Urteil vom Landgericht Kiel - 12 O 537/17

Tenor

1. Der Beklagte wird durch Versäumnisurteil verurteilt, an den Kläger 12.612,22 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.12.2015 zu zahlen und den Kläger von der Forderung des Inkassodienstleisters […] in Höhe von 624 € zu befreien.

2. Im Übrigen wird die Klage im Wege des Endurteils abgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Abweichend davon werden dem Kläger die Mehrkosten infolge der Abgabe der Sache an das unzuständige Landgericht Hamburg auferlegt.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 12.612,22 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Parteien sind Gewerbetreibende. Der Kläger fordert in der Hauptsache die Zahlung von Kaufpreisen in Höhe von 12.612,22 € vom Beklagten, nachdem er am 30.11.2015 einen entsprechenden Kauf in Rechnung gestellt hat. Auf seine Mahnung vertröstete der Beklagte ihn mehrfach. Sodann beauftragte der Kläger den Inkassodienstleister […], der erneut zur Zahlung aufforderte und dafür Kosten von 624 € in Rechnung stellte. Der Beklagte zahlte nicht.

2

Nach vorangegangenem Mahnverfahren, in welchem der Beklagte dem ihm am 11.11.2016 zugestellten Mahnbescheid widersprochen hat, hat das Landgericht Hamburg den Rechtsstreit zuständigkeitshalber an das erkennende Gericht verwiesen.

3

Der Kläger beantragt nun,

4

1.

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 12.612,22 € zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz darauf seit dem 30.12.2015,

5

2.

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 624 € Inkassokosten nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz darauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Der Beklagte hat im schriftlichen Vorverfahren Verteidigungsbereitschaft nicht angezeigt. Der Kläger beantragt den Erlass eines Versäumnisurteils. Das Gericht hat mit Verfügung vom 28.11.2017 (Bl. 23 d.A.) einen Hinweis wegen der Nebenforderungen erteilt.

Entscheidungsgründe

7

Wegen der Inkassokosten kann der Kläger von dem Beklagten aus den §§ 286, 280 BGB nicht Zahlung an sich, sondern nur Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber dem Inkassodienstleister verlangen. Der Kläger macht nicht geltend, die Inkassokosten bereits verauslagt zu haben. Er hat dem Beklagten zur Freistellung auch nicht erfolglos eine Frist nach § 250 BGB gesetzt. Die Fristsetzung ist schließlich nicht deshalb überflüssig, weil der Beklagte dem Mahnbescheid ohne Angabe von Gründen widersprochen hat. Eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Freistellung kann in dem Widerspruch des Beklagten schon deshalb nicht gesehen werden, weil im Mahnverfahren nicht Freistellung, sondern Zahlung verlangt worden ist. Dem Zahlungsbegehren konnte der Beklagte schon deshalb zu Recht widersprechen, weil kein Zahlungsanspruch bestanden hat. Dem unbegründeten Gesamtwiderspruch des Beklagten gegen den Mahnbescheid ist auch nicht zu entnehmen, dass der Beklagte überhaupt jegliche Leistung ernsthaft und endgültig ablehne. Der Kläger hatte im Mahnverfahren seine Forderung noch nicht schlüssig darzulegen und zu begründen. Der Widerspruch gegen einen Mahnbescheid kann deshalb nicht generell als ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung angesehen werden, wie es die Rechtsprechung im Fall einer Klageerwiderung mit begründetem Antrag auf Klageabweisung regelmäßig annimmt (vgl. BGH NJW 2004, 1868). Der Widerspruch gegen einen Mahnbescheid kann vielmehr auch dem Zweck dienen, eine schlüssige Begründung des Anspruchs abwarten zu wollen, um auf dieser Grundlage eine Entscheidung zu treffen. Auch das mehrfache vorgerichtliche Hinhalten durch den Beklagten aus finanziellen Gründen ist nicht als endgültige Erfüllungsverweigerung im Sinne eines „letzten Wortes“ anzusehen, zumal an eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung wegen ihrer Rechtsfolgen strenge Anforderungen zu stellen sind (Palandt-Grüneberg, § 286 BGB, Rn. 24; MüKoBGB/Ernst, § 323 BGB, Rn. 100) und der Gläubiger unschwer die nach § 250 BGB erforderliche Fristsetzung vornehmen kann.

8

Die Erforderlichkeit von Inkassokosten in Höhe einer 1,0 Geschäftsgebühr nach RVG zuzüglich Auslagenpauschale ist schlüssig dargetan. Der Kläger hätte auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts nicht auf ein Schreiben einfacher Art beschränken müssen (vgl. BGH, Urteil vom 17.09.2015 - Az. IX ZR 280/14). Gerade bei einem Schuldner, der den Gläubiger hinhält, ist eine weiter gehende vorgerichtliche Inkassotätigkeit als ein einfaches Mahnschreiben erfolgversprechend.

9

Dass der Kläger dem Inkassodienstleister neben der Vergütung auch Verzugszinsen schulde und die Voraussetzungen der §§ 286, 288 BGB in diesem Verhältnis vorlägen, ist demgegenüber nicht schlüssig dargetan.

10

Die Berufung wegen der Frage des Zahlungsanspruchs war nicht zuzulassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. Insbesondere ist gegenläufige Rechtsprechung für die vorliegende Fallkonstellation nicht ersichtlich.

11

Im Übrigen wird von einer Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen (§ 313b ZPO).


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