Urteil vom Landgericht Köln - 7 O 332/15
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 49489,71 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2015 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2791,74 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.10.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreites tragen die Klägerin zu 25 % und die Beklagte zu 75 %. Die Kosten der Streithelfer zu 1) und 3) trägt die Beklagte. Die Kosten der Streithelferin zu 2) tragen die Beklagte zu 75 % und im Übrigen die Streithelferin selbst.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d :
2Die Klägerin ist Bauherrin und Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses in Köln. Durch Bauvertrag vom 06.11.2012 war die Beklagte mit den Dacharbeiten des Gebäudes beauftragt. Es war unter anderem die Geltung der VOB/B und VOB/C vereinbart. Gemäß dem Leistungsverzeichnis gehörte zum Leistungsumfang auch die Herstellung einer Notabdichtung, die den Anforderungen an ein Notdach gerecht werden sollte.
3Mit der Bauplanung und Bauüberwachung war die Streithelferin zu 1) betraut. Die Streithelferin zu 2) lieferte Aufsätze für die Dachabläufe.
4Am 07.05.2013 und am 16.05.2013 kam es nach stärkeren Niederschlägen während der Bauerrichtungsphase zu einem Wassereinbruch in dem teilweise errichteten Gebäude. Dabei drang unkontrolliert Wasser in die Laubengänge und in die angrenzenden Räumlichkeiten ein.
5Die Klägerin behauptet, der Wassereinbruch sei in beiden Fällen durch die für die Rohrinstallation der Dach- und Laubengangentwässerung durch die Beklagte geöffneten und nicht fachgerecht verschlossenen Kernbohrungsbereiche der Flachdächer erfolgt. Die von der Beklagten vorgenommene Noteindichtung sei unzureichend gewesen. Nach dem ersten Wassereintritt am 07.05.2013 habe die Beklagte die Abdichtung erneuert. Dennoch sei am 16.05.2013 erneut eine erhebliche Menge an Wasser durch die Kernbohrungsbereiche in das Gebäude eingedrungen. Bei diesem zweiten Wassereinbruch sei der bereits in weiten Teilen fertiggestellte innere Trockenbau, Innenputz, der Brandschutz sowie die Dichtungen irreparabel beschädigt worden. Die Klägerin trägt vor, ihr sei durch das Verschulden der Beklagten ein erheblicher Schaden entstanden. Der Trockenbau sei in großen Teilen auszutauschen gewesen, was durch die Streithelferin zu 3) ausgeführt worden sei und Kosten von knapp 40.000 € verursacht habe. Ebenso hätten schadenbedingt einige Elektroarbeiten, Sanitärarbeiten und Arbeiten am Estrich wiederholt werden müssen. Es sei eine Bautrocknung nötig geworden. Ferner habe sich durch diese Arbeiten die Fertigstellung des Objekts verzögert, was Mieteinbußen nach sich gezogen habe.
6Die Klägerin beantragt,
71. die Beklagte zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 66494,73 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu entrichten;
82. festzustellen, dass sämtliche weiteren aus dem durch Niederschlagswassereintritt in das Gebäudes eingetretenes Schadensereignis am 07.05.2013 sowie 16.05.2013 entstandenen und noch entstehenden Schäden durch die Beklagte zu erstatten sind.
9Die Streithelfer zu 1), 2) und 3) schließen sich dem Antrag der Klägerin an, die Streithelfer zu 1) und 3) jedoch beschränkt auf einen Zahlungsantrag i.H.v. 50.000 €.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Die Beklagte bestreitet in ihrer Klageerwiderung den Vortrag der Klägerin vollumfänglich, einschließlich der Tatsache, dass es zu einem Wassereinbruch gekommen sei und sie mit der Errichtung einer Notabdichtung beauftragt gewesen sei.
13Erstmals mit Schriftsatz vom 13.04.2016 erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit ihrer Schlussrechnung vom 04.07.2014 i.H.v. 39.043,09 €. Ferner behauptet die Beklagte nunmehr, die Planung der Streithelferin zu 1) sei mangelhaft gewesen. So sei beispielsweise keine Notentwässerung für den Laubengang geplant, geschweige denn ausgeführt worden. Dies sei erst fünf Tage nach dem Wassereinbruch vom 16.05.2013 erfolgt. Daher sei der Wassereinbruch nahezu zwangsläufig gewesen. Sie sei nicht über die Kernbohrungen informiert worden, so dass sie auch keine Gelegenheit gehabt habe, diese gegebenenfalls mittels einer Notabdichtung abzudichten. Ferner sei die von der Beklagten erstellte Notabdichtung durch andere Handwerker, die ihre Geräte über die Notabdichtung bewegt hätten, beschädigt worden.
14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll der mündlichen Verhandlung sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
15E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
16Die Klage ist zulässig und teilweise begründet.
17I.
18Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von 49.489,71 Euro gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 VOB/B zu.
191.
20Die Parteien haben einen Bauvertrag über Dachdeckerarbeiten und Dachabdichtungsarbeiten geschlossen, wobei auch die Geltung der VOB/B und VOB/C vereinbart worden ist.
21Für das Gericht steht fest, dass die Beklagte als Teil des Auftrags die regensichere Verwahrung der Dächer, Terrassen und Laubengänge durch eine Notabdichtung schuldete, die die Eigenschaften eines Notdaches haben sollte. Dies ist zwar in der Klageerwiderung zunächst bestritten worden. An diesem Bestreiten hat die Beklagte allerdings später nicht mehr festgehalten, so versteht die Kammer jedenfalls den weiteren Vortrag der Beklagten vom 13.04.2016. Im Übrigen ergibt sich die entsprechende Verpflichtung unproblematisch aus dem Leistungsverzeichnis (Anlage K 20) und sie folgt schließlich auch aus der Stellungnahme des von der Haftpflichtversicherung des Beklagten beauftragten Sachverständigen Ketteniß (Anlage K 15), dem gegenüber Herr Bügeler, Bevollmächtigter der Beklagten, diese Verpflichtung eingeräumt hat (siehe Bl. 2 der Stellungnahme).
222.
23Zuletzt ist zwischen den Parteien nicht mehr streitig gewesen, dass es im Mai 2013 zu Wassereinbrüchen in dem Objekt gekommen ist. An dem ursprünglichen Bestreiten dieser Ereignisse hat die Beklagte in ihrem späteren Schriftsatz nicht mehr festgehalten, sondern den Schadenfall plötzlich als selbstverständlich vorausgesetzt. Angesichts der von der Beklagten verfassten Schadensanzeige (Anl. K4) kann der Wassereintritt seitens der Beklagten auch nicht ernsthaft geleugnet werden.
243.
25Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass die von der Beklagten hergestellte Notabdichtung mangelhaft war und dies den Wassereintritt in die Laubengänge und das Gebäude verursachte.
26a.
27Die Kammer stützt sich dabei insbesondere auf den substantiierten Vortrag der Klägerin sowie die gutachterliche Stellungnahme des von der Haftpflichtversicherung der Beklagten beauftragten Sachverständigen Ketteniß (Anlage K 15).
28Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift ausführlich dargelegt, dass an den Flachdächern Kernbohrungen zur Vorbereitung der Rohrinstallationen der Dach- und Laubengangentwässerung durchgeführt wurden. Es wäre sodann auf Grundlage des Leistungsverzeichnisses die Aufgabe der Beklagten gewesen, diese Bohrlöcher provisorisch wieder abzudichten und wasserundurchlässig zu machen, bis entweder die Bohrlöcher verschlossen waren oder die finalen Abdichtungsmaßnahmen abgeschlossen waren.
29Dies ist jedoch nicht oder jedenfalls nicht hinreichend geschehen, wie sich einerseits aus dem Vortrag der Klägerin und andererseits aus dem Schadensbericht der Streithelferin zu 1 (Anl. K2) hinreichend ergibt. Aus diesem Schadenbericht ergibt sich auch, dass bei der Schadenbesichtigung nach dem ersten Wassereinbruch mehrere nicht ein gedichtet Löcher im Bereich um die Kernbohrungen herum festgestellt wurden. Es liegt auf der Hand, dass durch solche Löcher bei starken Regenfällen, wie sie nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin im Mai 2013 zu verzeichnen waren, Wasser in die teilweise fertiggestellten Räumlichkeiten eindringen konnte und dort Schäden verursachen konnte.
30b.
31Soweit die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vom 11.12.2015 die Darlegungen der Klägerseite und die Mangelhaftigkeit ihrer Arbeit bestritten hat, war dieses Bestreiten völlig pauschal und damit unbeachtlich. Ein solches pauschales Bestreiten von Mängeln ist insbesondere deshalb unbeachtlich, weil die Beklagte unstreitig mit den Abdichtungsarbeiten betraut war und deshalb aus eigener Anschauung substantiiert zu den behaupteten Mängeln hätte vortragen können (vgl. OLG Köln, NJW 2015, 2046). Dies hat die Beklagte jedoch nicht getan und sich beispielsweise nicht zu dem Vorwurf eingelassen, mehrere Löcher im Bereich um die Kernbohrungen herum nicht abgedichtet zu haben. Vielmehr hat sie sich auf bloßes Bestreiten sämtlicher von Klägerseite vorgetragener Tatsachen beschränkt; darunter auch solcher, die kaum in Zweifel gezogen werden können, wie beispielsweise den Wassereintritt selbst, worin im Übrigen auch ein Verstoß gegen § 138 Abs. 1 ZPO zu sehen ist.
32c.
33Zwar hat die Beklagte in ihrem weiteren Schriftsatz vom 13.04.2016 ihren Vortrag plötzlich grundlegend geändert und argumentiert, die Wassereintritte seien Folge einer mangelhaften Planung der Streithelferin zu 1 sowie einer mangelhaften Koordination der verschiedenen Gewerke durch die Streithelferin zu 1. Diesbezüglich sieht sich die Kammer allerdings gemäß § 296 Abs. 1 ZPO daran gehindert, diesen Vortrag zu berücksichtigen.
34Denn der Beklagten ist durch Verfügung der Kammervorsitzenden vom 12.10.2015 eine Frist von fünf Wochen gesetzt worden, um auf die Klage zu erwidern (§ 275 Abs. 1 ZPO). Binnen dieser Frist war die Beklagte deshalb gehalten, sämtliche Verteidigungsmittel vorzubringen, soweit es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht (§ 277 Abs. 1 S. 1 ZPO).
35Sämtliche Einwendungen, die die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 13.04.2016 gegen die Klage vorgebracht hat, insbesondere das Zuschreiben der Verantwortung zu der Streithelferin, hätten auch bereits in der Klageerwiderung vorgetragen werden können. Insbesondere war der Vortrag nicht erst durch die Replik der Klägerin oder weiteren Vortrag der Streithelfer veranlasst worden. Vielmehr handelt es sich – neun Tage vor dem angesetzten Verhandlungstermin – um einen vollständigen Wechsel der Verteidigungsstrategie. Das neue Vorbringen kurz vor dem Verhandlungstermin steht auch teilweise in Widerspruch zu der Klageerwiderung. Während die Beklagte in der Klageerwiderung den Wassereintritt als solchen noch bestritten hat, trägt sie nun plötzlich vor, ihr sei es zu verdanken, dass nicht weitere Schäden eingetreten sind (Seite 7 des Schriftsatzes vom 13.04.2016).
36Es liegt auf der Hand, dass sich weder die Kammer noch die Klägerin oder die Streithelfer binnen der kurzen verbleibenden Frist bis zum Verhandlungstermin auf diesen völlig neuen Vortrag der Beklagten einstellen konnten.
37Nach Überzeugung des Gerichts würde die Zulassung des neuen Vortrags den Rechtsstreit auch verzögern. Es gilt der absolute Verzögerungsbegriff (ständige Rechtsprechung, BGH NJW 2012, 2808; NJW 1983,576; Zöller, ZPO, § 296 Rn. 20). Danach liegt eine Verfahrensverzögerung vor, wenn die Zulassung des nach Fristablauf eingegangen Vortrags zu irgendeiner zeitlichen Verschiebung des Verfahrensablaufs zwingt, also der Prozess bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung. Dagegen ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Rechtsstreit bei rechtzeitigem Vorbringen ebenso lange gedauert hätte. Das Gericht ist allerdings verpflichtet, die Verspätung durch zumutbare Vorbereitungsmaßnahmen gemäß § 273 ZPO so weit wie möglich auszugleichen und dadurch eine drohende Verzögerung abzuwenden (BGH NJW 2012, 2808).
38Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend von einer Verzögerung auszugehen. Denn ohne Berücksichtigung des nachgeschobenen Vortrags stellt sich der Rechtsstreit dem Grunde nach und auch der Höhe nach (dazu siehe unten) als entscheidungsreif dar. Würde demgegenüber der neue Vortrag zugelassen, wäre eine umfangreiche Beweisaufnahme die zwingende Folge. Denn der neue Vortrag der Beklagten ist von der Klägerin und der Streithelferin zu 1 in den (nachgelassenen) Schriftsätzen vom 03.06.2016 und vom 31.05.2016 dezidiert bestritten worden. Dies betrifft beispielsweise den Vortrag, die Beklagte sei nicht zeitnah über Kernbohrungen im Dachbereich informiert worden, die Kernbohrungen seien erst nachträglich geplant worden, die Streithelferin zu 1 habe die Gewerke nicht korrekt geplant und die Beklagte habe dem Trockenbauunternehmen empfohlen, die unteren Gipskartonplatten innerhalb der Räume noch nicht zu montieren. Folglich müsste – bei Zulassung des verspäteten Vortrags – nochmals der Beklagtenseite Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem substantiierten Vortrag der Klägerin und der Streithelferin gegeben werden. Zwingende Folge wäre eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Ebenso würde sich einer Beweisaufnahme anschließen.
39Da eine Abwendung der Verzögerung durch prozessleitende Maßnahmen aufgrund des kurzen Zeitraums von nur 9 Tagen zwischen Eingang des Schriftsatzes und dem Verhandlungstermin nicht möglich war und die Verspätung seitens der Beklagten auch in keiner Weise entschuldigt worden ist, sind die Voraussetzungen gemäß § 296 Abs. 1 ZPO erfüllt und das neue Vorbringen der Beklagten ist zurückzuweisen. Rein ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass auch dann eine Verzögerung vorliegen würde, wenn man nicht von dem absoluten, sondern von dem relativen Verzögerungsbegriff (Zöller, ZPO, § 296 Rn. 21) ausgehen würde. Denn wäre der Vortrag aus dem Schriftsatz vom 13.04.2016 bereits in der Klageerwiderung im Dezember 2015 erfolgt, so wäre der Kammer genug Zeit verblieben, um zu dem Verhandlungstermin im April die angebotenen Zeugen zu laden, um die Verantwortlichkeiten für die Wassereintritte aufzuklären.
404.
41Die Beklagte hat die mangelhafte Abdichtung zu vertreten. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte nach Maßgabe des entsprechend der obigen Ausführungen feststehenden Sachverhalts diverse Löcher im Bereich der Kernbohrungen nicht korrekt eingerichtet hat. Damit hat sie gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verstoßen und somit fahrlässig gehandelt.
425.
43Nach alledem hat die Beklagte der Klägerin den kausalen Schaden zu ersetzen. § 4 Nr. 7 S. 2 VOB/B umfasst insoweit auch Mangelfolgeschäden (Palandt, BGB, § 634 Rn. 28).
44Die Beklagte ist dem Vortrag der Klägerin zum Umfang des Schadens wiederum nur in pauschaler und unsubstantiierter Weise entgegengetreten. Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.04.2016 erstmals fundierte Einwendungen zur Schadenshöhe erhebt, ist sie damit wiederum gemäß § 296 Abs. 1 ZPO präkludiert, wobei auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Denn auch dieser Vortrag ist nicht unstreitig geblieben.
45Die Klägerin hat insbesondere plausibel und substantiiert vorgetragen, dass infolge des Wassereintritts der Trockenbau in großen Teilen ausgetauscht werden musste. Dies ist zusätzlich belegt durch die Rechnung gemäß Anl. K6. Diese nimmt in ihrem Betreff ausdrücklich Bezug auf „Reparaturarbeiten nach Wasserschaden“. Anhaltspunkte dafür, dass in den Rechnungen auch nicht schadensbedingte Positionen abgerechnet worden sind haben sich für die Kammer nicht ergeben. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die abgerechneten Mengen unzutreffend und die angesetzten Preise unangemessen sind. Auch insoweit bleibt das Bestreiten der Beklagten pauschal und ohne Substanz. Die Klägerin hat deshalb gegen die Beklagte Anspruch auf Erstattung des Rechnungsbetrages. Da die Kammer davon ausgeht, dass die Beträge auch bereits vollständig durch die Klägerin bezahlt worden sind, hat die Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Schadensbeseitigung Anspruch auf den vollen Bruttobetrag i.H.v. 36.996,51 € (Position 1-3 der Kostenzusammenstellung gemäß Anlage K 14).
46Keinen Anspruch hat die Klägerin dagegen auf Erstattung i.H.v. 2.118,20 € für eine weitere Rechnung der Firma W (Position 4 der Kostenzusammenstellung gemäß Anlage K 14). Denn insoweit fehlt es schon an jeglichem Vortrag der Klägerin zu der Schadensposition. Es ist in keiner Weise erkennbar, wofür diese Kosten entstanden sind. Auch eine Rechnung wurde nicht vorgelegt. Die Schadensbedingtheit dieser Kosten ist deshalb nicht zur Überzeugung der Kammer dargetan.
47Anspruch hat die Klägerin dagegen auf Erstattung der Kosten, die Sie an die Firma Q GmbH für die Bautrocknung bezahlt hat (Position 5 gemäß Anlage K 14). Es ist ohne weiteres plausibel und nachvollziehbar, dass nach dem Wassereintritt zunächst umfangreiche Trocknungsmaßnahmen durchgeführt werden mussten. Die angesetzten Preise erscheinen nach den Erfahrungen der erkennenden Kammer als Baukammer nicht überhöht, so dass die Rechnung i.H.v. 1249,50 € durch die Beklagte zu erstatten ist.
48Zur Überzeugung der Kammer ist weiterhin belegt, dass schadenbedingt die Conlit- Brandschutzschalen ausgetauscht werden mussten (Position 6). Dies ergibt sich insbesondere aus der Stellungnahme der Streithelferin zu 2 (Anl. K8). Der Betreff der Rechnung belegt, dass in der Rechnung nur Zusatzarbeiten infolge des Wasserschadens abgerechnet worden sind. Auch hier geht die Kammer davon aus, dass die angesetzten Preise angemessen sind. Es ergibt sich ein Zahlungsanspruch zu Gunsten der Klägerin von 1534,45 €.
49Ebenso hält die Kammer es für schlüssig dargelegt, dass Elektroarbeiten, die bereits erledigt waren, nach dem Wasserschaden wiederholt werden mussten (Position 7). Anhaltspunkte für eine überhöhte Abrechnung sieht die Kammer nicht. Daraus folgt ein weiterer Zahlungsanspruch i.H.v. 374,85 €.
50Schließlich hält die Kammer auch schadensbedingte Nacharbeiten an dem Estrich i.H.v. 416,50 € für schlüssig dargetan (Position 8).
51Hinsichtlich der entgangenen Mieteinnahmen (Positionen 9 und 10) ist zu differenzieren. Schlüssig dargelegt ist lediglich eine Verzögerung der Fertigstellung des Baus um einen Monat. Denn der Vortrag der Klägerin in dem Schriftsatz vom 01.02.2016 (Bl. 171) geht dahin, dass ursprünglich eine Bezugsfertigkeit zum 01.11.2013 vorgesehen war. Aufgrund des Wasserschadens sei das Objekt aber erst zum 01.12.2013 bezugsfertig gewesen. Damit ergibt sich zugleich, dass ein Mietverlust für den halben Dezember, wie aus Anlage K 14 ersichtlich, nicht schlüssig ist. Folgerichtig wird dieser Mietverlust in der Klageschrift auch nicht angesprochen. Soweit es um einen Mietverlust für den Monat November 2013 geht, hält die Kammer den Vortrag auf Grundlage der Anlage K 12 für schlüssig. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass den Mieteinnahmen auch Kosten gegenüberstehen, die nicht auf die Mieter abgewälzt werden können (beispielsweise Kosten einer Hausverwaltung). Diese Kosten sind durch die spätere Fertigstellung erspart worden. Insofern ist der Schaden der Klägerin geringer. Unter Berücksichtigung der anfallenden Kosten schätzt die Kammer den Verlust durch die spätere Vermietung auf 10.000 € (§ 287 ZPO).
52Kosten für die weitere Projektsteuerung hält die Kammer im Grunde für berechtigt (Positionen 11 und 12). Da sich das Projekt entsprechend der obigen Ausführungen allerdings nur um einen Monat verzögert hat, kann die Klägerin auch nur für einen Monat die weiteren Kosten der Projektsteuerung geltend machen. Soweit die Klägerin anführt, dass die Aufarbeitung und Abwicklung des Schadens einen weiteren Monat Arbeit bedeutete, kann sie damit nicht durchdringen. In dieser Hinsicht ist der Vortrag nach Überzeugung der Kammer unsubstantiiert. Hinzukommt, dass die Klägerin gleichzeitig auch Rechtsanwaltskosten geltend macht, die schließlich auch für die Abwicklung des Schadens verlangt werden. Es besteht daher nur ein Anspruch der Klägerin i.H.v. 2748,90 €.
53Es ergibt sich bei Addition ein Gesamtanspruch der Klägerin gegen die Beklagte von 53.320,71 €.
54Hiervon abzuziehen ist die unstreitige Restwerklohnforderung der Beklagten i.H.v. 3831 €. Dadurch verbleibt ein Gesamtanspruch i.H.v. 49.489,71 €.
556.
56Gegen diesen Anspruch kann die Beklagte nicht mit ihrer behaupteten weiteren Restwerklohnforderung aufrechnen. Mit Schriftsatz vom 13.04.2016 hat die Beklagte erstmals ihre Schlussrechnung vom 04.07.2014 vorgelegt und die Aufrechnung erklärt. Es ist nicht ansatzweise erkennbar, warum die Beklagte die Schlussrechnung aus Juli 2014 nicht auch schon in ihrer Klageerwiderung hätte vorlegen können. Da die Richtigkeit der Schlussrechnung in dem nachgelassenen Schriftsatz der Klägerin vom 03.06.2016 bestritten worden ist, ist die Aufrechnung als Verteidigungsmittel als verspätet zurückzuweisen (§ 296 Abs. 1 ZPO).
577.
58Ebenfalls Anspruch hat die Klägerin auf Erstattung der ihr vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten. Insbesondere war die Einschaltung eines Rechtsanwalts angesichts der Komplexität der vorliegend geltend gemachten baurechtlichen Mängelansprüche erforderlich. Anzusetzen ist allerdings nur eine 2,0 Geschäftsgebühr aus einem Streitwert i.H.v. 49.489,71 €. Zwar ist der Klägerseite zuzustimmen, dass der Umfang der Sache überdurchschnittlich ist, so dass die Ansetzung einer Geschäftsgebühr oberhalb von 1,3 angemessen ist. Gleichwohl erscheint es nicht gerechtfertigt, die Höchstgebühr von 2,5 anzusetzen. Nach Abwägung aller Umstände erscheint eine 2,0 Gebühr angemessen, aber auch ausreichend.
59Insgesamt ergibt sich eine Vergütung i.H.v. 2791,74 € inklusive Postpauschale und Mehrwertsteuer. Die Kammer hat zur Klarstellung die Rechtsanwaltskosten im Tenor von der Hauptforderung getrennt, weil es sich lediglich um eine Nebenforderung handelt, die nicht streitwerterhöhend ist.
60Die zuerkannten Ansprüche sind gemäß §§ 288 I, 286 I, 291 BGB ab dem 17.10.2015 zu verzinsen, da die Klage am 16.10.2015 zugestellt wurde. Ein früherer Beginn der Verzinsung ergibt sich aus der Klagebegründung nicht und ist im Übrigen aufgrund der missverständlichen Formulierung des Klageantrags auch nicht beantragt gewesen.
61II.
62Der Feststellungsantrag ist – auch ungeachtet der unverständlichen Formulierung – unzulässig.
63Gemäß § 256 Abs. 1 ZPO kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Die Feststellungsklage dient dabei allgemein dem Zweck, Rechtsgewissheit dort zu erlangen, wo eine Durchsetzung subjektiver Rechte durch Leistungsurteil oder eine Rechtsänderung durch Gestaltungsurteil nicht möglich ist (vgl. Zöller/Greger, 31. Auflage, § 256 Rn. 1). Eine Feststellungsklage ist demzufolge nur dann zulässig, wenn sie ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO zum Gegenstand hat und der die Feststellung begehrenden Partei ein schutzwürdiges Interesse an alsbaldiger Feststellung zuzubilligen ist (OLG Hamm, Urteil vom 26. September 2013 – I-21 U 64/13, 21 U 64/13 –, Rn. 186).
64Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO besteht nur dann, wenn dem subjektiven Recht der klagenden Partei eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, dass die beklagte Partei es ernstlich bestreitet, und wenn das erstrebte Feststellungsurteil infolge seiner Rechtskraft dazu geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (vgl. BGH, NJW 2010, 1877; BGH, NJW 1986, 2507; Zöller/Greger, 29. Auflage 2012, § 256 Rn. 7 jeweils m.w.N.).
65Vorliegend fehlt jeglicher Vortrag der Klägerin, inwieweit in der Zukunft weitere Schäden zu erwarten sind. Die Begründung des Feststellungsantrags erschöpft sich in einem einzigen Satz auf Seite 14 der Klageschrift, wonach trocknungsbedingte Stromkosten noch nicht final bekannt seien. Dieser Vortrag ist ersichtlich unsubstantiiert und nicht geeignet, einen umfassenden Feststellungsantrag zu rechtfertigen. Es erschließt sich schon nicht, warum für Reparaturarbeiten, die ausweislich der vorgelegten Rechnungen (Anl. K6 ff.) in der zweiten Jahreshälfte 2013 erledigt worden sind, im Jahr 2016 die Stromkosten noch nicht abschließend bekannt sein sollten. Auch ein Anfall der Mehrwertsteuer als weiterer Schaden steht nicht im Raum, weil die Klägerin die Behebung der Schäden bereits hat durchführen lassen und entsprechende Rechnungen vorgelegt hat, so dass ohnehin bereits Bruttobeträge abgerechnet worden sind.
66Der Feststellungsantrag hat deshalb keinen Erfolg.
67III.
68Die in dem nachgelassenen Schriftsatz vom 03.07.2016 vorgenommene „Korrektur“ des Antrags war nicht zu berücksichtigen. Denn diese Korrektur liefe auf eine teilweise Klagerücknahme hinaus. Eine solche ist nach mündlicher Verhandlung nur mit Zustimmung der Gegenseite zulässig (§ 269 Abs. 1 ZPO), die nicht vorliegt. Der tatsächlich gestellte Antrag ist deshalb für die Kostenquote und den Streitwert maßgeblich. Die Kosten der Streithelfer zu 1) und 3) waren vollständig der Beklagten aufzuerlegen, nachdem diese nur einen eingeschränkten Antrag gestellt hatten, der insoweit (nahezu) vollständig Erfolg hatte (vgl. Zöller, ZPO, 31. Auflage, § 101 Rn. 2).
69Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 101 Abs. 1, 709 ZPO.
70Streitwert: 65.000 Euro (inkl. Feststellungsantrag)
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Referenzen
- ZPO § 296 Zurückweisung verspäteten Vorbringens 4x
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- ZPO § 275 Früher erster Termin 1x
- 21 U 64/13 2x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 1x
- ZPO § 277 Klageerwiderung; Replik 1x
- ZPO § 256 Feststellungsklage 3x
- ZPO § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung 1x
- ZPO § 269 Klagerücknahme 1x
- ZPO § 101 Kosten einer Nebenintervention 1x
- BGB § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden 1x
- ZPO § 273 Vorbereitung des Termins 1x
- ZPO § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht 1x