Urteil vom Landgericht Rostock (4. Zivilkammer) - 4 O 3/08
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.853,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.249,95 € seit dem 12.06.2007 sowie aus 5.603,92 € seit dem 22.01.2008 zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 16.01.2007 auf der O.allee in K. zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Streitwert : 6.966,57 €
Tatbestand
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Die Klägerin verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines Gehwegunfalles, für den sie eine Verletzung der (Straßen-)Verkehrssicherungspflicht durch die Beklagte verantwortlich macht.
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Die Klägerin machte zusammen mit ihrem Ehemann vom 14.01. bis 21.01.2007 Urlaub in K.. Der Urlaubspreis betrug 538,00 €. Am 16.01.2007 zog sie sich eine schwere Kopfverletzung zu; der behauptete Unfall, dessen Hergang, Ursache und Folgen sind streitig.
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Die O.allee im Gebiet der beklagten Stadt verfügt über einen recht breiten gepflasterten Gehweg, wobei in der Mitte des Gehweges Steinplatten verlegt sind und rechts und links dieser Platten ein Natursteinpflaster verlegt wurde. Auf dem äußeren Drittel des Gehweges befanden sich im Sommer Parkbänke, die im Januar 2007 abmontiert waren. Die Parkbänke waren mit einbetonierten Metallbolzen befestigt, die nach Entfernen der Parkbänke aus dem Gehwegpflaster herausragten. Die Beklagte hatte jeweils auf zwei zusammengehörende Metallbolzen weiße Holzleisten aufgesteckt, um auf die Gefahrenstelle aufmerksam zu machen. Die Metallbolzen ragten jedoch aus den angebrachten Holzleisten heraus. Wegen der Örtlichkeit wird auf die von der Beklagten als Anlage 1 (Bl. 49 - 54 d.A.) und die von der Klägerin als Anlage K 11 (Bl. 70 d.A.) eingereichten Fotos verwiesen.
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Die Klägerin behauptet, sie habe am 16.01.2007 gegen 17.15 Uhr noch einen Abendspaziergang zusammen mit ihrem Ehemann unternommen. Dabei sei es bereits dämmrig gewesen und es habe leicht geregnet. Die 2 m entfernte Straßenlaterne habe nur wenig Licht gespendet. Auf dem benutzten Gehweg der Ostseeallee habe reger Fußgänger- und Fahrradverkehr geherrscht. Sie sei am rechten Rand der verlegten Gehwegplatten in Richtung des Metallmülleimers gegangen und dabei mit dem Fuß an der linken hinteren Metallschraube hängen geblieben und hierdurch gestürzt. Zwar habe sie die weiße Holzleiste gesehen, nicht jedoch die darüber hinaus stehenden Metallbolzen. Durch den Sturz sei sie mit dem Kopf gegen den Metallpapierkorb geschlagen und habe sich eine schwerwiegende Skalpierungsverletzung der Kopfschwarte zugezogen (Foto Anlage K 10). Sie sei noch am 16.01.2007 im Krankenhaus B. operiert worden, dabei sei die Wunde genäht worden. Der stationäre Krankenhausaufenthalt habe vom 16.01. bis 19.01.2007 angedauert. Neben der Skalpierungsverletzung habe sie einen Unfallschock erlitten. Zwar sei die Wunde reizlos verheilt und das bei der Operation entfernte Haar wieder nachgewachsen, jedoch leide sie seit dem Unfall unter anfallsweise auftretendem Schwindel, lang anhaltenden Kopfschmerzen und lokalen Parästhesien der Kopfhaut (= Fehlempfindung, Kribbeln). Darüber hinaus habe sie seit dem Unfall Angst, ohne Begleitung aus dem Haus zu gehen und leide unter einer Gangunsicherheit beim Treppensteigen. Durch den Unfall habe sie sich insgesamt grundlegend in ihrem Wesen verändert. Während sie früher lebensbejahend, unternehmungslustig und energiegeladen gewesen sei, habe sie heute Angstzustände, traue sich allein nichts mehr zu, meide soziale Kontakte und werde ständig von der Angst begleitet und beherrscht, erneut zu fallen. Darüber hinaus habe auch ihr Erinnerungsvermögen stark nachgelassen. Am 26.03.2007 sei es durch einen unfallbedingten Schwindelanfall zu einem Sturz im Bad ihrer Wohnung gekommen. Durch den Sturz mit der Brust auf die Badewanne habe sie sich Prellungen zugezogen, ferner sei ein Knoten in der Brust aufgetreten. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit und der Fähigkeit zur Haushaltsführung sei vom 16.01. bis 01.03.2007 zu 100 %, vom 02.03. bis 26.03.2007 zu 50 % und vom 27.03. bis 15.04.2007 zu 100 % eingetreten.
- 5
Die Klägerin begehrt ein Schmerzensgeld von nicht wesentlich unter 6.000,- € und verlangt die Erstattung folgender Sachschäden:
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- beschädigte Brille
(Neupreis 562,44 € - Anlage K 4 - bei 6jähriger Nutzungsdauer)187,48 €
- Fahrtkosten für die Rückfahrt vom Krankenhaus ins Hotel
am 19.01.2007 (Anlage K 5)20,10 €
- Eigenanteil für Krankenhaus und Transport (Anlage K 6)
50,00 €
- Fahrtkosten des Ehemannes (Anlage K 7)
19,20 €
- Haushaltsführungsschaden
1.689,79 €
Insgesamt :
1.966,57 €
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Bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens geht die Klägerin von einem wöchentlichen Hausarbeitsanteil von 20,35 Std. und einem Stundenlohn von 7,50 € netto aus. Wegen der Einzelheiten wird auf Seite 8/9 der Klage verwiesen.
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Die Klägerin beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 1.966,57 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 11.06.2007 sowie Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 718,40 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall vom 16.01.2007 auf der O.allee in K. zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Ansicht, eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle habe nicht vorgelegen, da die angebrachten weißen Holzleisten gut sichtbar gewesen seien. Auf den Eigenanteil für die Krankenhausbehandlung und die Transportkosten iHv. 50,- € müsse sich die Klägerin ersparte Verpflegungsanwendungen anrechnen lassen. Die Fahrtkosten des Ehemannes seien kein ersatzfähiger Schaden, der Haushaltsführungsschaden sei nicht substantiiert vorgetragen.
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Die Kammer hat zum Unfallhergang Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen S.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 07.05.2008 verwiesen. Die Kammer hat ferner die Klägerin persönlich angehört und die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Rostock 456 Js 11235/07 beigezogen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist in Höhe von 6.853,87 € nebst Feststellung begründet und unterliegt im Übrigen der Abweisung.
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I. Der Klägerin stehen aus Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG) ein Schadensersatzanspruch von 1.249,95 €, ein Schmerzensgeldanspruch von 5.000,- € sowie ein Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltskosten in Höhe von 603,92 € gegen die Beklagte zu.
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1. Die Mitarbeiter der Beklagten haben ihre hoheitlich ausgestaltete Straßenverkehrs-sicherungspflicht (§§ 10, 11 StrWG-MV) verletzt, denn am 16.01.2007 lag auf dem Gehweg der O.allee in K. eine abhilfebedürftige Gefahrenstelle vor. Die hochstehenden Metallbolzen waren eine abhilfebedürftige Stolperfalle.
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Straßen und Gehwege müssen sich grundsätzlich in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand befinden, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulässt. Daraus folgt aber nicht, dass die Verkehrsfläche schlechthin gefahrlos und frei von allen Mängeln sein muss. Wie andere Verkehrsteilnehmer auch haben Fußgänger die gegebenen Verhältnisse grundsätzlich so hinzunehmen, wie sie sich ihnen erkennbar darbieten. Sie müssen auch mit typischen Gefahrenquellen und Unebenheiten rechnen und sich hierauf einstellen. Insoweit muss sich der Fußgänger den gegebenen Straßenverhältnissen anpassen und hat den Weg so zu benutzen, wie er sich ihm erkennbar darstellt. Ein Tätigwerden des Verkehrssicherungspflichtigen ist erst dann geboten, wenn Gefahren bestehen, die auch für einen sorgfältigen Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar sind und auf die er sich nicht oder nicht rechtzeitig einzurichten vermag (std. Rspr., z.B. OLG Rostock, Urt. v. 21.2.02 - 1 U 106/00; Urt. v. 22.3.01 - 1 U 144/99, VersR 2001, 1441; Urt. v. 17.8.00 - 1 U 184/98; OLG Celle, Urt. v. 25.01.07 - 8 U 161/06, OLGR Celle 2007, 634 mwN; Kammer, Urt. v. 25.8.04 - 4 O 139/04, MDR 2005, 396). Neben der Höhe eines Hindernisses kommt es auch auf Art, Ausmaß und die besonderen Umstände der Örtlichkeit, wie Lage in einer Hauptgeschäftsstraße mit starker Verkehrsdichte, Ablenkung der Straßenbenutzer durch Schaufensterauslagen oder anderweitige Besonderheiten, an (vgl. Staudinger-Hager, BGB [1999], § 823 Rn. E 160 mwN). Dies gilt auch bei geringfügig, selbst scharfkantig oder senkrecht aus der ansonsten ebenen Oberfläche herausragenden Hindernissen.
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Eine solche abhilfebedürftige Gefahrenstelle war im vorliegenden Fall gegeben. Die Metallbolzen an der Unfallstelle ragen ausweislich der eingereichten Fotos ca. 7 bis 8 cm aus dem Gehwegniveau heraus. Die Metallbolzen selbst heben sich vom Untergrund nur schlecht ab. Der Gehweg der O.allee in K. vermittelt den Eindruck, als sei er neu angelegt und in tadellosem Zustand. Dies gilt sowohl für die Gehwegplatten in der Mitte des Gehweges als auch für das Pflaster an den Rändern. Der Gehweg vermittelt auch insgesamt den Eindruck, als könne er in der gesamten Breite gefahrlos beschritten werden. Die von der Beklagten über die hochstehenden Metallbolzen gesteckten weißen Holzleisten weisen nicht ausreichend auf die gegebene Stolperfalle hin. Soweit die Holzleisten die hochstehenden Metallbolzen bedecken, kann noch von einer ausreichenden Kenntlichmachung der Gefahrenstelle ausgegangen werden, denn die weiß angestrichenen Holzleisten sind schon mit einem beiläufigen Blick zu erkennen. So hat auch die Klägerin die Holzleisten gesehen und versucht, über diese hinwegzugehen. Ihre Gefährlichkeit gewinnt die Unfallstelle jedoch dadurch, dass die Metallbolzen deutlich aus den aufgelegten weißen Holzleisten herausragen. Gerade die aus Sicht der Klägerin hinten links befindliche Metallschraube steht noch 3 bis 4 cm über die Holzleiste über. Gerade bei Dunkelheit liegt es auf der Hand, dass ein Fußgänger nur die weiße Holzleiste erkennt, nicht aber die darüber hinausstehenden Metallbolzen, die sich farblich nicht vom Gehwegbelag abheben und deshalb im Dunklen quasi verschluckt werden. Gerade aufgrund der angebrachten Holzleisten hat ein Fußgänger, der den Gehwegbereich mit einem beiläufigen Blick beobachtet, den Eindruck, er müsse nur über die weißen Holzleisten hinweggehen. Gerade dabei kann es zu einem Hängenbleiben des Fußes an den überstehenden Metallbolzen kommen. Bei der Beurteilung der Gefährlichkeit der Unfallstelle ist auch zu berücksichtigen, dass die Ostseeallee regelmäßig durch Urlauber zum Flanieren benutzt wird. Ferner handelt es sich um einen relativ neu angelegten Gehweg, bei dem derartige Stolperfallen völlig unnötig sind und von einer Sorglosigkeit des Verkehrssicherungspflichtigen zeugen. Die Gefährlichkeit der Unfallstelle wird nicht dadurch behoben, dass die zum Befestigen von Parkbänken dienenden Metallbolzen sich am Rande des Gehweges befinden. Der Gehweg der Ostseeallee ist auf seiner gesamten Breite gut ausgebaut und die in der Mitte befindlichen Gehwegplatten sind relativ schmal, so dass eine Benutzung auch der Randbereiche regelmäßig zu erwarten ist.
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2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Kammer überzeugt, dass die Klägerin an dem aus ihrer Sicht hinten links befindlichen Bolzen mit dem Fuß hängenblieb, hierdurch stürzte und mit dem Kopf gegen den Metallmülleimer schlug.
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Zum einen spricht schon ein Anscheinsbeweis für die Kausalität zwischen Gefahrenstelle und Gehwegunfall, weil die Klägerin unmittelbar im Bereich der Gefahrenstelle gestürzt ist. Dieser Anscheinsbeweis wird nicht dadurch erschüttert, dass die Klägerin auch über die weiße Holzleiste gestürzt sein könnte, denn - wie die Beklagte richtig erkennt - stellt die weiße Holzleiste für sich genommen keine abhilfebedürftige Gefahrenstelle dar. Als gefährliche Stolperfalle ist allein der überstehende Metallbolzen anzusehen, so dass es uneingeschränkt beim Anscheinsbeweis bleibt.
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Zum anderen ist die Kammer auch aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen S. und der persönlichen Anhörung der Klägerin überzeugt, dass die Klägerin mit dem Fuß an der linken hinteren Metallschraube hängenblieb und dadurch gegen den Metallmülleimer stürzte. Ebenso ist bewiesen, dass es zum Unfallzeitpunkt regnete und dass schon starke Dämmerung eingetreten war. Der Zeuge S. hat nachvollziehbar und widerspruchsfrei ausgesagt, er habe mit der Klägerin noch einen Abendspaziergang unternommen, es habe Nieselregen geherrscht und es sei schon dunkel gewesen. Die Klägerin sei über den Bolzen vor dem Papierkorb gestolpert, dabei habe es sich um den linken hinteren gehandelt. Sie sei gegen den Papierkorb mit dem Kopf geschlagen und das Blut sei am Kopf heruntergelaufen. Die Klägerin habe ihm unmittelbar nach dem Unfall gesagt, sie habe die weiße Holzleiste gesehen, den überstehenden Metallbolzen jedoch nicht. Der Zeuge S. hat ferner nachvollziehbar und plastisch berichtet, dass aufgrund einiger Fahrräder beide nebeneinander am rechten Gehwegrand gegangen seien. Der Zeuge hat ferner ausgesagt, das Licht der Straßenlaterne sei aufgrund von Regen und Dunkelheit geschluckt worden. Der Zeuge S. hat den Geschehensablauf sehr detailreich und mit großem emotionalem Nachklang aussagen können. Er hatte ersichtlich das Unfallereignis noch vor Augen und hat aber gleichzeitig nichts zu Lasten der Beklagten dramatisiert oder hinzuerzählt. Die Aussage des Zeugen S. stimmt auch mit seiner Einlassung im Strafverfahren überein. Auch die Klägerin selbst hat den Unfallhergang nachvollziehbar und überzeugend geschildert. Auch sie hat den vom Gericht festgestellten Sachverhalt sehr detailreich und mit großem emotionalem Nachklang wiedergegeben. Auch wenn die Einlassung einer Partei naturgemäß immer mit besonderer Vorsicht zu bewerten ist, so war die Aussage der Klägerin grundehrlich und glaubhaft.
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Die Klägerin erlitt durch den Aufprall des Kopfes auf den Metallmülleimer zunächst eine Skalpierung der Kopfschwarte. Dies ergibt sich aus dem eingereichten Foto (Anlage K 10) und den Arztberichten des Krankenhauses B. vom 19.01.2007 (Anlage K 1) sowie des Arztes G. vom 03.07.2007 und 04.09.2007 (Anlagen K 2 und K 3). Aufgrund der eingereichten Arztberichte ist die Kammer ferner überzeugt, dass zwar eine problemlose oberflächliche Wundheilung erfolgte, die Klägerin aber lange Zeit an anfallsweise auftretendem Schwindel sowie starken Kopfschmerzen litt, ferner mehrere Monate bis heute lokale Parästhesien der Kopfhaut auftreten. Aus dem Arztbericht vom 04.09.2007 ergibt sich, dass die Klägerin schockbedingt noch lange Angst hatte, ohne Begleitung aus dem Haus zu gehen. Aus dem Arztbericht vom 30.04.2008 ergibt sich ferner, dass die Klägerin noch immer über anhaltende abendliche Kopfschmerzen und über eine Gangunsicherheit beim Treppensteigen klagt. Nach Überzeugung der Kammer sind diese Beschwerden auf den Unfall vom 16.01.2007 zurückzuführen. Auch hierfür spricht schon ein Anscheinsbeweis. Die anhaltenden Beschwerden der Klägerin sind durch den Zeugen S. und die persönliche Anhörung der Klägerin bestätigt worden. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass es sich um geradezu typische Folgeverletzungen einer solchen Skalpierungsverletzung der Kopfschwarte handelt.
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3. a) Die Klägerin kann hingegen nicht beweisen, dass der erneute Sturz am 26.03.2007 im Bad ihrer Wohnung auf den Unfall vom 16.01.2007 zurückzuführen ist. Zwar wird im Arztbericht vom 04.09.2007 (Anlage K 3) bestätigt, dass der neuerliche Sturz am 26.03.2007 durchaus mit der unfallbedingten Unsicherheit und dem anfallsweisen Schwindel in Zusammenhang stehen kann. Der erforderliche Beweis wird durch diese Vermutung allerdings nicht geführt. Weiteren Beweis hat die Klägerin nicht angeboten.
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b) Die Klägerin kann darüber hinaus nicht beweisen, dass sie sich über eine gewisse unfallbedingte Ängstlichkeit hinaus in ihrem Wesen derart dramatisch verändert hat, wie dies in der Klage behauptet wird. Die Anhörung der Klägerin und die Vernehmung des Zeugen S. haben hierfür keinen Beweis ergeben, weiteren Beweis hat die Klägerin nicht angeboten.
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4. Die erstattungsfähigen Sachschäden betragen 1.249,95 € und setzen sich wie folgt zusammen:
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a) Für die irreparable beschädigte Brille kann die Klägerin die Erstattung von 187,48 € verlangen. Die Klägerin schaffte ihre beim Unfall beschädigte Brille am 13.02.2003 und damit 4 Jahre vor dem Unfall an. Bei einer 6jährigen Nutzungsdauer ergibt sich ein Abzug neu für alt von 4/6, so dass der Schaden 2/6 des ursprünglichen Anschaffungspreises von 562,44 € beträgt, dies sind 187,48 €.
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b) Für die Rückfahrt vom Krankenhaus in das Hotel am 19.01.2007 sind der Klägerin erstattungsfähige Kosten von 20,10 € (Anlage K 5) entstanden.
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c) Der von der Klägerin zu tragende Eigenanteil von 50,- € für die Krankenhausbehandlung und den Krankentransport (Anlage K 6) ist ebenfalls zu erstatten. Ersparte Verpflegungsaufwendungen sind hier nicht abzuziehen, weil die Klägerin ihre Verpflegung während des Urlaubs schon bezahlt hatte.
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d) Die Fahrtkosten des Ehemanns der Klägerin in Höhe von 19,20 € (Anlage K 7) sind ebenfalls erstattungsfähig. Die Fahrtkosten von nahen Angehörigen für Krankenhausbesuche gehören zu den Heilungskosten und damit zu den Kosten, die der Schädiger nach § 249 Abs. 2 zu ersetzen hat. (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 67. Aufl. § 249 Rn. 9 mwN). Durch die eingereichten Fahrkarten ist ausreichend nachgewiesen, dass der Ehemann der Klägerin am 17. und 18.01.2007 jeweils Hin- und Rückreise absolvierte, am 19.01.2007 hingegen nur die Hinfahrt zum Krankenhaus.
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e) Der erstattungsfähige Haushaltsführungsschaden der Klägerin beträgt 973,17€.
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Gemäß § 843 BGB ist eine Behinderung in der Haushaltsführung ausgleichsfähig. Die konkrete Berechnung kann nach der Methode von Schulz-Borck/Hofmann "Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt", 6. aktual. Auflage, erfolgen. Dabei ist zunächst die Zeit zu ermitteln, die die Klägerin vor dem Unfall wöchentlich auf die Haushaltsführung verwendete. Dann ist die haushaltsspezifische Minderung der Fähigkeit zur Arbeit im Haushalt (MdH) zu ermitteln. Schließlich sind für die sich ergebende Ausfallzeit die Kosten einer fiktiven Ersatzkraft festzustellen (vgl. OLG Rostock, Urt. v. 14.6.02 - 8 U 79/00, ZfS 2003, 233; Kammer, Urt. v. 29.03.06 - 4 O 451/05).
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Die Klägerin geht von einer wöchentlichen Hausarbeitszeit von 20,35 Stunden (1/2 von 40,7 Std.) aus. Nach Schulz-Borck/Hofmann, Tabelle 8, S. 61, arbeitet die Ehefrau in einem 2-Personen-Haushalt (60 Jahre und älter) nach Erhebungen des Statistischen Bundesamtes durchschnittlich 40,5 Sunden wöchentlich im Haushalt. Auf diese Durchschnittswerte kann nach Auffassung der Kammer hier abgestellt werden, da die von der Klägerin vorgetragenen 20,35 Stunden noch deutlich darunter liegen. Eine Beweisaufnahme zu den einzelnen Hausarbeitstätigkeiten der Klägerin und der hierauf aufgewendeten wöchentlichen Zeit kann bei dieser Schätzung unterbleiben.
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Für den Zeitraum 16.01. bis 19.01.2007 entfällt ein Haushaltsführungsschaden der Klägerin, weil sie sich im Urlaub befand und deshalb keine Hausarbeit anfiel.
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Vom 22.01. bis 01.03.2007 fiel die Klägerin für 39 Tage zu 100 % in der Haushaltsführung aus. Bei 20,35 Stunden wöchentlich ergeben sich für 39 Tage 113,38 Stunden. Der anzusetzende Nettostundenlohn ab dem 01.01.2003 nach Stufe X des BAT-O beträgt indes nur 6,50 €. Die Bruttostundenvergütung betrug 8,25 € (s. Schulz-Borck/Hofmann, Tabelle 5b, S. 14 des Nachtrages). Bei einer Arbeitszeit von 10 - 20 Wochenstunden ergeben sich Abzüge von 21,1 %. Der resultierende Nettostundenlohn beträgt somit 6,50 €. Bei 113,38 Stunden á 6,50 € ergeben sich fiktive Kosten einer Hilfskraft von 736,96 €.
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Im Zeitraum 02.03. bis 26.03.2007 fiel die Klägerin für 25 Tage mit 50 % in der Haushaltsführung aus. Bei 20,35 Stunden wöchentlich und fiktiven Kosten einer Ersatzkraft von 6,50 €/Std. netto ergibt sich ein weiterer Haushaltsführungsschaden von 236,21 €.
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Nach dem 26.03.2007 steht der Klägerin hingegen kein Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens zu, weil die Kausalität des weiteren Sturzes vom 26.03.2007 nicht bewiesen ist und die resultierende 100 %ige Minderung der Fähigkeit zur Arbeit im Haushalt somit nicht kausal ist.
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Insgesamt ergibt sich ein Haushaltsführungsschaden von 973,17 €.
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war es zum Unfallzeitpunkt fast dunkel und es regnete. Sonnenuntergang war am 16.01.2007 um 16.44 Uhr. Die Klägerin trug aufgrund der Witterung eine Kapuze und konnte die über die weißen Holzleisten hinausstehenden Metallbolzen mit einem beiläufigen Blick nicht sehen.
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7. Der Klägerin steht aufgrund des Unfalls vom 16.01.2007 ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,- € zu.
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Die Kammer hat zum einen die schwerwiegende Kopfverletzung der Klägerin berücksichtigt und geht davon aus, dass die vorliegende Skalpierung der Kopfschwarte äußerst schmerzhaft war. Mit der Verletzung der Klägerin hatte sich der gesamte Urlaub für sie und ihren Ehemann erledigt, so dass die dafür aufgewendeten Kosten sich nicht rentiert haben. Die Klägerin litt noch einige Wochen an der durch die Kopfverletzung verursachten Entstellung. Seit dem Unfall leidet die Klägerin an anhaltenden abendlichen Kopfschmerzen und klagt über eine Gangunsicherheit beim Treppensteigen. Noch lange Zeit nach dem Unfall hatte sie schockbedingt Angst, ohne Begleitung aus dem Haus zu gehen und litt unter anfallsweise auftretenden Schwindel und lokalen Parästhesien der Kopfhaut und dem Gefühl, als ob sich die Schädeldecke abhebt (s. Arztberichte vom 03.07.2007 und 04.09.2007). Schmerzensgelderhöhend ist auch das für die Kammer unverständliche Regulierungsverhalten des kommunalen Schadensausgleiches zu berücksichtigen. Schmerzensgelderhöhend ist auch zu berücksichtigen, dass es sich um eine absolut unnötige Stolperfalle auf einem neu angelegten Gehweg handelt, die von einem hohen Maß an Sorglosigkeit zeugt.
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Bei Abwägung aller Umstände hält die Kammer ein Schmerzensgeld von 5.000,- € für erforderlich, aber auch ausreichend.
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8. Vorprozessuale Rechtsanwaltskosten sind der Klägerin in Höhe von 603,92 € zu erstatten. Bei einem berechtigten Gegenstandswert von 6.249,95 € ergibt sich eine 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Umsatzsteuer und Auslagenpauschale von 603,92 €.
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II. Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 288, 291 BGB. Spätestens mit der Ablehnung von Schadensersatzansprüchen durch Schreiben vom 11.06.2007 ist die Beklagte in Verzug geraten.
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III. Die gem. § 256 ZPO zulässige Feststellungsklage ist begründet, denn die Verletzung der Klägerin ist noch nicht vollständig geheilt und es drohen mögliche Dauerfolgen (vgl. Anl. K 2).
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IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.
- 50
VI. Bei der Streitwertbemessung sind der begehrte Schadensersatzanspruch von 1.966,57 € und der ausgeurteilte Schmerzensgeldanspruch von 5.000,- € zusammenzurechnen. Auch wenn die Klägerin eine Größenordnung von 6.000,- € für das Schmerzensgeld angegeben hat, so liegt eine bis zu 20%ige Abweichung noch innerhalb des Rahmens, so dass der innerhalb dieses Rahmens letztendlich vom Gericht zugesprochene Betrag den Streitwert bildet.
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Referenzen
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- BGB § 839 Haftung bei Amtspflichtverletzung 1x
- BGB § 254 Mitverschulden 1x
- 8 U 79/00 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen 1x
- 1 U 106/00 1x (nicht zugeordnet)
- 4 O 451/05 1x (nicht zugeordnet)
- Urteil vom Oberlandesgericht Celle (8. Zivilsenat) - 8 U 161/06 1x
- ZPO § 256 Feststellungsklage 1x
- 1 U 144/99 1x (nicht zugeordnet)
- §§ 10, 11 StrWG-MV 2x (nicht zugeordnet)
- BGB § 247 Basiszinssatz 1x
- 1 U 184/98 1x (nicht zugeordnet)
- 4 O 139/04 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden 1x
- BGB § 291 Prozesszinsen 1x
- 456 Js 11235/07 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 843 Geldrente oder Kapitalabfindung 1x