Urteil vom Landgericht Hamburg (22. Zivilkammer) - 322 O 102/16

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 37.589,24 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 18.799,12 € seit dem 11.01.2016 bis zum 05.07.2016 und aus 37.598,24 € seit dem 06.07.2016 zu zahlen, und an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 924,80 € zu bezahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 37.598,24 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist eine Vermieterin von Wärmemessgeräten. Sie verlangt von der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft das Entgelt aus einem Mietservice-Vertrag. Die Streithelferin der Klägerin (zugleich Streitverkündete der Beklagten) war bei Abschluss jenes Vertrags Verwalterin der Beklagten.

2

Die Rechnungen der Klägerin für die Jahre 2013 und 2014 bezahlte die Beklagte. Mitte des Jahres 2015 endete die Verwaltung durch die Streithelferin. Die Nachfolge-Verwalterin machte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 12.08.2015 (HL17) einen Vollmachtsmangel ihrer Vorgängerin geltend und kündigte den Vertrag vorsorglich fristlos, hilfsweise ordentlich.

3

Streitgegenständlich sind die Rechnungen der Klägerin für die Jahre 2015 und 2016 in Höhe von jeweils 18.799,12 € (HL 15 und 20).

4

Die Klägerin macht geltend, den als Anlagen HL 1 und 2 eingereichten Mietservice-Vertrag vom 03.04./08.07.2013 habe die Streithelferin als Vertreterin für die Beklagte abgeschlossen. Die Streithelferin habe hierfür auch Vertretungsmacht gehabt. Jedenfalls bestehe eine Duldungsvollmacht infolge Nutzung. Gemäß Anlage HL 3 vom 12.04.2013 seien für die Beklagte weitere Geräte gestellt worden.

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Die Klägerin habe die berechneten Zähler geliefert. Die Zähler seien dann in das Objekt der Beklagten eingebaut worden.

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Die Klägerin beantragt,

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die Beklagte zu verurteilen,

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1. an die Klägerin 37.589,24 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz aus 18.799,12 € seit dem 11.01.2016 bis zum 05.07.2016 und aus 37.598,24 € seit dem 06.07.2016 zu zahlen, und
2. an die Klägerin außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 924,80 € zu bezahlen.

9

Die Streithelferin schließt sich den Klageanträgen an, hinsichtlich des Klageantrags zu 1 jedoch nur insoweit, als dieser darauf gerichtet ist,

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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 18.799,12 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2016 zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

13

Die Beklagte macht geltend, sie sei im Rubrum ungenügend bezeichnet. Die Streithelferin habe für den streitgegenständlichen Vertrag kein Auftrag der Beklagten gehabt. Vertragspartner der Klägerin sei die Streithelferin selbst gewesen. Die Antragsannahme sei verspätet erfolgt. Die Lieferung werde mit Nichtwissen bestritten. Die Laufzeit sei im Vertrag nicht angekreuzt. Die Laufzeit sei unwirksam, da die AGB unwirksam sein, da die Beklagte Verbraucherinnen sei. Die Höhe und die unterjährige Fälligkeit würden bestritten.

14

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

15

Die Klage ist zulässig. Das Gericht ist zuständig. Der Vortrag der Beklagten, für Klagen Dritter, die sich gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer richtet, sei die Zivilkammer 18 des Landgerichts zuständig, erfolgte erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung und somit erst nach Ablauf der vom Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts für eine Abgabe vorgesehene Frist (binnen eines Monats nach Eingang der Klageerwiderung; Rn. 260 des Geschäftsverteilungsplans). Die Beklagte ist im Rubrum auch genügend bezeichnet: die Anschrift der Beklagten ergibt sich aus ihrer Bezeichnung; das Flurstück gehört nicht ins Rubrum.

16

Die Klage ist begründet.

17

Der Mietservice-Vertrag wurde einschließlich seines Nachtrags mit Vertretungsmacht für die Beklagte abgeschlossen. Im Aktivrubrum des Mietservice-Vertrags steht ausdrücklich die Beklagte, vertreten durch die Streithelferin. Die Streithelferin hatte auch Vertretungsmacht. Auch ohne entsprechenden Eigentümerbeschluss bestand für den abgeschlossenen Vertrag gesetzliche Vertretungsmacht nach § 27 Abs. 3 Nummer 4, Abs. 1 Nummer 3 WEG. Danach besteht die Befugnis, in dringenden Fällen zur Erhaltung des Gemeinschaftseigentums erforderliche Maßnahmen zu treffen. In diesem Sinne erforderlich war der Einbau der Wärmemessgeräte, weil sich das Gebäude im Bau befand, die Leitungen für die Messgeräte vom Bauunternehmen bereits vorbereitet waren und die Messgeräte bei Nutzung der Wohnungen durch Mieter vorgeschrieben waren (HeizkostenV; vgl. auch HL17: „städtebaulich vereinbart“).

18

Ob die Antragsannahme verspätet erfolgt war, ist unerheblich, weil einem solchen Fall die verspätete Annahme ein neuer Antrag wäre, der hier konkludent angenommen worden wäre infolge Durchführung des Auftrags.

19

Das Bestreiten der Lieferung der Zähler mit Nichtwissen durch die Beklagte ist gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig. Ob die Zähler geliefert wurden, steht im Wissen der Beklagten, die im Besitz des Gebäudes ist und somit weiß, was sich darin befindet, bzw. ihr Gebäude daraufhin prüfen kann. Damit ist zugleich auch das Bestreiten der Höhe der Rechnungen unsubstantiiert, denn die übrigen in der Rechnung genannten Berechnungsmaßstäbe kann Beklagte dem Vertrag entnehmen.

20

Die fristlose Kündigung des Vertrags durch die Beklagte ist unwirksam, weil es dafür eines wichtigen Grundes bedarf; ein solcher ist nicht vorgetragen.

21

Die ordentliche Kündigung des Vertrags durch die Beklagte beendigte die Zahlungspflicht der Beklagten jedenfalls nicht für den hier streitgegenständlichen Zeitraum (2015/2016). Gemäß AGB Nummer 5 Abs. 2 lässt die Kündigung die Zahlung für die vertragliche Laufzeit unberührt. Gemäß Ziffer 4 des Vertrags läuft der Vertrag bis zum Ablauf der Eichgültigkeit der Messgeräte, welche je nach Gerät 5-10 Jahre beträgt; selbst die kürzeste dieser Fristen war im streitgegenständlichen Zeitraum noch nicht abgelaufen. Von den dort genannten Fristen konnten Nichtzutreffende gestrichen werden; die Nichtstreichung ändert jedoch nichts daran, dass die dem jeweiligen Gerät zugehörende jeweilige Frist gilt.

22

Die Laufzeit-AGB ist auch nicht unwirksam. Sie ist dies nicht nach § 309 Nr. 9 lit. a BGB, da der streitgegenständliche Vertrag ein Mietvertrag ist und somit kein solcher im Sinne der Norm ist (Liefer-, Dienst- oder Werkvertrag). Entgegen der Überschrift des Vertrags ist Service kein Vertragsgegenstand. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Vertrag relevant von der Fallgestaltung bei LG Karlsruhe, Urteil vom 14.04.2015, 8 O 144/14.

23

Die AGB ist auch nicht nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Für eine Unwirksamkeit wäre erforderlich, dass die Regelung das Gleichgewicht der Rechte und Pflichten zulasten des Vertragsgegners in treuwidriger Weise verschiebt. Das ist hier nicht der Fall. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus BGH, Urteil vom 19.12.2007 – XII ZR 61/05. Anders als im vorliegenden Fall ging es dort um einen Zehnjahreszeitraum und um eine Verbandsklage, bei der die kundenfeindlichste Auslegung maßgeblich ist (Rn. 22) und bei der es nicht auf die konkrete Kalkulation des Klauselverwenders ankommt (Rn 26). Für den BGH war die Länge der Zehnjahresfrist ausschlaggebend. Im vorliegenden Fall sind jedoch die Fristen gestaffelt. Die Zehnjahresfrist gilt nur für die Heizkostenverteiler. Solche sind in den streitgegenständlichen Rechnungen nicht enthalten. Ganz überwiegend handelt es sich bei den berechneten Geräten um solche, die dem Fünfjahres-Zeitraum unterfallen. Das ist nur noch die Hälfte des vom BGH beanstandeten Zeitraums und daher nicht unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

24

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 280, 288 BGB. Der Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten ergibt sich aus § 280 BGB. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 101, 709 ZPO.

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