Urteil vom Landgericht Magdeburg (11. Zivilkammer) - 11 O 306/13

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.928,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 2.5.2012 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Zugleich wird beschlossen: Der Streitwert wird auf 6.928 € festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Versicherung, verlangt von dem Beklagten, einem Versicherungsmakler, die Rückerstattung geleisteter Provisionen für die Vermittlung von Versicherungsverträgen die notleidend und schließlich von den Versicherungsnehmern gekündigt worden sind, nachdem diese der Versicherung bereits mit e-mail vom 6.1. 2012 mitgeteilt hatten wegen einer zu erwartenden Einkommensverschlechterung die Prämien nicht mehr aufbringen zu können (Anlage K 7).

2

Dem Vertragsverhältnis mit dem Beklagten liegt eine Courtageabrede zugrunde, die unter anderem folgende Bedingungen enthalten (Anlage K 1, Blatt 22 Anlagenband):

3

….

4

„c) Abweichend von a) ist die Abschlusscourtage: Diesem Vertrag liegen die Courtagebedingungen für Lebensversicherungen, Abschnitt III, Ziff 3 c zugrunde

5

6

- fondgebundene Lebens- oder Rentenversicherungen mit laufender Beitragszahlung nach den Tarifen F 309, FR 308 bzw. FR3B08 (incl. einer eventuell eingeschlossenen Beitragsbefreiung im Rahmen einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeits- Zusatzversicherung) und

7

- fondgebundene Versicherungen mit Garantie/nach dem AvmG nach den Tarifen FRG08, FRGGo8

8

die vor Ablauf der Haftzeit von 60 beitragspflichtigen Monaten aufgehoben oder auf sonstige Weise beendet werden, zu 1/60 pro Monat der Beendigung vor Ablauf der Haftzeit zurückzuzahlen.

9

Im Einzelnen liegen der Forderung der Klägerin folgende stornierten Verträge zugrunde:

10

1. Versicherungsnehmer Matthias G

11

Fondsgebundene Rentenversicherung, Vertragsnummer 151496260 (Tarif FR 3)

12

Vertragsbeginn 1.11.2011

13

Vermittlungsprovision 3.572,09 € (Anlage K 6)

14

Vertragskündigung zum 31.1.2012 (Anlage K 12)

15

Auf diesen Vertrag leistete der Versicherungsnehmer in der Zeit vom 1.11.2011 bis 31.1.2012 drei Monatsbeiträge. Nach Beendigung des Vertrages errechnete die Klägerin eine unverdiente Courtage in Höhe von 3.396,49 €.

16

2. Versicherungsnehmerin Kathrin G

17

Fondsgebundene Rentenversicherung, Vertragsnummer 151497932 (Tarif FR 3)

18

Vertragsbeginn 1.11.2011

19

Vermittlungsprovision 3.721,55 € (Anlage K 16)

20

Vertragskündigung zum 31.1.2012 (Anlage K 18)

21

Auf diesen Vertrag leistete die Versicherungsnehmerin in der Zeit vom 1.11.2011 bis 31.1.2012 drei Monatsbeiträge. Nach Beendigung des Vertrages errechnete die Klägerin auf der Grundlage der vereinbarten Courtageabrede eine unverdiente Courtage in Höhe von 3.535,48 €.

22

Die Klägerin führte ein Kontokorrentkonto auf dem die Courtagen und Rückbelastungen verbucht wurden und das monatlich abgerechnet wurde.

23

Zur Kontoführung haben die Parteien folgendes vereinbart:

24

„Courtagen und sonstige Vergütungen sowie Belastungen werden auf dem o.g. für die Geschäftstätigkeit des Maklers eingerichteten Abrechnungskonto gebucht, das in Form eines Kontokorrentkontos geführt wird. Das Abrechnungskonto wird monatlich abgerechnet, sofern Buchungen anfallen. Reklamationen sind an die zuständige Abrechnungsstelle zu richten. Erfolgt eine Reklamation nicht innerhalb von 14 Tagen seit Zugang der Abrechnung, gilt der Kontoauszug als anerkannt“ (Courtagezusage, Anlage K 1, Ziff 2, Anlagenband Blatt 1).

25

Am 18.12.2012 wies das Konto einen Schuldsaldo von 6928,97 € aus (Anlage K 3).

26

Die Klägerin versuchte zunächst die notleidenden Verträge durch Nachbearbeitungsmaßnahmen zu retten, indem sie den Versicherungsnehmern Matthias und Kathrin G die Möglichkeit einer befristeten Beitragsfreistellung anbot (Schreiben vom 9.1.2012, Anlage K 8 und K 10, Anlagenband) und ihnen erklärte, dass eine unbefristete Beitragsfreistellung noch nicht in Betracht käme, weil ein Fondvermögen von 1000 € noch nicht erreicht war. Die zunächst erhobene Behauptung, dem Beklagten eine Stornogefahrenmitteilung übersandt zu haben, hielt sie nicht aufrecht (SS 28.5.2013, S. 2). Eine von den Versicherungsnehmern gestellte Frage, wann ein Fondguthaben von 1000 € erreicht werde, konnte sie wegen der Kapitalmarktabhängigkeit des gewählten Investmentfonds noch nicht beantworten und verwies auf die gutgeschriebenen Anteilseinheiten (Anlagen K 10 und K 14, Anlagenband).

27

Nachdem die Versicherungsnehmer eine beantragte Beitragsfreistellung ablehnten und mit Schreiben vom 19.1.2012 die Kündigung erklärten (Anlage K 11 und K 18, Anlagenband), forderte die Klägerin die Courtagen anteilsmäßig zurück und wies erhobene Einwendungen gegen die Abrechnungen mit Schreiben vom 27.6.2012 zurück (Anlage K 22, Anlagenband). Im Übrigen meint sie, der Beklagte müsse sich bereits den Kontoauszug als abstraktes Schuldanerkenntnis entgegenhalten lassen. Außerdem rechne der Beklagte zum Lager des Versicherungsnehmers, weshalb diese von diesem selbst zu beraten gewesen seien. Das ergebe sich auch aus der Courtagevereinbarung. Beitragsreduzierungen auszuhandeln, die bei fondgebundenen Rentenversicherungen grundsätzlich möglich seien, sei seine Sache.

28

Am 24.11. 2012 ließ die Klägerin dem Beklagten einen Mahnbescheid über eine Hauptforderung in Höhe von 7.593, 96 € zustellen, wogegen der Beklagte einen Teilwiderspruch in Höhe von 6.928,97 € nebst anteiliger Zinsen und Kosten einlegte.

29

Die Klägerin beantragt,

30

den Beklagten zu verurteilen, an sie 6.928,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 7.893,96 € für den Zeitraum 2.5.2012 bis 17.12.2012 sowie weitere

31

Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 6.928,97 € seit dem 18.12.2012 zu bezahlen,

32

ferner zu verurteilen, ihn von den vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 718,40 € gegenüber der Rechtsanwaltskanzlei M und H, B 13, ... D freizustellen.

33

Der Beklagte beantragt,

34

die Klage abzuweisen.

35

Er wendet sich im Wesentlichen dagegen, dass die Klägerin in ausreichendem Maße vertragserhaltend tätig geworden sei und moniert eine unterlassene Stornogefahrenmitteilung. Der Beklagte habe dadurch selbst keine Möglichkeit gehabt, auf die Zeugen G vertragserhaltend einzuwirken. Die Versicherungsnehmer hätten eine bestmögliche Lösung begehrt. Die Klägerin habe es unterlassen, den Versicherungsnehmern günstigere Tarife anzubieten, obgleich dies möglich gewesen wäre. Eine Beitragsreduzierung gehe einer Beitragsfreistellung vor. Die angebotene Lösung hätten die Versicherungsnehmer nicht gewollt. Die Klägerin habe durch ihr Verhalten gezeigt, dass sie an der Kundenzufriedenheit nur ein geringes Interesse gehabt habe. Sie wäre verpflichtet gewesen nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen und auf eine Rücknahme der Kündigung hinzuwirken.

36

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

37

Die Klage ist begründet.

38

Die Klägerin hat aufgrund der mit dem Beklagten vereinbarten Courtagebedingungen Anspruch auf die geltend gemachten Rückvergütungen, weil die in Rede stehenden Verträge mit den Versicherungsnehmern Matthias und Kathrin G (Vertragsnummer 151496260 (Tarif FR 3) und Vertragsnummer 151497932 (Tarif FR 3) vor Ablauf der Haftzeit von 60 beitragspflichtigen Monaten aufgehoben oder auf sonstige Weise beendet worden sind. Denn die Versicherungsnehmer haben die Verträge unstreitig zum 31.1.2012 gekündigt, weshalb der Beklagte verpflichtet ist, die erhaltene Courtage entsprechend der Vereinbarung zurückzuzahlen.

39

a) Der Anspruch ergibt sich jedoch nicht bereits aufgrund der vereinbarten Kontoführungsregeln aufgrund eines abstrakten Schuldanerkenntnisses, weil der Beklagte der Abrechnung bereits seit Januar 2012 wiederholt widersprochen hat. Das ergibt sich aus dem Schreiben der Anwälte M H vom 27.6.2012 (Anlage K 22). Auf die erhobenen Einwendungen des Beklagten wird dort ausdrücklich Bezug genommen, weshalb sich der gegenteilige Vortrag der Klägerin der Kammer insoweit nicht plausibel erschließt.

40

b) Allerdings hat der Beklagte gegen die Berechnung an sich keine Einwände erhoben, so dass – im Hinblick auf den eingelegten Teilwiderspruch, der unstreitig die streitgegenständlichen Forderungen umfasst - die Kammer die klägerische Berechnung jedenfalls soweit hier über sie zu entscheiden ist, als unstreitig zugrunde legen kann (§ 138 Abs. 3 ZPO).

41

c) Der Anspruch ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin nicht in angemessener Weise die Interessen des Beklagten am Erhalt seiner Courtage gewahrt hätte, indem sie in ernsthafter Weise auf den Erhalt der Verträge hingewirkt hätte. Der Beklagte geht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH zwar zutreffend davon aus, dass aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Einzelfall auch von einer Versicherung gegenüber dem Versicherungsmakler Stornoabwehrmaßnahmen geschuldet werden können, nämlich dann, wenn sich die Einzelfallumstände so darstellen, dass der Versicherungsmakler aufgrund seines Tätigkeitsbildes dem Versicherungsvertreter angenähert ist. Ob und in welchem Umfang eine derartige Pflicht besteht lässt sich aber nicht abstrakt bestimmen sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGH VersR 2011, 345 bei juris Rn 17). Jedenfalls darf die Versicherung insoweit nicht mehr tun, als der Makler selbst zur Wahrung seines Provisionsinteresses tun darf. Insbesondere ist diesem eine Beratung des Versicherungsnehmers, die sich ausschließlich an seinem Provisionsinteresse orientiert, verwehrt.

42

aa) Ein Verstoß gegen § 242 BGB ist der Klägerin nicht vorzuwerfen. Herr und Frau G sind ihrer Pflicht zur Prämienzahlung nicht etwa deshalb nicht mehr nachgekommen, weil der Vertrag aufgrund von Nachlässigkeiten oder sonstigen Fehlvorstellungen über ihre Vertragspflichten notleidend geworden wäre, sondern weil die Versicherungsnehmer aufgrund von erwarteten Einkommensveränderungen die Prämienzahlungen der von ihnen gewählten Versicherungen nicht mehr haben aufbringen können. Das ergibt sich jedenfalls aus ihrer Mitteilung vom 6.1.2012 (Anlage K 7).

43

Abgesehen davon, dass bereits die vom Beklagten thematisierte Frage, ob die Fortsetzung eines Versicherungsvertrages mit anderweitigen Tarifen eine bessere Lösung als der hier gewählte Weg von Beitragsfreistellung und Kündigung darstellt, nicht abstrakt generell, sondern nur anhand der wirtschaftlichen Verhältnisse des Einzelfalles beantwortet werden kann, hat auch nicht der Beklagte zu entscheiden, welche Lösung die bessere ist, sondern der Versicherungsnehmer, weil Gegenstand der Entscheidung „sein“ Vertrag ist und die hieraus erwachsenen Rechte und Pflichten seine Lebensverhältnisse beeinflussen und mitbestimmen. Diesem Interesse ist das Provisionsinteresse des Maklers nachgeordnet. Die Versicherungsnehmer haben sich hier entschieden den Vertrag zu kündigen, obwohl er jedenfalls für einen befristeten Zeitraum beitragsfrei hätte gestellt werden können. Für die Meinung des Beklagten, die Versicherungsnehmer hätten etwas anderes gewollt als sie schließlich getan haben, sind keine tatsächlichen Grundlagen erkennbar. Denn nach dem vorgelegten Schriftverkehr haben Herr und Frau G als Versicherungsnehmer nicht nachgefragt, ob sie den Vertrag mit einer geringeren Prämie fortsetzen können, sondern wann das Fondsvermögen 1000 € erreicht, weil ein Fondguthaben von 1.000 € die Voraussetzung für eine unbefristete Beitragsfreistellung gewesen wäre. Diese Frage ist von der Klägerin beantwortet worden, indem sie auf die gutgeschriebenen Anteilseinheiten und im Übrigen auf den Kapitalmarkt verwiesen hat. Daraufhin haben die Versicherungsnehmer gekündigt. An dieser Willenserklärung müssen sie sich jedenfalls im Rechtsverkehr festhalten lassen. Einer Vernehmung der als Zeugen angebotenen Versicherungsnehmer bedarf es aus diesem Grunde nicht.

44

bb) Einen Beratungsfehler muss sich die Klägerin insoweit auch nicht vorwerfen lassen. Es kann letztlich offen bleiben, ob unter den mitgeteilten Umständen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 4 VVG zu einer weitergehenden Beratung überhaupt vorlagen, weil das Gesetz eine derartige Pflicht an einen für die Versicherung erkennbaren Anlass knüpft. Insoweit hat der Beklagte darauf abgestellt, dass die Versicherungsnehmer in der Anlage K 7 zwar nach einer bestmöglichen Lösung nachgefragt haben. Andererseits lässt sich dem Schreiben aber auch nicht entnehmen, dass es sich um mehr als nur eine floskelhafte Wendung gehandelt hat, die ebenso gebräuchlich, wie inhaltlich nichtssagend ist. Die tatsächlich erhebliche Information, die der Versicherung im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 4 VVG einen Anlass zu der von dem Beklagten angestellten Erwägung hätte geben können, nämlich dass die Prämie jedenfalls noch teilweise hätte aufgebracht werden können, haben die Versicherungsnehmer gerade nicht mitgeteilt und Fragen die in diese Richtung zielen auch nicht gestellt. Die Rechtsfrage kann die Kammer offen lassen, weil der Klägerin gemäß § 6 Abs. 6 VVG anlassbezogene Beratungspflichten jedenfalls dann nicht obliegen, wenn die Verträge, wie das hier der Fall gewesen ist, von einem Versicherungsmakler vermittelt worden sind. Diese Beratungsleistung obliegt in so einem Fall dem Beklagten, weil er als Makler der Sachwalter des Versicherungsnehmers ist. Das ist in der Courtagevereinbarung auch eindeutig klargestellt. Das vom Beklagten aufgeworfene Thema der „Kundenzufriedenheit“, das im Übrigen keine rechtliche Fragestellung sondern eine unternehmerische Zielstellung beinhaltet, ist deshalb auch ein Thema des Beklagten. Auf die Frage in welcher Weise der Beklagte im Übrigen mit der Klägerin zusammenarbeitet hat, kommt es insoweit nicht an. Die Courtageabrede ist insoweit eindeutig. Diese hat er als Makler abgeschlossen, weshalb er sich an der Pflichtenlage des Maklers auch festhalten lassen muss.

45

cc) Soweit der Beklagte behauptet hat, dass er aufgrund einer unterbliebenen Stornogefahrenmitteilung nicht habe tätig werden können, greift auch diese Überlegung nicht durch. Zutreffend hat die Klägerin zwar darauf verwiesen, dass sie nach der Rechtsprechung grundsätzlich die Wahl hat, ob sie eigene Bemühungen unternimmt den Vertrag zu erhalten, oder den Beklagten über eine Stornogefahrenmitteilung hiervon in Kenntnis setzt. Unterlässt sie eine Stornogefahrenmitteilung und wird selbst tätig, müssen die von ihr getroffenen Maßnahmen aber ausreichend sein (vgl. hierzu näher BGH VersR 2005, 1078, bei juris Rn 11; festhaltend BGH VersR 2011,345 bei juris Rn 23).

46

dd) Der Auffassung des Beklagten, dass die Klägerin durch ihr Angebot einer befristeten Beitragsfreistellung eine ausreichende die Verträge erhaltende Maßnahme unterlassen hätte, vermag die Kammer nicht zu folgen. Denn hierzu hat der Beklagte in tatsächlicher Hinsicht nichts vorgetragen. Insoweit genügt es nicht, nur unsubstantiiert die Erwägung in den Raum zu stellen, der Vertrag hätte beitragsreduziert fortgesetzt werden können. Insoweit muss sich der Beklagte auch Gedanken machen, ob diese Erwägung aufgrund der gegebenen Lebensverhältnisse der Versicherungsnehmer auch realisierbar gewesen wäre, weil diese Maßnahme auf die der Beklagte abstellt, nicht mehr dazu dient, den bestehenden Vertrag „nachzubearbeiten“ und die Versicherungsnehmer zur Erfüllung ihrer Pflichten anzuhalten, sondern in gestaltender Weise ihre Dispositionsfreiheit berührt. Denn mit einem anderen Tarif erhalten sie in der Sache auch ein verändertes Produkt. Deshalb gehören zu den Überlegungen des Beklagten notwendigerweise Ausführungen zu der Frage, ob überhaupt noch eine Restleistungsfähigkeit der Versicherungsnehmer vorhanden gewesen wäre und ob eine Beitragsreduzierung den durch den zu erwartenden Einkommensrückgang geänderten Interessen des Versicherungsnehmers, angesichts der Risiken die mit einer fondgebundenen Versicherung verbunden sind, überhaupt noch entsprochen hätte. Darin liegt auch keine Verkennung der Darlegungs- und Beweislast, weil es im vorliegenden Fall nicht um die Frage geht, ob die Klägerin ausreichende Nachbearbeitungsmaßnahmen getroffen hat, sondern, ob die Eignung derjenigen von der Klägerin dargelegten und aufgrund des vorgelegten Schriftverkehrs bewiesenen Maßnahmen, die in Fällen fehlender Leistungsfähigkeit typischerweise ausreichend gewesen sind, aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls vom Beklagten erschüttert worden ist. Wie sich aus der Anlage K 22 ergibt, hat der Beklagte bereits mehrfach, nämlich bereits seit Januar 2012 Einwendungen erhoben. Trotz eingehender Erörterung im Prozess und weiterer Gelegenheit zum Vortrag- hat er in tatsächlicher Hinsicht gleichwohl nichts mehr dargelegt, was die vorgelegten Hergänge erschüttert hätte, obwohl er als Sachwalter der Versicherungsnehmer nach § 138 Abs. 2 ZPO in der Lage hätte sein müssen, die konkreten Einzelheiten zu einer fortbestehenden reduzierten Leistungsfähigkeit und einem Vertragsfortsetzungswillen der Versicherungsnehmer darzulegen, wenn eine Beitragsreduzierung tatsächlich ihrem Willen entsprochen hätte. Hierzu bedarf es auch keiner Versicherungsunterlagen die sich „nur im Besitz der Klägerin“ befinden, sondern eines vertrauenswürdigen Gesprächs mit den Versicherungsnehmern, das ihre tatsächlichen Bedürfnisse, d.h. ihre Leistungsfähigkeit und ihre Risikobereitschaft beachtet und das schon deshalb unerlässlich ist, weil die Bedarfs- und Risikobelehrungen ohnehin dokumentationspflichtig sind (§ 61 Abs. 1 VVG). Es ist deshalb kein zureichender tatsächlicher Anhaltspunkt erkennbar, der nichtssagenden Allgemeinplätzen wie einer „gemeinsame Suche“ nach einer anderweitigen Lösung, worauf der Beklagte zuletzt abgestellt hat (SS 15.7.2013) Substanz verleiht und ein Hinwirken auf eine Rücknahme einer Kündigung des Versicherungsnehmers ( nicht des Versicherers) überhaupt als vertretbare Maßnahme erscheinen lässt, wenn nicht in erkennbarer Weise dargelegt ist, dass die Versicherungsnehmer überhaupt noch über die für eine fondgebundene Rentenversicherung erforderlichen freien Mittel verfügt haben und sich eine entsprechende Versicherung zu anderen Konditionen hätten leisten wollen oder können. Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der zuletzt unstreitig unterbliebenen Stornogefahrenmitteilung und einem Vertragserhalt kann die Kammer bei dieser Sachlage nicht herstellen. Soweit die Klägerin zuletzt in den Raum gestellt hat, auch ein von ihr beauftragte Agent habe auch nichts mehr erreichen können, bedarf dies deshalb auch keiner weiteren Klärung mehr.

47

d) Der Zinsanspruch war auf den Umfang des Teilwiderspruchs zu beschränken, weil das Verfahren nur im Umfang des Teilwiderspruchs abgegeben wurde. Nach Mitteilung des Amtsgerichts umfasst der Teilwiderspruch nur die Hauptforderung in Höhe von 6.928,97 €, die Zinsen soweit der Hauptforderung widersprochen wurde und die Verfahrenskosten (Aktenausdruck, Blatt 5). Dementsprechend ist das Verfahren im Übrigen bereits wegen der Zustellung des Mahnbescheids anderweitig rechtshängig (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, 694, 699 Satz 1 ZPO). Das gilt auch für die geltend gemachte Nebenforderung in Höhe der vorprozessualen nicht anrechenbaren Anwaltskosten, weil insoweit kein Widerspruch eingelegt worden ist. Die Voraussetzungen des § 701 ZPO, dass sie also das Mahnverfahren im Übrigen nicht mehr betrieben hat, sind von der Klägerin nicht dargelegt. Eines gesonderten Hinweises bedurfte es deswegen nicht, weil nur eine Nebenforderung betroffen ist (§ 139 Abs. 2 ZPO). Der Zinszeitpunkt ergibt sich aus der Anlage K 22. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.


Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen