Urteil vom Landgericht Hamburg (3. Zivilkammer) - 303 O 286/15

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass sich die Klage in Bezug auf eine Forderung der Klägerin gegen den Beklagten in Höhe von 1.627,01 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zwischen dem 16.07.2014 und 05.11.2011 erledigt hat.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 202,30 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2015 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf einen Betrag von 82,80 € der von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum zwischen dem 03.05.2015 und dem Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht und auf einen Betrag von 32 € der von der Klägerin eingezahlten gerichtlichen Auslagenvorschüsse Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum zwischen dem 10.05.2016 und dem Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrags bei Gericht an die Klägerin zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 92% und der Beklagte 8% zu tragen.

6. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar; für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gesamten zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um von der Klägerin angenommene Ansprüche aus einem Bürgschaftsvertrag zwischen den Parteien.

2

Der Beklagte verbürgte sich für die Verbindlichkeiten der I. f. M. GmbH (künftig Schuldnerin genannt) gegenüber der Klägerin. Am 25.02.2013 schlossen die Parteien einen selbstschuldnerischen, betragsmäßig auf 21.700 € Bürgschaftsvertrag zur Sicherung aller Forderungen der Klägerin gegen die Schuldnerin aus den Leasingfinanzierungsdarlehensverträgen Nr. 69... und 62... Unter Ziffer 3 heißt es: „Der Bürge kann keine Rechte aus der Art oder dem Zeitpunkt der Verwertung herleiten. … Die S... Kasse ist nicht verpflichtet, sich zunächst an andere Sicherheiten zu halten, bevor sie den Bürgen in Anspruch nimmt.“ Unter Ziffer 11 wurde die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vereinbart. Für die Einzelheiten des Bürgschaftsvertrages und der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin wird auf die Anlage K1 und K2 verwiesen.

3

Am 13./21.12.2012 schloss die Schuldnerin mit der D. L. f. S. u. M. GmbH unter der Referenznummer 62... einen Mietkauf-Vertrag über die Ausstattung für die Datenerhebung bestehend aus Hardware/Geräten und Software/Lizenzen. Mit dem Leasingvertrag finanzierten die Vertragspartner die Anschaffungskosten für die Ausstattung für die Datenerhebung in Höhe von 90.500 €. Die von der Schuldnerin zu erbringenden monatlichen Raten betrugen 2.066,01 €. Die Klägerin erwarb gemäß der Ausführungsvereinbarung zum Verbundvertrag die Forderung gegen die Schuldnerin aus dem Leasingvertrag. Dabei zahlte die Klägerin den ermittelten Barwert von 90.453,05 € mit Valuta 15.02.2013 an die D. L. f. S. u. M. GmbH. Die Hauptforderung der Klägerin gegen die Schuldnerin ist seit dem 31.01.2014, dem Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen die Schuldnerin, fällig. Der Insolvenzverwalter teilte mit Schreiben vom 31.01.2014 mit, nicht in den Leasingvertrag eintreten zu wollen.

4

Nachdem über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, beauftragte die Klägerin die Firma I. F. GmbH (künftig Verwerterin genannt) mit der Verwertung des Leasinggutes. Die Verwerterin konnte für das Inventar einen Netto-Erlös von 11.000 € erzielen zuzüglich 2.090 € Umsatzsteuer, mithin 13.090 €. Auf die Hauptforderung gegen die Schuldnerin wurde nach der Abrechnung der D. L. f. S. u. M. vom 04.06.2014 (Anlage K14) ein Betrag von 8.932,95 € (Nettoverwertungserlös von 11.000 € abzüglich Netto-Verwertungskosten von 2.067,05 €) verrechnet (vgl. auch Anlage K12).

5

Vor der Verwertung des Leasinggutes Inventar durch die Verwerterin kam es zu folgenden Begebenheiten:

6

Die Klägerin erhielt am 13.01.2014 von einem Mitarbeiter des Insolvenzverwalters über das Vermögen der Schuldnerin die Information, dass der Zeuge K., Gesellschafter der Schuldnerin, Interesse habe, die Leasinggüter für sein neu gegründetes Unternehmen Fa. I. F. GmbH käuflich zu erwerben. Am 17.01.2014 stimmte sich die Klägerin dazu mit der Leasinggesellschaft ab. Man war sich einig, dass ein Eintritt in die bestehenden Leasingverträge nicht erfolgen sollte, sondern ein Kaufvertrag abgeschlossen werden sollte. In einem persönlichen Gespräch zwischen Mitarbeitern der Klägerin und Herrn K. bot dieser der Klägerin an, die Leasinggüter zu einem Kaufpreis von 25.000 € netto zuzüglich einer Nutzungsentschädigung von 2.100 € für den Monat Februar zu erwerben. Auf eine Anfrage von Herrn K. vom 24.01.2014 zur Nutzungsgebühr teilte die Klägerin ihm mit E-Mail vom gleichen Tag mit, dass eine abschließende Entscheidung erst in der nächsten Woche erfolgen könne. Mit E-Mail vom 29.01.2014 teilte die Klägerin Herrn K. sodann mit, dass der von ihm angebotene Kaufpreis in Höhe von 25.000 € netto nach Vorliegen der Sachaufnahme und der Bewertung der Leasinggegenstände nicht akzeptabel sei. Sie teilte dem Zeugen K. weiterhin mit, dass sie weiterhin an einem Verkauf der Leasinggegenstände interessiert sei. Vor diesem Hintergrund bat die Klägerin Herrn K., sein bisheriges Angebot zu überdenken. Mit E-Mail vom 30.01.2014 erklärte Herr K. der Klägerin, ihr bis zum 06.02.2014 ein entsprechendes Angebot zu unterbieten. Mit E-Mail vom 07.02.2014 teilte Herr K. der Klägerin auf deren Aufforderung vom selben Tag mit, dass für ihn ein Erwerb der Leasinggegenstände nur unter den bislang angebotenen Konditionen in Betracht komme. Mit E-Mail vom 11.02.2014 (Anlage K21) „trat“ Herr K. sodann nach einem Telefonat mit der Klägerin vom 10.02.2014, „reiflicher Überlegung“ und „einer fast schlaflosen Nacht“ sein Angebot „mit sofortiger Wirkung zurück“ (vgl. Anlage K21). Auch in der Zeit danach verhandelten die Klägerin und Herr K. über einen Verkauf der Leasinggegenstände an Herrn K.. Verbindliche Absprachen bezüglich eines Gesamtkaufpreises in Höhe von 35.868 € kamen dann aber nicht mehr zustande.

7

Den Wert der vorhandenen V. Lizenzen für Server/Dialer HP für 80 Stationen V. Predictive Soft Dialer Telefonleitungen wurden trotz Vorhandenseins von drei Interessenten letztlich nicht veräußert und bei der Verwertung der von der Schuldnerin gestellten Sicherheiten von der Klägerin mit null berechnet (vgl. Schreiben der Verwerterin vom 20.05.2014, Anlage K20).

8

Zum 31.07.2015 belief sich die noch offene Hauptforderung gegen die Schuldnerin nach mehreren Zahlungen anderer Bürgen auf 19.794,06€ (Anlage K12).

9

Die Klägerin nahm den Beklagten aus der Bürgschaft im Jahr 2014 im Rahmen einer ersten Inanspruchnahme für Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin aus dem Darlehenskonto 69... in Höhe von 1.997,73 € in Anspruch. Insoweit erbrachte der Beklagte unstreitig Leistungen an die Klägerin.

10

Mit Schreiben vom 27.06.2014 (Anlage K14) nahm die Klägerin den Beklagten aus dem mit ihm geschlossenen Bürgschaftsvertrag Forderungen gegen die Schuldnerin aus dem Darlehenskonto 62... in Höhe von 19.702,27 € unter Fristsetzung bis zum 15.07.2014 in Anspruch. Eine Leistung auf dieses Schreiben durch den Beklagten erfolgte nicht.

11

Nach Rechtshängigkeit der Klage am 19.09.2015 erhielt die Klägerin auf die Hauptforderung gegen die Schuldnerin am 06.11.2015 vom Finanzamt als Steuerrückerstattung einen Betrag in Höhe von 13.527,63 €. Diesen Betrag verbuchte sie zunächst „vorläufig“ und seit dem 02.05.2016 „endgültig“.

12

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte als Bürge nicht berechtigt sei, sich – wie er es im vorliegenden Rechtsstreit tue – auf eine angeblich pflichtwidrige Verwertung von Sicherungsgut zu berufen.

13

Die Klägerin habe die Gegenstände nicht aus eigenem Recht, sondern im Auftrag der Leasinggesellschaft verwertet. Diese sei Eigentümerin der Leasinggegenstände und Aussonderungsberechtigte gewesen. Etwaige Ansprüche des Beklagten bestünden deshalb allenfalls gegen die Leasinggesellschaft.

14

Zudem habe es der Klägerin frei gestanden, welche Sicherheit sie zuerst verwerte. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, das Inventar zunächst zu verwerten, um die wirtschaftliche Belastung für die Bürgen zu reduzieren.

15

Gemäß Ziffer 3 des Bürgschaftsvertrages sei es dem Beklagten zudem verwehrt, Art oder Zeitpunkt der Verwertung des Leasinggutes zu berufen.

16

In Bezug auf die Verkaufsverhandlungen mit Herrn K. habe die Klägerin nicht pflichtwidrig gehandelt. Mit der am 29.01.2014 am Ende der E-Mail gegenüber Herrn K. geäußerten Bitte, sein Kaufpreisangebot zu überdenken, sei deutlich, dass keine „endgültige“ Ablehnung seines Kaufpreisangebotes vorgelegen habe. Vielmehr sei deutlich gewesen, dass weitere Verhandlungen hätten folgen sollen. Aus der E-Mail von Herrn K. vom 07.02.2014 werde zudem deutlich, dass sein Angebot auch nach dem 29.01.2014 Bestand gehabt habe und nicht von der Beklagten abgelehnt worden sei.

17

Auch in Bezug auf die V.-Lizenzen habe die Klägerin nicht pflichtwidrig gehandelt. Diese Lizenzen seien nur für die Schuldnerin gewährt worden und seien ohne Zustimmung der Fa. V. nicht veräußerbar gewesen. Für die Lizenzen hätte auch kein Markt bestanden, weil sie nur zusammen mit einem unwirtschaftlichen Service- und Update-Vertrag mit der Fa. V. hätten veräußert werden können. Die Klägerin habe überdies einen öffentlich bestellten und vereidigten Taxator und Auktionator mit der Verwertung beauftragt. Gemäß Ziffer 19 Abs. 2 der zwischen den Parteien vereinbarten AGB scheide deshalb eine Haftung für Maßnahmen der Verwerterin aus, weil diese ordnungsgemäß ausgesucht und beauftragt worden sei. Schließlich sei dem Beklagte vorzuwerfen, dass er und/oder Herr K. im Frühjahr 2014 nicht bessere Verwertungsmöglichkeiten an die Klägerin ehrangetragen hätten. Dies führe zu einem überwiegenden Mitverschulden und damit einem Haftungsausschluss nach Ziffer 20 Abs. 2 AGB.

18

Die Klägerin hat zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 19.702,27 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 16.07.2014 zu zahlen. Ferner hat sie auf Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit angetragen. Nach Erhalt eines Betrages von 13.435,84 € auf die Hauptschuld durch das Finanzamt am 06.11.2015 hat die Klägerin den Rechtsstreit in Bezug auf den vormals zu Ziffer 1. angekündigten Antrag in dieser Höhe mit Schriftsatz vom 09.05.2016 für erledigt erklärt. Der Beklagte hat sich dieser Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

19

Die Klägerin stellt nunmehr folgende Anträge:

20

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.266,43 € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf einen Betrag von 19.702,27 € vom 16.07.2014 bis zum 05.11.2015 und auf 6.266,43 € seit dem 06.11.2015 zu zahlen.

21

2. Es wird festgestellt, dass sich die Klage in Höhe von 13.435,84 € erledigt hat.

22

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.171,67 € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (20.09.2015) zu zahlen.

23

4. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die von der Klägerin eingezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.

24

Der Beklagte beantragt,

25

die Klage abzuweisen.

26

Der Kläger ist der Ansicht, die Klage sei von Anfang an unbegründet gewesen, weil sich die Klägerin vorhalten lassen müsse, die von ihr betriebene Verwertung der Sicherheiten der Schuldnerin fehlerhaft zu seinen Lasten durchgeführt zu haben. Die Klägerin sei aus dem Bürgschaftsvertrag verpflichtet gewesen, etwaige Sicherheiten der Schuldnerin möglichst wirtschaftlich zu verwerten. Dies habe sie nicht getan. So habe sie in Bezug auf den Leasinggegenstand/das Inventar ein deutlich besseres Angebot von Herrn K. (insgesamt 27.100 € netto) ohne sachlich ausreichenden Grund abgelehnt und stattdessen durch den Verkauf über die Verwerterin lediglich einen deutlich geringeren Erlös erzielt (11.000 € netto). Diesen Einwand könne der Beklagte auch entgegensetzten. Soweit aus Ziffer 3. des Bürgschaftsvertrages von der Klägerin etwas anderes abgeleitet werde, sei dies unzutreffend. Bei dem Bürgschaftsvertrag handele es sich um einen formularmäßigen Vertrag, der in Bezug auf die streitbefangene Klausel einer AGB-rechtlichen Kontrolle nicht standhalte. Die Klausel sei überraschend und benachteilige den Beklagten unangemessen. In Bezug auf die streitbefangenen Lizenzen sei die Klägerin zu Unrecht davon ausgegangen, dass diese einen Wert von null hätten. Tatsächlich seien die Lizenzen eine markfähige Ware auch ohne einen Service- und Update-Vertrag mit der Firma V.. Den 40 Lizenzen komme ein Wert von insgesamt 7.200 € (180 € je Lizenz) zu. Durch Auswahl eines in Bezug auf den zu verwertenden Gegenstandes ungeeigneten Verwerters habe die Klägerin schuldhaft eine wirtschaftlich gebotene Verwertung der Lizenzen unterlassen.

27

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und Beweisangebote verwiesen.

28

Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugin M.-R.. Für die Einzelheiten der Aussage dieser Zeugin wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24.05.2016 (Bl. 108 ff. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

29

Die Klage hat auch nach zulässiger Klagänderung nur zu einem geringen Teil in der Sache Erfolg. Die Klage war vor dem unstreitigen Erhalt von 13.435,84 € am 06.11.2015 durch die Klägerin lediglich in Höhe von 1.627,01 € zulässig und begründet (dazu unter Ziffer 1.). Insoweit war auf Antrag der Klägerin festzustellen, dass sich die zulässige und begründete Klage nach Rechtshängigkeit erledigt hat. Darüber hinaus war die Klage von Anfang an unbegründet, sodass der Feststellungsantrag zum Hauptanspruch ebenso unbegründet ist wie die Klage zum noch verbliebenen Zahlungsantrag in Höhe von 6.266,43 € nebst Zinsen und Nebenansprüchen abzuweisen war (dazu unter Ziffer 2.).

1.

1.1

30

In Höhe von 1.627,01 € nebst Verzugs-Zinsen zwischen dem 16.07.2014 und dem 05.11.2015 sowie nebst den darauf aufbauenden Nebenansprüchen war bzw. ist (Nebenansprüche) die Klage zulässig und begründet. Der Zahlungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten folgte aus dem zwischen den Parteien unstreitig geschlossenen Bürgschaftsvertrag.

31

Soweit der Beklagte auch insoweit einwendet, er könne dem Bürgschaftsanspruch den Einwand einer pflichtwidrigen Verwertung anderer Sicherheiten entgegenhalten, greift sein Vorbringen nicht. Allerdings ist dieser Einwand in Bezug auf die Verwertung der Leasinggegenstände/des Inventars begründet (dazu unter Ziffer 2.). Er greift aber nicht in Bezug auf die nicht erfolgte Verwertung der Streitbefangenen V.-Lizenzen. Es kann hier dahinstehen, ob diese Lizenzen der Schuldnerin noch bestehen, ob diese noch verwertet werden können, ob die Lizenzen überhaupt ohne Zustimmung der Fa. V. veräußerbar sind und welchen Marktwert sie gegebenenfalls haben. Selbst wenn diese Lizenzen auch ohne kostspieligen Service- und Update-Vertrag mit der Fa. V. zu dem vom Beklagten angenommenen Preis von mindestens 180 € je Lizenz frei veräußerbar sein sollten, ist eine Nebenpflichtverletzung der Klägerin aus dem Bürgschaftsvertrag im Hinblick auf eine wirtschaftlich möglichst günstige Verwertung vom Beklagten nicht bewiesen.

32

Soweit der Beklagte einwendet, die Klägerin habe einen Verwerter beauftragt, der für die hier zu veräußernden Lizenzen ungeeignet, weil zu wenig branchenerfahren gewesen sei, greift dieser Einwand für sich nicht. Auch ein bislang branchenunerfahrener Verwerter kann die Verwertung des Sicherungsgutes ordnungsgemäß abwickeln. Zwar mag eine entsprechende Auswahl die Gefahr einer nicht bestmöglichen Verwertung mit sich bringen. Zwingend ist dies allerdings nicht. Dem Beklagte ist der Nachweis einer – der Klägerin gegebenenfalls zurechenbaren – Pflichtverletzung des Verwerters bei seinen Veräußerungsbemühungen nicht gelungen. Dabei ist gemäß der insoweit detaillierten, anschaulichen und überzeugenden Aussage der Zeugin M.-R. durchaus davon auszugehen, dass der Markt für die hier streitbefangenen Lizenzen zwar vorhanden, aber durchaus begrenzt ist. Dies liegt zum einen an der ohnehin relativ geringen Zahl von Marktanbietern im Bereich der Meinungs- und Marktforschung. Zum anderen kommen aber auch technische Faktoren hinzu. So gibt es in Bezug auf die streitbefangene Software seit dem Jahr 1999 lediglich drei wirklich unterschiedliche Varianten, die zudem nach Installation und mit entsprechender Wartung bis heute einsatzfähig und wirtschaftlich sinnvoll nutzbar sind. Bereits dieser Umstand reduziert den Markt für die hier streitbefangenen Lizenzen erheblich, weil der Bedarf für eine Neuanschaffung eher gering ist. Zwar mögen Installation und Wartung jedenfalls heutzutage auch durch entsprechend qualifizierte eigene Mitarbeiter möglich und auch üblich sein, sodass ein Service- und Update-Vertrag mit der Fa. V. nicht unbedingt erforderlich ist. Indes hat die Aussage der Zeugin M.-R. gezeigt, dass sich in den letzten Jahren die technischen Abläufe geändert haben. Die Arbeitsplätze sind heute internet-kompatibel, sodass die Server der Kundenunternehmen genutzt werden können. Die entsprechenden Daten werden direkt von den Arbeitsplätzen der Marktforschungsunternehmen auf den Servern der Kunden abgelegt, sodass Serverleistungen und Administrationsleistungen von V. nur noch für einen Teil der Tätigkeit benötigt würden. Auch dieser Umstand führt nachvollziehbar zu einer Einschränkung des Marktes für V.-Software-Lizenzen.

33

Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte keine Versäumnisse des von der Klägerin eingeschalteten Verwerters bewiesen. Dieser hat ausweislich des Schreibens vom 20.5.2014 (Anlage K20) die Lizenzen nicht ohne Verwertungsbemühungen als unverwertbar eingestuft, sondern drei potenzielle Kaufinteressenten ermittelt. Diese sind aber – anders als die Zeugin M.-R. und anders als mögliche Branchenüblichkeiten – nicht in der Lage gewesen, die Systemadministration durch eigenes Personal zu gewährleisten. Sie hätten eines auch nach Beklagtenvortrag unwirtschaftlichen Service-Vertrages mit der Fa. V. bedurft. Diese Umstände lassen keine Pflichtverletzung oder Nachlässigkeit des Verwerters bei der Verwertung der Lizenzen erkennen. Der Beklagte hat auch nicht dargetan, dass über diese Interessenten hinaus Marktteilnehmer Interesse an dem Erwerb der Lizenzen gehabt hätten und dafür einen jedenfalls null übersteigenden Preis geboten hätten. Dies ist angesichts der oben beschriebenen Marktbesonderheiten sowie des berechtigten Interesses der Klägerin an einer zügigen Klärung der Frage der Verwertbarkeit auch keine Selbstverständlichkeit.

34

Die Erhebung weiterer Beweise namentlich durch Vernehmung des Zeugen M. ist nicht geboten. Das Marktumfeld und die generelle Marktfähigkeit der Lizenzen ist durch die Aussage der Zeugin M.-R. hinreichend dargetan. Dass diese oder der Zeuge M. seinerzeit konkrete Kaufinteressenten gewesen wären, behauptet der Beklagte ausdrücklich nicht. Zwar bietet das Schreiben des Zeugen M. vom 09.05.2016 durchaus Anhaltspunkte für eine davon abweichende Beurteilung. Andererseits wäre es dann Sache des Beklagten gewesen, die Kontaktdaten des Zeugen an die Klägerin oder den Insolvenzverwalter weiterzuleiten, sollte dieser ernsthafte Kaufabsichten gehegt und diese dem Beklagten mitgeteilt haben.

1.2

35

Hinsichtlich der ursprünglich begründeten Anspruchshöhe ist folgendes auszuführen:

36

Der Beklagte hatte sich mit einem Betrag von bis zu 21.700 € verbürgt. Auf diese Bürgenpflicht hatte er unstreitig in Bezug auf das Darlehenskonto Nr. 69... der Klägerin bereits 1.997,73 € geleistet. Die Bürgschaft umfasste damit nur noch die ursprüngliche Klagforderung in Höhe von 19.702,27 € in Bezug auf das Darlehenskonto Nr. 62... Die Forderung gegen die Schuldnerin belief sich zum 31.07.2015 auf noch 19.794,06 €, wobei dieser Betrag auch die Gutschrift von 8.932,95 € aus der Verwertung der Leasinggegenstände/des Inventars berücksichtigt. Dieser Betrag ist zunächst zu den 19.794,06 € hinzu zu addieren, sodass sich ein Betrag von 28.727,01 € ergibt. Davon abzuziehen ist der durch eine Veräußerung an Herrn K. hypothetisch erzielter Preis von 27.100 € netto (dazu sogleich unter Ziffer 2.), sodass sich ein für die Bürgenhaftung des Beklagten relevanter Betrag von noch 1.627,01 € ergibt.

37

Auf diesen Betrag berechnete vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten hat der Beklagte als Verzugsschaden gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu zahlen. Er befand sich durch Schreiben der Klägerin vom 27.06.2014 ab dem 16.07.2014 in Verzug. Die Einschaltung rechtsanwaltlicher Hilfe ohne Mandat für eine Klageinreichung als Versuch, eine außergerichtliche Klärung herbeizuführen, ist nicht zu beanstanden. Unter Berücksichtigung eines gegenstandswertes von 1.627,01 €, eines nicht anrechenbaren Hebesatzes von 0,75, der Telekommunikationspauschale und er Umsatzsteuer ergibt sich so der tenorierte Betrag von 202,30 €.

38

Auf die gezahlten Gerichtskosten (1.035 € Gebühren, eingezahlt am 03.09.2015, und 400 € Zeugenvorschuss, eingezahlt am 10.05.2015) hat der Beklagte Verzugszinsen bis zum Eingang eines Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht zu leisten nach einer Kostenquote von 8% (dazu sogleich unter Ziffer 3.).

2.

39

Über einen Betrag von 1.627,01 € nebst Nebenforderungen hinaus war die Klage von Anfang an unbegründet. Zwar stand und steht der Klägerin aus dem mit dem Beklagten geschlossenen Bürgschaftsvertrag vom 25.02.2013 ein Anspruch über zunächst 19.702,27 € bzw. zuletzt 6.266,43 € zu. Diesem Anspruch steht jedoch der vom Beklagten erhobene dolo-petit-Einwand aus § 242 BGB entgegen. Die Klägerin hat ihre gegenüber dem Beklagten aus dem Bürgschaftsvertrag bestehende Nebenpflicht, bei einer Verwertung von Sicherheiten das wirtschaftlich günstigste mögliche und ihr zumutbare Ergebnis zu erzielen, verletzt, indem sie die Leasinggegenstände/das Inventar nicht an den Zeugen K. veräußerte, sondern stattdessen (wiederholt) sein günstigeres Angebot abgelehnt hat. Den daraus resultierenden Schadensersatzanspruch kann der Beklagte der Klägerin einredeweise entgegenhalten. Im Einzelnen:

2.1

40

Der Beklagte kann seine aus § 242 BGB folgende Einrede der Klägerin entgegen halten. Selbst wenn die Klägerin nicht aus eigenem abgetretenen Recht, sondern lediglich im Auftrag der D. L. f. S. u. M. GmbH die Verwertung des Leasinggutes/des Inventars durchgeführt hätte. Der Beklagte darf der Klägerin gemäß § 770 Abs. 1 BGB sämtliche Einreden entgegenhalten, die auch dem Schuldner zustehen. Dazu gehört auch der dolo-petit-Einwand bei einer fehlerhaften Sicherheitenverwertung. Darüber hinaus besteht auch eine unmittelbar aus dem Bürgschaftsvertrag bestehende Nebenpflicht der Klägerin gegenüber dem Beklagten, bei der Verwertung von Sicherheiten unter angemessener Berücksichtigung ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen, die für den Schuldner und den Bürgen wirtschaftlich günstigste Verwertungsform zu wählen.

41

Der Einwand der pflichtwidrigen Sicherheitenverwertung ist dem Beklagten nicht aufgrund Ziffer 3 Satz 4 des Bürgschaftsvertrages genommen. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um Teil einer Allgemeinen Geschäftsbedingung, denn der formularmäßige Bürgschaftsvertrag vom 25.02.2013 ist eine Urkunde, die ersichtlich für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen enthält. Der vorformulierte Vordruckcharakter folgt bereits aus dem Ausdruck „193835.000 (Fassung Juli 2033) – 0570341.32 (V3) Deutscher Sparkassenverlag 197926 Urheberrechtlich geschützt“. Individuelle Eintragungen finden sich im Wesentlichen nur in Bezug auf die Person des Bürgen, die zu verbürgende Hauptforderung und die Bürgschaftshöhe.

42

Die in den AGB der Klägerin getroffene Regelung, dass der Bürge aus der Art oder dem Zeitpunkt der Verwertung keine Rechte herleiten kann, umfasst dem Wortlaut nach auch einen Anspruchsausschluss des Bürgen bei grob fahrlässigem und sogar vorsätzlichem und sittenwidrigem Verhalten der Klägerin. Ein solch weitgehender Rechtsverlust in Allgemeinen Geschäftsbedingungen stellt eine unangemessene Benachteiligung des bürgenden Beklagten dar, da in fundamentaler Art und Weise gegen den in § 770 Abs. 1 BGB enthaltenen Grundgedanken verstoßen wird. Zudem ist ein Haftungsausschluss bei vorsätzlicher Schädigung für sich eine unangemessene Benachteiligung, weil dies letztlich auf einen „Blankoscheck“ für die Klägerin bei der Verwertung von Sicherheiten hinausliefe. Berechtigte wirtschaftliche Interessen des Bürgen finden in einem wichtigen Bereich der möglichen Haftung bei der verwendeten Klausel überhaupt keine Berücksichtigung mehr, was zu ihrer Unwirksamkeit führt.

43

Soweit die Klägerin einwendet, ihre habe es freigestanden, welche Sicherheit sie als erstes verwerte (Sicherungseigentum oder Bürgschaft), so ist dies nach den getroffenen Vereinbarungen ebenso richtig wie hier unerheblich. Allerdings hätte die Klägerin von vornherein den Beklagten noch vor Verwertung etwaigen Sicherungseigentums in Anspruch nehmen können. Das führt aber nicht dazu, dass sie bei einem anderen Vorgehen, welches seinerseits fehlerbehaftet ist, haftungsfrei bliebe. Dabei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der fehlerhaften Verwertung der Leasinggegenstände/des Inventars diese Sicherheit nunmehr „verloren“ ist. Weder lässt sich die Veräußerung rückgängig machen noch steht diese Sicherheit nach einer Zahlung auf die Bürgschaft durch den Bürgen und nach Übergang der gesicherten Hauptforderung auf den Bürgen diesem zur wirtschaftlichen (Teil-)Sanierung zur Verfügung. Führt deshalb ein Verwertungsvorgang zu einem dauerhaften Verlust einer neben der Bürgschaft gestellten Sicherheit und kommt es bei dem Verwertungsvorgang – so wie hier – zu einer Pflichtverletzung zulasten des Hauptschuldners und damit auch des Bürgen, so ist der Gläubiger dem Hauptschuldner wie auch dem Bürgen zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet.

2.2

44

Das Vorgehen der Klägerin im Zusammenhang mit der Veräußerung/Verwertung der Leasinggegenstände/des Inventars war hier pflichtwidrig, weil die Klägerin ohne sachliche Rechtfertigung ein deutliche bessere Verwertungsmöglichkeit nicht nur nicht genutzt, sondern vereitelt hat.

45

Dabei ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Klägerin bestehende Sicherheiten zeitnah und mit vertretbarem Aufwand verwerten darf und sich weder auf inhaltlich noch zeitlich ungewisse alternative Verwertungsmöglichkeit verweisen lassen muss. Ebenso ist es ihr grundsätzlich gestattet, nach dem Vorliegen eines Kaufangebots für gewisse Zeit nach besseren Angeboten Ausschau zu halten.

46

Selbst unter Berücksichtigung dieser weiten Grenzen bei einer Verwertung von Sicherheiten hat sich die Klägerin hier pflichtwidrige verhalten. Der Zeuge K. hat der Klägerin unstreitig angeboten, die später von der Verwerterin für 11.000 € netto veräußerten Gegenstände für 25.000 € netto plus Nutzungsvergütung für den Monat Februar 2014 in Höhe von 2.100 € zu erwerben. Dieses Angebot hat die Klägerin abgelehnt mit E-Mail vom 29.01.2014 (Anlage K42, „Ihr bisher unterbreitetes Angebot von 25.000 € ist daher nicht akzeptabel“.). Der Wortlaut der E-Mail ist so eindeutig eine Ablehnung des Angebots des Zeugen K., dass eine davon abweichende Auslegung schlicht abwegig ist. Der Angebotsablehnung steht nicht entgegen, dass die Klägerin weiterhin an Verhandlungen mit dem Zeugen K. mit dem Ziel einer Veräußerung der Leasinggegenstände interessiert war. Dies wird in der besagten E-Mail deutlich zum Ausdruck gebracht. Auf diese Ablehnung seines Angebots hat der Zeuge K. sodann mit E-Mail vom 07.02.2014 (Anlage K31) reagiert, seinen Standpunkt erneut dargelegt und sein Angebot über 25.000 € plus Nutzungsentschädigung erneuert. Dieses erneute Angebot hat die Klägerin wiederum abgelehnt. Dies trägt sie zwar nicht ausdrücklich vor. Die Ablehnung ergibt sich aber sowohl aus der von ihr als Anlage K21 eingereichten und in Bezug genommenen E-Mail als auch aus ihrem eigenen weiteren Sachvortrag. In der E-Mail des Zeugen K. vom 11.02.2014 (Anlage K21) heißt es: „nach dem gestrigen Telefonat und reiflicher Überlegung in einer fast schlaflosen Nacht möchte ich Ihnen hiermit mitteilen, dass ich von meinem bisherigen Angebot zum Kauf der Anlagegüter mit sofortiger Wirkung zurücktrete. Von der „Bank an meiner Seite“ erwarte ich Unterstützung. Ich habe bisher eher das Gefühl, von Ihnen etwas Unehrenhaftes zu verlangen. Die Anforderungen vom Tagesgeschäft sind enorm, da fehlt mir die Energie zum Feilschen und wir werden künftig eine Mietlösung nutzen. …“ Dem Eingangssatz sowie dem letzten Satz lässt sich zur Überzeugung des Gerichts entnehmen, dass die Klägerin am 10.02.2014 das wiederholte Angebot des Zeugen K. erneut abgelehnt hat und einen höheren Kaufpreis verlangt hat. Dies wird auch durch den weiteren Fortgang der auch nach dem 11.02.2014 nicht abgerissenen Kontakte zwischen der Klägerin und dem Zeugen K. deutlich. Weiterhin wurde über den Verkauf der Leasinggegenstände verhandelt, so u.a. in einem Gespräch am 12.02.2014. Nach dem eigenen Vortrag der Klägerin ging es dabei aber nicht darum, einen Verkauf zu den vom Zeugen K. vormals angebotenen Konditionen zu vereinbaren, sondern einen Verkauf zu deutlich höheren Kaufpreisvorstellung der Klägerin (35.868 € netto). Zu diesen Bedingungen kam es nicht zu einer Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Zeugen K. (vgl. Schriftsatz vom 02.03.2016, Seite 5, Absatz 4, Bl. 50 d.A.).

47

Diese Ausführungen zeigen, dass die Klägerin seit dem 29.01.2014 mehrfach (mindestens zwei Mal) eine deutlich bessere Verwertungsmöglichkeit als schließlich verwirklicht abgelehnt hat. Die genauen Umstände der Angebotsablehnungen hat die Klägervertreterin dankenswerter Weise in ihrem Schriftsatz vom 14.06.2016 noch einmal dargestellt.

48

Die Ablehnungen der Angebote des Zeugen K. Ende Januar/Anfang Februar 2014 sind hier pflichtwidrige gewesen. Soweit die Klägerin anführt, die Gutachten der Firmen I. F. GmbH und P. I. GmbH (Anlagen K8 und K9) wiesen einen deutlich höheren Fortführungswert der Leasinggegenstände als 25.000 € aus, führt dies zu keiner anderen Einschätzung. Für die Klägerin war Ende Januar 2014 bereits bekannt, dass der Insolvenzverwalter nicht in den Leasingvertrag eintreten würde. Damit durfte die Klägerin nicht mehr davon ausgehen, dass sich Fortführungswerte realisieren lassen würden. Das Unternehmen der Schuldnerin wurde offensichtlich nicht fortgeführt, sondern sollte liquidiert werden. Vor diesem Hintergrund musste sich die Klägerin am 29.01.2014, jedenfalls aber am 07.02.2014, bei der angestrebten Verwertung der Sicherheiten an den in den Gutachten genannten Liquidationswerten orientieren. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, neben dem Zeugen K. mit weiteren Interessenten zu besseren Konditionen Verkaufsverhandlungen geführt zu haben. Solches ist auch sonst nicht ersichtlich. Die Ablehnung eines Kaufangebots, das bei dem 2,5-fachen der angenommenen Liquidationswerte lag, war bei dieser Sachlage, namentlich ohne ernsthafte Aussicht auf ein besseres Angebot jedenfalls am 10.02.2014 pflichtwidrig, weil hier bei bloß bestehender allgemeiner Hoffnung auf noch bessere Verwertungserlöse entgegen den zusammengetragenen Fakten letztlich auf Kosten der Bürgen eine naheliegende, wirtschaftlich günstigere, zügigere und sichere Verwertung von Sicherheiten sehenden Auges unterblieben ist. Den sich daraus ergebenden Schaden bestehend aus der Differenz des tatsächlich erzielten Nettoerlösen gemäß der Abrechnung in Anlagen K11 und K12 sowie des Nettokaufpreisangebots des Zeugen K. in Höhe von 27.100 € hat die Klägerin dem Beklagten zu ersetzen. Diesen Betrag kann der Beklagte der Klägerin hier einredeweise entgegenhalten.

49

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 07.07.2016 hat vorgelegen. Soweit die darin enthaltene Erklärung des Ombudsmanns für den Deutschen Sparkassen- und Giroverband vom 20.06.2016 in Bezug auf die Verwertung des Inventars zu einer anderen Einschätzung gelangt, teilt das Gericht diese Erwägungen nicht.

50

Gemäß den obigen Ausführungen war damit die Klage lediglich in Höhe von 1.627,01 € anfangs begründet. Durch die unstreitig erhaltenen 13.435,84 € ist diese Restforderung gegen den Bürgen wegen Untergangs der Hauptforderung ebenfalls untergegangen. Die Klage war damit in Bezug auf den noch gestellten Zahlungsantrag abzuweisen. Ebenso war der Feststellungsantrag der Klägerin in Bezug auf die Klagerledigungserklärung überwiegend abzuweisen, weil die Klage lediglich in Höhe von 1.627,01 € bis zum 06.11.2015 begründet war. Konsequenterweise war auch der Zahlungsantrag bezüglich der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten weit überwiegend abzuweisen, weil der dem Klagantrag ein Gegenstandswert von 19.702,27 € statt 1.627,01 € zugrunde gelegt war. Verzugszinsen auf die Gerichtskostenvorschüsse sind nur nach dem Obsiegensanteil der Klägerin von 8% vom Beklagten zu leisten. Im Übrigen (92%) liegt die Kostenlast bei der Klägerin.

3.

51

Die Kostenentscheidung und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO. Dabei ist ein durchgängiger Streitwert von 19.702,27 € der Quotenberechnung zugrunde gelegt worden. Die einseitige Erledigungserklärung ist nicht streitwertmindernd berücksichtigt worden (vgl. BL/Hartmann Anh. § 3 Rn 46, 49, OLG Brandenburg NJW-RR 1996, 1472; OLG Schleswig OLGR 2005, 527).

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