Urteil vom Landgericht Karlsruhe - 4 O 510/05

Tenor

I. Der Antragsgegner wird verurteilt, die von ihm benutzten Räume im Anwesen der Antragstellerin in ... zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin hat mit dem Bruder des Antragsgegners, Herrn C. D., am 26.03.2003 einen, so die Überschrift, „Mietvertrag für Gewerberäume“ geschlossen. Auszugsweise heißt es dort:
§ 1 Mieträume
1. Vom Vermieter werden zum Betriebe einer Gaststätte die im Hause ... gelegenen Räume der Gaststätte C. T. sowie je eine abgeschlossene Gewerbeeinheit im 1. OG und im 2. OG vermietet. Vermietete Fläche: ca. 200 qm im EG, 120 qm im 1. OG sowie 140 qm im 2. OG. (...)
§ 3 Miet- und Nebenkosten
1. Miete
Die Netto-Kaltmiete (...) beträgt monatlich 850,00 EUR für das EG, 250,00 EUR für die im 1. OG und 300,00 EUR für die im 2. OG gelegenen Räume. (...)
§ 8 Benutzung der Mieträume, Untervermietung, Umweltschutz
1. Der Mieter darf die Mieträume nur zu den in § 1 genannten gewerblichen Zwecken nutzen. (...).
2. Untervermietung oder sonstige Gebrauchsüberlassung an Dritte darf nur mit Einwilligung des Vermieters erfolgen.
10 
Mit Schreiben vom 28.12.2004 kündigte die Antragstellerin gegenüber dem Bruder des Antragsgegners das Mietverhältnis fristgerecht zum 30.04.2005. Sie beabsichtigt, das Anwesen Ende August/Anfang September abzureißen und hat sich diesbezüglich gegenüber dem zukünftigen Investor vertraglich verpflichtet. Die Gaststätte im Erdgeschoss sowie mittlerweile auch die Räumlichkeiten im 2. OG wurden durch den Bruder des Antragsgegners geräumt.
11 
Der Antragsgegner nutzt die Räumlichkeiten im 1. Obergeschoss zu Wohnzwecken. Gegenüber der Antragstellerin hat er die Räumung von einer finanziellen Entschädigung in der Größenordnung von 30.000,00 EUR abhängig gemacht. Unstreitig hat sich die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt dazu bereit erklärt, Kosten für die vom Antragsgegner in den Räumlichkeiten ausgeführten Renovierungen zu übernehmen.
12 
Die Antragstellerin ist der Meinung, es handele sich hier um einen Gewerberaummietvertrag mit dem Hauptmieter, sie könne vom Antragsgegner Herausgabe verlangen und dieses Ziel im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens verfolgen.
13 
Sie beantragt
14 
Der Antragsgegner wird verpflichtet, das Anwesen der Antragstellerin in ..., zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben.
15 
Der Antragsgegner beantragt,
16 
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
17 
Er ist der Auffassung, es handele sich um Wohnraummiete, was der Antragstellerin auch bekannt sei.

Entscheidungsgründe

 
18 
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet. Wegen des anhängigen Hauptsacheverfahrens ist eine ausführliche Begründung der stattgebenden Entscheidung angezeigt.
I.
19 
Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht zuständig.
20 
1. Das vorliegende Mietverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Bruder des Antragsgegners ist als Gewerberaummietverhältnis zu qualifizieren, so dass die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gemäß § 23 Nr. 2 a) GVG nicht eingreift.
21 
Für so genannte Mischmietverhältnisse hat der BGH entschieden (NJW-RR 1986, 877-879), dass für die Abgrenzung zwischen Wohnraum- und Gewerberaummiete der Vertragszweck entscheidend ist. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen, u.a. die auf die verschiedenen Nutzungsarten entfallenden Flächen sowie deren Mietwerte, soweit sich nicht bereits aus anderen Gründen ein Übergewicht eines bestimmten Gebrauchszwecks ergibt. Maßgebend ist stets der wahre Vertragszweck. Ein diesem entgegenstehender, im Vertrag vorgetäuschter, wäre unbeachtlich. Abzustellen ist somit auf die von den Parteien getroffene Zweckbestimmung, während es nach zutreffender Entscheidung des OLG Celle (ZMR 1999, 269) auf die tatsächliche Nutzung der Räume insoweit nicht ankommt, wie die Parteien den Nutzungszweck nicht einvernehmlich ändern. Für die Auslegung des Mietvertrages unter diesen Gesichtspunkten ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses entscheidend (Kammergericht, Urteil vom 26.01.1995, 8 U 7899/93). Die somit erforderliche Auslegung nach dem tatsächlichen und übereinstimmenden Willen der Parteien (vgl. hierzu noch OLG Düsseldorf, NZM 2002, 739) ergibt im vorliegenden Fall ein Gewerberaummietverhältnis.
22 
Zunächst sind Überschrift und Text des Mietvertrages eindeutig. Der Bruder des Antragsgegners hat sich dem hierin zutage tretenden Vertragszweck durch seine Unterschrift unterworfen. Auch die Räumlichkeiten im 1. und 2. OG werden ausdrücklich als „abgeschlossene Gewerbeeinheiten“ bezeichnet. Dies wäre allerdings trotzdem unbeachtlich, wenn nach der gemeinsamen Vorstellung der Parteien eine gewerbliche Nutzung der beiden Obergeschosse von vornherein nicht in Betracht gekommen wäre. Unterstellt man insoweit den Vortrag des Antragsgegners, wonach es sich bei den beiden Geschossen um nur für Wohnzwecke geeignete Räumlichkeiten handelt, ist nach den von der Rechtsprechung erarbeiteten Kriterien auf die Flächen und Mietwerte abzustellen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Hauptmieter, der im Erdgeschoss sein Gewerbe betrieben hat, von vornherein nur eine der beiden „Wohnungen“ in den Geschossen darüber zu Wohnzwecken nutzen konnte. Nach der Lebenserfahrung nahe liegend ist es, dass daran gedacht war, die weitere „Wohnung“ unterzuvermieten. Der Antragsgegner hat hierzu selbst ausgeführt, dass einem Mitarbeiter der Sparkasse, somit dieser selbst (§ 166 BGB) die Nutzung durch ihn zu Wohnzwecken bekannt war. Das Verhältnis der Flächen stellt sich somit so dar, dass das Erdgeschoss mit 200 qm sowie das zur Untervermietung vorgesehene 1. OG mit 120 qm dem zu Wohnzwecken vorgesehenen zweiten OG mit 140 qm gegenüber stehen. Danach überwiegen deutlich die zu Gewerbezwecken gedachten Flächen. Ist nämlich Vertragszweck auch die Untervermietung von Wohnraum, unterliegt der Hauptmietvertrag nicht dem Wohnungsmietrecht (BGH MDR 1986, 46 f.).
23 
Darüber hinaus bezog die Antragstellerin den größeren Teil der Miete aus der Vermietung des Erdgeschosses, nämlich netto 850,00 EUR gegenüber netto gesamt 550,00 EUR für die beiden Obergeschosse.
24 
2. Das Landgericht ist auch nach dem Streitwert sachlich zuständig. Abzustellen ist auf § 8 ZPO, wobei die „streitige Zeit“ nicht nur bis August 2005 reicht. Der Antragsgegner beruft sich jedenfalls implizit auf zeitlich zunächst nicht begrenzten Räumungsschutz als Wohnraummieter, so dass hier auf den 25-fachen Betrag der monatlichen Nettomiete (vgl. insoweit OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.11.1990, 1 W 120/90 m.w.N. auch zur Gegenmeinung) abzustellen ist. Die Nettomiete beträgt sowohl gemäß § 3 des Hauptmietvertrages als auch gemäß den Angaben des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung 250,00 EUR, woraus sich ein Streitwert von 6.250,00 EUR ergibt.
II.
25 
Der Antrag ist auch begründet.
26 
Soweit das Gericht den Antragsgegner nur zur Räumung der von ihm genutzten Räume verpflichtet hat, hat es den Antrag der Antragstellerin ausgelegt. Eine Teilabweisung liegt hierin nicht begründet.
27 
1. Die Antragstellerin hat ihren Verfügungsanspruch, beruhend auf § 546 Abs. 2 BGB, glaubhaft gemacht. Nach unstreitig wirksamer Kündigung des Hauptmietverhältnisses hat sie ihren Räumungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner spätestens mit Schreiben vom 05.07.2005 mit Fristsetzung zum 30.07.2005 geltend gemacht. Diese Frist ist zwar noch nicht abgelaufen, der Antragsgegner hat jedoch unstreitig bei einem persönlichen Gespräch am 08.07.2005 die Räumung von der Zahlung eines größeren Geldbetrages - wohl 30.000,00 EUR - abhängig gemacht. Er wurde daraufhin vom Vertreter der Antragstellerin gemahnt (zur Notwendigkeit einer Mahnung vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., 2003, § 246 Rn. 130), und zwar mit Fristsetzung zum 11.07.2005, welcher der Antragsgegner nicht nachgekommen ist. Soweit man einwenden könnte, dass die Mahnung vor Ablauf der ursprünglichen Frist (30.07.2005) nicht wirksam werden konnte, ist darauf zu verweisen, dass der Antragsgegner schon durch seine Weigerung, ohne weiteres auszuziehen, in Verzug kam. Auch nach eigenem Vortrag des Antragsgegners war die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt damit einverstanden, dass er in der Wohnung länger verbleibe, als dies im Hinblick auf die beabsichtigten Abrissarbeiten möglich ist. Ein Mietvertrag zwischen den Parteien ist jedenfalls zu keinem Zeitpunkt zustande gekommen (vgl. hierzu OLG Celle, NJW 1953, 1474).
28 
2. Da es sich beim Hauptmietvertrag um ein Gewerberaummietverhältnis handelt, ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht durch § 940a ZPO eingeschränkt.
29 
3. Auch den Verfügungsgrund hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht.
30 
Grundsätzlich ist allerdings insoweit davon auszugehen, dass eine Räumungsverfügung per Eilantrag nicht statthaft ist. Nur wenn der Anspruchsinhaber aufgrund einer besonderen Notlage dringend auf die Herausgabe des streitbefangenen Grundstücks angewiesen ist, kommt eine einstweilige Verfügung auf Räumung in Betracht (OLG Celle, NZM 2001, 195). Nach einem Beschluss des OLG Brandenburg (MDR 2001, 1185) kann eine einstweilige Verfügung gerechtfertigt sein, wenn der Herausgabeanspruch andernfalls wirtschaftlich ausgehöhlt würde. Eine solche Notlage bzw. drohende wirtschaftliche Aushöhlung des Herausgabeanspruchs liegt hier vor. Unstreitig hat sich die Antragstellerin gegenüber einem künftigen Investor vertraglich dahingehend gebunden, dass sie den Abbruch der bestehenden Gebäude zu veranlassen hat. Bei der hier erforderlichen Abwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner bereits bei seinem Einzug wusste, dass ein Abriss in der Zukunft bevorstehen würde. Lediglich der Zeitpunkt war nicht sicher, wie der Antragsgegner im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst zu Protokoll gab. Soweit ein Mitarbeiter der Antragstellerin ihm gegenüber geäußert haben soll, dass er „voraussichtlich für fünf Jahre“ in den Räumlichkeiten bleiben könne, so konnte dies jedenfalls kein schutzwürdiges Vertrauen des Antragsgegners dahingehend begründen, dass er nicht schon nach zwei Jahren die Räume verlassen müsse. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass der Antragsgegner versucht, seinen Auszug von einer Zahlung seitens der Antragstellerin abhängig zu machen. Dabei geht er selbst davon aus, dass er auf eine solche Zahlung keinen Anspruch hat, weil nämlich die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt erklärt hat, sie wolle die Kosten der Renovierung übernehmen. Nach Sachlage ist vielmehr davon auszugehen, dass der (unterstellt) schlechte Zustand der Räumlichkeiten durch die verhältnismäßig sehr geringe Miete, die der Hauptmieter an die Antragstellerin zu zahlen hatte und seinerseits vom Antragsgegner verlangt hat, ausgeglichen werden sollte und wurde.
31 
Schließlich stellt ein sofortiger Auszug des Antragsgegners für diesen auch keine besondere, unangemessene Härte dar. Er selbst hat angegeben, dass seine Eltern in Bad Schönborn wohnen, wohin bereits sein Bruder umgezogen sei. Dort ist der Antragsgegner unstreitig auch gemeldet. Von ihm als alleinstehender Person, jedenfalls mittlerweile aufgrund seiner Arbeitslosigkeit keiner Arbeit in Bruchsal selbst nachgehend, kann erwartet werden, dass er zumindest für eine Übergangszeit in die elterliche Wohnung einzieht. Dies gebietet auch der Familienzusammenhalt und dürfte im Streitfall, selbst eine geringe Größe der elterlichen Wohnung unterstellt, keine unüberwindbaren Probleme darstellen.
III.
32 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO.

Gründe

 
18 
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet. Wegen des anhängigen Hauptsacheverfahrens ist eine ausführliche Begründung der stattgebenden Entscheidung angezeigt.
I.
19 
Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht zuständig.
20 
1. Das vorliegende Mietverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Bruder des Antragsgegners ist als Gewerberaummietverhältnis zu qualifizieren, so dass die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gemäß § 23 Nr. 2 a) GVG nicht eingreift.
21 
Für so genannte Mischmietverhältnisse hat der BGH entschieden (NJW-RR 1986, 877-879), dass für die Abgrenzung zwischen Wohnraum- und Gewerberaummiete der Vertragszweck entscheidend ist. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen, u.a. die auf die verschiedenen Nutzungsarten entfallenden Flächen sowie deren Mietwerte, soweit sich nicht bereits aus anderen Gründen ein Übergewicht eines bestimmten Gebrauchszwecks ergibt. Maßgebend ist stets der wahre Vertragszweck. Ein diesem entgegenstehender, im Vertrag vorgetäuschter, wäre unbeachtlich. Abzustellen ist somit auf die von den Parteien getroffene Zweckbestimmung, während es nach zutreffender Entscheidung des OLG Celle (ZMR 1999, 269) auf die tatsächliche Nutzung der Räume insoweit nicht ankommt, wie die Parteien den Nutzungszweck nicht einvernehmlich ändern. Für die Auslegung des Mietvertrages unter diesen Gesichtspunkten ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses entscheidend (Kammergericht, Urteil vom 26.01.1995, 8 U 7899/93). Die somit erforderliche Auslegung nach dem tatsächlichen und übereinstimmenden Willen der Parteien (vgl. hierzu noch OLG Düsseldorf, NZM 2002, 739) ergibt im vorliegenden Fall ein Gewerberaummietverhältnis.
22 
Zunächst sind Überschrift und Text des Mietvertrages eindeutig. Der Bruder des Antragsgegners hat sich dem hierin zutage tretenden Vertragszweck durch seine Unterschrift unterworfen. Auch die Räumlichkeiten im 1. und 2. OG werden ausdrücklich als „abgeschlossene Gewerbeeinheiten“ bezeichnet. Dies wäre allerdings trotzdem unbeachtlich, wenn nach der gemeinsamen Vorstellung der Parteien eine gewerbliche Nutzung der beiden Obergeschosse von vornherein nicht in Betracht gekommen wäre. Unterstellt man insoweit den Vortrag des Antragsgegners, wonach es sich bei den beiden Geschossen um nur für Wohnzwecke geeignete Räumlichkeiten handelt, ist nach den von der Rechtsprechung erarbeiteten Kriterien auf die Flächen und Mietwerte abzustellen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Hauptmieter, der im Erdgeschoss sein Gewerbe betrieben hat, von vornherein nur eine der beiden „Wohnungen“ in den Geschossen darüber zu Wohnzwecken nutzen konnte. Nach der Lebenserfahrung nahe liegend ist es, dass daran gedacht war, die weitere „Wohnung“ unterzuvermieten. Der Antragsgegner hat hierzu selbst ausgeführt, dass einem Mitarbeiter der Sparkasse, somit dieser selbst (§ 166 BGB) die Nutzung durch ihn zu Wohnzwecken bekannt war. Das Verhältnis der Flächen stellt sich somit so dar, dass das Erdgeschoss mit 200 qm sowie das zur Untervermietung vorgesehene 1. OG mit 120 qm dem zu Wohnzwecken vorgesehenen zweiten OG mit 140 qm gegenüber stehen. Danach überwiegen deutlich die zu Gewerbezwecken gedachten Flächen. Ist nämlich Vertragszweck auch die Untervermietung von Wohnraum, unterliegt der Hauptmietvertrag nicht dem Wohnungsmietrecht (BGH MDR 1986, 46 f.).
23 
Darüber hinaus bezog die Antragstellerin den größeren Teil der Miete aus der Vermietung des Erdgeschosses, nämlich netto 850,00 EUR gegenüber netto gesamt 550,00 EUR für die beiden Obergeschosse.
24 
2. Das Landgericht ist auch nach dem Streitwert sachlich zuständig. Abzustellen ist auf § 8 ZPO, wobei die „streitige Zeit“ nicht nur bis August 2005 reicht. Der Antragsgegner beruft sich jedenfalls implizit auf zeitlich zunächst nicht begrenzten Räumungsschutz als Wohnraummieter, so dass hier auf den 25-fachen Betrag der monatlichen Nettomiete (vgl. insoweit OLG Oldenburg, Beschluss vom 19.11.1990, 1 W 120/90 m.w.N. auch zur Gegenmeinung) abzustellen ist. Die Nettomiete beträgt sowohl gemäß § 3 des Hauptmietvertrages als auch gemäß den Angaben des Antragsgegners in der mündlichen Verhandlung 250,00 EUR, woraus sich ein Streitwert von 6.250,00 EUR ergibt.
II.
25 
Der Antrag ist auch begründet.
26 
Soweit das Gericht den Antragsgegner nur zur Räumung der von ihm genutzten Räume verpflichtet hat, hat es den Antrag der Antragstellerin ausgelegt. Eine Teilabweisung liegt hierin nicht begründet.
27 
1. Die Antragstellerin hat ihren Verfügungsanspruch, beruhend auf § 546 Abs. 2 BGB, glaubhaft gemacht. Nach unstreitig wirksamer Kündigung des Hauptmietverhältnisses hat sie ihren Räumungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner spätestens mit Schreiben vom 05.07.2005 mit Fristsetzung zum 30.07.2005 geltend gemacht. Diese Frist ist zwar noch nicht abgelaufen, der Antragsgegner hat jedoch unstreitig bei einem persönlichen Gespräch am 08.07.2005 die Räumung von der Zahlung eines größeren Geldbetrages - wohl 30.000,00 EUR - abhängig gemacht. Er wurde daraufhin vom Vertreter der Antragstellerin gemahnt (zur Notwendigkeit einer Mahnung vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., 2003, § 246 Rn. 130), und zwar mit Fristsetzung zum 11.07.2005, welcher der Antragsgegner nicht nachgekommen ist. Soweit man einwenden könnte, dass die Mahnung vor Ablauf der ursprünglichen Frist (30.07.2005) nicht wirksam werden konnte, ist darauf zu verweisen, dass der Antragsgegner schon durch seine Weigerung, ohne weiteres auszuziehen, in Verzug kam. Auch nach eigenem Vortrag des Antragsgegners war die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt damit einverstanden, dass er in der Wohnung länger verbleibe, als dies im Hinblick auf die beabsichtigten Abrissarbeiten möglich ist. Ein Mietvertrag zwischen den Parteien ist jedenfalls zu keinem Zeitpunkt zustande gekommen (vgl. hierzu OLG Celle, NJW 1953, 1474).
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2. Da es sich beim Hauptmietvertrag um ein Gewerberaummietverhältnis handelt, ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht durch § 940a ZPO eingeschränkt.
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3. Auch den Verfügungsgrund hat die Antragstellerin glaubhaft gemacht.
30 
Grundsätzlich ist allerdings insoweit davon auszugehen, dass eine Räumungsverfügung per Eilantrag nicht statthaft ist. Nur wenn der Anspruchsinhaber aufgrund einer besonderen Notlage dringend auf die Herausgabe des streitbefangenen Grundstücks angewiesen ist, kommt eine einstweilige Verfügung auf Räumung in Betracht (OLG Celle, NZM 2001, 195). Nach einem Beschluss des OLG Brandenburg (MDR 2001, 1185) kann eine einstweilige Verfügung gerechtfertigt sein, wenn der Herausgabeanspruch andernfalls wirtschaftlich ausgehöhlt würde. Eine solche Notlage bzw. drohende wirtschaftliche Aushöhlung des Herausgabeanspruchs liegt hier vor. Unstreitig hat sich die Antragstellerin gegenüber einem künftigen Investor vertraglich dahingehend gebunden, dass sie den Abbruch der bestehenden Gebäude zu veranlassen hat. Bei der hier erforderlichen Abwägung ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner bereits bei seinem Einzug wusste, dass ein Abriss in der Zukunft bevorstehen würde. Lediglich der Zeitpunkt war nicht sicher, wie der Antragsgegner im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst zu Protokoll gab. Soweit ein Mitarbeiter der Antragstellerin ihm gegenüber geäußert haben soll, dass er „voraussichtlich für fünf Jahre“ in den Räumlichkeiten bleiben könne, so konnte dies jedenfalls kein schutzwürdiges Vertrauen des Antragsgegners dahingehend begründen, dass er nicht schon nach zwei Jahren die Räume verlassen müsse. Zu berücksichtigen ist des Weiteren, dass der Antragsgegner versucht, seinen Auszug von einer Zahlung seitens der Antragstellerin abhängig zu machen. Dabei geht er selbst davon aus, dass er auf eine solche Zahlung keinen Anspruch hat, weil nämlich die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt erklärt hat, sie wolle die Kosten der Renovierung übernehmen. Nach Sachlage ist vielmehr davon auszugehen, dass der (unterstellt) schlechte Zustand der Räumlichkeiten durch die verhältnismäßig sehr geringe Miete, die der Hauptmieter an die Antragstellerin zu zahlen hatte und seinerseits vom Antragsgegner verlangt hat, ausgeglichen werden sollte und wurde.
31 
Schließlich stellt ein sofortiger Auszug des Antragsgegners für diesen auch keine besondere, unangemessene Härte dar. Er selbst hat angegeben, dass seine Eltern in Bad Schönborn wohnen, wohin bereits sein Bruder umgezogen sei. Dort ist der Antragsgegner unstreitig auch gemeldet. Von ihm als alleinstehender Person, jedenfalls mittlerweile aufgrund seiner Arbeitslosigkeit keiner Arbeit in Bruchsal selbst nachgehend, kann erwartet werden, dass er zumindest für eine Übergangszeit in die elterliche Wohnung einzieht. Dies gebietet auch der Familienzusammenhalt und dürfte im Streitfall, selbst eine geringe Größe der elterlichen Wohnung unterstellt, keine unüberwindbaren Probleme darstellen.
III.
32 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 ZPO.

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