Urteil vom Landgericht Karlsruhe - 6 O 105/06

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Wohnungseigentümergemeinschaft R., insgesamt EUR 88.300,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Juni 2006 zu zahlen.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 60 % und hat die Beklagte 40 % zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

 
Die Klägerin, in einer Eigentumswohnanlage verbundene Eigentümer, verlangen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung an Gemeinschaftseigentum.
Die Beklagte hat die Eigentumswohnanlage R. in K. errichtet und Wohnungen verkauft.
In den notariellen Kaufverträgen wird zwischen Bestandswohnungen und Aufstockungswohnungen unterschieden. Bestandswohnungen wurden umgebaut bzw. modernisiert, Aufstockungswohnungen wurden neu errichtet (vgl. § 1 Absatz 6 der Kaufverträge AH 277 ff.). Die Aufstockungswohnungen sind mit gelb-beschichteten Faserzementfassadenplatten verkleidet.
In einer Wohnungseigentümerversammlung vom 25. Oktober 2005 fassten die Wohnungseigentümer mehrheitlich den Beschluss, wegen verschiedener, in einem Gutachten vom 12. Juli 2005 festgestellter Mängel die Beklagte außergerichtlich zur Beseitigung aufzufordern und bei nicht fristgerechter oder unvollständiger Erledigung Zahlungsklage wegen voraussichtlicher Mängelbeseitigungskosten zu erheben (AH 267 - 275).
Am 22. Januar 2003 mit Fristsetzung 30. April 2003 (AH 247 - 259) und am 25. November 2005 mit Fristsetzung bis zum 31. Dezember 2005 (AH 261/263) forderte die Klägerin die Beklagte zur Mängelbeseitigung auf. Eine Mängelbeseitigung im begehrten Umfang erfolgte nicht.
Die Kläger tragen vor:
Auf die Kaufverträge sei, unabhängig von der Art der Eigentumswohnung als Bestands- oder als Aufstockungswohnung, Werkvertragsrecht anzuwenden. Am Gemeinschaftseigentum seien noch folgende Mängel vorhanden, wie der Sachverständige Dipl. Ing. G. in seinen Gutachten im selbständigen Beweisverfahren 10 OH 17/03 festgestellt habe:
Es sei ein Farbunterschied zwischen alten und neuen Betonsteinplatten auf dem Podest auf dem parkseitigen Hauszugang deutlich zu sehen, wobei es sich um einen optischen Mangel handele. Eine Mangelbeseitigung sei nur durch einen Austausch der Platten möglich. Die Kosten beliefen sich auf EUR 400,- brutto.
Die Faserzementplatten der Aufstockungen der Fassade seien gegenüber ihrer ursprünglichen Farbgebung stark ausgebleicht. Hierbei handele es sich um einen technischen und optischen Mangel, da diese Platten im bewitterten Bereich stark kreideten. Das verwendete Acrylat-Styrol-Copolymer Bindemittel weise einen deutlich schlechteren Witterungsschutz auf, als Reinacrylat. Auch seien die Fassadenplatten unterschiedlich mit Farbe beschichtet. Es ergebe sich eine Restlebensdauer von 3 bis 6 Jahren, sodass die vorhandene Beschichtung lediglich eine Gesamtlebensdauer von 12 bis 15 Jahren aufweise. Die deutliche Abweichung der Fassadenfarben von der ursprünglichen Farbgebung stelle einen optischen Mangel dar, da die Fassaden quasi die Visitenkarte des Bauwerks darstellten. Eine nachträgliche zusätzliche Beschichtung sei nicht möglich. Die Fassaden seien zu erneuern, wofür Kosten in Höhe von ca. 210.000,- entstünden.
10 
Die Isolierung des Hauses 93 und 95 sei mangelhaft, da für die Holzverbundkonstruktion eine notwendige Dampfbremse fehle, welche die erforderliche Luftdichtigkeit sicherstelle. Der Einbau der Luftdichtigkeitsebene koste ca. EUR 8.600,-.
11 
Die Blechrinne zwischen Balkon und Boden der Hauswand sei nur mit Klebeband an den Stahlträger geklebt, was nicht fachgerecht sei. Die Mangelbeseitigung durch Schlossschrauben koste ca. EUR 1.000,-.
12 
Schließlich seien die Balkonböden wegen unzureichender Reinigungsmöglichkeit aufgrund der Schwere des Rostes mangelhaft. Die Halbierung der Roste koste EU 2.000,-.
13 
Insgesamt ergebe sich somit ein geschätzter Aufwand zur Mängelbeseitigung von EUR 222.000,-.
14 
Die Kläger beantragen,
15 
die Beklagte zu verurteilen, an die Wohnungseigentümergemeinschaft R., insgesamt EUR 222.000,- nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Juni 2006 zu zahlen.
16 
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
18 
Am 12. August 2003 wurde beim Landgericht Karlsruhe Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahren gegen die Beklagte wegen verschiedener Mängel am Gemeinschaftseigentum der Eigentumswohnanlage - hier: Heizsystem, Treppenhaus, Aufstockungen, Isolierung Haus 93 und 95, Blechrinne, Balkone, Balkone Ablaufrinne, Heizkeller - gestellt. Ein Gutachten zum Heizsystem vom 05. Juli 2004 wurde am 08. September 2004 ergänzt (10 OH 17/03, Seiten 95 - 135 und Seiten 173 - 183); das weitere Gutachten vom 12. Juli 2005 (im Folgenden: GU 1, Seite) wurde am 06. April 2006 (im Folgenden: GU 2, Seite), am 09. Oktober 2006 (im Folgenden: GU 3, Seite) und am 23. April 2007 ergänzt (im Folgenden: GU 4, Seite - 10 OH 17/03, Anlagen). Die Akten wurden beigezogen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlungen.
19 
Der Sachverständige Dipl. Ing. G. hat während des Rechtsstreits weitere schriftliche Gutachten erstattet am 28. Januar 2008 (im Folgenden: GU 5, Seite - Anlagen zu 6 O 105/06), am 27. Mai 2008 (im Folgenden: GU 6, Seite - Anlagen zu 6 O 105/06), sowie am 23. Januar 2009 (im Folgenden: GU 7, Seite - AS 411). Der Sachverständige Dr. L. hat am 10. Dezember 2008 ein Gutachten erstattet (im Folgenden: GU 8, Seite).
20 
Das Gericht hat verhandelt am 15. Oktober 2007 (AS 275 - 293), am 12. September 2008 (AS 303 - 293) und am 06. Mai 2009 (AS. 435 - 445), jeweils mit Erläuterung der Gutachten durch die Sachverständigen.
21 
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I.
23 
Gegen die Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft der Eigentumswohnanlage ergeben sich wegen des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung vom 25. Oktober 2005 keine Bedenken. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums an sich ziehen. Macht sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, begründet dies ihre alleinige Zuständigkeit. Im Gerichtsverfahren tritt die Wohnungseigentümergemeinschaft als gesetzlicher Prozessstandschafter auf (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, in BGHZ 172, 42 ff = Baurecht 2007, 1221 ff.). Der von der Beklagten ursprünglich erhobene Einwand fehlender Prozessführungsbefugnis (AS. 61 ff), wurde nach der Rubrumsberichtigung vom 07. August 2007 nicht mehr aufrecht erhalten (AS. 259). Das Rubrum war wegen äußerlich unrichtiger Bezeichnung der Parteien zu berichtigen, da als Rechtssubjekt nach dem objektiven Sinn hier die Wohnungseigentümergemeinschaft als Partei anzusehen ist (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 26. April 2007 - VII ZR 210/05, a.a.O., m.w.N.)
II.
24 
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung am Gemeinschaftseigentum in Höhe von EUR zu (§ 633 Abs. 3 BGB a.F. in Verbindung mit den Kaufverträgen).
25 
1. Auf die Kaufverträge aus dem Jahr 1997 sind die Vorschriften des BGB in der Fassung vor dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 anzuwenden (Art. 229 § 5 EGBGB).
26 
2. Auf die als „Kaufverträge“ bezeichneten Verträge ist das Werkvertragsrecht anzuwenden. Beim Erwerb von Altbauten ist Werkvertragsrecht anwendbar, wenn der Erwerb des Grundstücks mit einer Herstellungsverpflichtung verbunden ist. Übernimmt der Veräußerer vertraglich Bauleistungen, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar sind, haftet er nicht nur für die ausgeführten Umbauarbeiten, sondern auch für die in diesem Bereich vorhandene Altbausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertrags. Ohne Bedeutung ist es, ob die Parteien den Vertrag als Kaufvertrag und sich selbst als Käufer und Verkäufer bezeichnet haben. Dies gilt auch dann, wenn die vom Veräußerer übernommenen Arbeiten vor Vertragsschluss bereits ausgeführt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2007 - VII ZR 210/05, a.a.O., m.w.N.der Rechtsprechung).
27 
Im vorliegenden Fall haftet die Beklagte nach diesen Grundsätzen für Sachmängel der gesamten Bausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertragsrechts. Die Beklagte hat sich in den Verträgen mit den Erwerbern aller Wohnungen zu umfangreichen Maßnahmen verpflichtet, die dem gesamten, zuvor als Wohngebäude der amerikanischen Streitkräfte genutzten Objekt (AH 281) einen neuen Charakter gaben. Dazu dienten sowohl umfangreiche Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten im Altbaubestand als vor allem auch die Aufstockung mit weiteren Geschossen (vgl. zu den umfangreichen Arbeiten die Baubeschreibungen für Bestand- und Aufstockungswohnungen, beigezogene Akte 10 OH 17/03, AS 267 - 321). Derartige Arbeiten sind sowohl aus der Sicht der Erwerber der Wohnungen in den neuen Obergeschossen als auch der übrigen Erwerber derart umfassend, dass sie nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar sind und die Anwendung des Werkvertragsrechts auf Mängel der gesamten Bausubstanz rechtfertigen. Das ergibt sich zunächst daraus, dass die oberen Stockwerke vollständig neu errichtet sind. Der Umstand, dass die Obergeschosse auf den Altbau aufsetzen und dessen Substanz und Installationen für die Funktionsfähigkeit der Wohnungen eine Rolle spielen, nimmt diesen Wohnungen nicht den Charakter von Neubauwohnungen. Darüber hinaus ist der Altbaubestand einer umfangreichen Modernisierung unterzogen worden. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die Baumaßnahmen für das gesamte Gebäude technisch und funktional aufeinander abgestimmt sein müssen. So sind die Maßnahmen zur Aufstockung der Obergeschosse von wesentlicher Bedeutung für das Gesamtbauwerk, z.B. in statischer Hinsicht wie auch für den Schutz durch das neue Dach. Auch sonstige weitere Maßnahmen, wie z.B. der Heizungs- und Sanitärtechnik, können nicht isoliert beurteilt werden.
28 
Im Übrigen ist das Werkvertragsrecht in den Kaufverträgen auch ausdrücklich als die zwischen den Parteien maßgebliche Gewährleistungsbestimmung geregelt worden (vgl. § 9 Abs. 3 der Kaufverträge, AH 277 ff, hier: AH 295; beigezogene Akte 10 OH 17/03, AH 29).
29 
3. Bei dem von der Beklagten errichteten bzw. modernisierten Gemeinschaftseigentum liegen Mängel bei den Faserzementfassadenplatten (sub.b), der Luftdichtigkeit (sub.c), sowie an den Rosten (sub. e) vor; kein Mangel besteht am Podest (sub. a) und wegen der Blechrinne zwischen Balkon und Hauswand (sub. d).
30 
Nach § 633 BGB a.F. ist ein Unternehmer verpflichtet, das Werk so herzustellen, dass es die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit nach dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Der Baumangel setzt demnach voraus, dass die Istbeschaffenheit der Werkleistung hinter der Sollbeschaffenheit zurückbleibt und dadurch der Wert und/oder die Gebrauchstauglichkeit des Werks beeinträchtigt wird (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Auflage, 2008, Rn 1453). Eine Beeinträchtigung des nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauchs liegt u.a. dann vor, wenn die mit der vertraglich geschuldeten Ausführung erreichbaren technischen Eigenschaften, die für die Funktion des Werkes von Bedeutung sind, durch die vertragswidrige Ausführung nicht erreicht werden und damit die Funktion des Werkes gemindert ist (vgl. BGH, Urteil vom 09. Januar 2003 - VII ZR 181/00, in BGHZ 153, 279). Der Unternehmer hat die Entstehung eines mangelfreien, zweckgerechten Werkes zu gewährleisten. Entspricht seine Leistung nicht diesen Anforderungen, so ist sie fehlerhaft, und zwar unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 1995 - VII ZR 131/93, in NJW-RR 1995, 472).
31 
Ausweislich der vorliegenden Kaufverträge handelt es sich bei den streitgegenständlichen Wohngebäuden um ehemals von den amerikanischen Streitkräften genutzte Wohngebäude, die durch die Beklagte umgebaut bzw. modernisiert wurden (AH§ 1 Abs. 1, Abs. 6 Kaufvertrag - AH 281/283 und Baubeschreibungen in der beigezogenen Akte 10 OH 17/03, AS 267 - 321). Die Beklagte hatte demnach umfassende Arbeiten an den Gebäuden vorzunehmen. An der auf Dauer angelegten Zweckbestimmung der Arbeiten bestehen nach den Umständen für das Gericht keine Zweifel. Die Beklagte wollte die Gebäude im Rahmen des von ihr geplanten Umbaus grundlegend renovieren und die so geschaffenen Wohneinheiten verkaufen. Die Käufer sollten dabei nicht nur ein Provisorium, sondern eine dauerhafte Gebäudeanlage erhalten; die Dauerhaftigkeit war zwischen den Parteien vereinbart.
32 
a) Podest
33 
Durch den Austausch defekter Betonsteinwerkplatten auf dem Podest vor dem parkseitigen Hauszugang ergibt sich, wie auf den Lichtbildern gut zu erkennen ist, ein deutlicher Farbunterschied zwischen alten und neuen Betonsteinwerkplatten. Neue Betonwerksteinplatten sind nach den Feststellungen des Sachverständigen grundsätzlich nicht in der Farbe der alten Platten zu erhalten (GU 1, 6 - 15). Dieser Farbunterschied lässt sich nur dadurch beseitigen, dass - nach den Ausführungen des Sachverständigen - die Betonsteinwerkplatten insgesamt ausgetauscht werden (GU 1, 16; GU 3, 4/5; GU 4, 4; ). Ein Mangel des Bauwerks liegt indes insoweit nicht vor.
34 
Aus der Allgemeinen Baubeschreibung ergibt sich keine Forderung über eine Erneuerung der Treppenläufe (vgl. beigezogene Akte 10 OH 17/03, AS 269, „Treppenhäuser“). Insoweit handelt es sich bei den alten Treppenläufen um nicht renovierte Altbausubstanz. Nach § 9 Abs. 2 des Kaufvertrages erwirbt der Käufer das Objekt so wie es steht und liegt (AH 293). Die Treppenläufe sind durch jahrelangen Gebrauch und Reinigen stark verfärbt. Sind durch die Beklagte einzelne Platten wegen deren Schadhaftigkeit bzw. wegen Beseitigung eines Fußabstreifers ausgetauscht worden, so liegt es in der Natur der Sache, dass sich die daneben liegenden alten, ausgewaschenen Platten farblich deutlich abheben. Ist eine Erneuerung der Treppenläufe nicht geschuldet und repariert die Beklagte defekte Platten, so ist sie nicht verpflichtet, für einen optimalen Gesamteindrucks zugleich sämtliche Platten auszutauschen.
35 
b) Faserzementfassadenplatten
36 
Geschuldet sind von der Beklagten im Hinblick auf die oben dargestellte Dauerhaftigkeit Faserzementfassadenplatten mit einem üblichen Widerstand gegen Verwitterung und einem an Ausmaß und Intensität normalen Kreidungsprozess und zwar unabhängig davon, dass die Lebensdauer und der Wetterschutz der Fassadenplatten durch das Auskreiden nicht verringert wird. Maßgeblich ist hier, dass die mit der vertraglich geschuldeten Ausführung erreichbaren technischen Eigenschaften, die für die Funktion des Werkes von Bedeutung sind, durch die vertragswidrige Ausführung nicht erreicht werden und dadurch das optische Erscheinungsbild der Gebäude wesentlich leidet.
37 
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl. Ing. G. in seinem Gutachten vom 12. Juli 2005 (GU 1) und aus den dort vorhandenen Lichtbildern (GU 1, 17 bis 22, Anlage 2 Seiten 17/18) ist zu erkennen, dass die hellgelben Faserzementplatten gegenüber der ursprünglichen Farbgebung stark ausgebleicht sind. Die Faserzementplatten kreiden auch stark aus. Die Fassaden, die von allen vier Seiten gut einsehbar sind, stellen quasi die Visitenkarte des Bauwerks dar. Diese Ausbleichungen sind von der Straße aus deutlich zu sehen. Besonders auffällig sind die Verfärbungen vom Standpunkt des Betrachters auf Balkon oder Dachterrasse (GU 1, 24;).
38 
Wie der Sachverständige ausführt, haben die verwendeten Farben / Beschichtungen unterschiedliche Bindemittel; einerseits ist Reinacrylat, andererseits Acrylat-Styrol-Copolymer vorhanden. Acrylat-Styrol-Copolymer hat einen schlechteren Witterungsschutz als Reinacrylat. Beschichtungen auf der Basis von Reinacrylaten bieten gegenüber Beschichtungen auf Acrylat-Copolymerisat-Basis eine bessere Lichtechtheit, Glanz- und Farbhaltung und sind demgemäß beständiger gegen Kreiden als solche auf Acrylat-Copolymerisat-Basis. Beschichtungen von Faserzementplatten auf Acrylat-Copolymerisat-Basis haben sich am Bau nicht durchgesetzt (GU 1, 23, nebst Anlage 2 zum Gutachten; GU 2, 441 - 455; GU 3, 6 - 9; GU 4, 5 - 12). Das Kreiden von beschichteten Faserzementplatten stellt einen normalen Alterungsprozess dar; eine dauerhafte, nicht kreidende Beschichtung ist nicht herstellbar. Im vorliegenden Fall sind jedoch das Ausmaß und die Intensität der Kreidung in einem relativ kurzen Zeitraum von 1997 bis zur Gutachtenerstellung im Jahr 2005, d.h. innerhalb von 8 Jahren, ungewöhnlich. In der Regel ist bei einer dunkel beschichteten Faserzementplatte erst nach einer Standzeit von ca. 10 Jahren eine erste Farbveränderung aufgrund des Ausbleichens der Pigmentierung feststellbar, bei hellen Platten - wie hier vorliegend - sind diese Veränderungen sogar erst noch später erkennbar. Die Verwendung von Acrylat-Styrol-Copolymer als Bindemittel für die hellgelb gestrichenen Faserzementplatten stellen deshalb einen Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik dar (GU 2, 453; GU 3, 9 - 12; GU 4, 12 - 14). Diese Auffassung hat der Sachverständige Dipl. Ing. G. in der mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2007 nachvollziehbar und überzeugend bestätigt; nach einer Befragung bei verschiedenen Herstellern haben sich circa seit dem Jahr 1995 Syrolacrylate nicht bewährt. Werden hellgelbe oder hellblaue Farben verwandt, so ist dies mit einem Reinacrylat nicht herstellbar, bei Styrolacrylaten kommt es bei diesen Farben jedoch nach vier bis fünf Jahren zu Ausblühungen (vgl. Protokoll, AS 275 - 277, 281 - 285). Auch in der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2008 hat der Sachverständige seine Ausführungen nochmals bestätigt (Protokoll, AS 289 - 391).
39 
Die Mangelhaftigkeit der Faserzementfassadenplatten ergibt sich für das Gericht insbesondere aus der von der Beklagten im Rahmen des Umbaus gewählten besonderen Struktur und Farbwahl der Aufstockungswohnungen. Nach der Baubeschreibung sind die Wände mit Außenbeplankung durch Spanplatten mit vorgehängter, hinterlüfteter Fassade aus farbigen Faserzementplatten (asbestfrei) versehen (beigezogene Akte 10 OH 17/03, AS. 303, „Wände“). Diese Gestaltungsform ist auf den vom Sachverständigen gefertigten Bildern (GU 1, 18 ff.) sehr gut zu erkennen. Die in Farbe und Außenbeplankung besondere Gestaltung der Aufstockungswohnungen lenkt den Blick des Betrachters beim Anschauen des Gebäudes unweigerlich in den oberen Bereich. Die Aufstockungswohnungen liegen in einer Höhe zum Gesamtgebäude und nehmen einen so großen Anteil an der Gesamtfrontfläche des Gebäudes ein, dass die einfach gehaltene und gleichförmige Struktur der darunter liegenden Bestandswohnungsfrontfläche in den Hintergrund gedrängt wird. Die Aufstockungswohnungen sind demnach quasi als Blickfang für den gesamten Gebäudekomplex eingerichtet worden. Diese Lenkungsfunktion der Aufstockungswohnungen bewirkt und bezweckt dann - nach Auffassung des Gerichts - zugleich auch eine (beabsichtigte) Prägung des Gesamteindrucks des Gebäudes. Das Gesicht des Hauses wird durch die Farbe und die vorgehängte Fassade gestaltet. Besonders augenfällig wirkt dabei der helle Farbton; er erzeugt eine sonnige Farbstimmung, fügt das rundum modernisierte Gebäude mit den weiteren Gebäuden zu einem besonderen Ensemble und grenzt das Wohngebäude von seinem Umfeld ab. Die Farbwahl im oberen Teil des Gebäudes ist damit ein identitätsstiftendes Merkmal. Ist diese - für das Gebäude selbst und sein Einfügen in die Umgebung - zweifache, optische Prägung durch bauliche und farbliche Gestaltung bezweckt, so liegt ein Mangel bereits dann vor, wenn diese Prägung nicht dauerhaft bzw. in ihrer Entwicklung durch deutlich erkennbare Fleckenbildungen oder sehr schnelle Verfärbung unansehnlich wird. Gerade die helle Farbwahl hellt auch die Gesamtwirkung des Gebäudes auf. Die Farbe bringt Leben in das Gesicht des Gebäudes. Ihr Wechsel in ein dem Unterteil des Gebäudes entsprechendes Weiß oder Grau durch starkes Ausbleichen in unverhältnismäßig kurzer Zeit beseitigt das gewollte, freundliche Gepräge zu einem nicht mehr vertragsgemäßen Zeitpunkt. Die bezweckte Harmonie wird maßgeblich beeinträchtigt. Es liegt ein wesentlicher optischer Mangel vor.
40 
c) Luftdichtigkeitsebene
41 
Der Sachverständige Dipl. Ing. G. hat festgestellt, dass die Konstruktion des Wärmeschutzes nicht zu beanstanden ist. Jedoch fehlt die für eine Holzverbundkonstruktion notwendige Luftdichtheitsebene (GU 1, 26 - 33; GU 2, 467/469; GU 3, 18 - 21; GU 4, 22;).
42 
d) Blechrinne zwischen Balkon und Hauswand
43 
Der Sachverständige hat festgestellt, dass zwischen Balkonrahmen und dem Außenputz eine u-förmige Blechrinne sitzt, die mit einem beidseitig klebenden Band befestigt ist. Diese Rinne spielt jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Fraglich sei, so der Sachverständige, ob die angeklebte Rinne dauerhaft funktioniere (GU 1, 35; GU 3, 19; GU 4,22/23). Dass das Ankleben nicht dauerhaft funktioniert und auf welche Dauer eine solche Rinne üblicherweise angelegt sein muss, hat der Sachverständige nicht hinreichend ausgeführt. Die Klebewirkung soll nach 3 bis 5 Jahren erheblich nachlassen (GU 2, 471). Dass durch ein solches Nachlassen der Klebewirkung die Haftung der Rinne entfällt, ist nicht ersichtlich. Es ist nicht vorgetragen und ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten, dass sämtliche Rinnen zum Zeitpunkt der Begutachtung, d.h. 8 Jahre nach der Erstellung abgefallen wären oder sich maßgeblich gelockert hätten (vgl. GU 4, 23). Für das Gericht ist daher nicht erkennbar, dass es sich insoweit um einen Mangel des Bauwerks handelt.
44 
e) Roste der Balkone und Wasserspeier
45 
Der Sachverständige hat in seinem Gutachten festgestellt, dass die Entwässerung der Balkone durch Rinnen erfolgt, die der regelmäßigen Kontrolle bedürfen, da sie sich insbesondere im Herbst schnell zusetzen können. Der größere der beiden Abdeckungsroste wiegt ca. 40 kg, sodass eine einfache Reinigung und Kontrolle nicht möglich ist. Ein 40 kg schwerer Balkonrost ist für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung zu schwer, um ihn anzuheben und seitlich hinzustellen, damit gereinigt werden kann. Abhilfe kann durch eine Halbierung der Roste erfolgen. (GU 1, 36 - 40; GU 2, 475/477; GU 3, 20/21; GU 4, 23; ).
46 
Die unteren Balkone werden durch Spritzwasser infolge zu kurzer Wasserspeier beeinträchtigt (GU 1, 36 - 40). Dass ein zu kurzer Wasserspeier einen Mangel an den Balkonen darstellt, hat auch die Beklagte zugestanden (AS. 91)
47 
4. Die Klägerin hat einen Anspruch auf vollumfängliche, dauerhafte Mängelbeseitigung. Hinsichtlich der Faserzementplatten ist dies entweder durch einen Austausch der Platten, oder durch eine Neubeschichtung nach vollständiger Beseitigung der vorhandenen Beschichtungen möglich.
48 
Eine Neubeschichtung der kreidenden Fassadenplatten mit einer Beschichtung auf Reinacrylatbasis ohne vorherige vollständige Beseitigung der vorhandenen Beschichtung scheidet als zweckmäßige und dauerhafte Mängelbeseitigung aus, da über die an den Gebäuden vorhandenen Beschichtungen keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen. Auch kann durch eine Änderung des Feuchteaufnahme- und Abgabeverhaltens der Oberflächen es zu einer anschließenden Rissbildung der Fassadenplatten kommen. (GU 2, 459- 461, 465; GU 4, 14 - 17; GU 6, 4 - 11). Diese Auffassung hat der Sachverständige Dipl. Ing. G. in der mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2007 nachvollziehbar und überzeugend bestätigt (Protokoll, AS 279 - 281, 285 - 289).
49 
Die einzige Möglichkeit, die Beschichtung zu entfernen, ist das CP/Joos-Verfahren, ein Trocken- bis Feuchtstrahlverfahren (GU 5, 4 - 11; GU 6, 7 - 9). Dieses Vorgehen hat der Sachverständige nach den Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2009 nochmals für das Gericht nachvollziehbar und überzeugend dargelegt; wesentlicher Grund für die Notwendigkeit der vollständigen Entfernung der Beschichtungen sind demnach die unterschiedlichen - normal gehärteten oder dampfgehärteten - Zementplatten. Die Unkenntnis des Untergrundes setzt sich in der Unkenntnis über die genaue Beschichtung fort (vgl. Protokoll, AS 383 - 387).
50 
Eine Verwendung von Silikonharzfarben, wodurch die Problematik der unterschiedlichen vier Parameter - zwei unterschiedliche Zementplatten und zwei unterschiedliche Beschichtungen - ohne Bedeutung sein könnten, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2008 vortrug (Protokoll, AS. 391), wurde in zwei weiteren Gutachten (GU 7 und GU 8) als Lösungsvariante verworfen. Der Sachverständige Dr. L. hat am 10. Dezember 2008 ausgeführt, dass hochwertige Silikonharzfarben auf allen mineralischen Untergründen und allen tragfähigen Fassadenbeschichtungen aufgetragen werden können. Eine Überarbeitung einer mit einer „echten“ Silikonharzfarbe gestrichenen Fassade ist - abhängig von der Lage und der Bewitterungsintensität - in einem Zeitraum von zehn bis zwanzig Jahren erforderlich. Eine pauschale Beantwortung der Frage der Überarbeitbarkeit der streitgegenständlichen Faserzementplatten mit „Silikonharzfarbe“ ist jedoch nicht möglich, da Silikonharzfarben hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und ihres Bindemittelanteils nicht genau definiert sind (GU 8, 2/3 - AH 863/865). Damit ist ein Nachweis, wie die Farben auf den unterschiedlichen Untergründen reagieren und ob sie dauerhaft auf diesen Untergründen halten, nicht möglich; Silikonharzfarben können auf den streitgegenständlichen Faserzementplatten nicht einheitlich verwendet werden (GU 7, 1 - AS 411).
51 
In der mündlichen Verhandlung vom 06. Mai 2009 haben die beiden Sachverständigen ihre Auffassungen zur Verwendung von Silikonharzfarben als Neubeschichtung ohne vorherige, vollständige Beseitigung der vorhandenen Beschichtungen nochmals überzeugend bestätigt. In den streitgegenständlichen Objekten haben die verwendeten Faserzementplatten ein- und zweischichtige Beschichtungen. Bei der zweischichtigen Beschichtung ist zuoberst ein bereits teilweise abgebautes Styrolacrylat, weshalb eine Silikonharzfarbe darauf nicht gleichmäßig haftet. Gleiches gilt für eine einschichtige Beschichtung mit Styrolacrylat. Liegt eine einschichtige Beschichtung mit Reinacrylat vor, so wäre eine Beschichtung mit Silikonharzfarbe durchgängig möglich. Maßgeblich ist jedoch, dass der Untergrund bei Styrolacrylaten nicht mehr einheitlich ist, weshalb auch die neue Farbe darauf nicht einheitlich haftet. Eine Silikonharzfarbe auf dem nicht einheitlichen Untergrund haftet dabei ca. zwei bis drei Jahre, bevor die Probleme erkennbar werden (Protokoll, AS. 435 - 443).
52 
Soweit die Beklagte zum Nachweis der Richtigkeit ihrer Behauptung der Verwendbarkeit von Silikonharzfarben an den streitgegenständlichen Gebäuden auf ein Gutachten Prof. O. verweist und den Sachverständigen bei der Anhörung dieses Gutachten mehrfach vorhält, hat auf Nachfrage des Gerichts der Beklagtenvertreter es in der mündlichen Verhandlung abgelehnt, dieses Gutachten dem Gericht vorzulegen (Protokoll, AS. 439). Eine sachgerechte Auseinandersetzung der Sachverständigen oder des Gerichts mit diesem Gutachten war daher nicht möglich.
53 
5. Das Gericht schätzt auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten die voraussichtlichen Kosten für die Mängelbeseitigung auf brutto EUR 121.600,-.
54 
a) Für das Podest stehen der Klägerin aus oben dargelegten Gründen keine Mängelbeseitigungskosten zu.
55 
b) Der Sachverständige hat die Kosten für die Mängelbeseitigung durch Neuerrichtung der Fassadenplatten mit brutto EUR 210.000,- ermittelt (GU 1, 25). Eine gleichwertige Mängelbeseitigung durch nachträgliche Neubeschichtung ist jedoch bei vollständiger Beseitigung der vorhandenen Beschichtung nach dem CP/Joos-Verfahren möglich; den Aufwand hierfür hat der Sachverständige für das Gericht nachvollziehbar mit brutto EUR 111.000,- errechnet (GU 1, 25; GU 3, 12 - 17; GU 4, 17 - 21; GU 5, 7/8 und 9/10), sodass dieser Betrag bei der Mängelbeseitigung anzusetzen ist.
56 
c) Die Kosten für den Einbau einer Luftdichtheitsebene hat der Sachverständige mit brutto EUR 8.600,- (GU 1, 33), bzw. bei Entbehrlichkeit des Austauschs der Fassadenplatten auf EUR 9.600,- (GU 5, 8) geschätzt.
57 
d) Für die Blechrinne stehen der Klägerin aus oben dargelegten Gründen keine Mängelbeseitigungskosten zu.
58 
e) Die Kosten für die Teilung der Roste und das Verlängern der Wasserspeier hat der Sachverständige mit EUR 2.000,- brutto geschätzt (GU 1, 40).
59 
6. Das Gericht hält im vorliegenden Fall einen Abzug „neu für alt“ für den Zeitraum von der Fertigstellung im Jahr 1997 bis zur Rüge im Januar 2003, d.h. für fünf Jahre, für gerechtfertigt. Bei einer Nutzungsdauer der Beschichtung für Faserzementplatten von bis zu 15 Jahren ergibt sich ein Vorteil im Umfang von 30 % bzw. von EUR 33.300,-.
60 
Durch die zu späterer Zeit erfolgende Nachbesserung wird die Nutzungsdauer für die Fassadenplatten um mehrere Jahre verlängert. Dies ist bei der Berechnung des Kostenvorschussanspruchs zu berücksichtigen, weil die Klägerin sonst durch die Gewährleistung ungerechtfertigt besser gestellt würde.
61 
Eine Anrechnung kommt allerdings dann nicht in Betracht, wenn diese Vorteile ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruhen und sich der Auftraggeber jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, in BGHZ 91, 206 m.w.N.) Etwas anderes gilt nach Auffassung des Gerichts ausnahmsweise, wenn sich die Mängel erst verhältnismäßig spät ausgewirkt haben und der Auftraggeber bis dahin keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste. In solchen Fällen ist es nach Treu und Glauben geboten, die mit der Nachbesserung erzielte längere Lebensdauer sowie den ersparten Instandhaltungsaufwand anspruchsmindernd zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 01. März 2001 - VII ZR 392/00, in BauR 2002, 86; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11. Dezember 2001 - 21 U 92/01, in BauR 2002, 802, 804).
62 
Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier vor. Die Klägerin zog bis zur Mängelrüge vom Januar 2003 den gleichen Nutzen aus dem mangelhaften Werk, wie aus einem mangelfreien. Erst seit dem Hervortreten der Mängel gegen Ende des Jahres 2002 und der Rüge vom Januar 2003 ist eine Verzögerung der Nachbesserungsarbeiten eingetreten. In einem solchen Fall ist es angebracht, für die um fünf Jahre längere Lebensdauer einen Abzug „neu für alt“ vorzunehmen. Insoweit ist von der vom Sachverständigen angegebenen Nutzungsdauer von bis zu 15 Jahren auszugehen (GU 2, 20; Protokoll, AS 387). Warum der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung bei einer Nutzungsdauer von 15 Jahren für das Jahr 2003, d.h. 5 bzw. 6 Jahren nach der Errichtung, bereits einen Abzug von 50 %, für das Jahr 2008, d.h. nach 9 Jahren, mit 70 % ansetzt (Protokoll, AS 387), erschließt sich für das Gericht nicht. Der dem Gericht vorliegende Kaufvertrag wurde im August 1997 geschlossen, die Mängel, die Grund der Mängelrüge vom Januar 2003 waren, traten demgemäß Ende 2002 und damit ca. 5 Jahre nach Beginn der Nutzung auf. Der Abzug neu für alt beläuft sich demgemäß auf 30 % der Neuherstellungskosten von EUR 111.000,-. Die Höhe des Abzugs hinsichtlich der Fassadenplatten schätzt das Gericht somit auf EUR 33.300,- (vgl. zum Abzug „neu für alt“ für Anstriche auch OLG Hamm, Urteil vom 20. Januar 1993 - 26 U 6/92, in NJW-RR 1993, 1236) .
63 
7. Der Kostenvorschussklage der Wohnungseigentümergemeinschaft kann die Beklagte nicht restliche, zurückgehaltene Vergütungsansprüche, die ihr gegen einzelne Wohnungseigentümer zustehen, entgegenhalten; auch scheidet eine Aufrechnung aus (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 291/90, in NJW 1992, 435; OLG Karlsruhe, Urteil vom 01. Februar 1989 - 7 U 279/87, in BauR 19990, 622).
64 
8. Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 19. Juni 2009 über die Stellungnahme zum Beweisergebnis hinaus nunmehr die Einholung weiterer Sachverständigengutachten bzw. Zeugenvernehmungen beantragt, ist dieser Vortrag verspätet (§ 296 a ZPO). Ein Schriftsatzrecht nach § 283 ZPO war der Beklagten nicht eingeräumt worden; sie hatte lediglich die Möglichkeit zum Ergebnis der Beweisaufnahme vorzutragen (§ 285 ZPO).
65 
Anlass für eine Wiedereröffnung des Verfahrens nach § 156 ZPO besteht nicht. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor.
66 
Am 12. August 2003 wurde beim Landgericht Karlsruhe Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahren gegen die Beklagte wegen verschiedenen Mängeln am Gemeinschaftseigentum der Eigentumswohnanlage Rhode-Island-Allee 85-95 gestellt. Das Gutachten vom 12. Juli 2005 (GU 1) wurde am 06. April 2006 (GU 2), am 09. Oktober 2006 (GU 3) und am 23. April 2007 ergänzt (GU 4). Der Sachverständige Dipl. Ing. G. hat während des Rechtsstreits weitere schriftliche Gutachten erstattet am 28. Januar 2008 (GU 5), am 27. Mai 2008 (GU 6), sowie am 23. Januar 2009 (GU 7). Der Sachverständige Dr. L. hat am 10. Dezember 2008 ein Gutachten erstattet (GU 8). Das Gericht hat verhandelt am 15. Oktober 2007 (AS 275 - 293), am 12. September 2008 (AS 303 - 293) und am 06. Mai 2009 (AS. 435 - 445), jeweils mit Erläuterung der Gutachten durch die Sachverständigen.
67 
Seit den ersten Anhörungen der Sachverständigen im Jahr 2007 durch das Gericht wurde die Frage erörtert, ob und inwieweit die Fassadenplatten mangelbehaftet sind, bzw. auf welche Art und Weise eine Mangelbehebung in Betracht kommt. Nach den letzten schriftlichen Ausführungen der Gutachter vom Dezember 2008 (GU 8) hat das Gericht mit Beschluss vom 13. Januar 2009 den Parteien aufgegeben, zum Gutachten Dr. L. Stellung zu nehmen und Fragen schriftsätzlich anzukündigen (AS. 409). Nach der Ergänzung des Sachverständigen Dipl Ing. G. vom 23. Januar 2009 (AS. 411) erhielten die Parteien mit Verfügung vom 26. Januar 2009 wiederum Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Beklagte beantragte daraufhin in ihrer Stellungnahme die Anhörung der Sachverständigen (AS 417 ff).
68 
In ihrer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Beklagte nunmehr auf der Grundlage der vorherigen Beweisaufnahmen die dort bereits erörterten Fragen zur Überstreichbarkeit der Fassadenplatten wiederholt. Sie beantragt weitere Beweiserhebungen durch Sachverständigengutachten und Zeugenvernehmungen zu ihren Behauptungen, dass die vorhandenen Beschichtungen überstrichen werden und Farbbrillanz und Ton für die Dauer von 15 bis 20 Jahren erhalten werden könnten (AS. 461), dass positive Erfahrungswerte seit mehr als 20 Jahren bestünden (AS. 461), dass dieses Ziel kostengünstig mit einer Neubeschichtung erreicht werden könne (AS. 463), dass der Mix der Faserzementfassadenplatten für die Frage der Behebung der optischen Mängel irrelevant sei (AS. 463), dass das Kreiden der Platten andere Ursachen haben könne (AS. 463), dass ein Zersetzungsprozess der Beschichtung unterhalb der festanhaftenden Überholungsbeschichtung technisch nicht darstellbar sei (AS. 465), dass es keinen Unterschied mache, ob und inwieweit für eine Überholungsbeschichtung auf der kreidenden Altbeschichtung nach der fachgerechten Untergrundvorbereitung wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe oder lösemittelhaltige Systeme verwendet werden (AS. 465), dass das Kreiden durch verschiedene Faktoren verursacht sein könne (AS. 467), dass normativ festgelegte Anforderungen an den Kreidungsgrad einer Beschichtung nicht existierten (AS. 467) und die Neugestaltung von Fassadenverkleidungen durch eine neue Beschichtung anerkannte Regel der Technik im maler- und Lackierhandwerk sei (AS. 469).
69 
Sämtliche diese Fragen hätte die Beklagte, soweit sie nicht bereits gestellt wurden, auch zu den schriftlichen Gutachten bzw. zur Vorbereitung der Anhörung der Sachverständigen oder bei der Anhörung der Sachverständigen stellen können. Gelegenheit hatte sie dazu über nunmehr fast vier Jahre des Prozessierens um diesen Fragenkomplex mehr als ausreichend. Auch hätten sämtliche Zeugenangebote, unterstellt das Gericht wäre ihnen aufgrund ausreichend konkreten, bestrittenen und entscheidungserheblichem Tatsachenvortrags gefolgt, bereits seit langer Zeit, zumindest aber vor der letzten mündlichen Verhandlung vom 06. Mai 2009 erfolgen können. Warum die Beklagte dies nicht tat, hat sie auf die Rüge der Verspätung der Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Sie flüchtet sich in pauschale Erklärung, diese Erkenntnisse habe sie erst nach der letzten mündlichen Verhandlung vom 06. Mai 2009 gewonnen. Wie sie jedoch selbst zutreffend ausführte, ist die Problematik des Farbanstrichs als Mängelbeseitigung bereits seit dem Jahr 2007 zwischen den Parteien im Streit (AS. 487/489) und wird hierzu vom Gericht Beweis erhoben. Das Ergebnis der sachverständigen Feststellungen lag eben nicht erst am 06. Mai 2009, sondern bereits zuvor nach den schriftlichen Gutachten und verschiedenen Anhörungen der Sachverständigen vor.
70 
Die neuen Verteidigungsmittel der Beklagten sind demnach verspätet (§ 296 a ZPO).
71 
9. Somit errechnet sich ein Anspruch der Klägerin auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung in Höhe von insgesamt EUR 88.300,- (Mängelbeseitigungskosten EUR 121.600,- abzüglich EUR 33.300,- „neu für alt“). Die weiter gehende Klage war abzuweisen.
III.
72 
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus §§ 709, 108 ZPO.

Gründe

 
22 
Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I.
23 
Gegen die Prozessführungsbefugnis der Wohnungseigentümergemeinschaft der Eigentumswohnanlage ergeben sich wegen des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung vom 25. Oktober 2005 keine Bedenken. Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann durch Mehrheitsbeschluss die Durchsetzung der auf die ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechte der Erwerber von Wohnungseigentum wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums an sich ziehen. Macht sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, begründet dies ihre alleinige Zuständigkeit. Im Gerichtsverfahren tritt die Wohnungseigentümergemeinschaft als gesetzlicher Prozessstandschafter auf (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2007 - VII ZR 236/05, in BGHZ 172, 42 ff = Baurecht 2007, 1221 ff.). Der von der Beklagten ursprünglich erhobene Einwand fehlender Prozessführungsbefugnis (AS. 61 ff), wurde nach der Rubrumsberichtigung vom 07. August 2007 nicht mehr aufrecht erhalten (AS. 259). Das Rubrum war wegen äußerlich unrichtiger Bezeichnung der Parteien zu berichtigen, da als Rechtssubjekt nach dem objektiven Sinn hier die Wohnungseigentümergemeinschaft als Partei anzusehen ist (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 26. April 2007 - VII ZR 210/05, a.a.O., m.w.N.)
II.
24 
Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung am Gemeinschaftseigentum in Höhe von EUR zu (§ 633 Abs. 3 BGB a.F. in Verbindung mit den Kaufverträgen).
25 
1. Auf die Kaufverträge aus dem Jahr 1997 sind die Vorschriften des BGB in der Fassung vor dem Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 anzuwenden (Art. 229 § 5 EGBGB).
26 
2. Auf die als „Kaufverträge“ bezeichneten Verträge ist das Werkvertragsrecht anzuwenden. Beim Erwerb von Altbauten ist Werkvertragsrecht anwendbar, wenn der Erwerb des Grundstücks mit einer Herstellungsverpflichtung verbunden ist. Übernimmt der Veräußerer vertraglich Bauleistungen, die insgesamt nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar sind, haftet er nicht nur für die ausgeführten Umbauarbeiten, sondern auch für die in diesem Bereich vorhandene Altbausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertrags. Ohne Bedeutung ist es, ob die Parteien den Vertrag als Kaufvertrag und sich selbst als Käufer und Verkäufer bezeichnet haben. Dies gilt auch dann, wenn die vom Veräußerer übernommenen Arbeiten vor Vertragsschluss bereits ausgeführt wurden (vgl. BGH, Urteil vom 26. April 2007 - VII ZR 210/05, a.a.O., m.w.N.der Rechtsprechung).
27 
Im vorliegenden Fall haftet die Beklagte nach diesen Grundsätzen für Sachmängel der gesamten Bausubstanz nach den Gewährleistungsregeln des Werkvertragsrechts. Die Beklagte hat sich in den Verträgen mit den Erwerbern aller Wohnungen zu umfangreichen Maßnahmen verpflichtet, die dem gesamten, zuvor als Wohngebäude der amerikanischen Streitkräfte genutzten Objekt (AH 281) einen neuen Charakter gaben. Dazu dienten sowohl umfangreiche Renovierungs- und Modernisierungsarbeiten im Altbaubestand als vor allem auch die Aufstockung mit weiteren Geschossen (vgl. zu den umfangreichen Arbeiten die Baubeschreibungen für Bestand- und Aufstockungswohnungen, beigezogene Akte 10 OH 17/03, AS 267 - 321). Derartige Arbeiten sind sowohl aus der Sicht der Erwerber der Wohnungen in den neuen Obergeschossen als auch der übrigen Erwerber derart umfassend, dass sie nach Umfang und Bedeutung Neubauarbeiten vergleichbar sind und die Anwendung des Werkvertragsrechts auf Mängel der gesamten Bausubstanz rechtfertigen. Das ergibt sich zunächst daraus, dass die oberen Stockwerke vollständig neu errichtet sind. Der Umstand, dass die Obergeschosse auf den Altbau aufsetzen und dessen Substanz und Installationen für die Funktionsfähigkeit der Wohnungen eine Rolle spielen, nimmt diesen Wohnungen nicht den Charakter von Neubauwohnungen. Darüber hinaus ist der Altbaubestand einer umfangreichen Modernisierung unterzogen worden. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die Baumaßnahmen für das gesamte Gebäude technisch und funktional aufeinander abgestimmt sein müssen. So sind die Maßnahmen zur Aufstockung der Obergeschosse von wesentlicher Bedeutung für das Gesamtbauwerk, z.B. in statischer Hinsicht wie auch für den Schutz durch das neue Dach. Auch sonstige weitere Maßnahmen, wie z.B. der Heizungs- und Sanitärtechnik, können nicht isoliert beurteilt werden.
28 
Im Übrigen ist das Werkvertragsrecht in den Kaufverträgen auch ausdrücklich als die zwischen den Parteien maßgebliche Gewährleistungsbestimmung geregelt worden (vgl. § 9 Abs. 3 der Kaufverträge, AH 277 ff, hier: AH 295; beigezogene Akte 10 OH 17/03, AH 29).
29 
3. Bei dem von der Beklagten errichteten bzw. modernisierten Gemeinschaftseigentum liegen Mängel bei den Faserzementfassadenplatten (sub.b), der Luftdichtigkeit (sub.c), sowie an den Rosten (sub. e) vor; kein Mangel besteht am Podest (sub. a) und wegen der Blechrinne zwischen Balkon und Hauswand (sub. d).
30 
Nach § 633 BGB a.F. ist ein Unternehmer verpflichtet, das Werk so herzustellen, dass es die zugesicherten Eigenschaften hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit nach dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern. Der Baumangel setzt demnach voraus, dass die Istbeschaffenheit der Werkleistung hinter der Sollbeschaffenheit zurückbleibt und dadurch der Wert und/oder die Gebrauchstauglichkeit des Werks beeinträchtigt wird (vgl. Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Auflage, 2008, Rn 1453). Eine Beeinträchtigung des nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauchs liegt u.a. dann vor, wenn die mit der vertraglich geschuldeten Ausführung erreichbaren technischen Eigenschaften, die für die Funktion des Werkes von Bedeutung sind, durch die vertragswidrige Ausführung nicht erreicht werden und damit die Funktion des Werkes gemindert ist (vgl. BGH, Urteil vom 09. Januar 2003 - VII ZR 181/00, in BGHZ 153, 279). Der Unternehmer hat die Entstehung eines mangelfreien, zweckgerechten Werkes zu gewährleisten. Entspricht seine Leistung nicht diesen Anforderungen, so ist sie fehlerhaft, und zwar unabhängig davon, ob die anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 19. Januar 1995 - VII ZR 131/93, in NJW-RR 1995, 472).
31 
Ausweislich der vorliegenden Kaufverträge handelt es sich bei den streitgegenständlichen Wohngebäuden um ehemals von den amerikanischen Streitkräften genutzte Wohngebäude, die durch die Beklagte umgebaut bzw. modernisiert wurden (AH§ 1 Abs. 1, Abs. 6 Kaufvertrag - AH 281/283 und Baubeschreibungen in der beigezogenen Akte 10 OH 17/03, AS 267 - 321). Die Beklagte hatte demnach umfassende Arbeiten an den Gebäuden vorzunehmen. An der auf Dauer angelegten Zweckbestimmung der Arbeiten bestehen nach den Umständen für das Gericht keine Zweifel. Die Beklagte wollte die Gebäude im Rahmen des von ihr geplanten Umbaus grundlegend renovieren und die so geschaffenen Wohneinheiten verkaufen. Die Käufer sollten dabei nicht nur ein Provisorium, sondern eine dauerhafte Gebäudeanlage erhalten; die Dauerhaftigkeit war zwischen den Parteien vereinbart.
32 
a) Podest
33 
Durch den Austausch defekter Betonsteinwerkplatten auf dem Podest vor dem parkseitigen Hauszugang ergibt sich, wie auf den Lichtbildern gut zu erkennen ist, ein deutlicher Farbunterschied zwischen alten und neuen Betonsteinwerkplatten. Neue Betonwerksteinplatten sind nach den Feststellungen des Sachverständigen grundsätzlich nicht in der Farbe der alten Platten zu erhalten (GU 1, 6 - 15). Dieser Farbunterschied lässt sich nur dadurch beseitigen, dass - nach den Ausführungen des Sachverständigen - die Betonsteinwerkplatten insgesamt ausgetauscht werden (GU 1, 16; GU 3, 4/5; GU 4, 4; ). Ein Mangel des Bauwerks liegt indes insoweit nicht vor.
34 
Aus der Allgemeinen Baubeschreibung ergibt sich keine Forderung über eine Erneuerung der Treppenläufe (vgl. beigezogene Akte 10 OH 17/03, AS 269, „Treppenhäuser“). Insoweit handelt es sich bei den alten Treppenläufen um nicht renovierte Altbausubstanz. Nach § 9 Abs. 2 des Kaufvertrages erwirbt der Käufer das Objekt so wie es steht und liegt (AH 293). Die Treppenläufe sind durch jahrelangen Gebrauch und Reinigen stark verfärbt. Sind durch die Beklagte einzelne Platten wegen deren Schadhaftigkeit bzw. wegen Beseitigung eines Fußabstreifers ausgetauscht worden, so liegt es in der Natur der Sache, dass sich die daneben liegenden alten, ausgewaschenen Platten farblich deutlich abheben. Ist eine Erneuerung der Treppenläufe nicht geschuldet und repariert die Beklagte defekte Platten, so ist sie nicht verpflichtet, für einen optimalen Gesamteindrucks zugleich sämtliche Platten auszutauschen.
35 
b) Faserzementfassadenplatten
36 
Geschuldet sind von der Beklagten im Hinblick auf die oben dargestellte Dauerhaftigkeit Faserzementfassadenplatten mit einem üblichen Widerstand gegen Verwitterung und einem an Ausmaß und Intensität normalen Kreidungsprozess und zwar unabhängig davon, dass die Lebensdauer und der Wetterschutz der Fassadenplatten durch das Auskreiden nicht verringert wird. Maßgeblich ist hier, dass die mit der vertraglich geschuldeten Ausführung erreichbaren technischen Eigenschaften, die für die Funktion des Werkes von Bedeutung sind, durch die vertragswidrige Ausführung nicht erreicht werden und dadurch das optische Erscheinungsbild der Gebäude wesentlich leidet.
37 
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dipl. Ing. G. in seinem Gutachten vom 12. Juli 2005 (GU 1) und aus den dort vorhandenen Lichtbildern (GU 1, 17 bis 22, Anlage 2 Seiten 17/18) ist zu erkennen, dass die hellgelben Faserzementplatten gegenüber der ursprünglichen Farbgebung stark ausgebleicht sind. Die Faserzementplatten kreiden auch stark aus. Die Fassaden, die von allen vier Seiten gut einsehbar sind, stellen quasi die Visitenkarte des Bauwerks dar. Diese Ausbleichungen sind von der Straße aus deutlich zu sehen. Besonders auffällig sind die Verfärbungen vom Standpunkt des Betrachters auf Balkon oder Dachterrasse (GU 1, 24;).
38 
Wie der Sachverständige ausführt, haben die verwendeten Farben / Beschichtungen unterschiedliche Bindemittel; einerseits ist Reinacrylat, andererseits Acrylat-Styrol-Copolymer vorhanden. Acrylat-Styrol-Copolymer hat einen schlechteren Witterungsschutz als Reinacrylat. Beschichtungen auf der Basis von Reinacrylaten bieten gegenüber Beschichtungen auf Acrylat-Copolymerisat-Basis eine bessere Lichtechtheit, Glanz- und Farbhaltung und sind demgemäß beständiger gegen Kreiden als solche auf Acrylat-Copolymerisat-Basis. Beschichtungen von Faserzementplatten auf Acrylat-Copolymerisat-Basis haben sich am Bau nicht durchgesetzt (GU 1, 23, nebst Anlage 2 zum Gutachten; GU 2, 441 - 455; GU 3, 6 - 9; GU 4, 5 - 12). Das Kreiden von beschichteten Faserzementplatten stellt einen normalen Alterungsprozess dar; eine dauerhafte, nicht kreidende Beschichtung ist nicht herstellbar. Im vorliegenden Fall sind jedoch das Ausmaß und die Intensität der Kreidung in einem relativ kurzen Zeitraum von 1997 bis zur Gutachtenerstellung im Jahr 2005, d.h. innerhalb von 8 Jahren, ungewöhnlich. In der Regel ist bei einer dunkel beschichteten Faserzementplatte erst nach einer Standzeit von ca. 10 Jahren eine erste Farbveränderung aufgrund des Ausbleichens der Pigmentierung feststellbar, bei hellen Platten - wie hier vorliegend - sind diese Veränderungen sogar erst noch später erkennbar. Die Verwendung von Acrylat-Styrol-Copolymer als Bindemittel für die hellgelb gestrichenen Faserzementplatten stellen deshalb einen Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik dar (GU 2, 453; GU 3, 9 - 12; GU 4, 12 - 14). Diese Auffassung hat der Sachverständige Dipl. Ing. G. in der mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2007 nachvollziehbar und überzeugend bestätigt; nach einer Befragung bei verschiedenen Herstellern haben sich circa seit dem Jahr 1995 Syrolacrylate nicht bewährt. Werden hellgelbe oder hellblaue Farben verwandt, so ist dies mit einem Reinacrylat nicht herstellbar, bei Styrolacrylaten kommt es bei diesen Farben jedoch nach vier bis fünf Jahren zu Ausblühungen (vgl. Protokoll, AS 275 - 277, 281 - 285). Auch in der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2008 hat der Sachverständige seine Ausführungen nochmals bestätigt (Protokoll, AS 289 - 391).
39 
Die Mangelhaftigkeit der Faserzementfassadenplatten ergibt sich für das Gericht insbesondere aus der von der Beklagten im Rahmen des Umbaus gewählten besonderen Struktur und Farbwahl der Aufstockungswohnungen. Nach der Baubeschreibung sind die Wände mit Außenbeplankung durch Spanplatten mit vorgehängter, hinterlüfteter Fassade aus farbigen Faserzementplatten (asbestfrei) versehen (beigezogene Akte 10 OH 17/03, AS. 303, „Wände“). Diese Gestaltungsform ist auf den vom Sachverständigen gefertigten Bildern (GU 1, 18 ff.) sehr gut zu erkennen. Die in Farbe und Außenbeplankung besondere Gestaltung der Aufstockungswohnungen lenkt den Blick des Betrachters beim Anschauen des Gebäudes unweigerlich in den oberen Bereich. Die Aufstockungswohnungen liegen in einer Höhe zum Gesamtgebäude und nehmen einen so großen Anteil an der Gesamtfrontfläche des Gebäudes ein, dass die einfach gehaltene und gleichförmige Struktur der darunter liegenden Bestandswohnungsfrontfläche in den Hintergrund gedrängt wird. Die Aufstockungswohnungen sind demnach quasi als Blickfang für den gesamten Gebäudekomplex eingerichtet worden. Diese Lenkungsfunktion der Aufstockungswohnungen bewirkt und bezweckt dann - nach Auffassung des Gerichts - zugleich auch eine (beabsichtigte) Prägung des Gesamteindrucks des Gebäudes. Das Gesicht des Hauses wird durch die Farbe und die vorgehängte Fassade gestaltet. Besonders augenfällig wirkt dabei der helle Farbton; er erzeugt eine sonnige Farbstimmung, fügt das rundum modernisierte Gebäude mit den weiteren Gebäuden zu einem besonderen Ensemble und grenzt das Wohngebäude von seinem Umfeld ab. Die Farbwahl im oberen Teil des Gebäudes ist damit ein identitätsstiftendes Merkmal. Ist diese - für das Gebäude selbst und sein Einfügen in die Umgebung - zweifache, optische Prägung durch bauliche und farbliche Gestaltung bezweckt, so liegt ein Mangel bereits dann vor, wenn diese Prägung nicht dauerhaft bzw. in ihrer Entwicklung durch deutlich erkennbare Fleckenbildungen oder sehr schnelle Verfärbung unansehnlich wird. Gerade die helle Farbwahl hellt auch die Gesamtwirkung des Gebäudes auf. Die Farbe bringt Leben in das Gesicht des Gebäudes. Ihr Wechsel in ein dem Unterteil des Gebäudes entsprechendes Weiß oder Grau durch starkes Ausbleichen in unverhältnismäßig kurzer Zeit beseitigt das gewollte, freundliche Gepräge zu einem nicht mehr vertragsgemäßen Zeitpunkt. Die bezweckte Harmonie wird maßgeblich beeinträchtigt. Es liegt ein wesentlicher optischer Mangel vor.
40 
c) Luftdichtigkeitsebene
41 
Der Sachverständige Dipl. Ing. G. hat festgestellt, dass die Konstruktion des Wärmeschutzes nicht zu beanstanden ist. Jedoch fehlt die für eine Holzverbundkonstruktion notwendige Luftdichtheitsebene (GU 1, 26 - 33; GU 2, 467/469; GU 3, 18 - 21; GU 4, 22;).
42 
d) Blechrinne zwischen Balkon und Hauswand
43 
Der Sachverständige hat festgestellt, dass zwischen Balkonrahmen und dem Außenputz eine u-förmige Blechrinne sitzt, die mit einem beidseitig klebenden Band befestigt ist. Diese Rinne spielt jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Fraglich sei, so der Sachverständige, ob die angeklebte Rinne dauerhaft funktioniere (GU 1, 35; GU 3, 19; GU 4,22/23). Dass das Ankleben nicht dauerhaft funktioniert und auf welche Dauer eine solche Rinne üblicherweise angelegt sein muss, hat der Sachverständige nicht hinreichend ausgeführt. Die Klebewirkung soll nach 3 bis 5 Jahren erheblich nachlassen (GU 2, 471). Dass durch ein solches Nachlassen der Klebewirkung die Haftung der Rinne entfällt, ist nicht ersichtlich. Es ist nicht vorgetragen und ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten, dass sämtliche Rinnen zum Zeitpunkt der Begutachtung, d.h. 8 Jahre nach der Erstellung abgefallen wären oder sich maßgeblich gelockert hätten (vgl. GU 4, 23). Für das Gericht ist daher nicht erkennbar, dass es sich insoweit um einen Mangel des Bauwerks handelt.
44 
e) Roste der Balkone und Wasserspeier
45 
Der Sachverständige hat in seinem Gutachten festgestellt, dass die Entwässerung der Balkone durch Rinnen erfolgt, die der regelmäßigen Kontrolle bedürfen, da sie sich insbesondere im Herbst schnell zusetzen können. Der größere der beiden Abdeckungsroste wiegt ca. 40 kg, sodass eine einfache Reinigung und Kontrolle nicht möglich ist. Ein 40 kg schwerer Balkonrost ist für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung zu schwer, um ihn anzuheben und seitlich hinzustellen, damit gereinigt werden kann. Abhilfe kann durch eine Halbierung der Roste erfolgen. (GU 1, 36 - 40; GU 2, 475/477; GU 3, 20/21; GU 4, 23; ).
46 
Die unteren Balkone werden durch Spritzwasser infolge zu kurzer Wasserspeier beeinträchtigt (GU 1, 36 - 40). Dass ein zu kurzer Wasserspeier einen Mangel an den Balkonen darstellt, hat auch die Beklagte zugestanden (AS. 91)
47 
4. Die Klägerin hat einen Anspruch auf vollumfängliche, dauerhafte Mängelbeseitigung. Hinsichtlich der Faserzementplatten ist dies entweder durch einen Austausch der Platten, oder durch eine Neubeschichtung nach vollständiger Beseitigung der vorhandenen Beschichtungen möglich.
48 
Eine Neubeschichtung der kreidenden Fassadenplatten mit einer Beschichtung auf Reinacrylatbasis ohne vorherige vollständige Beseitigung der vorhandenen Beschichtung scheidet als zweckmäßige und dauerhafte Mängelbeseitigung aus, da über die an den Gebäuden vorhandenen Beschichtungen keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen. Auch kann durch eine Änderung des Feuchteaufnahme- und Abgabeverhaltens der Oberflächen es zu einer anschließenden Rissbildung der Fassadenplatten kommen. (GU 2, 459- 461, 465; GU 4, 14 - 17; GU 6, 4 - 11). Diese Auffassung hat der Sachverständige Dipl. Ing. G. in der mündlichen Verhandlung vom 15. Oktober 2007 nachvollziehbar und überzeugend bestätigt (Protokoll, AS 279 - 281, 285 - 289).
49 
Die einzige Möglichkeit, die Beschichtung zu entfernen, ist das CP/Joos-Verfahren, ein Trocken- bis Feuchtstrahlverfahren (GU 5, 4 - 11; GU 6, 7 - 9). Dieses Vorgehen hat der Sachverständige nach den Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2009 nochmals für das Gericht nachvollziehbar und überzeugend dargelegt; wesentlicher Grund für die Notwendigkeit der vollständigen Entfernung der Beschichtungen sind demnach die unterschiedlichen - normal gehärteten oder dampfgehärteten - Zementplatten. Die Unkenntnis des Untergrundes setzt sich in der Unkenntnis über die genaue Beschichtung fort (vgl. Protokoll, AS 383 - 387).
50 
Eine Verwendung von Silikonharzfarben, wodurch die Problematik der unterschiedlichen vier Parameter - zwei unterschiedliche Zementplatten und zwei unterschiedliche Beschichtungen - ohne Bedeutung sein könnten, wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 12. September 2008 vortrug (Protokoll, AS. 391), wurde in zwei weiteren Gutachten (GU 7 und GU 8) als Lösungsvariante verworfen. Der Sachverständige Dr. L. hat am 10. Dezember 2008 ausgeführt, dass hochwertige Silikonharzfarben auf allen mineralischen Untergründen und allen tragfähigen Fassadenbeschichtungen aufgetragen werden können. Eine Überarbeitung einer mit einer „echten“ Silikonharzfarbe gestrichenen Fassade ist - abhängig von der Lage und der Bewitterungsintensität - in einem Zeitraum von zehn bis zwanzig Jahren erforderlich. Eine pauschale Beantwortung der Frage der Überarbeitbarkeit der streitgegenständlichen Faserzementplatten mit „Silikonharzfarbe“ ist jedoch nicht möglich, da Silikonharzfarben hinsichtlich ihrer Zusammensetzung und ihres Bindemittelanteils nicht genau definiert sind (GU 8, 2/3 - AH 863/865). Damit ist ein Nachweis, wie die Farben auf den unterschiedlichen Untergründen reagieren und ob sie dauerhaft auf diesen Untergründen halten, nicht möglich; Silikonharzfarben können auf den streitgegenständlichen Faserzementplatten nicht einheitlich verwendet werden (GU 7, 1 - AS 411).
51 
In der mündlichen Verhandlung vom 06. Mai 2009 haben die beiden Sachverständigen ihre Auffassungen zur Verwendung von Silikonharzfarben als Neubeschichtung ohne vorherige, vollständige Beseitigung der vorhandenen Beschichtungen nochmals überzeugend bestätigt. In den streitgegenständlichen Objekten haben die verwendeten Faserzementplatten ein- und zweischichtige Beschichtungen. Bei der zweischichtigen Beschichtung ist zuoberst ein bereits teilweise abgebautes Styrolacrylat, weshalb eine Silikonharzfarbe darauf nicht gleichmäßig haftet. Gleiches gilt für eine einschichtige Beschichtung mit Styrolacrylat. Liegt eine einschichtige Beschichtung mit Reinacrylat vor, so wäre eine Beschichtung mit Silikonharzfarbe durchgängig möglich. Maßgeblich ist jedoch, dass der Untergrund bei Styrolacrylaten nicht mehr einheitlich ist, weshalb auch die neue Farbe darauf nicht einheitlich haftet. Eine Silikonharzfarbe auf dem nicht einheitlichen Untergrund haftet dabei ca. zwei bis drei Jahre, bevor die Probleme erkennbar werden (Protokoll, AS. 435 - 443).
52 
Soweit die Beklagte zum Nachweis der Richtigkeit ihrer Behauptung der Verwendbarkeit von Silikonharzfarben an den streitgegenständlichen Gebäuden auf ein Gutachten Prof. O. verweist und den Sachverständigen bei der Anhörung dieses Gutachten mehrfach vorhält, hat auf Nachfrage des Gerichts der Beklagtenvertreter es in der mündlichen Verhandlung abgelehnt, dieses Gutachten dem Gericht vorzulegen (Protokoll, AS. 439). Eine sachgerechte Auseinandersetzung der Sachverständigen oder des Gerichts mit diesem Gutachten war daher nicht möglich.
53 
5. Das Gericht schätzt auf der Grundlage der vorliegenden Gutachten die voraussichtlichen Kosten für die Mängelbeseitigung auf brutto EUR 121.600,-.
54 
a) Für das Podest stehen der Klägerin aus oben dargelegten Gründen keine Mängelbeseitigungskosten zu.
55 
b) Der Sachverständige hat die Kosten für die Mängelbeseitigung durch Neuerrichtung der Fassadenplatten mit brutto EUR 210.000,- ermittelt (GU 1, 25). Eine gleichwertige Mängelbeseitigung durch nachträgliche Neubeschichtung ist jedoch bei vollständiger Beseitigung der vorhandenen Beschichtung nach dem CP/Joos-Verfahren möglich; den Aufwand hierfür hat der Sachverständige für das Gericht nachvollziehbar mit brutto EUR 111.000,- errechnet (GU 1, 25; GU 3, 12 - 17; GU 4, 17 - 21; GU 5, 7/8 und 9/10), sodass dieser Betrag bei der Mängelbeseitigung anzusetzen ist.
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c) Die Kosten für den Einbau einer Luftdichtheitsebene hat der Sachverständige mit brutto EUR 8.600,- (GU 1, 33), bzw. bei Entbehrlichkeit des Austauschs der Fassadenplatten auf EUR 9.600,- (GU 5, 8) geschätzt.
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d) Für die Blechrinne stehen der Klägerin aus oben dargelegten Gründen keine Mängelbeseitigungskosten zu.
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e) Die Kosten für die Teilung der Roste und das Verlängern der Wasserspeier hat der Sachverständige mit EUR 2.000,- brutto geschätzt (GU 1, 40).
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6. Das Gericht hält im vorliegenden Fall einen Abzug „neu für alt“ für den Zeitraum von der Fertigstellung im Jahr 1997 bis zur Rüge im Januar 2003, d.h. für fünf Jahre, für gerechtfertigt. Bei einer Nutzungsdauer der Beschichtung für Faserzementplatten von bis zu 15 Jahren ergibt sich ein Vorteil im Umfang von 30 % bzw. von EUR 33.300,-.
60 
Durch die zu späterer Zeit erfolgende Nachbesserung wird die Nutzungsdauer für die Fassadenplatten um mehrere Jahre verlängert. Dies ist bei der Berechnung des Kostenvorschussanspruchs zu berücksichtigen, weil die Klägerin sonst durch die Gewährleistung ungerechtfertigt besser gestellt würde.
61 
Eine Anrechnung kommt allerdings dann nicht in Betracht, wenn diese Vorteile ausschließlich auf einer Verzögerung der Mängelbeseitigung beruhen und sich der Auftraggeber jahrelang mit einem fehlerhaften Werk begnügen musste (vgl. BGH, Urteil vom 17. Mai 1984 - VII ZR 169/82, in BGHZ 91, 206 m.w.N.) Etwas anderes gilt nach Auffassung des Gerichts ausnahmsweise, wenn sich die Mängel erst verhältnismäßig spät ausgewirkt haben und der Auftraggeber bis dahin keine Gebrauchsnachteile hinnehmen musste. In solchen Fällen ist es nach Treu und Glauben geboten, die mit der Nachbesserung erzielte längere Lebensdauer sowie den ersparten Instandhaltungsaufwand anspruchsmindernd zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 01. März 2001 - VII ZR 392/00, in BauR 2002, 86; OLG Düsseldorf, Urteil vom 11. Dezember 2001 - 21 U 92/01, in BauR 2002, 802, 804).
62 
Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier vor. Die Klägerin zog bis zur Mängelrüge vom Januar 2003 den gleichen Nutzen aus dem mangelhaften Werk, wie aus einem mangelfreien. Erst seit dem Hervortreten der Mängel gegen Ende des Jahres 2002 und der Rüge vom Januar 2003 ist eine Verzögerung der Nachbesserungsarbeiten eingetreten. In einem solchen Fall ist es angebracht, für die um fünf Jahre längere Lebensdauer einen Abzug „neu für alt“ vorzunehmen. Insoweit ist von der vom Sachverständigen angegebenen Nutzungsdauer von bis zu 15 Jahren auszugehen (GU 2, 20; Protokoll, AS 387). Warum der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung bei einer Nutzungsdauer von 15 Jahren für das Jahr 2003, d.h. 5 bzw. 6 Jahren nach der Errichtung, bereits einen Abzug von 50 %, für das Jahr 2008, d.h. nach 9 Jahren, mit 70 % ansetzt (Protokoll, AS 387), erschließt sich für das Gericht nicht. Der dem Gericht vorliegende Kaufvertrag wurde im August 1997 geschlossen, die Mängel, die Grund der Mängelrüge vom Januar 2003 waren, traten demgemäß Ende 2002 und damit ca. 5 Jahre nach Beginn der Nutzung auf. Der Abzug neu für alt beläuft sich demgemäß auf 30 % der Neuherstellungskosten von EUR 111.000,-. Die Höhe des Abzugs hinsichtlich der Fassadenplatten schätzt das Gericht somit auf EUR 33.300,- (vgl. zum Abzug „neu für alt“ für Anstriche auch OLG Hamm, Urteil vom 20. Januar 1993 - 26 U 6/92, in NJW-RR 1993, 1236) .
63 
7. Der Kostenvorschussklage der Wohnungseigentümergemeinschaft kann die Beklagte nicht restliche, zurückgehaltene Vergütungsansprüche, die ihr gegen einzelne Wohnungseigentümer zustehen, entgegenhalten; auch scheidet eine Aufrechnung aus (vgl. BGH, Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 291/90, in NJW 1992, 435; OLG Karlsruhe, Urteil vom 01. Februar 1989 - 7 U 279/87, in BauR 19990, 622).
64 
8. Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 19. Juni 2009 über die Stellungnahme zum Beweisergebnis hinaus nunmehr die Einholung weiterer Sachverständigengutachten bzw. Zeugenvernehmungen beantragt, ist dieser Vortrag verspätet (§ 296 a ZPO). Ein Schriftsatzrecht nach § 283 ZPO war der Beklagten nicht eingeräumt worden; sie hatte lediglich die Möglichkeit zum Ergebnis der Beweisaufnahme vorzutragen (§ 285 ZPO).
65 
Anlass für eine Wiedereröffnung des Verfahrens nach § 156 ZPO besteht nicht. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor.
66 
Am 12. August 2003 wurde beim Landgericht Karlsruhe Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahren gegen die Beklagte wegen verschiedenen Mängeln am Gemeinschaftseigentum der Eigentumswohnanlage Rhode-Island-Allee 85-95 gestellt. Das Gutachten vom 12. Juli 2005 (GU 1) wurde am 06. April 2006 (GU 2), am 09. Oktober 2006 (GU 3) und am 23. April 2007 ergänzt (GU 4). Der Sachverständige Dipl. Ing. G. hat während des Rechtsstreits weitere schriftliche Gutachten erstattet am 28. Januar 2008 (GU 5), am 27. Mai 2008 (GU 6), sowie am 23. Januar 2009 (GU 7). Der Sachverständige Dr. L. hat am 10. Dezember 2008 ein Gutachten erstattet (GU 8). Das Gericht hat verhandelt am 15. Oktober 2007 (AS 275 - 293), am 12. September 2008 (AS 303 - 293) und am 06. Mai 2009 (AS. 435 - 445), jeweils mit Erläuterung der Gutachten durch die Sachverständigen.
67 
Seit den ersten Anhörungen der Sachverständigen im Jahr 2007 durch das Gericht wurde die Frage erörtert, ob und inwieweit die Fassadenplatten mangelbehaftet sind, bzw. auf welche Art und Weise eine Mangelbehebung in Betracht kommt. Nach den letzten schriftlichen Ausführungen der Gutachter vom Dezember 2008 (GU 8) hat das Gericht mit Beschluss vom 13. Januar 2009 den Parteien aufgegeben, zum Gutachten Dr. L. Stellung zu nehmen und Fragen schriftsätzlich anzukündigen (AS. 409). Nach der Ergänzung des Sachverständigen Dipl Ing. G. vom 23. Januar 2009 (AS. 411) erhielten die Parteien mit Verfügung vom 26. Januar 2009 wiederum Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Beklagte beantragte daraufhin in ihrer Stellungnahme die Anhörung der Sachverständigen (AS 417 ff).
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In ihrer Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Beklagte nunmehr auf der Grundlage der vorherigen Beweisaufnahmen die dort bereits erörterten Fragen zur Überstreichbarkeit der Fassadenplatten wiederholt. Sie beantragt weitere Beweiserhebungen durch Sachverständigengutachten und Zeugenvernehmungen zu ihren Behauptungen, dass die vorhandenen Beschichtungen überstrichen werden und Farbbrillanz und Ton für die Dauer von 15 bis 20 Jahren erhalten werden könnten (AS. 461), dass positive Erfahrungswerte seit mehr als 20 Jahren bestünden (AS. 461), dass dieses Ziel kostengünstig mit einer Neubeschichtung erreicht werden könne (AS. 463), dass der Mix der Faserzementfassadenplatten für die Frage der Behebung der optischen Mängel irrelevant sei (AS. 463), dass das Kreiden der Platten andere Ursachen haben könne (AS. 463), dass ein Zersetzungsprozess der Beschichtung unterhalb der festanhaftenden Überholungsbeschichtung technisch nicht darstellbar sei (AS. 465), dass es keinen Unterschied mache, ob und inwieweit für eine Überholungsbeschichtung auf der kreidenden Altbeschichtung nach der fachgerechten Untergrundvorbereitung wasserverdünnbare Beschichtungsstoffe oder lösemittelhaltige Systeme verwendet werden (AS. 465), dass das Kreiden durch verschiedene Faktoren verursacht sein könne (AS. 467), dass normativ festgelegte Anforderungen an den Kreidungsgrad einer Beschichtung nicht existierten (AS. 467) und die Neugestaltung von Fassadenverkleidungen durch eine neue Beschichtung anerkannte Regel der Technik im maler- und Lackierhandwerk sei (AS. 469).
69 
Sämtliche diese Fragen hätte die Beklagte, soweit sie nicht bereits gestellt wurden, auch zu den schriftlichen Gutachten bzw. zur Vorbereitung der Anhörung der Sachverständigen oder bei der Anhörung der Sachverständigen stellen können. Gelegenheit hatte sie dazu über nunmehr fast vier Jahre des Prozessierens um diesen Fragenkomplex mehr als ausreichend. Auch hätten sämtliche Zeugenangebote, unterstellt das Gericht wäre ihnen aufgrund ausreichend konkreten, bestrittenen und entscheidungserheblichem Tatsachenvortrags gefolgt, bereits seit langer Zeit, zumindest aber vor der letzten mündlichen Verhandlung vom 06. Mai 2009 erfolgen können. Warum die Beklagte dies nicht tat, hat sie auf die Rüge der Verspätung der Klägerin nicht substantiiert vorgetragen. Sie flüchtet sich in pauschale Erklärung, diese Erkenntnisse habe sie erst nach der letzten mündlichen Verhandlung vom 06. Mai 2009 gewonnen. Wie sie jedoch selbst zutreffend ausführte, ist die Problematik des Farbanstrichs als Mängelbeseitigung bereits seit dem Jahr 2007 zwischen den Parteien im Streit (AS. 487/489) und wird hierzu vom Gericht Beweis erhoben. Das Ergebnis der sachverständigen Feststellungen lag eben nicht erst am 06. Mai 2009, sondern bereits zuvor nach den schriftlichen Gutachten und verschiedenen Anhörungen der Sachverständigen vor.
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Die neuen Verteidigungsmittel der Beklagten sind demnach verspätet (§ 296 a ZPO).
71 
9. Somit errechnet sich ein Anspruch der Klägerin auf Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung in Höhe von insgesamt EUR 88.300,- (Mängelbeseitigungskosten EUR 121.600,- abzüglich EUR 33.300,- „neu für alt“). Die weiter gehende Klage war abzuweisen.
III.
72 
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus §§ 709, 108 ZPO.

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