Beschluss vom Landgericht Kiel (13. Zivilkammer) - 13 T 42/05

Tenor

Die sofortige Beschwerde wird nach einem Wert von bis zu 300,-- € auf Kosten der Gläubigerin zurückgewiesen.

Gründe

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Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 793, 767, 769 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig.

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Sie ist jedoch nicht begründet. Das Amtsgericht hat mit dem Gerichtsvollzieher zu Recht den Standpunkt eingenommen, dass die Anwaltskosten des Abschlusses der Ratenzahlungsvereinbarung vom 06. September 2004 nicht zu den gem. § 788 Abs. 1 ZPO in der Vollstreckung mit beizutreibenden Kosten der Zwangsvollstreckung gehören. Die angesprochene Vereinbarung sieht monatliche Raten des Schuldners in Höhe von 100,-- € ab 15. September 2004 und darüber hinaus vor, dass die Zahlungen „zuerst auf die Kosten dieser Vereinbarung zu verrechnen sind“. Die Gläubigerin verpflichtete sich, bei pünktlicher Einhaltung der Ratenbestimmung keine Vollstreckungsmaßnahmen einzuleiten. Eingeleitete Maßnahmen sollten jedoch bestehen bleiben bzw. ruhen, solange die Raten vereinbarungsgemäß bezahlt würden.

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Der Wortlaut des Ratenzahlungsvergleichs ist dem Gerichtsvollzieher Ende Dezember 2004 von der Gläubigerin bekannt gemacht worden, nachdem der Gerichtsvollzieher der Gläubigerin mitgeteilt hatte, dass die in der Aufstellung der vollstreckbaren Kosten enthaltene Einigungsgebühr in Höhe von 261,50 € dem § 788 ZPO nicht unterfalle und deswegen in der Vollstreckung nicht beizutreiben sei.

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Ob Kosten einer Ratenzahlungsvereinbarung, die während der Dauer der Zwangsvollstreckung geschlossen worden ist, den gem. §§ 788 Abs. 1, 91 ZPO vollstreckbaren Verfahrenskosten zuzurechnen sind, ist streitig (zum Meinungsstand vergl. Thomas-Putzo, ZPO, 24. Aufl. § 788 Rdz. 32; Zöller-Stöber, ZPO, 25. Aufl. § 788 Rdz. 7). Die Kammer geht seit längerer Zeit (vergl. 13 T 155/98 vom 10. August 1998) davon aus, dass die Kosten des Abschlusses einer derartigen Teilzahlungsvereinbarung nicht zu den notwendigen Kosten der Vollstreckung gehören.

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Zu diesen Kosten gehören die Kosten der Einleitung und der Durchführung der Vollstreckung.

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Die Vollstreckung ist vorliegend durch den Gerichtsvollzieher durchgeführt worden. Dieser ist, soweit ersichtlich, am Zustandekommen des Vergleiches in keiner Weise beteiligt gewesen. Der Vergleich ist außerhalb des Vollstreckungsverfahrens zustandegekommen . Der mittelbare Zusammenhang mit dem Vollstreckungsverfahren ändert daran nichts . Die Kosten sind dem Gerichtsvollzieher durch Vorlage der Aufstellung der nach Auffassung der Gläubigerin vollstreckbaren Kosten, die eine entsprechende Position enthält, ohne weitere Erwähnung durch die Gläubigerin bekannt geworden.

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Der Ratenzahlungsvergleich ist gerade mit der Zielrichtung aufgewendet, die Zwangsvollstreckung künftig zu vermeiden. Die bei seinem Abschluss entstandenen Kosten sind somit solche der anderweitigen Beitreibung der Schuld. In der Regel werden entsprechende Ratenzahlungsvergleiche - wie hier - durch vollstreckungsbeschränkende Vereinbarungen begleitet. Diese werden in der Regel dann getroffen, wenn der Gläubiger, der anderenfalls zum Abschluss entsprechender Vereinbarungen keinen Anlass sähe, auf dem Wege der Zwangsvollstreckung nicht erfolgreich gewesen ist. Soweit verschiedentlich darauf hingewiesen wird, dass die entsprechenden Anwaltskosten gem. § 788 ZPO dann mit beizutreiben seien, wenn sie vom Schuldner ausdrücklich übernommen worden seien, ist nicht erkennbar, aus welchem Grund die rechtsgeschäftliche Übernahme der Vollstreckungskosten durch einen Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner, zumal, wenn das Vollstreckungsorgan an ihrem Zustandekommen nicht beteiligt gewesen ist, dazu führen soll, dass nunmehr insoweit Kosten der Zwangsvollstreckung vorliegen. Kosten der Zwangsvollstreckung liegen insofern auch nicht schon deshalb vor, weil die Kosten jedenfalls mittelbar aus Anlass der Zwangsvollstreckung entstanden sind (so auch die auf die Übernahme der Kosten durch ausdrückliche Erklärung des Schuldners im Übrigen abstellende Entscheidung OLG Düsseldorf, Rechtspfleger 94, 264 = DGVZ 94, 139).

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Zu berücksichtigen ist insbesondere auch, dass gem. § 788 Abs. 1, 91 ZPO lediglich notwendige Kosten der Zwangsvollstreckung mit beizutreiben sind. Die Notwendigkeit der Entstehung der entsprechenden Kosten ist für die beteiligten Vollstreckungsorgane indessen lediglich dann zuverlässig und nachvollziehbar zu beurteilen, wenn die Umstände des Zustandekommens des Vergleichs und dessen Abschluss hinreichende Nähe zum Vollstreckungsverfahren aufweisen, an dem das Vollstreckungsorgan beteiligt ist. Das Vollstreckungsverfahren ist ein formalisiertes, fest umrissenes Verfahren, das auch kostenrechtlich praktikabler Abgrenzung bedarf. An diesem Erfordernis ist um so mehr festzuhalten, als es jeweils um im Titel nicht angesprochene Kosten geht. Liegt insofern bereits eine Ausnahme vom Titulierungserfordernis vor, bedarf es für die Vollstreckungsorgane einer klaren Entscheidungsgrundlage dazu, was über den titulierten Anspruch hinaus noch zu vollstrecken ist. Mit diesem Erfordernis ist es nicht vereinbar, den Vollstreckungsorganen die Entscheidung darüber aufzuerlegen, ob „im Vollstreckungsverfahren“ ein wirksamer Ratenzahlungsvergleich geschlossen worden ist, der sich zudem als notwendig darstellt. Das Landgericht Itzehoe (nicht in der von der Gläubigerin herangezogenen Entscheidung, in der es um das Zustandekommen eines Vergleichs, nicht aber um die Frage der Vollstreckungsfähigkeit der entsprechenden Kosten geht, vielmehr in der Entscheidung 9 T 3/96 vom 12. Januar 1996 , SHA 97, 192) stellt darauf ab, ob der Gläubiger eine regelmäßige Einhaltung der Ratenzahlungsverpflichtung erwarten durfte und keine Hinweise darauf hatte, dass ein derartiger Vergleich von vorneherein zum Scheitern verurteilt sei ; unter diesen Voraussetzungen gehörten die Kosten des Teilzahlungsvergleichs zu den Kosten, die aus Anlass der Zwangsvollstreckung entstanden und mit beizutreiben seien. Die Beurteilung dieser Voraussetzungen für die Notwendigkeit eines Ratenzahlungsvergleichs, zumal abgeschlossen ausschließlich unter Beteiligung des Gläubigers und des Schuldners, sind indessen für das Vollstreckungsorgan nicht zuverlässig feststellbar. Das Vollstreckungsverfahren ist für entsprechende Feststellungen auch nicht vorgesehen. Vorliegend ergibt sich z.B., dass Kosten für einen Vergleich vom 06. September beigetrieben werden sollen. Bereits Anfang November 2004 meldeten sich indes Anwälte für den Schuldner zu den Vollstreckungsakten des Gerichtsvollziehers, die darauf hinwiesen, dass der Schuldner die Forderung begleichen wolle. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte sich somit ergeben, dass der Vergleich keine tragfähige Grundlage für die Abwicklung des Schuldverhältnisses ergeben hatte und dass letzteres somit nunmehr auf anderem Wege abgewickelt werden sollte.

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Verschiedentlich ergeben sich auch materiell rechtliche Zweifel an der Wirksamkeit der entsprechenden Ratenzahlungsvergleiche unter dem Gesichtspunkt der §§ 134, 138 BGB. Die entsprechenden Vereinbarungen werden nicht im eigentlichen Sinne freiwillig, sondern unter dem Druck der Vollstreckung abgeschlossen, was für sich genommen im Hinblick auf den Bestand der titulierten Forderung noch nicht zu beanstanden ist. Vorliegend geht allerdings mit der Vergleichsvereinbarung einher, dass dem Schuldner eine umfangreiche Sicherungsabtretung abverlangt worden ist, die die Gläubigerin nur dann zur Rückübertragung verpflichtete, „soweit die zu sichernde Forderung die vereinbarte Sicherungsgrenze auf Dauer erheblich unterschreitet“. Betroffen sind Ansprüche aus Arbeitseinkommen, auf Durchführung der Lohnsteuerjahresausgleiche und von Ruhegeld. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass mehrere Ansprüche analog § 850e Ziffer 2, 2a ZPO zusammenzurechnen seien. Auf diese Weise ist der Schuldner gleichzeitig mit dem Abschluss der Ratenzahlungsvereinbarung in eine ihn extrem einschränkende Rechtsposition gedrängt worden. Verschiedentlich wird gerade in den Situationen, in denen dem Erfolg der Zwangsvollstreckung die Pfändungsbeschränkungen der §§ 850c ff. ZPO im Interesse Unterhaltsberechtigter entgegenstehen, zum Nachteil der Unterhaltsberechtigten versucht, dem Schuldner eine gesetzlich nicht geschuldete Zahlungsbereitschaft abzuringen, die als Umgehung der entsprechenden Vollstreckungsbeschränkungen anzusehen wäre.

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Die Einstellung der Vollstreckung durch den Gerichtsvollzieher war vorliegend auch nicht etwa deswegen verfrüht, weil in dem Vergleich vom 06. September 2004 vereinbart wurde, dass die ersten Ratenzahlungen auf die Kosten des Vergleichs zu verrechnen seien. Mit dieser Begründung kann nicht darauf abgestellt werden, dass aufgrund entsprechender Verrechnung ein Restbetrag der Hauptforderung in Höhe der Kosten des Vergleichs offen geblieben sei. Die entsprechende Regelung des Vergleichs, die diese Art der Verrechnung vorsieht, ist nicht nur missbräuchlich (vergl. LG Münster DGVZ 95, 168 f). Sie verstößt darüber hinaus gegen §§ 788, 91 ZPO und ist deswegen gegen § 134 BGB wegen Gesetzesverstoßes nichtig. Das Gebot der Vollstreckung lediglich erforderlicher Kosten der Zwangsvollstreckung wird durch die getroffene Regelung im Vergleich umgangen, weil trotz erzwungener Zahlungen des Schuldners Forderungen aus dem Titel offen gehalten werden. Auch Umgehungsgeschäfte sind gem. § 134 BGB nichtig. Im Falle des Verstoßes lediglich einer Vertragspartei gegen die guten Sitten ist das Geschäft jedenfalls dann sittenwidrig, wenn die Verbotsnorm den Schutz gerade der anderen Partei bezweckt. So liegt es hier. Das Gebot der Vollstreckung lediglich notwendiger Kosten der Zwangsvollstreckung ist ersichtlich eine Vorschrift zum Zwecke des Schuldnerschutzes.

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Das in Gestalt der Regelung vom 06. September 2004 überhaupt ein Vergleich zwischen den Parteien des Vollstreckungsverfahrens vorliegt, ist bei vorstehenden Ausführungen zugunsten der Gläubigerin angenommen worden, da insoweit lediglich ein geringes Nachgeben des Schuldners ausreichend war und auch darin liegen kann, dass der Schuldner nur oder weniger freiwillig eine gewisse Zahlungsbereitschaft an den Tag legt und für sich genommen eine selbständige neue Verpflichtung eingeht, auch wenn diese verschiedentlich ohne realistische wirtschaftliche Grundlage sein mag.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.


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