Urteil vom Landgericht Köln - 81 O 78/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Löschung einer Marke aus dem Register des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA).
3Der Beklagte ist Inhaber der streitgegenständlichen Marke Nr. ######. Es handelt sich dabei um eine Wort-Bildmarke so wie in den Klageanträgen wiedergegeben. Das Zeichen besteht im linken Teil aus einem grafischen Bestandteil, bestehend aus 4 Quadraten, von denen zwei übereinander und zwei nebeneinander angeordnet sind, wodurch die Quadrate selber wieder ein großes Quadrat bilden, welches mit einem weißen Kreuz durchzogen ist. Farblich sind die oberen beiden Quadrate blau, während von den beiden unteren Quadraten das linke grau und das rechte blau ist. Rechts daneben befindet sich das Wortelement mit dem Schriftzug „ - P -“ in Kursivschrift. Die Marke wurde am 29.05.2010 zur Eintragung angemeldet und am 30.06.2010 in das Register eingetragen. Sie genießt seitdem Schutz für Ware Computersoftware (gespeichert) der Klasse 09. Die Benutzungsschonfrist ist am 30.06.2015 ausgelaufen. Die Klägerin hat am 01.07.2015 einen Löschungsantrag gegen die streitgegenständliche Marke beim DPMA gestellt, dem der Beklagte am 03.08.2015 widersprach.
4Die Klägerin behauptet, die Marke sei von dem Beklagten innerhalb der vergangenen Jahre nicht für die eingetragenen Waren benutzt worden. Sie ist der Ansicht, dass sich weder aus einer Internetrecherche noch aus den von dem Beklagten übermittelten Unterlagen eine rechtserhaltende Benutzung innerhalb des relevanten Zeitraums von 2010 bis 2015 ergebe. Insbesondere sei nicht nachgewiesen worden, dass es sich bei dem „ - P - System“ tatsächlich um eine Software handele. Des Weiteren sei fraglich, ob das „ - P - System“ von einer relevanten Zahl verschiedener Person angesehen und heruntergeladen wurde. Auch sei das Zeichen auf den Internetseiten „GitHub“ und „Sourgeforge“ nicht in der eingetragenen Form verwendet worden, sondern ohne das kennzeichnungskräftige Wortelement, wodurch ein von der Marke abweichender Gesamteindruck entstanden sei. Außerdem würden die „Whois“-Auszüge (Anlagen B6, B8 und B9) nicht belegen, dass die Domainnamen tatsächlich für eine Website genutzt worden seien, auf der die Marke im streitgegenständlichen Zeitraum als Herkunftshinweis für Software in Klasse 9 verwendet worden sei. Der Ausdruck aus dem Webarchiv (Anlage B7) zeige außerdem den Hinweis, dass „ - P -“ noch nicht veröffentlicht sei. Es sei unklar, ob die Website des Beklagten während des relevanten Zeitraums das gleiche Design gehabt habe, jederzeit zugänglich gewesen und im relevanten Umfang besucht worden sei. Schließlich bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen, dass die Website www. - P -.org durch die - P - I.P. GmbH betrieben worden und diese hierzu durch den Beklagten autorisiert gewesen sei. Zusammenfassend fehle es somit an einer rechtserhaltenden Benutzung im Sinne von § 26 MarkenG, weshalb die Marke aufgrund Verfalls gemäß §§ 49 Abs. 1, 55 Abs. 1 MarkenG zu löschen sei.
5Die Klägerin hat die Klage mit Schriftsatz vom 1.12.2015 erweitert und beantragt,
61) den Beklagten zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die vollständige Löschung der deutschen Marke Nr. ###### - P - einzuwilligen,
72) den Verfallseintritt der deutschen Marke Nr. ###### -P- auf den 1. Juli 2015 gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 MarkenG festzusetzen.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Der Beklagte trägt vor, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre und darüber hinaus unter Berücksichtigung der Herkunfts- sowie der Unterscheidungsfunktion ununterbrochen rechtserhaltend benutzt worden sei. Er behauptet dazu, es handle sich bei „ - P -“ um eine Software und die Marke werde verwendet für die Kennzeichnung des webbasierten Open-Source Laborinformationsmanagementsystems „ - P -“, das unter der Open-Source-Lizenz General Public License in der Version 3 zum Herunterladen angeboten werde. Die Software sei bisher in zehn Versionen erschienen. Seit dem 20.Januar 2014 seien jedoch keine weiteren Versionen erschienen. Die Distribution der Software erfolge über zwei internationale Portale, nämlich das Portal SourceForge sowie das Portal GitHub. In beiden Portalen sei die Marke als typisches Erkennungsmerkmal der Software sichtbar. Auch auf der Homepage www. - P -.org sei die Marke an prägnanter Stelle zu sehen. Dabei sei der links angeordnete Bildbestandteil des Zeichens, bestehend aus vier Quadraten, der dominante bzw. selbstständig kennzeichnende Bestandteil. Selbst wenn der rechts angeordnete Wortbestandteil des Zeichens neben oder unter dem Bildbestandteil angezeigt werde, erkenne der Verkehr, dass es sich um eine Ware oder Dienstleistung aus der Herkunft des Beklagten handele. Der Beklagte ist außerdem der Ansicht, dass es für eine rechtserhaltende Nutzung nicht notwendig sei, dass die gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung am Markt Erfolg habe. Ausreichend sei vielmehr, dass diese Ware oder Dienstleistung in wahrnehmbarer und ernsthafter Weise angeboten werde. Des Weiteren sei die Website seit dem 06.10.2008 auf den Beklagten registriert und werde beim Webhoster Strato gehostet. Ferner belege Anlage B7 die Ankündigung des Computerprogramms vor der ersten Veröffentlichung am 23.12.2010 und somit die Nutzung des Zeichens schon vor der Markenanmeldung. Auch das Internetarchiv liste seit dem 07.12.2008 die Website mit dem Zeichen. Die Website sei seit dem 17.01.2010 über die Domain - P -.com sowie seit dem 10.01.2010 über die Domain - P -.de erreichbar. Alle genannten Quellen seien über einschlägige Suchmaschinen auffindbar. Der Beklagte behauptet, Nutzungshandlungen, seien durch die - P - I.P. GmbH durchgeführt worden. Diese sei Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an der streitgegenständlichen Marke.
11Gemäß § 26 Abs. 2 MarkenG sei deren Benutzung dem Beklagten zuzurechnen.
12Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und Protokolle verwiesen.
13Entscheidungsgründe:
14Die Klage ist unbegründet.
15Der Klägerin steht kein Anspruch auf Einwilligung der Löschung beim Deutschen Patent- und Markenamt. Die Marke ist nicht gemäß §§ 55, 49 Abs. 1 MarkenG zu löschen.
16Voraussetzung für eine Löschungsklage nach §§ 55, 49 Abs. 1 MarkenG ist, dass die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Nach § 26 MarkenG liegt eine rechtserhaltende Benutzung nur dann vor, wenn die Marke von ihrem Inhaber oder einem Dritten mit Zustimmung des Inhabers (§ 26 Abs. 2 MarkenG) für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden ist.
17Grundsätzlich trägt im Rahmen von § 55 MarkenG der Löschungskläger die Darlegungs- und Beweislast. Das gilt auch bei Verfallsklagen wegen mangelnder Benutzung nach §§ 49, 26 MarkenG (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage 2015, § 55, Rn. 12). Allerdings kann auch den Löschungsbeklagten nach dem auch
18im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB eine prozessuale Erklärungspflicht treffen. Diese setzt voraus, dass der Löschungskläger keine genaue Kenntnis von den Umständen der Benutzung der Marke hat und auch nicht über die Möglichkeit verfügt, den Sachverhalt von sich aus aufzuklären (BGH GRUR 2009, 61, 61 – LOTTOCARD). Ein Löschungskläger kann sich deshalb zunächst darauf beschränken, alle ihm zugänglichen Anhaltspunkte darzutun, aus denen sich seiner Ansicht nach die mangelnde Benutzung ergibt, z.B. eine erfolgslose Internetrecherche. Gelingt ihm dies, ist es Aufgabe des Markeninhabers, im Einzelnen zur rechtserhaltenden Benutzung vorzutragen (Ströbele/Hacker, § 55, Rn. 12).
19Die Klägerin hat diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt und ist damit ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie hat zunächst schon nicht substanziiert vorgetragen, dass es sich bei „ - P -“ nicht um eine Software handele. Dies hat sie lediglich mit Nichtwissen bestritten. Ein solches Bestreiten ist jedoch nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind, § 138 Abs. 4 ZPO. Es wäre der Klägerin jedoch ohne weiteres möglich gewesen, „ - P -“ durch Herunterladen auf die Eigenschaft als Software hin zu überprüfen. Dies hat sie jedoch nicht dargetan, daher ist ihr Bestreiten unzulässig. Außerdem hat sie nicht substanziiert vorgetragen, dass sie alle möglichen Anhaltspunkte überprüft hat, um eine unterbliebene Benutzung darlegen. Sie hat lediglich vorgetragen, dass sie eine Internetrecherche durchgeführt habe, wobei keine rechtserhaltende Nutzung festgestellt wurden konnte. Zwar reicht eine Internetrecherche wie dargelegt grundsätzlich, um der Beweispflicht im Rahmen von § 55 Abs. 1 MarkenG nachzukommen. Allerdings hat der Beklagte dargelegt, dass eine solche Internetrecherche geeignet ist, um Anhaltspunkte für die ernsthafte Benutzung der Marke im Sinne von § 26 MarkenG zu finden. Dem ist die Klägerin nicht konkret entgegen getreten.
20Legt man den Vortrag des Beklagten zugrunde, ist von einer rechtserhaltenden Nutzung auszugehen.
21Die Benutzung der für Waren oder Dienstleistungen eingetragenen Marke wirkt nur dann rechtserhaltend im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG, wenn die Verwendung der Hauptfunktion der Marke entspricht, den Verkehr auf die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung hinzuweisen, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Hierzu ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Marke in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für die Ware oder Dienstleistung verwendet wird, für die sie eingetragen ist. Der angesprochene Verkehr muss die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die Ware oder Dienstleistung ansehen. Dies ist der Fall, wenn das Zeichen als Herkunftshinweis für das beworbene Produkt verstanden wird (BGH GRUR 2009, 60, 62 – Lottocard; BGH GRUR 2005, 1047, 1049 – OTTO; BGH GRUR 1999, 995, 997 – HONKA). Der Begriff der ernsthaften Benutzung orientiert sich also an der im Vordergrund stehenden Herkunftsfunktion. Es genügen somit nur Handlungen, die sich für den Durchschnittsverbraucher als Hinweise auf die betriebliche Herkunft der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung darstellen und geeignet sind, Verwechslungen der betrieblichen Herkunft zu verhindern (Ströbele/Hacker, § 26, Rn 11).
22Dies ist hier der Fall. Der Beklagte hat substanziiert vorgetragen, dass die streitgegenständliche Marke im relevanten Zeitraum rechtserhaltend genutzt wurde. Die Marke „ - P -“ wurde danach sowohl auf der von der - P - I.P. GmbH betriebenen Homepage www. - P -.org als auch auf den Open-Source-Software-Portalen SourceForge und GitHub genutzt. Die Berechtigung der - P - I.P. GmbH hat der Beklagte durch Vorlage einer Bestätigung über die ausschließliche Lizenz glaubhaft gemacht. Soweit es sich um eine Eigenbestätigung handelt, ist das unschädlich, weil der Beklagte Markeninhaber und damit auch die für die Bestätigung maßgebliche Person ist. Auf der Homepage und in den Portalen war das geschützte Zeichen erkennbar. Auch in den Softwarepaketen, die auf Deutsch und Englisch angeboten werden, ist die Marke stets im oberen linken Bildrand zu sehen. Somit ist das Zeichen des Beklagten während des gesamten Zeitraums des Herunterladens, also von der Homepage, über die angesprochenen Portale bis zur Nutzung der Softwarepakete, für den Verkehr erkennbar angebracht und mit der Software verbunden. Der angesprochene Verkehr verbindet dieses Zeichen zumindest auch mit der angebotenen Software. Eine andere Bewertung gibt sich auch nicht daraus, dass zwischen der Warenmarke des Bekl. (vgl. http://dpma.de/docs/service/klassifikationen/nizza/nizza_10-2015 alphabetischelistederwaren.pdf) und der Software keine körperliche Verbindung besteht. Eine solche Verbindung fehlt in aller Regel auch bei Dienstleistungsmarken. Im Rahmen dieser erfordert die Beurteilung der Frage nach einer rechtserhaltenden Benutzungshandlung eine besondere Betrachtung. Voraussetzung für eine Benutzungshandlung im Sinne von § 26 MarkenG ist dabei, dass der Verkehr die konkrete Beziehung des Zeichens zumindest auch als Herkunftshinweis versteht. Er muss erkennen, dass mit der Verwendung des Zeichens nicht der Geschäftsbetrieb benannt, sondern auch eine Leistung bezeichnet wird (BGH, BeckRS 2008, 06492, Rn. 13 - Akzenta). Dies ist hier der Fall. In der Verwendung des unterscheidungskräftigen Zeichens „ - P -“ im Zusammenhang mit angebotenen Software wird der Verkehr nicht allein die Benennung des Geschäftsbetriebs sehen, sondern zugleich auch die bestimmte Leistung, die aus diesem Geschäftsbetrieb stammt, nämlich das Anbieten der Software.
23Dieses Zeichen ist somit geeignet, auf die betriebliche Herkunft der Software hinzuweisen. Auch hat der Beklagte dargelegt, dass zwischen Dezember 2010 und Januar 2014 zehn Versionen der Software auf den Distributionsportalen erschienen sind, was belegt, dass die Marke über den relevanten Zeitraum genutzt wurde. Dabei ist es unerheblich, dass die Software als „Open-Source“ unentgeltlich angeboten wird. Die Annahme einer ernsten Benutzung setzt nicht voraus, dass die jeweilige Benutzungshandlung auf eine Gewinn- oder Umsatzerzielung ausgerichtet ist (EuGH GRUR 2009, 156 – Radetzky-Orden; BGH GRUR 2006, 152 – Gallup; 2009, 60 – Lottocard; 2012, 180 – Werbegeschenk; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 26, Rn. 13). Ferner ist es unerheblich, wie oft die Software heruntergeladen wird. Der Benutzungszwang verlangt keinen kommerziellen Erfolg (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 26, Rn. 10).
24Dabei schadet es auch nicht, dass der Beklagte das eingetragene Zeichen teilweise in einer anderen Form dargestellt hat. Nach § 26 Abs. 3 MarkenG gilt als Benutzung einer Marke auch die Benutzung in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Danach liegt eine rechtserhaltende Benutzung auch dann vor, wenn der Verkehr die eingetragene und die benutzte Form als ein und dasselbe Zeichen ansieht (BGH, BeckRS 2008, 06492, Rn. 12 – AKZENTA). Prägender Bestandteil der streitgegenständlichen Marke ist der Bildteil auf der linken Seite. Dieser springt dem Verkehr zunächst ins Auge, wenn er das Zeichen sieht. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Wortteil der Marke nicht rechts neben dem Bildteil, sondern unter diesem platziert ist. Der Verkehr verbindet das Zeichen auch in dieser Form mit der Software des Beklagten.
25Folgerichtig ist die Klage auch zu dem Antrag zu 2 unbegründet.
26Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
27Streitwert: 100.000,00 €
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Referenzen
- ZPO § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht 1x
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- MarkenG § 49 Verfall 4x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- MarkenG § 26 Benutzung der Marke 10x
- MarkenG § 55 Löschungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten 5x
- BGB § 242 Leistung nach Treu und Glauben 1x
- MarkenG § 52 Wirkungen der Löschung wegen Verfalls oder Nichtigkeit 1x