Urteil vom Landgericht Mönchengladbach - 10 O 133/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Klägern auferlegt.
Dieses Urteil ist für die Beklagte hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Kläger nehmen die Beklagte auf Feststellung in Anspruch, dass ein wirksamer Darlehensvertrag nicht (mehr) besteht.
3Die Kläger schlossen bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der ….., in deren Filiale in …..unter dem 12.11.2008 einen Darlehensvertrag über einen Darlehensbetrag von 34.000 EUR ab. Das Darlehen diente der Nachfinanzierung eines Umbaus des Hauses der Kläger, ……. Die Parteien vereinbarten einen Zinssatz von nominal 4,98 % p.a., der zunächst bis zum 30.11.2018 festgeschrieben sein sollte. Das Darlehen sollte beginnend mit dem 30.11.2009 bei einer jährlichen Tilgung von 1,5 % zuzüglich ersparter Zinsen in monatlichen Raten von 183,60 EUR zurückgeführt werden und wurde durch eine Grundschuld auf dem im Vertrag genannten Grundstück gesichert.
4In dem Vertrag war auf Seite 5 eine durch einen vor der Unterschriftszeile platzierten, umrahmten und hinterlegten Kasten hervorgehobene Widerrufsbelehrung enthalten, die die Kläger auf ihr Widerrufsrecht hinwies, klarstellte, dass der Widerruf in Textform erfolgen müsse und im übrigen auszugsweise wie folgt lautete:
5„Fristlauf
6Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir
7- Ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung
8- Eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrags ausgehändigt wurde. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufes.
9Adressat des Widerrufes
10Der Widerruf ist zu senden an (…)
11Widerruf bei bereits erhaltener Leistung
12Habe ich vor Ablauf der Widerrufsfrist bereits eine Leistung von der Bank erhalten, so kann ich mein Widerrufsrecht dennoch ausüben. Widerrufe ich in diesem Fall, so muss ich die empfangene Leistung jedoch an die Bank zurückgewähren und der Bank die von mir aus der Leistung gezogene Nutzung herausgeben.
13Kann ich die von der Bank mir gegenüber erbrachte Leistung ganz oder teilweise nicht zurückgewähren – beispielsweise weil diese nach dem Inhalt der erhaltenen Leistung ausgeschlossen ist –, so bin ich verpflichtet, insoweit Wertersatz zu leisten. Dies gilt auch für den Fall, dass sich die von der Bank erbrachte Leistung bestimmungsgemäß genutzt habe. Diese Verpflichtung zum Wertersatz kann ich vermeiden, wenn ich die Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist nicht in Anspruch nehme.
14Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen muss ich/müssen wir innerhalb von 30 Tagen nach Absendung meiner Widerrufserklärung und muss die Bank innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Widerrufserklärung erfüllen.“(Bl. 8 d.A.).
15Hinsichtlich des weiteren Inhalts des Darlehensvertrages wird auf die zur Akte gereichte Vertragsurkunde (Bl. 5 ff. der Akte) Bezug genommen.
16Zum 31.1.2011 übertrug die ….. das Privatkundengeschäft einschließlich des Darlehensmanagements auf die Beklagte.
17Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.6.2014 widerriefen die Kläger den Darlehensvertrag und erklärten hilfsweise dessen Kündigung. Mit Schreiben vom 24.07.2014 wies die Beklagte den Widerruf und die Kündigung als unberechtigt zurück.
18Mit einem am 11.12.2014 eingegangenen Schriftsatz haben die Kläger Klage vor dem Landgericht Frankfurt erhoben, das die Sache mit Beschluss vom 30.04.2015 auf Antrag des Klägervertreters an das Landgericht Mönchengladbach verwiesen hat (Bl. 98).
19Die Kläger sind der Auffassung, der Widerruf sei noch zulässig gewesen, da die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß gewesen sei und daher die Widerrufsfrist nicht in Lauf gesetzt habe. Insbesondere habe die Widerrufsbelehrung nicht hinreichend über die rechtlichen Folgen des Widerrufs aufgeklärt. Insoweit seien lediglich die Ansprüche der Bank aufgeführt, während die Ansprüche des Darlehensnehmers gegenüber der Bank fehlerhaft nicht erwähnt worden seien.
20Fehlerhaft sei die Widerrufsbelehrung ferner deshalb, da sie nicht ordnungsgemäß über den Fristbeginn belehre. Insoweit schreibe die Musterwiderrufsbelehrung die Formulierung vor: „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag nachdem wir …“. In der von der ….. verwendeten Formulierung werde jedoch nicht über den Fristbeginn, sondern – wie schon die Überschrift zeige – über den Fristlauf aufgeklärt.
21Auch die Belehrung über den Fristablauf sei zudem unzureichend, da sie nur einen Teil der Fristberechnung, nämlich deren Anfang erläutere und so den falschen Eindruck erwecke, dass die Kläger ihre Erklärung einen Tag nach der Aushändigung der Belehrung zwei Wochen lang widerrufen könnten. Tatsächlich ende die Frist aber genau 14 Tage nach Aushändigung der Belehrung. Über dieses deutlich wichtigere Fristende belehre jedoch die Widerrufsbelehrung nicht.
22Die Beklagte könne sich auch nicht auf den Schutz der Musterwiderrufsbelehrung berufen, da die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung dieser nicht in vollem Umfang entspreche.
23Die Kläger sind weiter der Auffassung, dass die im Rahmen der Übertragung des Privatkundengeschäfts erfolgte Übertragung der Darlehensforderungen nebst Sicherheiten gegen die Bedingungen des Baudarlehens verstießen, denn die Bank habe sich in Nr. 10 der Darlehensbedingungen verpflichtet, ordnungsgemäß bediente Darlehensforderungen nebst zugehöriger Sicherheiten nicht zu verkaufen.
24Jedenfalls stelle die Übernahme für die Kläger einen Gläubigerwechsel dar, der ohne Einwilligung und vorherige Kenntnis nicht hätte erfolgen dürfen. Hierzu behaupten die Kläger, sie hätten niemals einen Vertrag mit der Beklagten abgeschlossen, da diese aus ihrer Sicht einen extrem schlechten Ruf gehabt habe. Ihre mehrfachen Versuche, nach der Übernahme aus den Verträgen herauszukommen, seien jedoch von der Beklagten abgelehnt worden.
25Schon aus diesem Grund komme eine Verwirkung nicht in Betracht.
26Allein die Vertragsübernahme gewähre den Klägern nach ihrer Auffassung schon ein Sonderkündigungsrecht, auf das sie hätten hingewiesen werden müssen.
27Rein vorsorglich haben die Kläger den Darlehensvertrag mit Schriftsatz vom 28.07.2015 nochmals widerrufen.
28Die Kläger beantragen,
291.
30Festzustellen, dass ein wirksames Darlehensverhältnis über 45.000 EUR aufgrund des Darlehensvertrages vom 07.06.2010 mit der ….. nicht besteht.
312.
32Die Beklagte zu verurteilen, an sie notwendige außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.809,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2015 zu zahlen.
33Die Beklagten beantragt,
34die Klage abzuweisen.
35Sie ist der Auffassung, die ….. sei nicht verpflichtet gewesen, im Rahmen der Widerrufsbelehrung auch über die Rechtsfolgen des Widerrufs aufzuklären. Eine dahingehende Verpflichtung habe das Gesetz zur Zeit des Vertragsschlusses nicht vorgesehen.
36Sie ist weiter der Auffassung, die Widerrufsbelehrung habe auch nicht auf eine Weiterveräußerung der Darlehensforderung hinweisen müssen. Ein Verbot der Veräußerung ergebe sich auch nicht aus der Regelung in Nr. 10 des Darlehensvertrages. Die darin enthaltene Verpflichtung, ordnungsgemäß bediente Darlehen nicht zu veräußern, betreffe allein die Verpflichtung der Bank im Hinblick auf einzelne Forderungsverkäufe, nicht aber die vollständige Übertragung des gesamten Privatkundengeschäftes.
37Auch ein Sonderkündigungsrecht ergebe sich aus der Übernahme nicht. Sie sei auch nicht zustimmungspflichtig gewesen.
38Selbst wenn das Gericht die Widerrufsbelehrung für unwirksam halten würde, ist die Beklagte der Auffassung, dass dem erklärten Widerruf jedenfalls der Einwand der Verwirkung gemäß § 242 BGB entgegenstehe. Der Widerruf der Kläger sei 6 Jahre, nachdem der Darlehensvertrag abgeschlossen worden sei, und 4 Jahre nach der Übernahme des Privatkundengeschäfts durch die Beklagte erfolgt. Bis zu diesem Zeitpunkt hätten die Kläger der Beklagten keinen Anlass gegeben, daran zu zweifeln, dass sie an dem Darlehensvertrag festhalten wollten. Der Widerruf sei auch für vertragsfremde Zwecke erfolgt, nämlich in dem Bestreben, sich wirtschaftlich günstigere Darlehenskonditionen zu sichern. Das Widerrufsrecht solle aber den Verbraucher lediglich vor übereilten Entscheidungen schützen. Demgegenüber sei es nicht dafür geschaffen worden, dem Verbraucher die Möglichkeit einzuräumen, das wirtschaftliche Risiko gefallener Zinsen an den Darlehensgeber weiterzugeben.
39Entscheidungsgründe
40Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
41Dazu im Einzelnen:
42I.
43Die Klage ist zulässig. Insbesondere steht der erhobenen Feststellungsklage nicht entgegen, dass die Kläger vorrangig eine Leistungsklage hätten erheben können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich die Kammer insoweit anschließt, entfällt der Vorrang der Leistungsklage nämlich dann, wenn deren Erhebung umfangreiche Berechnungen erfordern würde, die die klagende Partei alleine ohne Hilfe der Beklagten nur schwer anstellen kann. In diesen Fällen ist ein besonderes Interesse der Kläger an der Erhebung einer Feststellungsklage grundsätzlich zu bejahen (so auch BGH NJW 2000, 1256; OLG Hamburg, Urteil vom 26.01.2015, 325 O 299/14; Zöller-Greger, 28. Auflage, § 256 ZPO, Rz. 74).
44Darüber hinaus ist mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes weiter davon auszugehen, dass die Beklagte als Bank sich einem rechtskräftigen Feststellungstitel beugt und es insoweit nicht unbedingt einer Leistungsverurteilung bedarf (BGH NJW 1997, 2320; 95, 2221).
45II.
46Die Klage ist jedoch nicht begründet. Den Klägern steht ein Anspruch auf Feststellung der Unwirksamkeit des Darlehensvertrages nicht zu, da der von ihnen zunächst wirksam abgeschlossene Darlehensvertrag nicht nachträglich unwirksam geworden ist.
471.
48Der Darlehensvertrag ist zunächst nicht durch den von den Klägern mit anwaltlichem Schreiben vom 12.6.2014 erklärten Widerruf unwirksam geworden.
49Der Widerruf war verfristet. Entgegen der Auffassung der Kläger war die im Darlehensvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß, so dass zum Zeitpunkt des Widerrufs die Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB a.F. bereits seit Langem abgelaufen war.
50Für das einen Verbraucherkredit betreffende Widerrufsrecht sind gemäß Art. 229 § 22 Abs. 2 EGBGB die bei Abgabe der in Rede stehenden Willenserklärungen, also am 12.11.2008 geltenden Bestimmungen anzuwenden, hier also § 355 BGB in der in der Zeit vom 08.12.2004 bis 10.06.2010 geltenden Fassung, welcher, wie auch die nunmehr geltende Fassung, eine Widerrufsfrist von 2 Wochen vorsah. Diese Frist hat mit Abschluss der Darlehensvertrags am 12.11.2008 zu laufen begonnen, denn die Kläger wurden hierin hinreichend über ihr Widerrufsrecht belehrt.
51Dabei kommt es nicht darauf an, dass die Widerrufsbelehrung nicht der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages gültigen Anl. 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV entsprach, denn auf die Schutzwirkung der Musterwiderrufsbelehrung beruft sich die Beklagte nicht. Eine fehlende Übereinstimmung mit dieser führt auch nicht dazu, dass die Widerrufsbelehrung unzureichend ist. Letzteres ist nur dann der Fall, wenn die Widerrufsbelehrung nicht mit der Gesetzeslage zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehnsvertrages übereinstimmt. Der insoweit maßgebliche § 355 Abs. 2 BGB a.F. sah vor, dass die Frist in Lauf gesetzt wird, wenn dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht, die ihm entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittel seine Rechte deutlich macht, in Textform mitgeteilt worden ist und einen Hinweis auf den Fristbeginn enthält. Bei schriftlich abzuschließenden Verträgen war ferner Voraussetzung, dass dem Verbraucher auch eine Vertragsurkunde, sein schriftlicher Antrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder seines Antrags zur Verfügung gestellt wurden.
52Diese Voraussetzungen erfüllt die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung.
53a)
54Die Widerrufsbelehrung ist zunächst nicht deshalb zu beanstanden, weil sie nicht ausreichend über den Lauf und das Ende der Widerrufsfrist belehrt.
55§ 355 BGB a.F. verlangt insoweit lediglich einen Hinweis auf den Fristbeginn. Angaben zum Lauf der Frist und zu deren Ende (BGH NJW 1994, 1800) sind darüber hinaus nicht erforderlich. Sie ergeben sich vielmehr aus dem Gesetz, nämlich aus den allgemeinen Vorschriften zur Fristberechnung der §§ 187 ff. BGB. Auf derartige gesetzliche Folgen muss in der Belehrung nicht hingewiesen werden. Es ist vielmehr genügend, wenn der Darlehensnehmer darüber belehrt wird, welches Ereignis diese Frist in Gang setzt (vergleiche dazu auch LG Fulda 2 O 786/13, Rn. 34).
56b)
57Nach Auffassung der Kammer ist darüber hinaus auch nicht zu beanstanden, dass die Belehrung hinsichtlich der Folgen des Widerrufs einseitig über die Pflichten des Darlehensnehmers, nicht hingegen über die Pflichten der Bank zu etwaigen Rückerstattungen empfangener Leistungen belehrt.
58Zunächst sieht § 355 BGB a.F. eine Pflicht zur Belehrung über die Rechtsfolgen des Widerrufs nicht vor. Anders als die Regelung des § 312 Abs. 2 BGB a.F. (Haustürgeschäfte) und § 358 Abs. 5 BGB a.F. (verbundene Verträge) enthält § 355 BGB a.F. keine Spezialregelung über den Inhalt der Belehrung, die die Anforderungen des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. ergänzt. Während die Belehrung über das Widerrufsrecht nach § 312 Abs. 2 BGB a.F. auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs.1 und 3 BGB hinweisen muss, enthält § 495 BGB a.F. für den Verbraucherdarlehensvertrag keine entsprechende Regelung, so dass eine Pflicht, auf die Rechtsfolgen hinzuweisen, nicht besteht und das Fehlen eines solchen Hinweises die Belehrung folglich nicht fehlerhaft macht (OLG Stuttgart, Urteil vom 29.04.2015, 9 U 176/14; OLG Celle, Beschluss vom 14.07.2014, 3 W 34/14; OLG Hamm, Urteile vom 02.02.2015, 31 U 126/14 und vom 16.03.2015, 31 U 118/14; LG Bielefeld, Urteil vom 21.07.2014, 6 O 459/13; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB 2012, § 495 Rn. 30 und 35 (für Altverträge)).
59Umstritten ist in der Rechtsprechung allerdings, ob dann, wenn die Widerrufsbelehrung – wie vorliegend - insoweit überobligatorisch teilweise auf die Rechtsfolgen des Widerrufs hinweist, sich zugleich eine Pflicht zur vollständigen Belehrung ergibt, also insbesondere neben den Pflichten des Darlehensnehmers auch dessen Rechte erwähnt werden müssen.
60Das OLG Dresden hat bereits in einer Entscheidung vom 28.05.2009, 8 U 1530/08 die Auffassung vertreten, dass die Belehrung über die Pflichten des Darlehensnehmers zur Rückerstattung der erhaltenen Leistungen auch die Notwendigkeit nach sich ziehe, ihn im Gegenzug über sein Recht zu belehren, von der Bank die geleisteten Zahlungen und gezogenen Nutzungen herausverlangen zu können.
61Zur Begründung nimmt das OLG Dresden Bezug auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 12.04.2007, VII ZR 122/06, in der dieser ausgeführt hat, dass das vollständige Fehlen der Aufnahme der Rechte des Darlehensnehmers die Belehrung fehlerhaft mache. Das OLG hat daraus geschlossen, dass für eine nur teilweise erfolgte Belehrung nichts anderes gelten könne.
62Die Bezugnahme auf dieses Urteil ist allerdings für den dem OLG Dresden zu Entscheidung vorliegenden Sachverhalt nicht sachgerecht, denn die in Bezug genommene Entscheidung befasst sich mit einem in einer Haustürsituation abgeschlossenen Geschäft, für das gemäß §§ 312, 357 BGB a.F anders als beim Verbraucherdarlehen auf die Rechtsfolgen des Widerrufs gerade hingewiesen werden musste. Die Begründung des OLG Dresden überzeugt daher die Kammer nicht.
63Ebenfalls dafür, dass der Hinweis auf die Pflichten des Darlehensnehmers auch eine Verpflichtung zum Hinweis auf seine Rechte, von der Bank seinerseits Leistungen zurückzufordern, zwingend nach sich ziehe, hat sich das LG Köln im Urteil vom 26.05.2015, 21 O 361/14 ausgesprochen. Hier war der Darlehensnehmer auf die Pflicht zur Rückerstattung im Falle des Widerrufs hingewiesen worden, nicht hingegen auf sein Recht, von der Bank binnen 30 Tagen Rückerstattung geleisteter Zahlungen zu verlangen sowie seine Pflicht, die eigene Rückerstattung binnen gleicher Frist vorzunehmen. Auch wenn § 355 BGB a.F. keinen Hinweis auf die Rechtsfolgen verlange, müsse ein dennoch aufgenommener Hinweis dann auch vollständig sein.
64Anderer Ansicht sind das OLG Stuttgart, Urteil vom 29.04.2015, 9 U 176/14, das OLG Celle, Beschluss vom 14.07.2014, 3 W 34/14, das OLG Hamm, Urteil vom 16.03.2015, 31 U 118/14 und das LG Bielefeld, Urteil vom 21.07.2014, 6 O 459/13.
65Das OLG Celle verweist zur Begründung darauf, dass § 355 BGB a.F. einen Hinweis auf die Rechtsfolgen des Widerrufs nicht vorsehe und führt weiter aus, dass der gleichwohl erfolgte Hinweis der Bank, dass bei Widerruf die empfangenen Leistungen an die Bank zurück zu gewähren und gezogenen Nutzungen herauszugeben seien, rechtlich zutreffend und daher nicht zu beanstanden sei.
66Das OLG Stuttgart hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem zwar darüber belehrt wurde, dass die beiderseits empfangenen Leistungen und gegebenenfalls gezogene Nutzungen herauszugeben seien. Die Kläger hatten jedoch bemängelt, dass kein zusätzlicher Hinweis auf die Pflicht zur Leistung binnen 30 Tagen enthalten gewesen sei und auch die Pflicht zum Wertersatz für die Zeit des Vertrages nicht genannt worden sei. Das OLG erklärte nur, dass die erteilte Belehrung zutreffend und weitergehende Hinweise nicht erforderlich gewesen seien.
67Auch das OLG Hamm entschied in einem Fall, in dem die Widerrufsbelehrung auf die Pflichten des Darlehensnehmers auf Rückerstattung empfangener Leistungen und Nutzungsersatz hinwies, dass dieser Hinweis den gesetzlichen Regelungen entspreche und daher nicht zu beanstanden sei.
68Das LG Bielefeld schließlich hatte eine Belehrung, die nur die Pflichten des Klägers erläuterte, als rechtmäßig bewertet und zur Begründung zunächst darauf verwiesen, dass weitere Angaben nach dem Gesetz gerade nicht erforderlich seien und ferner klargestellt, dass im zur Entscheidung stehenden Fall ohnehin die Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht worden seien, so dass selbst nach der Musterbelehrung zu Fernabsatzverträgen auf den Hinweis zu den Widerrufsfolgen habe verzichtet werden können.
69Unter Berücksichtigung der vorbezeichneten Rechtsprechung ist die Kammer auch für den vorliegend zur Entscheidung stehenden Fall der Auffassung, dass die angegriffene Widerrusbelehrung in diesem Punkt nicht zu beanstanden ist.
70Sie erfüllt die Voraussetzungen des § 355 BGB a.F., der eine Belehrung zu den Rechtsfolgen gerade nicht verlangte. Soweit sie darüberhinaus überobligationsmäßig auch über die den Darlehensnehmer treffenden Rechtsfolgen sehr ausführlich belehrt, ist sie ebenfalls zutreffend und auch insoweit nicht zu beanstanden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die 30-tägige Frist –anders als in der vom LG Köln zu beurteilenden Belehrung - sogar ausdrücklich erwähnt ist. Dass die Rechte des Darlehensnehmers, von der Bank eine Erstattung der geleisteten Zahlungen zu verlangen, nicht mit der gleichen Ausführlichkeit ausdrücklich erwähnt werden, erscheint der Kammer nicht geeignet, einen Verstoß gegen das Deutlichkeitsgebot zu begründen. Der Kunde soll durch die Belehrung in die Lage versetzt werden, das Widerrufsrecht sachgemäß auszuüben. Dass er hierdurch zur Rückzahlung verpflichtet wird, entspricht den gesetzlichen Regelungen und dem Wesen des Darlehensvertrages. Dass ihm demgegenüber sein Recht, auch von der Bank Rückerstattung zu verlangen, nicht mit gleicher Intensität dargelegt wird, hat keinen Verstoß gegen den Verbraucherschutz zur Folge. Für eine Entscheidung des Verbrauchers darüber, ob er einen Widerruf ausspricht oder nicht, sind in erster Linie die ihn treffenden Verpflichtungen maßgeblich, über die er vollständig aufgeklärt wurde.
71Hinzu kommt, dass sich jedenfalls aus dem Ende der Widerrufsbelehrung auch zumindest ergibt, dass die Bank verpflichtet ist, Zahlungen zu erstatten, denn dort ist der Hinweis enthalten: „Verpflichtungen zur Erstattung von Zahlungen muss ich (...) innerhalb von 30 Tagen nach Absendung meiner Widerrufserklärung und muss die Bank innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Widerrufserklärung erfüllen“.
72Damit ergibt sich jedenfalls inzident, dass die Bank ebenfalls verpflichtet ist, erhaltene Zahlungen zu erstatten.
73Schließlich dürfte in der vorliegenden Fallkonstellation auch zu berücksichtigen sein, dass nach dem Darlehen die Kläger verpflichtet waren, der SEB Bank vor Auszahlung des Darlehens eine Grundschuld an ihrem Grundstück zu bestellen. Da dies geraume Zeit in Anspruch genommen haben dürfte, dürfte vorliegend der Darlehensbetrag ohnehin erst ausgezahlt worden sein, als die Widerrufsfrist bereits abgelaufen war. In diesem Fall wäre aber ohnehin der Hinweis auf die Rechtsfolgen des Widerrufs bereits erhaltener Leistungen für die Kläger vollständig irrelevant gewesen.
74c)
75Die Widerrufsbelehrung ist weiter auch nicht deshalb zu beanstanden, weil die Beklagte die Kläger in ihr nicht darauf hingewiesen hat, dass die Darlehen auf eine andere Bank übertragen werden könnten.
76Auch dieser Umstand gehört nicht zu den in § 355 BGB a.F. für die Widerrufsbelehrung verlangten Inhalten.
772.
78Die Klage ist auch nicht deshalb begründet, weil der Darlehensvertrag aufgrund der von den Klägern im Widerrufsschreiben vom 12.6.2014 hilfsweise erklärten Kündigung unwirksam geworden wäre. Auch die hilfsweise erklärte Kündigung führt nicht zur Beendigung des Darlehensvertrages. Die Kläger waren zur Kündigung des Darlehensvertrages nicht berechtigt.
79a)
80Ein entsprechendes Kündigungsrecht ergibt sich zunächst nicht aus dem Gesetz. Zwar sind über Art. 229 § 22 Abs. 3 EGBGB die erst nach Abschluss des Darlehensvertrages (am 12.11.2008) ab dem 11.6.2010 in Kraft getretenen Regelungen der §§ 499, 500 BGB auch auf das zuvor geschlossene streitgegenständliche Darlehen anwendbar. Das aus § 500 BGB resultierende Recht, Verbraucherdarlehensverträge vorzeitig abzulösen, findet jedoch gemäß § 503 Abs. 1 BGB auf Immobiliardarlehen und damit auch auf das streitgegenständliche Darlehen keine Anwendung.
81Ein entsprechendes Kündigungsrecht ergibt sich darüber hinaus auch nicht aus dem damit allein in Betracht kommenden § 490 Abs. 2 BGB. Die Kläger haben insoweit nicht dargelegt, dass für das vorliegend durch ein Grundpfandrecht gesicherte Darlehen ihrerseits ein berechtigtes Interesse an einer vorzeitigen Darlehnskündigung bestanden hätte.
82b)
83Entgegen der Auffassung der Kläger ergibt sich ein entsprechendes Kündigungsrecht auch nicht als Sonderkündigungsrecht aufgrund der Tatsache, dass die Darlehensverbindlichkeiten im Rahmen der Übertragung des Privatkundengeschäfts durch die Beklagte auf die ….. von dieser übernommen wurde.
84Soweit die Kläger meinen, die Übernahme sei unwirksam, können sie hiermit nicht durchdringen. Die Abtretung von Darlehensforderungen durch Banken ist zulässig (BGH NJW 2007, 2106) und bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Zustimmung der Darlehensnehmer (OLG München, Urteil vom 24.10.2007-7 U 1707/07, BeckRS 2008, 02844=WM 2008, 1151).
85Die Übernahme ist auch nicht deshalb unwirksam, weil sie den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen zuwiderlaufen würde. Zwar hat sich die …. unter Ziffer 10.1 der Bedingungen für Baudarlehen verpflichtet, ordnungsgemäß bediente Darlehensforderungen nebst zugehöriger Sicherheiten nicht zu verkaufen (Bl. 11 der Akte). Allerdings soll diese Regelung ihrem Sinn und Zweck nach den pflichtgemäß handelnden Darlehensnehmer davor schützen, von anderen Gläubigern, vornehmlich Inkassounternehmen, die die Klageforderung sodann in eigenem Namen eintreiben, in Anspruch genommen zu werden. Dieser Fall ist aber mit der Gesamtübertragung des Privatkundengeschäfts, wie sie vorliegend von den Klägern moniert wird, nicht zu vergleichen.
86Entgegen der Meinung der Kläger ergibt sich aus der Übernahme auch kein Sonderkündigungsrecht. Umwandlungsmaßnahmen beim Darlehensgeber berechtigen für sich genommen nicht zur Kündigung, wenn das Unternehmen hierbei im Wesentlichen fortgeführt wird. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Verletzung von Bankgeheimnissen. Auch dieser Gesichtspunkt steht einer Übertragung von Darlehensverträgen durch Banken an Dritte nicht entgegen (vergleiche dazu Staudinger-Mülbert, 2015 § 490 BGB Rn. 139 und 140). Wird daher das darlehensgebende Kreditinstitut auf ein anderes Institut verschmolzen, kann der Darlehensnehmer eines langfristigen Kreditvertrages diesen alleine wegen der Fusion nicht fristlos kündigen, es sei denn, bei ihm besteht ein besonderes wirtschaftliches Interesse daran, dass die andere an der Fusion beteiligte Bank nicht durch Universalsukzession in den Kreditvertrag eintritt (OLG Karlsruhe NJW-RR 2001, 1492).
87Das Vorliegen eines solchen besonderen Interesses haben aber die Kläger nicht hinreichend dargelegt. Allein der im übrigen auch unsubstantiierte Vortrag der Kläger, dass die Beklagte nach ihrer Auffassung einen schlechten Ruf gehabt habe, genügt für die Annahme eines solchen notwendig gewichtigen Interesses nicht aus.
883.
89Mangels eines Hauptanspruches scheidet auch ein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus.
90Die Hinzuziehung eines Anwaltes war nicht erforderlich.
91III.
92Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
93Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1 und 2 ZPO.
94Streitwert: 34.000 €
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Referenzen
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