Beschluss vom Landgericht Stuttgart - 6 KLs 183 Js 75705/03

Tenor

Der Antrag auf Festsetzung eines Gegenstandswertes wird abgelehnt.

Gründe

 
I.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat am 22. September 2003 Anklage gegen die Angeklagten erhoben; die Hauptverhandlung wurde mit Urteil vom 10. März 2004 abgeschlossen. Hinsichtlich des Sachverhalts, welcher dem Urteil zugrunde liegt, wird auf dieses verwiesen und Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 7. März 2003 hatte das Amtsgericht Stuttgart zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe unter anderem für das Finanzamt einen dinglichen Arrest in das Vermögen der U. GmbH angeordnet. Mit den im Tenor des Kammerbeschlusses vom 15. Januar 2004 aufgeführten Beschlüssen pfändete das Amtsgericht Stuttgart in Vollziehung dieses Arrests Forderungen der genannten GmbH. Zudem erließ die Staatsanwaltschaft am 17. April 2003 einen entsprechenden Pfändungsbeschluss. Am 25. März 2003 stellte die U. GmbH Insolvenzantrag; mit Beschluss vom 12. August 2003 eröffnete das Amtsgericht Charlottenburg das Insolvenzverfahren.
Auf Antrag des Insolvenzverwalters der U. GmbH und zum Teil auch der Staatsanwaltschaft hob die Kammer die gerichtlichen Pfändungsbeschlüsse mit Beschluss vom 15. Januar 2004 auf; weitere Anträge wurden abgelehnt.
Der Antragsteller vertrat in diesem Verfahren den Insolvenzverwalter und beantragt nun „Streitwertfestsetzung“.
II.
Der Antrag, der als Antrag auf Festsetzung eines Gegenstandswertes nach § 10 BRAGO - ein Streitwert für Gerichtskosten nach dem GKG wird hier nicht festgesetzt, da sich in Strafsachen mit Ausnahme des Entschädigungsverfahrens nach § 403 StPO (KV 6800) und des Kostenfestsetzungsverfahrens (KV 6702) die Gerichtsgebühren entweder nach der Höhe der verhängten Strafe oder nach einem festen Satz richten, nicht aber nach einem Streitwert im Sinne des § 11 Abs. 2 GKG (KV 6110 ff; vgl. Hartmann, KostG, Übers § 40 GKG, Rdnr. 2) - auszulegen ist, ist unzulässig, da dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt; er hat kein rechtliches Interesse an der Stellung eines Festsetzungsantrags, da seine Anwaltsgebühren sich in keinem Fall nach einem Gegenstandswert des Verfahrens richten.
1. Das Verfahren nach §§ 111d, 111e, 111f StPO ist ein strafrechtliches Verfahren im Sinne der §§ 83 ff BRAGO, nicht ein Verfahren der Zwangsvollstreckung im Sinne des § 57 BRAGO. Letzteres kommt zwar auch bei Titeln, die außerhalb der Zivilprozessordnung ergangen sind, in Betracht, wenn sich die Vollstreckung nach dieser richtet; Beispiele aus der Strafprozessordnung sind die §§ 406b und 464b S. 3 StPO (vgl. statt aller AnwKomm BRAGO - Wolf, § 57, Rdnr. 6). Dort wird indes vollumfänglich auf die Zivilprozessordnung verwiesen, in § 111d StPO dagegen nur auf einen ausdrücklich aufgezählten Teil. Dass es sich in diesem Fall um Strafrecht handelt, zeigt sich schon daran, dass bei Gefahr im Verzug die Staatsanwaltschaft für die Pfändung von Forderungen zuständig ist (§111 f Abs. 3 S. 3 Hs. 2 StPO).
2. a) In strafrechtlichen Verfahren fallen nach §§ 83 ff BRAGO grundsätzlich Rahmengebühren an. Bei Rahmengebühren bestimmt nach § 12 BRAGO der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall. Dabei ist der Gegenstandswert unerheblich (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, BRAGO, § 12, Rdnr. 11; Hartmann, KostG, § 12 BRAGO, Rdnr. 4). Dies ergibt sich - jedenfalls für die strafrechtlichen Rahmengebühren - schon daraus, dass § 88 S. 1 BRAGO von diesem Grundsatz eine Ausnahme macht.
b) § 88 S. 1 BRAGO ist die einzige Vorschrift, die für strafrechtliche Gebühren auf den Gegenstandswert abstellt. Diese ist hier indes nicht einschlägig. Im vorliegenden Fall geht es um die Aufhebung von Pfändungen, die aufgrund eines dinglichen Arrestes nach § 111d StPO ausgesprochen wurden. § 88 BRAGO umfasst jedoch allein Beschlagnahmen zum Zwecke der Einziehung und des Verfalls (vgl. auch AnwKomm BRAGO - N. Schneider, § 88 Rdnr. 11), nicht aber den Arrest zum Zwecke des Verfalls oder gar sich darauf gründende Vollstreckungsmaßnahmen. Für eine erweiterte Auslegung oder eine analoge Anwendung des § 88 BRAGO hierauf könnte zwar sprechen, dass es sich um ähnliche Fälle handelt; dies scheitert jedoch am eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, welche die betroffenen Fälle im einzelnen aufzählt und keinen Platz für die Annahme lässt, es liege eine planwidrige Regelungslücke vor. Dass es sich um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers handeln könnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

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