Urteil vom Landgericht Hamburg (22. Zivilkammer) - 322 O 80/16

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.848,45 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2011 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten freizuhalten von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 837,52 €.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf 11.848,45 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten Ansprüche aus § 110 HGB geltend.

2

Der Kläger ist Kommanditist der Beklagten mit dem als Anlage B1 eingereichten Gesellschaftsvertrag und mit einer Einlage in Höhe von 100.000 DM. Die Beklagte hält die Immobilie S.str. ... in B.. Das Objekt war finanziert von der S. AG. Die S. nahm den Kläger in Höhe von ihm erhaltener Ausschüttungen in Anspruch. Eine erste Freistellungsvereinbarung (Anlage K1) schlug fehl infolge Scheiterns eines Verkaufs des Objekts. Daraufhin schloss die S. mit dem Kläger und mit der Beklagten die als Anlage K2 eingereichte zweite Freistellungsvereinbarung.

3

Der Kläger zahlte aufgrund der ersten Freistellungsvereinbarung 5.752,03 € und aufgrund der zweiten Freistellungsvereinbarung 6.096,44 €, insgesamt also den Klagebetrag, auf ein Treuhandkonto, von wo aus das Geld an die S. weiterzuleiten war. Mit anwaltlichem Mahnschreiben setzte er der Beklagten eine Frist zur Erstattung bis 30.12.2010.

4

Der Kläger ist der Ansicht, er habe gegen die Beklagte wegen vorgenannter Zahlungen und vorgerichtlicher Anwaltskosten einen Erstattungsanspruch.

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Der Kläger beantragt,

6

1. wie erkannt,

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2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 837,52 € vorgerichtliche Anwaltskosten nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 01.01.2011 zu bezahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte macht geltend, der Kläger habe in der zweiten Freistellungsvereinbarung auf Ansprüche verzichtet. Er habe die Zahlungen nicht freiwillig erbracht. Sein Eigeninteresse habe überwogen. Zahlungen seien nicht erforderlich gewesen. Ein eventueller Anspruch sei jedenfalls nicht fällig und zudem verjährt. Jedenfalls sei die Geltendmachung treuwidrig.

11

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den der Beklagten nachgelassenen Schriftsatz vom 01.08.2016 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Die Klage ist begründet. Die Voraussetzungen des § 110 HGB für einen entsprechenden Zahlungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte liegen vor. Die Zahlung des Klägers erfolgte freiwillig, denn er war gegenüber der Beklagten zu dieser Zahlung nicht verpflichtet. Der Gesellschaftsvertrag sah keine Erstattung vor. Ein Wiederaufleben der Außenhaftung des Klägers gegenüber der S. AG ist unerheblich. Im Einzelnen wird auf die zutreffenden und überzeugenden Gründe des Urteils des HansOLG vom 4. April 2014 (11 U 310/13, ebenso HansOLG, § 522 ZPO - Beschluss vom 18. November 2014 - 11 U 210/14) Bezug genommen, deren Inhalt auch den Prozessbevollmächtigten beider Parteien bekannt ist.

13

Der Einwand der Erforderlichkeit der vom Kläger vorgenommenen Zahlung an die S. ist der Beklagten schon deshalb entzogen, weil die Beklagte die zugrunde liegende Freistellungsvereinbarung mitunterzeichnet hat.

14

Der Anspruchsverzicht des Klägers gegenüber der Beklagten in Ziffer 3.1 der zweiten Freistellungsvereinbarung erfasst nicht auch die streitgegenständlichen Beträge, da diese Beträge gemäß Ziffer 1.1 - letzter Satz - der Vereinbarung gesellschaftsintern auf dem Kapitalkonto des Klägers zu verbuchen waren, also gerade nicht endgültig verloren sein sollten. Dies zeigt zugleich auch, dass der Lauf einer eventuellen Verjährungsfrist nach dem Willen der Parteien gehemmt sein sollte.

15

Dass die Rückzahlung der Auszahlung nicht im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen gewesen war, ist unerheblich, denn jedenfalls enthielt der Gesellschaftsvertrag auch keine Pflicht zur Rückzahlung.

16

Der Kläger hat auch gegen keine gesellschaftsrechtliche Treuepflicht verstoßen, denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte durch die Erfüllung der Klagforderung in Insolvenzgefahr geraten würde oder sie dadurch zu einer geordneten Abwicklung der Gesellschaft nicht mehr in der Lage wäre. Dementsprechend fehlt es auch nicht an einer Fälligkeit des Anspruchs.

17

Ob eine erneute Kapitalauszahlung die Außenhaftung des Klägers wieder aufleben ließe, ist unerheblich, da nicht sicher ist, ob die S. den Kläger dann erneut in Anspruch nehmen wird.

18

Die Rechtsprechung des HansOLG zum Nichtverstoß gegen die Treuepflicht hat der BGH nicht beanstandet (Beschluss vom 19.04.2016 - II ZR 276/15).

19

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 110 Abs. 2, 352 Abs. 2 HGB (“mit Ausnahme der Verzugszinsen“), §§ 280, 288 BGB.

20

Der Anspruch des Klägers bezüglich der vorgerichtlichen und zum im Klageantrag geltend gemachten Zeitpunkt gemahnten Anwaltskosten ergibt sich aus Verzugsschaden gemäß § 280 BGB. Allerdings hat er eine Bezahlung jener Kosten weder behauptet noch nach Bestreiten unter Beweis gestellt, so dass er lediglich Anspruch auf Freihaltung von jenen Kosten hat.

21

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 92 Abs. 2, 709 ZPO.

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