Urteil vom Landgericht Hamburg (24. Zivilkammer) - 324 O 11/16

Tenor

I. Ziffer 2. der einstweiligen Verfügung vom 03.02.2016 (Kostenentscheidung) wird wie folgt abgeändert:

Die Parteien haben die Kosten des Erlassverfahrens jeweils zur Hälfte zu tragen.

II. Die Parteien haben die weiteren Kosten des Verfahrens (Widerspruchsverfahren) jeweils zur Hälfte nach einem Kostenwert von € 20.000,-- zu tragen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Aufsichtsratsvorsitzender der R. H. AG. Die Antragsgegnerin veröffentlichte am 10.12.2015 den aus der Anlage Ast 1 ersichtlichen Beitrag, der sich u.a. mit dem Antragsteller befasst. Der Antragsteller mahnte deswegen die Antragsgegnerin mit anwaltlichen Schreiben vom 11.12.2015 ab (vgl. Anlage Ast 4) und erwirkte anschließend die einstweilige Verfügung der Kammer vom 03.02.2015, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung der üblichen Ordnungsmittel die Verbreitung der Äußerung „Der Firmenerbe in fünfter Generation…Über sechs Millionen Euro jährlich...kostet ihn der Unterhalt seiner Luxusyacht,..“, wie geschehen im Beitrag „Rost unter dem Anstrich“ in der Zeitung „ H.“ vom 10.12.2015, untersagt wurde.

2

Die einstweilige Verfügung wurde am 11.02.2016 zugestellt (vgl. Anlage Ast 8).

3

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 07.03.2015 das gerichtliche Verbot als endgültige Regelung unter Verzicht auf die Rechte aus §§ 924, 926, 927 ZPO anerkannt. Mit selben Schriftsatz hat sie Kostenwiderspruch eingelegt. Sie macht geltend, dass in dem Abmahnschreiben die Behauptung, dass der Antragsteller Firmenerbe sei, nicht gerügt worden sei. Hinsichtlich der weiteren Äußerung „Über sechs Millionen Euro jährlich… kostet ihn der Unterhalt seiner Luxusyacht“ liege keine ausreichende Abmahnung vor. Der Antragsteller habe diese Äußerung zwar gerügt, aber dies sei pauschal, d.h. ohne Angabe konkreter Zahlen, geschehen. In ihrer Erwiderung habe sie, die Antragsgegnerin, darauf hingewiesen, dass sie eine Schätzung angegeben habe und worauf diese beruhe (vgl. Anlage AG 1). Offenbar habe auch die Kammer den Vortrag des Antragstellers für ergänzungsbedürftig gehalten, da der Antragsteller im Erlassverfahren mit Schriftsatz vom 28.01.2016 weiter vorgetragen habe. Gemäß § 93 ZPO habe sie, die Antragsgegnerin, daher keine Kosten zu tragen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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die einstweilige Verfügung der Kammer vom 03.02.2016 in ihrem Kostenausspruch (Ziffer 2 des Beschlusses) aufzuheben und dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

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Der Antragstellerin beantragt,

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den Kostenwiderspruch zurückzuweisen und die einstweilige Verfügung auch im Kostenwiderspruch zu bestätigen.

8

Der Antragsteller ist der Ansicht, dass ein sofortiges Anerkenntnis hinsichtlich der Behauptung „Firmenerbe in fünfter Generation“ nicht vorliege. Die Antragsgegnerin habe sich vielmehr Zeit ausbedungen, innerhalb derer sie die Abgabe einer Abschlusserklärung habe prüfen wollen (vgl. Anlage Ast 5). Es komme außerdem hinzu, dass sie auf ihrer Webseite noch am 25.02.2016, d.h. nach Zustellung der einstweiligen Verfügung, die Äußerung verbreitet habe und deswegen gemahnt worden sei (vgl. Anlagen Ast 6 und 7). Die Antragsgegnerin habe also nicht nur weitere Zeit für eine Abschlusserklärung erbeten, sondern sich berühmt, die Äußerung weiter verbreiten zu dürfen.

9

Der Kostenwiderspruch hinsichtlich der weiteren Äußerung sei ebenfalls unbegründet. Es sei nicht seine, des Antragstellers, Aufgabe Informationen zu liefern. Es obliege der Antragsgegnerin zu prüfen, ob die Behauptung rechtmäßig verbreitet werden dürfe.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Der Kostenwiderspruch der Antragsgegnerin hat teilweise Erfolg. Die Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung vom 03.02.2016 ist daher abzuändern.

12

1. Bei Einlegung eines Kostenwiderspruchs kann allein vorgebracht werden, dass das Verfahren nicht im Sinne des § 93 ZPO veranlasst wurde (vgl. dazu Zöller, ZPO- Kommentar, 31. Aufl. § 93 Rn 6 unter dem Stichwort Kostenwiderspruch). Der Grundgedanke des § 93 ZPO führt im vorliegenden Fall zu einer Abänderung der Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung.

13

Voraussetzung für die Anwendung von § 93 ZPO ist es, dass die Antragsgegnerin nicht durch ihr Verhalten Veranlassung zur Stellung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben hat. Die ist regelmäßig anzunehmen, wenn vor Einleitung des Verfügungsverfahrens erfolglos abgemahnt wurde (vgl. Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 7. Auflage, Kap. 54, Rn 27). Eine Abmahnung hinsichtlich der Äußerung, dass der Antragsteller Firmenerbe in fünfter Generation sei, ist indes unterblieben (vgl. Anlage Ast 4), so dass ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO zu bejahen ist.

14

Es ist auch nicht erkennbar, dass eine Abmahnung entbehrlich gewesen wäre, weil sie offensichtlich zwecklos gewesen wäre (vgl. hierzu Ahrens, a.a.O:, Kap. 3, Rn 17), und dem Antragsteller daher die fehlende Abmahnung nicht entgegengehalten werden kann.

15

Für die insoweit vorzunehmende Beurteilung kommt es nämlich auf das Verhalten vor dem Prozess an. Das Verhalten der Antragsgegnerin nach Antragstellung kann zur Beurteilung lediglich herangezogen werden (vgl. BGH, NJW 1979, 2040).

16

Ein vorprozessuales Verhalten der Antragsgegnerin, welches die Abmahnung entbehrlich hätte werden lassen, ist nicht zu erkennen. Hierzu fehlt auch ein Vortrag des Antragstellers. Die Tatsache, dass andere Äußerungen abgemahnt wurden, zeigt im Gegenteil, dass die Abmahnung offensichtlich nicht von vorne herein als entbehrlich angesehen wurde.

17

Dem Kostenwiderspruch steht auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin sich nach Zustellung der einstweiligen Verfügung am 11.02.2016 mit Schreiben vom 19.02.2016 für die Prüfung, ob eine Abschlusserklärung abgegeben wird, Zeit bis zum 11.03.2016 erbeten hat (vgl. Anlage Ast 5). Denn diese Zeit nutzte die Antragsgegnerin, um letztlich die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anzuerkennen.

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Anderes folgt auch nicht aus der aus der Anlage Ast 7 ersichtlichen Berichterstattung, in der der Antragsteller noch am 25.02.2016 als Firmenerbe bezeichnet wird. Denn der Beitrag wurde jedenfalls geändert.

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Die Abmahnung wegen der in Rede stehenden Äußerung kann im Übrigen auch nicht etwa deswegen als entbehrlich angesehen werden, weil die Antragsgegnerin hinsichtlich der abgemahnten Äußerungen die begehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht abgab (vgl. Anlage AG 1). Denn ansonsten würde es trotz einer weiterreichenden Antragstellung regelmäßig ausreichen, nur einige oder auch nur eine Äußerung abzumahnen, um den Gegner die erfolgreiche Berufung auf § 93 ZPO zu verwehren. Die Antragsgegnerin kann jedoch die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung hinsichtlich der abgemahnten Äußerungen aufgrund unterschiedlicher Beweggründe jeweils anders beurteilen.

20

2. Der weitere Kostenwiderspruch ist jedoch unbegründet.

21

Ein sofortiges Anerkenntnis der Antragsgegnerin liegt nicht vor. Sie hat auf die Abmahnung hin (vgl. Anlage Ast 4) keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben und somit Anlass zur Antragstellung gegeben.

22

Die Abmahnung ist auch hinreichend konkret. Der Antragsteller nennt im Abmahnschreiben nicht nur die Äußerung, deren Verbreitung er als rechtswidrig erachtet, nämlich dass ihn die Unterhaltung der Yacht im Jahr sechs Millionen Euro koste. Sondern er fügt außerdem hinzu, dass die Zahl falsch sei. Die Abmahnung erfüllte somit ihre Hinweis- und Warnfunktion. Die Antragsgegnerin konnte erkennen, welche Äußerung beanstandet wird. Es oblag ihr, die die Behauptung verbreitet hatte, die Berechtigung der Abmahnung zu überprüfen.

23

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

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