Urteil vom Landgericht Hamburg (6. Zivilkammer) - 306 O 479/19
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die klagende Person hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Klägerin, eine gewerbliche (Policen-) Aufkäuferin, begehrt aus abgetretenem Recht von der Beklagten die Rückzahlung von Versicherungsprämien und Nutzungsersatz wegen ungerechtfertigter Bereicherung.
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Im Jahr 2003 beantragte die Versicherungsnehmerin H. (im Folgenden: Versicherungsnehmerin) bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, den Abschluss eines Rentenversicherungsvertrages sowie einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung. Der Vertragsabschluss erfolgte im sog. „Policemodell“ gemäß § 5 a VVG a. F.. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten nahm den Antrag an und übersandte der Versicherungsnehmerin mit dem Policenbegleitschreiben vom 7.5.2003 (Anlage B 3) eine fest verbundene Versicherungsurkunde, bestehend aus Versicherungsschein, AVB und weiteren Informationen.
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Die in dem Policenbegleitschreiben enthaltene, eingeschobene Belehrung lautete:
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„Die nach § 10a VAG erforderlichen Verbraucherinformationen sind in der Versicherungsurkunde enthalten.
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Sie können innerhalb von 14 Tagen nach Zugang dieses Briefes dem Vertrag schriftlich widersprechen.
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Die Frist ist gewahrt, wenn der Widerspruch rechtzeitig abgesandt wird.“
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Die Versicherungsnehmerin nahm mit Vertragsbeginn am 01.06.2003 die monatlichen Beitragszahlungen auf. Im Jahr 2007 wurde der Versicherungsnehmerin auf ihren Antrag eine Ersatzversicherungsurkunde ausgestellt.
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Mit Schreiben vom 14.08.2014 kündigte die Versicherungsnehmerin den Vertrag, woraufhin die Beklagte den Vertrag abrechnete und 19.47,79 € an die Versicherungsnehmerin auszahlte (Anlage B 5).
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Mit Schreiben vom 2.03.2018 trat die Klägerin an die Beklagte heran, legte eine vom 18.09.2017 datierende Widerspruchserklärung der Versicherungsnehmerin vor, berief sich auf eine Abtretung der Ansprüche der Versicherungsnehmerin und forderte die Beklagte zur Rückabwicklung des Vertrages auf.
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Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr in Bezug auf den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag aus dem abgetretenen Recht der Versicherungsnehmerin ein bereicherungsrechtlicher Rückabwicklungsanspruch zustehe. Sie sei durch die entsprechende Abtretung und den Forderungskaufvertrag mit der Versicherungsnehmerin aktivlegitimiert.
Dies folge daraus, dass in der Widerspruchsbelehrung nicht die Unterlagen genannt würden, deren Zugang den Lauf der Widerspruchsfrist ausgelöst haben. Dort würden nicht „Versicherungsschein“, „Versicherungsbedingungen“ und „allgemeine Verbraucherinformationen gemäß § 10a VAG“ genannt, sondern lediglich auf den „Erhalt der Versicherungsurkunde“ verwiesen. Zudem sie die Belehrung fehlerhaft, da nicht wie gesetzlich vorgeschrieben auf „Textform“ abgestellt wurde, sondern die Erklärung nach der Belehrung in Schriftform zu erfolgen habe. Auch sei die Belehrung nicht drucktechnisch hervorgehoben.
- 11
Die hat den ursprünglichen Klagantrag zu mit Schriftsatz vom 06.06.2021 vor der mündlichen Verhandlung teilweise zurück genommen und beantragt nunmehr,
- 12
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.761,80 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 23.01.2020 zu zahlen
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte rügt die Aktivlegitimation der Klägerin und trägt vor, dass etwaige Ansprüche der Klägerin nicht vom Schutzzweck der Norm des § 5a VVG a.F. umfasst seien. Sie erhebt zudem die Einrede der Verjährung und beruft sich darauf, dass der Widerspruch der jeweiligen Verträge treuwidrig i.S.d. § 242 BGB sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Klägerin in Bezug auf die geltend gemachten Ansprüche aktivlegitimiert und der von ihr dargelegte Forderungsübergang wirksam erfolgt ist. Denn es fehlt im konkreten Fall bei dem im Streit befindlichen Vertrag an einem bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch gemäß § 812 BGB, der auf die Klägerin hätte übergehen können.
- 19
Richtig ist, dass die streitgegenständlichen Belehrung insoweit fehlerhaft ist, als sie für den Widerspruch auf die Schriftform und nicht wie zum damaligen Zeitpunkt gesetzlich vorgesehen auf die Textform verweist.
- 20
Die Ansicht der Klägerin, dass die hier verwendete Belehrung nicht die Unterlagen benennen würde, deren Zugang den Lauf der Widerspruchsfrist auslösen, ist unrichtig. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen in dem Verfahren 306 O 250/19, Urt. v. 06.03.2020 verwiesen:
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„Die Widerspruchsbelehrung, die den Fristbeginn an den Zugang „der Versicherungs-Urkunde“ knüpft, verstößt in inhaltlicher Hinsicht nicht gegen die Anforderungen an die nach § 5a VVG a. F. erforderlichen fristauslösenden Umstände.
- 22
Wie die Beklagte unter Bezugnahme insbesondere auf die Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichtes zutreffend ausführt, ist die streitgegenständliche Widerspruchsbelehrung wiederholt zum Gegenstand gerichtlicher Klärung gemacht worden. Die von der Klägerin geäußerten Bedenken gegen die Wirksamkeit der Belehrung werden von den befassten Instanzgerichten – jedenfalls auch im Anschluss an einen Hinweisbeschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 03.05.2017 (Az.: 9 U 68/17) – nicht geteilt.
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In dieser Entscheidung heißt es auszugsweise:
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„Anders als in den Sachverhalten, wie sie den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 29.07.2015 – IV ZR 384/14, vom 23.09.2015 – IV ZR 227/14, vom 14.10.2015 – IV ZR 284/12 und 28.10.2015 – IV ZR 164/15 zugrunde lagen, knüpft die vorliegende Widerspruchsbelehrung den Fristbeginn hier gerade nicht an die Übersendung nur des Versicherungsscheines, sondern an die Übersendung der ‚Versicherungs-Urkunde‘. Dabei ist diese ‚Versicherungs-Urkunde‘ ersichtlich kein bloßes Synonym für den ‚Versicherungsschein‘. Die ‚Versicherungs-Urkunde‘ ist vielmehr für jedermann klar und offensichtlich nicht mit dem Versicherungsschein identisch, denn sie enthält nicht nur den Versicherungsschein, sondern auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) sowie die weiteren Verbraucherinformationen. Auf diesen letztgenannten Umstand wird sogar in dem Satz unmittelbar vor der Widerspruchsbelehrung noch ausdrücklich hingewiesen.“
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Erforderlich aber ausreichend ist, dass die Widerrufsbelehrung – wie sonstige Allgemeine Geschäftsbedingungen – den Anforderungen an Klarheit und Transparenz entspricht, wie sie sich aus § 307 Absatz 1 Satz 2 BGB in der Konkretisierung ergeben, die die Norm durch die Auslegung und Anwendung der Rechtsprechung erfahren hat.
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Hiernach genügt eine Klausel – wie die Widerspruchsbelehrung im Streitfall – den Transparenzanforderungen, wenn sie bestimmt genug ist, damit einem durchschnittlichen, um Verständnis bemühten Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs keine Beurteilungsspielräume verbleiben.
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Eine Benennung der nach § 5a Absatz 1 Satz 1 VVG a. F. erforderlichen Unterlagen im Einzelnen (Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation nach § 10a VAG a. F.) ist daher unschädlich, wenn sich diese aus den Begleitumständen und hierbei insbesondere aus den Angaben im Policenbegleitschreiben unschwer ergeben (i. E. auch BGH, Beschluss vom 30.06.2015, Az.: IV ZR 16/14 sowie Beschluss vom 29.06.2016, Az.: IV ZR 492/15; zur Anknüpfung an den Erhalt der „Versicherungs-Urkunde“ ebenso OLG Frankfurt, Urteil vom 20.02.2019, Az.: 7 U 128/17 n. v.; OLG Düsseldorf, Urteil vom 22.02.2019, Az.: I – 4 U 213/16 n. v.; OLG München, Urteil vom 05.04.2017, Az: 25 U 3511/16 n. v.; a. A. etwa OLG Hamm, Urteil vom 17.06. 2015, Az.: 20 U 56/14 [„dieses Schreibens“]).“
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Die Belehrung ist auch hinreichend drucktechnisch hervorgehoben. Auf die zutreffenden Ausführungen in dem von der Beklagten eingereichten Beschluss des hiesigen HansOLG 9 U 139/18, dort Seite 4, wird verwiesen.
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Letztlich kann dies aber dahin gestellt bleiben.
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Denn unter Berücksichtigung der bereits im Jahr im Jahr 2014 erfolgten Kündigung und Abrechnung des Vertrages sowie der weiteren Umstände dieses Einzelfalls war der ursprüngliche Versicherungsnehmer nach Treu und Glauben mit der Ausübung eines etwaigen Widerspruchsrechtes nach § 242 BGB ausgeschlossen.
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Die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zustandekommen des Versicherungsvertrags zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen (vgl. BGH Urteil vom 7. Mai 2014 - IV ZR 76/11; Urteil vom 23. Januar 2014 - VII ZR 177/13). Der Bundesgerichtshof hat auch in Fällen, in denen der Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht nach § 5a Absatz 2 Satz 1 VVG a.F. belehrt worden ist, mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles bestätigt, dass ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens des Versicherungsnehmers ausgeschlossen sein kann (vgl. BGH Beschluss vom 11.11.2015 - IV ZR 117/15; Beschluss vom 27.01.2016 - IV ZR 130/15). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (BGH, Urteil vom 9. Oktober 2013 - XII ZR 59/12, Rn. 7 m.w.N.; Beschluss vom 27.01.2016 – IV ZR 130/15). Nach diesen Maßstäben ist im Streitfall sowohl das Zeitmoment als auch das Umstandsmoment der Verwirkung erfüllt.
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Das erforderliche Zeitmoment liegt hier unzweifelhaft vor, da zwischen dem Abschluss des Versicherungsvertrages im Jahr 2007 und der Widerspruchserklärung im Jahr 2018 ein Zeitraum von 11 Jahren liegt.
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Für das Umstandsmoment kommt es in erster Linie auf das Verhalten des Berechtigten - hier der Klägerin - an, weil mit der Verwirkung die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Verpflichteten ausgeschlossen werden soll. Wenn das Umstandsmoment sich auch nicht durch Zeitablauf erübrigt, besteht gleichwohl eine Wechselwirkung zwischen Umstands- und Zeitmoment (vgl. BGH, Urteil vom 19.10.2005 - XII ZR 224/03, Rn. 23; Urteil vom 19.12.2000 - X ZR 150/98, Rn. 43 - juris). Je länger der abgelaufene Zeitraum ist, umso geringer dürfen die Anforderungen an das Umstandsmoment sein.
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Hier hat die Versicherungsnehmerin den Vertrag bereits im Jahr 2014 gekündigt und die Beklagte hat ihn abgerechnet. Sie konnte daher nach Ablauf einer weiteren Frist von mehr als 4 Jahren davon ausgehen, nicht mehr wegen Rechte aus dem Vertrag in Anspruch genommen zu werden.
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Hinzu kommt, dass die Widerrufsbelehrung lediglich insoweit fehlerhaft ist, als sie auf Schrift- statt Textform abstellt. Es ist schon aus Sicht des erkennenden Richters fragwürdig, ob dies einen solch gravierenden Fehler darstellt, dass daraus ein „ewiges“ Widerrufsrecht folgen muss. Die Versicherungsnehmerin war durch diesen Fehler jedenfalls nicht an der Ausübung eines Widerrufs innerhalb der Frist gehindert. Die Schwere des Fehlers der Belehrung ist jedenfalls bei der Frage, ob die Ausübung des Widerrufsrechts treuwidrig ist, mitzuberücksichtigen.
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Ferner ist anerkannt, dass nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung mit Ablauf einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüffrist des Versicherungsnehmers auch aus Gründen der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens ein hiernach insgesamt abgeschlossener Sachverhalt nicht rückwirkend wieder aufgegriffen werden soll. Dies hat zur Folge, dass das Interesse des Widerspruchsberechtigten gegenüber dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsfrieden unter Umständen zurückzutreten hat (vgl. [zu 8 Absatz 4 Satz 1 VVG a. F.] BGH, Urteil vom 16.10.2013, Az.: IV ZR 52/12, unter Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 18.10.2004, Az. II ZR 352/02).
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Insofern ist es auch richtig, wenn gesagt wird, der durchschnittliche Versicherungsnehmer sei ein solcher, der sich der Einbindung in das Versichertenkollektiv bewusst sei und die versicherungstechnische Grundlage in seiner Laiensphäre als solche und mit ihr auch das Prinzip der Risikogemeinschaft akzeptiere (vgl. Präve/Präve, Lebensversicherung, Einl., Rn. 70 unter Bezugnahme auf Scherpe, Das Prinzip der Gefahrengemeinschaft im Privatversicherungsrecht (2011), S. 293, die ihrerseits bei Pfeiffer, in: Festschrift R. Schwebler (1986), S. 399, 413 Anleihe nimmt. Im Ergebnis auch Wandt, Versicherungsrecht, 6. Aufl., Rn. 136 f.). Mit dem Gedanken der Risiko- beziehungsweise Gefahrengemeinschaft ist es aber unvereinbar, dem Versicherungsnehmer nach Vertragsbeendigung und dem Ablauf der Regelverjährungsfrist ein zeitlich unbeschränktes Lösungsrecht aus beliebigen Gründen und einen Anspruch über einen Betrag zuzubilligen, der zudem nach dem Rückabwicklungsregime der §§ 812, 818 BGB über dem sich rechnerisch ergebenden Rückkaufswert liegt.
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Ferner waren während der Dauer der Vertragslaufzeit die Rechtsfolgen fehlerhafter Belehrungen sowohl bezüglich des Widerspruchsrechts gemäß § 5a VVG a. F. als auch bezüglich des Widerrufsrechts gemäß § 8 VVG a. F. Gegenstand zahlreicher Urteile des Bundesgerichtshofs. Die Versicherungsnehmerin hat gleichwohl weder die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zum Fortbestehen eines Widerspruchsrechts im Falle einer fehlerhaften Belehrung nach § 5a VVG aus dem Jahr 2014 noch aus dem Jahr 2013 zum Fortbestehen eines Widerrufsrechts im Falle einer fehlerhaften Belehrung nach § 8 Absatz 4 VVG in der am 01.01.1991 geltenden Fassung zum Anlass genommen, ihren Widerspruch zeitnah zu erklären.
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Schließlich erfolgt die Einräumung eines Widerspruchsrechts grundsätzlich, damit sich die Versicherungsnehmerin von einem Vertrag lösen kann, der ihren auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezogenen Bedürfnissen nicht entspricht, während es der Versicherungsnehmerin im Streitfall erkennbar gerade nicht darum ging, etwaige mit dem damaligen Abschluss des Versicherungsvertrages verbundene Nachteile zu kompensieren. Sinn und Zweck eines verspäteten Widerspruchs ist aber nicht, der Versicherungsnehmerin eine höhere Rendite zu ermöglichen oder gar auf die Differenz zwischen der effektiven Rendite des Vertrages und den vom Versicherer gezogenen Nutzungen zu spekulieren. Solche Zielsetzungen der Versicherungsnehmerin - und der Klägerin - haben jedenfalls unter den besonderen Umständen des Einzelfalls bei der Gesamtwürdigung, bei der auch eingeflossen ist, dass die Beklagte beziehungsweise ihre Rechtsvorgängerin die Situation selbst herbeigeführt hat, indem sie der Versicherungsnehmerin keine ordnungsgemäße Widerspruchsbelehrung erteilte und auch die Gelegenheit zur Nachbelehrung nicht ergriff, hinter dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit zurückzutreten.
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Die prozessualen Nebenentscheidung beruhen auf § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO (Kostenentscheidung) sowie auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit).
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