Urteil vom Landgericht Hamburg (10. Zivilkammer) - 310 O 4/18

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zug-um-Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs Audi A 6 Avant 2.0 TDI mit der Fahrgestellnummer ... (einschließlich Fahrzeugschlüsseln und Fahrzeugpapieren) einen Betrag in Höhe EUR 45.670,61 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.01.2018 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte seit dem 30.12.2017 mit der Rücknahme des vorgenannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 715,79 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.01.2018 zu erstatten.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt die Beklagte nach Rücktrittserklärung gestützt auf Gewährleistungsrecht auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Pkw in Anspruch.

2

Die Klägerin schloss mit der Beklagten, diese als Verkäuferin, im Februar 2012 einen Kaufvertrag über einen Audi A 6 Avant 2,0 TDI zu einem Preis von EUR 45.670,61. Der Pkw war mit einem Dieselmotor Typ EA 189 ausgestattet. Er sollte nach Verkaufsprospekt die Voraussetzungen der Emissionsklasse Euro 5 erfüllen.

3

Das Fahrzeug wurde der Beklagten im Februar 2012 übergeben. Installiert war eine Abgasrückführungseinrichtung die über zwei Betriebsmodi verfügte. Der eine Betriebsmodus war hinsichtlich des Stickstoffausstoßes insofern „optimiert“, als er eine vergleichsweise hohe Abgasrückführungsrate vorsah. Der andere Betriebsmodus führte bei einer geringeren Abgasrückführungsrate zu einem höheren Stickoxidausstoß. Das Fahrzeug war mit einer Vorrichtung bzw. Einstellung (nach Klägervortrag „Abschaltvorrichtung“) versehen, die dazu führte, dass der erstgenannte Betriebsmodus nur dann aktiv war, wenn das Fahrzeug sich auf einem technischen Prüfstand zur Ermittlung der Emissionswerte befand, während im Übrigen – also insbesondere bei Einsatz des Fahrzeugs im Straßenverkehr - der zweitgenannte Betriebsmodus mit höherem Stickstoffausstoß eingeschaltet war.

4

Die Abschaltvorrichtung war zuvor von der Herstellerin des Fahrzeugs, der mit der Beklagten konzernmäßig verbundenen Firma „Audi“, in ihrem Antrag auf Typgenehmigung nicht erwähnt worden. Die Typgenehmigung wurde erteilt. Die Abschalteinrichtung wurde auch nicht in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung erwähnt.

5

Das Kraftfahrt-Bundesamt stellte mit rechtskräftigem Bescheid vom 15.10.2015 fest, dass es sich bei der von der Beklagten verwendeten Software um eine unzulässige Abschaltvorrichtung handelt und gab der Beklagten auf, diese Software aus den betroffenen Fahrzeugen zu entfernen sowie den Nachweis zu erbringen, dass nach Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtung alle technischen Anforderungen bestimmter Einzelrechtsakte erfüllt sind. Die erteilte EG-Typengenehmigung für das Fahrzeug wurde vom Kraftfahrt-Bundesamt nicht widerrufen. Für die betroffenen Motoren wurde ein Software-Update entwickelt und vom Kraftfahrt-Bundesamt freigegeben. Dieses wurde im Rahmen einer Rückrufaktion in betroffene Fahrzeuge eingespielt. Die Klägerin ließ das Update betreffend das hier gegenständliche Fahrzeug ebenfalls durchführen.

6

Mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 22.12.2017 ((erste der vorgelegten) Anlagen K 5) erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag. Sie forderte die Beklagte zur Rückzahlung des vollen Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs auf.

7

Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihr Rückzahlungsbegehren weiter.

8

Die Klägerin macht geltend, der Pkw habe bei Übergabe Sachmängel aufgewiesen. So sei die „Euro 5-Norm“ nicht eingehalten worden, der Verkaufsprospekt der Beklagten gebe das Fahrzeug fälschlicherweise „als Euro 5“ an, die Stickoxidwerte und CO2-Werte seien höherer gewesen, als (in Prospekten) angegeben, es sei als Beschaffenheit „BlueMotion Technology“ und „sauberster Diesel seiner Klasse“ vereinbart worden, „nach korrigierter Einstufung“ komme es zu einer höheren Steuerbelastung, die „Zulassung des Fahrzeugs für Umweltzonen“ sei „rechtswidrig“, der Kraftstoffverbrauch übersteige die Herstellerangaben um mehr als 10 Prozent, es habe eine „falsche EU-Konformitätsbescheinigung für das Fahrzeug“ vorgelegen und „keine Genehmigung, da das Fahrzeug angesichts der ungenehmigten Abschalteinrichtung nicht EUR-Typgenehmigungskonform hergestellt“ worden sei. Sie habe bei Vertragsschluss von einem gesetzeskonformen Verhalten der Beklagten ausgehen dürfen. Außerhalb eines Prüfstandes würden „alle gesetzlichen Grenzwerte“ mindestens um das 4,7-fache überschritten.

9

Der Zustand des Fahrzeugs habe nicht der vereinbarten Beschaffenheit entsprochen. Jedenfalls unterfalle der Pkw dem objektiven Mangelbegriff.

10

Eine Fristsetzung sei vor ihrer Rücktrittserklärung gem. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich gewesen. Die Verkäuferseite, hier die Beklagte, habe sie bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig getäuscht, Nacherfüllungsversuche seien aufgrund Zerstörung des Vertrauensverhältnisses unzumutbar. Nachbesserungsversuche könnten zudem den merkantilen Minderwert des vom „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeuges nicht beseitigen.

11

Auch das Software-Update habe nicht zu gesetzmäßigen Emissionswerten des Fahrzeugs geführt. Hinzu komme, dass es nach Durchführung des Updates in vielen Fällen zu weiteren Mängeln „wie Erhöhung der Emissionswerte, des Kraftstoffverbrauchs, der Motorleistung sowie zu Verschleißerscheinungen“ komme. Bereits die Gefahr des Entstehens weiterer Mängel mache die Nachbesserung unzumutbar.

12

„Der Mangel“ sei auch erheblich im Sinne von § 323 Abs. 5 S. 2 BGB.

13

Nutzungsentschädigungen seien nicht abzuziehen, da es wegen gesetzlicher Nutzungseinschränkung rechtlich an einer Nutzungsmöglichkeit gefehlt habe.

14

Die Klägerin beantragt,

15

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerpartei EUR 45.670,61 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2017 Zug-um-Zug gegen Rückgewähr des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... zu zahlen;

16

2. festzustellen, dass sich die Beklagte spätestens seit dem 30.12.2017 mit der Rücknahme des im Klagantrag zu 1. bezeichneten Gegenstandes in Annahmeverzug befindet;

17

3. die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von EUR 715,79 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu tragen.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Das Fahrzeug habe keinen Sachmangel aufgewiesen. Es habe sowohl vor als auch nach dem (unstreitig inzwischen aufgespielten) Software-Update keinen höheren Kraftstoffverbrauch oder Emissionsausstoß als von der Herstellerin angegeben aufgewiesen. Die erforderlichen Genehmigungen hätten zu jeder Zeit vorgelegen. Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass es keine gesetzlichen Vorgaben gebe, die die Einhaltung bestimmter Grenzwerte im normalen Straßenbetrieb regeln. Die monierte Umschaltlogik stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung dar.

21

Eine arglistige Täuschung der Klägerin liege nicht vor. Die Klägerin habe u.a. nicht substantiiert vorgetragen, wer innerhalb des V.-Konzerns von diesen Umständen Kenntnis gehabt haben soll. Es sei zudem nicht ersichtlich, dass die Klägerin in Kenntnis der Funktionsweise der Software vom Kaufvertragsabschluss Abstand genommen hätte.

22

Nacherfüllungen seien der Klägerin zumutbar. Merkantile Minderwerte seien nicht verursacht worden. Die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien sei nicht weggefallen.

23

Ein Rücktrittsrecht sei jedenfalls wegen Unerheblichkeit ausgeschlossen. Der Aufwand zur Beseitigung des unterstellten Mangels – Lohnkosten für die Installation des Updates - belaufe sich auf nur EUR 35,00 je Fahrzeug. Selbst unter Berücksichtigung weiterer Kosten für die Entwicklung des Updates würden die Kosten (bei Verteilung der Entwicklungskosten auf alle betroffenen Fahrzeuge) bei deutlich weniger als EUR 100,00 brutto je Kfz liegen.

24

Nach der technischen Überarbeitung sei das Rückabwicklungsbegehren treuwidrig. Durch das Software-Update sei die verwendete Umschaltlogik beseitigt worden. Negative Einflüsse auf die Dauerhaltbarkeit des Motors und seiner Komponenten seien nicht gegeben. Der Klägervortrag leide bereits daran, dass nicht vorgetragen werde, mit welcher Lebensdauer des gesamten Fahrzeugs bzw. seiner Teile berechtigterweise habe gerechnet werden dürfen.

25

Jedenfalls schulde die Klägerin bei einer Rückabwicklung Wertersatz für die gezogenen Gebrauchsvorteile. Dabei gehe die einschlägige Rechtsprechung (unstreitig) von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 200.000 km bis 250.000 km aus.

26

Sie, die Beklagte, befinde sich auch nicht in Annahmeverzug, da die Klägerin hierfür neben dem Fahrzeug die Rückgabe der Fahrzeugpapiere, des Servicehefts sowie sämtlicher Schlüssel hätte anbieten müssen.

27

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten (einschließlich Anlagen) Bezug genommen. Das Gericht hat die Klägerin persönlich (zum Kilometerstand des Kfz) angehört. Insoweit wird auf das Protokoll der Verhandlung vom 18.09.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe

28

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

29

Die Klägerin kann von der Beklagten nach den §§ 346 Abs. 1, 349, 437 Nr. 2, 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 323 BGB die Rückabwicklung des zwischen ihnen Anfang 2016 geschlossenen Kaufvertrages über den Pkw Audi Avant 2.0 TDI verlangen.

30

Die Klägerin hat den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt (nachfolgend Ziff. 1). Im Zeitpunkt des Zugangs der Rücktrittserklärung lagen die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts vor. Das erworbene Fahrzeug war mangelhaft (nachfolgend Ziff. 2.1.), wobei der Sachmangel erheblich (nachfolgend Ziff. 2.2.) und der Kläger das Setzen einer Nachfrist unzumutbar (nachfolgend Ziff. 2.3.) war. Dem Verlangen der Klägerin nach Rückabwicklung des Kaufvertrags steht nicht entgegen, dass der Mangel – wie die Beklagte Ziff. 1 behauptet – durch das inzwischen (das genaue Datum ist nicht vorgetragen) aufgespielte Software-Update behoben worden sein soll (nachfolgend Ziff. 2.4.).

1.

31

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 22.12.2017 den Rücktritt vom Kaufvertrag gegenüber der Beklagten erklärt.

2.

32

Ein Rücktrittsgrund lag vor.

2.1.

33

Das hier in Streit stehende Fahrzeug war bei Gefahrübergang mangelhaft, weil es sich zwar für die gewöhnliche Verwendung eignete, aber nicht die Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die die Käuferseite nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).

34

Da vorliegend keine konkrete Beschaffenheitsvereinbarung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB zwischen den Parteien einschlägig ist und der Pkw – wie hier zu Gunsten der Beklagten unterstellt wird - sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignete (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB), ist für die Frage des Sachmangels nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB - neben der Eignung für die gewöhnliche Verwendung – entscheidend, ob das Kfz bei Gefahrübergang eine Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die die Käuferseite nach der Art der Sache erwarten konnte.

35

Für die Sollbeschaffenheit nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB kommt es nicht auf die konkret vorhandenen, individuellen Erwartungen des jeweiligen Käufers an, sondern allein darauf, welche Beschaffenheit ein „Durchschnittskäufer“ erwartet (Wiedenkampff in Palandt, BGB-Kommentar, 77. Auflage, § 434 BGB Rn. 30). Maßstab ist danach die objektiv berechtigte Käufererwartung, die sich in Ermangelung abweichender Anhaltspunkte an der üblichen Beschaffenheit gleichartiger Sachen orientiert. Als übliche Beschaffenheit kann der Käufer in technischer Hinsicht aber grundsätzlich nicht mehr erwarten, als dass die Kaufsache dem jeweiligen Stand der Technik entspricht (BGH, Urteil vom 4. März 2009, Gz. VIII ZR 160/08, Rn. 11, juris).

36

Bei Kraftfahrzeugen ist der am Stand der Technik orientierte Vergleich auf alle Fahrzeuge mit einer nach Bauart und Typ vergleichbaren technischen Ausstattung zu erstrecken; es besteht dagegen keine Veranlassung, ihn darüber hinaus noch hersteller- oder sogar fahrzeugtypspezifisch einzugrenzen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2017, Gz. VIII ZR 102/16, Rn. 3, juris).

37

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe stellt das Vorhandensein einer zwei Betriebsmodi umfassenden Motorsteuerungssoftware, die den Ausstoß von Stickoxiden (nur) dann erheblich durch Abgasrückführung reduziert, wenn sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet, nicht jedoch auch, wenn das Fahrzeug – wie für den größten Teil seiner Lebensdauer vorgesehen – auf der Straße betrieben wird, in zweierlei Hinsicht einen Sachmangel dar:

(1)

38

Die objektiv berechtigte Käufererwartung geht dahin, dass gesetzliche Abgas-Grenzwerten eingehalten werden und dies nicht nur auf Prüfständen durch eine Motorsteuerungssoftware, die erreicht, dass die Abgaswerte auf Prüfständen anders, nämlich niedriger, sind als beim Betrieb des Fahrzeugs auf der Straße.

39

Das streitgegenständliche Fahrzeug soll(te) die sog. Abgasnorm Euro 5 erfüllen. Die diesbezügliche Typengenehmigung wird nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge aber nur erteilt, wenn der Hersteller nachweist, dass die in Anhang I und in den in Artikel 5 genannten Durchführungsmaßnahmen festgelegten Grenzwerte eingehalten werden.

40

Die objektiv berechtigte Erwartung eines Käufers eines „Euro 5-Fahrzeuges“ geht dahin, dass die Einhaltung dieser Grenzwerte ohne Manipulation an der Motorsteuerungssoftware von statten geht, insbesondere, dass es nicht zwei Betriebsmodi gibt, von denen einer für die Straße und der andere – wegen der Messung der Abgaswerte – für den Prüfstand vorgesehen ist und allein Letzterer die Einhaltung der Grenzwerte sicherstellt.

41

Dass eine im vorgenannten Sinne manipulierende Motorsteuerungssoftware bei dem streitgegenständlichen Kfz bei Gefahrübergang vorhanden war, ist unstreitig.

42

Gleichartige Sachen – hier also gleichartige „Euro 5-Fahrzeuge“ anderer Hersteller (als des „V.-Konzerns“) – haben eine solche Manipulation der Motorsteuerungssoftware mit speziellem Betriebsmodus allein für den Prüfstand nicht aufgewiesen.

43

Ob einem Durchschnittskäufer bewusst gewesen ist, dass die auf Prüfständen ermittelten Emissionswerte mit denen im Fahrbetrieb auf der Straße nicht stets übereinstimmen, ist ohne Belang. Einem durchschnittlichen Käufer ist selbstverständlich bewusst, dass Emissionswerte – und z.B. auch der Kraftstoffverbrauch – auch vom individuellen Fahrverhalten und den Betriebssituationen (Fahrten in Innenstädten, auf Autobahnen, Landstraßen etc.) abhängt. Er geht aber jedenfalls davon aus, dass die auf den Prüfständen ermittelten Emissionswerte zumindest erreichbar sind und dies nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass Motorsteuerung / Abgasrückführung allein auf Prüfständen in einem bestimmten Modus arbeiten, der im realen Fahrbetrieb niemals aktiv ist.

(2)

44

Ein weiterer Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB liegt darin, dass der Käuferseite aufgrund der oben genannten Steuerungssoftware die Untersagung des weiteren Betriebs des Kfz auf öffentlichen Straßen nach § 5 Abs. 1 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung drohte.

45

Das Kraftfahrt-Bundesamt hat jedenfalls – unabhängig von der Frage, ob zu Recht oder zu Unrecht – die auch im streitgegenständlichen Fahrzeug enthaltene Steuerungssoftware in seinem Bescheid vom 15. Oktober 2015 als unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 Abs. 2 VO 715/07, Ziffer 2.15 und Ziffer 5.1.2.1 UN Nr. 83 angesehen. Dass das streitgegenständliche Fahrzeug auch dann weiter betrieben werden dürfte und keine Untersagung des Betriebs ausgesprochen würde, wäre es in dem Zustand, den es bei Gefahrübergang hatte (also mit der oben beschriebenen, manipulierenden Software) verblieben, behauptet auch die Beklagte nicht bzw. jedenfalls nicht substantiiert.

46

Für die Frage des Vorliegens dieses Sachmangels zum maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs ist es unerheblich, ob die Klägerin durch ein erst Jahre später entwickeltes Software-Update einer Untersagungsverfügung entgehen konnte.

2.2.

47

Der Rücktritt ist nicht nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB (i.V.m. § 437 Nr. 2 BGB) ausgeschlossen, weil die Pflichtverletzung unerheblich wäre. Tatsächlich ist die Pflichtverletzung erheblich.

48

Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Mangel einer Kaufsache unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ist, trägt die Verkäuferseite, hier also die Beklagte (BGH, Urteil vom 18. Oktober 2017, Gz. VIII ZR 242/16, juris). Dabei ist auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers abzustellen (BGH, Urteil vom 15. Juni 2011, Gz. VIII ZR 139/09, Rn. 9, juris). Ein zu diesem Zeitpunkt erheblicher Mangel wird nicht dadurch unerheblich, dass es im weiteren Verlauf gelingt, den Mangel mit geringem Aufwand zu beseitigen (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2008, Gz. VIII ZR 166/07).

49

Ob eine Pflichtverletzung unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ist, erfordert eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil vom 17. Februar 2010, Gz. VIII ZR 70/07, juris). Im Rahmen dieser umfassenden Interessenabwägung ist bei behebbaren Mängeln zwar grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung und nicht auf das Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigung abzustellen. Dabei ist von einer Geringfügigkeit eines behebbaren Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung in der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind (BGH, Urteil vom 28. Mai 2014, Gz. VIII ZR 94/13, juris).

50

Allerdings ist bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung nicht stets allein die Relation der Höhe der Mängelbeseitigungskosten zum Kaufpreis entscheidend (vgl. nur „jedenfalls in der Regel“: BGH, Urteil vom 26. Oktober 2016, Gz. VIII ZR 240/15, Rn. 28, juris). Vielmehr kann ein erheblicher Mangel auch dann vorliegen, wenn dieser „für viele, wenn nicht gar für die meisten Interessenten ein Grund sein (wird), vom Kauf Abstand zu nehmen" (BGH, Urteil vom 5. November 2008, Gz. VIII ZR 166/07).

51

Dies zugrunde gelegt, waren die Sachmängel im maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung nicht unerheblich. Dies gilt selbst dann, wenn man die von der Beklagten behaupteten, von Klägerseite bestrittenen Beseitigungskosten von ca. 100 EUR zugrunde legt und bei der Abwägung berücksichtigt.

52

Hier ist insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:

53

Ohne ein Software-Update, d.h. bei Fortbestehen des seit Gefahrübergang vorhandenen Zustandes, drohte der Klägerin die Untersagung des Betriebs des Fahrzeugs auf öffentlichen Straßen nach § 5 Abs. 1 FZV. Dies wäre für die „meisten Interessenten ein Grund [...], vom Kauf Abstand zu nehmen" (vgl. BGH, Urteil vom 5. November 2008, Gz. VIII ZR 166/07, juris).

54

Andererseits stand im maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bereits das Software-Update zur Verfügung (und es wurde eventuell sogar – der genaue Zeitpunkt ist insoweit nicht vorgetragen – auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufgespielt. Das Kraftfahrt-Bundesamt hatte bereits bestätigt, dass mit dem Software-Update – jedenfalls bei damaliger Erkenntnislage des Amtes – keine unzulässige Abschalteinrichtung (mehr) vorhanden ist.

55

Es bedurfte andererseits umfangreicher und zeit- sowie kostenaufwändiger Entwicklungsarbeiten, um ein Software-Update zu schaffen, dass die vom Kraftfahrt-Bundesamt in seinem Bescheid vom 15. Oktober 2015 gesetzten Bedingungen erfüllt bzw. erfüllen soll. In absoluten Zahlen sind Kosten in Höhe von vielen Millionen Euro entstanden. Der erhebliche Aufwand wäre auch angefallen, wenn die Beklagte das Software-Update allein für das streitgegenständliche Fahrzeug geschaffen hätte / hätte schaffen müssen.

56

Die Erheblichkeit der Mängel ergibt sich vor allem daraus, dass die Klägerin auf eine ordnungsgemäße Nacherfüllung der Beklagten nicht vertrauen kann.

57

Wird der Abschluss eines Vertrags durch arglistiges Verhalten einer Partei herbeigeführt, so verdient deren Vertrauen in den Bestand des Rechtsgeschäfts keinen Schutz, sodass eine unerhebliche Pflichtverletzung in der Regel zu verneinen ist (BGH, Urteil vom 24. März 2006, Gz. V ZR 173/05, veröff. u.a. in BGHZ 167, 19-25).

58

Käufer von „Euro 5-Fahrzeugen“ wie dem hier gegenständlichen Pkw erwarten - wie auch die Klägerin bei Erwerb des streitgegenständlichen Kfz -, dass bei dem Fahrzeug die Einhaltung der Emissions-Grenzwerte ohne Manipulation an der Motorsteuerungssoftware erreicht wird, insbesondere, dass es nicht zwei Betriebsmodi gibt, von denen einer für die Straße und der andere – wegen der Messung der Abgaswerte – für den Prüfstand vorgesehen ist und allein Letzterer die Einhaltung der Grenzwerte sicherstellt. In dieser berechtigten Erwartung wurden die Käufer, hier die Klägerin, getäuscht, indem ihnen Fahrzeuge geliefert wurden, die mit einer im vorgenannten Sinne manipulierenden Software ausgestattet waren.

59

Das streitgegenständliche Kfz wurde zwar vom Hersteller „Audi“ und nicht von der Beklagten produziert. Der Motor mit der Typenbezeichnung EA 189 und der manipulierenden Software wurde „Audi“ jedoch von der Beklagten geliefert.

60

Dass die manipulierende Software mit den zwei Betriebsmodi versehentlich verwendet wurde, behauptet die Beklagte nicht. Festzuhalten ist somit, dass Personen / Mitarbeiter bei der Beklagten arglistig gehandelt haben.

61

Wer konkret bei der Beklagten von der manipulierenden Software wusste, ist mangels Vortrags der Beklagten – allein dieser liegen die hierfür erforderlichen Erkenntnisse / Kenntnisnahmemöglichkeiten vor – nicht bekannt. Die vorliegende Konstellation ist auch ohnedies im Rahmen der Interessenabwägung (§ 325 Abs. 5 S. 2 BGB) einer arglistigen Täuschung gleichzusetzen. Aufgrund des Vorhandenseins der manipulierenden Software ist das Vertrauen der Klägerin in ordnungsgemäße Leistungen der Beklagten derart enttäuscht, dass sie nicht auf eine pflichtgemäße Nacherfüllung vertrauen kann. Dies trägt die Klägerseite vor, indem behauptet wird, durch das (als Nachbesserung gelieferte) Software-Update würden u.a. Motorschäden und Partikelfilterschäden entstehen. Vor allem ist Folgendes zu berücksichtigen:

62

- Die Beklagte hat über Jahre hinweg hunderttausende Motoren mit der manipulierenden Software ausgeliefert.

63

- Aufgrund auch dieses Umfanges muss davon ausgegangen werden, dass zahlreiche Personen auf unterschiedlichen Hierarchiestufen der Beklagten von der manipulierenden Software wussten.

64

- Die Beklagte hat zwar unternehmensinterne Untersuchungen veranlasst, bis zum heutigen Tag – Schluss der mündlichen Verhandlung – aber nicht veröffentlicht, in welchen konkreten Positionen Mitarbeiter von den Manipulationen gewusst haben bzw. an diesen beteiligt waren und welche umfassenden personellen Konsequenzen gezogen worden sind, um zukünftig entsprechende Täuschungen durch diese (oder andere) Mitarbeiter zu verhindern.

65

Die Klägerin konnte zur Zeit der Rücktrittserklärung nicht davon ausgehen, dass die Beklagte ausreichende Konsequenzen gezogen hat, die ihr Vertrauen in Leistungen der Beklagten derart wieder herzustellen geeignet waren, dass ihr eine Nacherfüllung durch die Beklagte zugemutet werden kann.

66

Käufer von Pkw können regelmäßig nicht aus eigener Anschauung beurteilen, ob das zur Nachbesserung angebotene (und vorliegend aufgespielte) Software-Update geeignet ist, die Mangelhaftigkeit des Pkw zu beseitigen ohne zugleich keine anderweitigen Schäden (wie z.B. oben genannte Motorschäden, Partikelfilterschäden) zu verursachen. Sie sind deshalb besonders auf ein Vertrauen in die Integrität der Verkäuferseite, hier der Beklagten, angewiesen. Dieses durch den Verkauf des Fahrzeugs mit der verschwiegenen, manipulierenden Software erschütterte Vertrauen konnte durch die von der Beklagten ergriffenen Maßnahmen bereits mangels umfassender „Aufarbeitung“ innerhalb des Unternehmens / Konzerns nicht ausreichend wiederhergestellt werden.

67

Zur Wiederherstellung des Vertrauens der Käufer reicht es auch nicht aus, dass die Beklagte auf die „Bestätigung“ des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 27.05.2016 verweist. In dieser „Bestätigung“ heißt es pauschal zu Schadstoffemissionen und Dauerhaltbarkeit von emissionsmindernden Einrichtungen: „Die Grenzwerte und die anderen Anforderungen wurden eingehalten.“ Diese „Bestätigung“ ist zur Vertrauensbildung nicht geeignet. Es wird die Einhaltung der „anderen Anforderungen“ bestätigt, ohne diese „anderen Anforderungen“ genau zu definieren / zu bezeichnen. Dass das Kraftfahrt-Bundesamt in Dauer-Belastungstests überhaupt die „Dauerhaltbarkeit von emissionsmindernden Einrichtungen“ untersucht hat, ist aus der „Bestätigung“ nicht ersichtlich. Nicht ersichtlich ist auch, welche „emissionsmindernden Einrichtungen“ untersucht worden sein sollen und welchen Maßstab das Kraftfahrt-Bundesamt betreffend die „Dauerhaltbarkeit“ zugrunde gelegt hat.

2.3.

68

Der Klägerin war es im Streitfall nicht zuzumuten, der Beklagten vor Erklärung des Rücktritts eine angemessene Frist zur Nacherfüllung zu setzen, da die Nacherfüllung infolge des zerstörten Vertrauensverhältnisses der Klägerin zu der Beklagten unzumutbar ist (§ 440 Satz 1 Var. 3 BGB).

69

Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer unzumutbar ist, sind die Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Hat der Verkäufer bei Abschluss des Vertrags eine Täuschungshandlung begangen, ist eine solche Handlung grundsätzlich geeignet, das Vertrauen des Käufers in die Ordnungsmäßigkeit der Nacherfüllung zu zerstören, und lässt aus diesem Grund das Verlangen der Nacherfüllung für den Käufer in der Regel unzumutbar sein (BGH, Urteil vom 12. März 2010, Gz. V ZR 147/09).

70

Es wird insoweit auf die vorstehenden Ausführungen zu § 323 Abs. 5 S. 2 BGB Bezug genommen. Das Vertrauensverhältnis der Klägerin zu der Beklagten ist durch Täuschung erheblich geschädigt. Die Beklagte hat Käufer von „Euro 5-Fahrzeugen“ in deren Erwartung getäuscht, bei den Fahrzeugen würde die Einhaltung der Emissions-Grenzwerte ohne Manipulation an der Motorsteuerungssoftware erreicht werden. Dies ist aufgrund des systematischen und dauerhaften Einsatzes der Manipulation und auch unter Berücksichtigung der bislang aus Käufersicht unvollendeten Aufarbeitung der Angelegenheit bei der Beklagten einem durch arglistige Täuschung verursachten Vertrauensverlust gleichzusetzen.

2.4.

71

Dem Verlangen der Klägerin nach Rückabwicklung des Kaufvertrags steht auch nicht entgegen, dass die Mangelhaftigkeit – wie die Beklagte behauptet – durch das (unstreitig aufgespielte) Software-Update behoben worden sei.

72

Das Rückabwicklungsverlangen erscheint auch nach dem Ausspielen des Software-Updates nicht treuwidrig:

73

- Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin bei Verweigerung des Aufspielens des Software-Updates eine Stilllegung des Kraftfahrzeuges befürchten musste.

74

- Es bleibt jedenfalls der Gefahrenverdacht, dass durch Aufspielen des Software-Updates die Haltbarkeit von Teilen des Motors beeinträchtigt wird. Das Software-Update verändert die Steuerung des Motors, die Abgasrückführungsquote wird gegenüber dem ursprünglichen Zustand deutlich erhöht. Es erscheint naheliegend, dass hierdurch die Belastung von Teilen des Motors und damit auch das Schadensrisiko erhöht werden. Dieser Gefahrenverdacht ist nicht durch die „Bestätigung“ des Kraftfahrt-Bundesamtes ausgeräumt worden (siehe dazu obenstehende Ausführungen).

3.

75

Rechtsfolge des wirksam erklärten Rücktritts ist nach § 346 Abs. 1 BGB, dass die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben sind.

76

Die Beklagte muss der Klägerin daher den Kaufpreis von EUR 45.670,61 erstatten (§ 346 Abs. 1 Var. 1 BGB).

77

Gezogene Nutzungen sind vorliegend nicht anzurechnen. Der Anspruch auf Berücksichtigung der gezogenen Nutzungen bei Rücktritt aus § 346 Abs. 1 BGB wird nicht von Amts wegen, sondern nur auf entsprechende Geltendmachung im Prozess berücksichtigt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 08. März 2016, Gz. I-21 U 110/14, Rn. 33, juris). Dementsprechend muss sich der bei wirksamer Rücktritterklärung seitens des Käufers auf Rückzahlung des Kaufpreises in Anspruch genommene Verkäufer konkret und mit substantiellem Vortrag auf eine Anrechnung der vom Käufer gezogenen Nutzungen berufen (OLG Düsseldorf a.a.O.).

78

Vorliegend hat sich die Beklagte zwar darauf berufen, für gezogene Nutzungen sei Wertersatz durch die Klägerin zu leisten (bzw. anzurechnen). Die Beklagte hat zum Wertersatz aber nicht hinreichend konkret vorgetragen. Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung die aktuelle Laufleistung des Fahrzeuges erklärt, die Beklagte hat ausdrücklich geäußert, der Kilometerstand werde nicht bestritten (Seite 2 des Protokolls vom 18.09.2018). In dieser Situation wäre es an der Beklagten gewesen, den anzurechnenden Wertersatz unter Berücksichtigung des unstreitigen Kilometerstandes zu beziffern. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Es sind nicht einmal eindeutige Angaben zur voraussichtlichen Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs gemacht worden. Die Beklagte hat insofern nur vorgetragen, „die einschlägige Rechtsprechung“ gehe „bei der Berechnung des Nutzungsersatzes von einer zu erwartenden Gesamtleistung von 200.000 km bis 250.000 km aus“. Dies ist nicht ausreichend konkret und vor allem nicht ausreichend konkret auf das vorliegende Kfz bezogen.

79

Es kann also dahinstehen, ob einem Abzug von Nutzungsentschädigung darüber hinaus auch Art. 3 der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie (RL 1999/44/EG) unter Berücksichtigung auch der Rechtsprechung des EuGH (vgl. Urteil vom 17.04.2008, Gz. C-404/06) entgegensteht.

4.

80

Die Beklagte befindet sich in Annahmeverzug, § 293 BGB. Bereits mit Schreiben vom 22.12.2017 hat die Klägerin der Beklagten die Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs angeboten (was sich selbst ohne ausdrückliche Erwähnung auch auf Fahrzeugschlüssel, Fahrzeugpapiere etc. erstreckt). Auch mit der Klage hat die Klägerin der Beklagten die Rückgewähr des Kfz angeboten. Dies ist von der Beklagten seitdem abgelehnt worden.

5.

81

Der Kläger kann Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten verlangen. Bei Lieferung eines mangelbehafteten Fahrzeugs steht einem Käufer gegen den Verkäufer nach. §§ 437 Nr. 3, 280 BGB Schadensersatz neben der Leistung zu, der auch die notwendigen Rechtsverfolgungskosten umfasst (vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 02. Oktober 2015, Gz 17 U 43/15).

6.

82

Zinsansprüche bestehen (nur) ab Rechtshängigkeit (§§ 288 Abs. 1, 291 BGB). Durch das vorgerichtliche Schreiben der Klägervertreter vom 22.12.2017 wurden der Rückzahlungsanspruch und der Kostenerstattungsanspruch fällig gestellt. In Schuldnerverzug gesetzt wurde die Beklagte durch die einseitige Fristsetzung aus dem Schreiben nicht.

7.

83

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist auf § 709 ZPO gestützt.

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