durchaus nachvollziehbar - dieses Interesse haben hingegen alle (seriösen) Anbieter mit der Folge, dass allein dies eine Einschlägigkeit der Ausnahmeregelung in § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB nicht zu rechtfertigen vermag.

46

Antrag zu Ziff. I.5.

47

Bzgl. der Klausel in § 12 Nr. 3 S. 2 wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen.

48

An diesen Ausführungen hält die Kammer auch weiterhin fest.“

2.

49

Die im Antrag genannten Ziff. I. 1. und I. 3. der AGB der Beklagten erweisen sich ebenfalls als rechtswidrig.

a)

50

Die Klausel zu Ziff. I. 1.

51

„Ich habe die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelesen und akzeptiere sie“

52

verstößt ebenso wie die Klausel zu Ziff. I. 2. gegen § 309 Nr. 12 lit. b ) BGB. Denn wie oben ausgeführt wurde, ist ein Akzeptieren der Allgemeinen Geschäftsbedingungen einem Anerkenntnis gleichzusetzen. Auch der Umstand, dass sich die Klausel zu Ziff. I.1. auf der Internetseite der Beklagten von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen abgesetzt befindet, vermag an ihrer Einordnung als Teil der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und der Anwendbarkeit von § 309 BGB nichts zu ändern.

b)

53

Die Klausel zu Ziff. I. 3.

54

„[Der Nutzer ist berechtigt, seine auf den Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung binnen 2 Wochen zu widerrufen.] Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung.“

55

verstößt gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB, da die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verbraucher vermag der Klausel lediglich zu entnehmen, dass die Frist „jetzt oder später“ beginnt, der Beginn des Fristablaufs also gegebenenfalls noch von weiteren Voraussetzungen abhängen soll. Der Verbraucher wird jedoch im Unklaren gelassen, welche etwaigen weiteren Umstände dies sind (BGH NJW 2012, 3428).

3.

56

Die Kostenentscheidung basiert auf § 91 Abs. 1 ZPO.

57

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.

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