1. Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Kirchheim unter Teck vom 6.5.2005 (Az.: 1 M 474/04)
Dem Schuldner wird die ihm durch den Vergleich des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 6.4.2005 zugesprochene Abfindung in Höhe von 4.000 Euro freigegeben.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Gläubigerin.
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Durch Beschluss des Amtsgerichts Kirchheim vom 12.3.2004 wurde das Arbeitseinkommen des Schuldners bei der Drittschuldnerin gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen.
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Im April 2005 hat der Schuldner Pfändungsschutz gemäß § 850 i Abs. I ZPO beantragt mit dem Vorbringen, er habe aufgrund eines Prozessvergleichs vor dem Arbeitsgericht vom 6.4.2005 einen noch nicht befriedigten Anspruch gegen die Drittschuldnerin auf Zahlung einer Sozialabfindung aus Anlass der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in Höhe von 4.000 Euro. Die Abfindung decke die Differenz zwischen seinem bisherigen Arbeitslohn in Höhe von 1.300 Euro netto und dem von ihm nunmehr bezogenen Arbeitslosengeld in Höhe von 161 Euro netto ab, weshalb die Abfindung in voller Höhe freizugeben sei.
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Mit Beschluss vom 6.5.2005 hat das Amtsgericht einen Betrag in Höhe von 1.611,31 Euro freigegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Umfang des notwendigen Unterhalts bestimme sich nach den Maßstäben des § 850 d Abs. I S. 2 ZPO. Dieser betrage für den Schuldner bis zum 31.3.2005 925 Euro und ab 1.4.2005 - wegen erhöhter Wohnkosten - 945 Euro. Für den Zeitraum Oktober 2004 bis April 2005, für welchen nach dem Vorbringen des Schuldners der Abfindungsbetrag bestimmt gewesen sei, benötige der Schuldner aus dem Abfindungsguthaben einen Betrag von 1.611,31 Euro um - zusammen mit dem bezogenen Arbeitslosengeld in Höhe von 697,67 Euro monatlich - seinen sozialhilferechtlichen Mindestbedarf zu decken.
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Gegen diese dem Schuldner am 11.5.2005 zugestellte Entscheidung hat der Schuldner mit am 17.5.2005 bei dem Amtsgericht eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 2.6.2005 nicht abgeholfen hat.
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Das Rechtsmittel ist gem. § 793 ZPO statthaft, rechtzeitig eingelegt und mithin zulässig. Es hat auch in der Sache Erfolg.
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In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, wie der "notwendige Unterhalt" im Sinne von § 850 i ZPO zu bestimmen ist.
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Nach einer Auffassung soll sich dieser an den Sätzen des § 850 d ZPO i.V.m. mit den Vorschriften des 3. u. 11. Kapitels des SGB XII [ab 1.1.2005] bzw. i.V.m. mit den Vorschriften des 2. und 4. Abschnitts des BSHG [bis 31.12.2004] orientieren (OLG Düsseldorf, NJW 1979, 2520; LG Mainz, Jur Büro 2000, 157; LG Heilbronn, JurBüro 2003, 157 m.w.N.; Stöber in Zöller, ZPO, § 850i, Rdnr. 2 m.w.N.). Hierfür spreche zunächst der Wortlaut der Bestimmung, der mit dem des § 850 d ZPO übereinstimme. Dass eine Orientierung an den Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollt gewesen sei, ergebe sich auch aus § 850 i Abs. I S. 3 ZPO, wonach dem Schuldner nicht mehr zu belassen sei, als ihm nach freier Schätzung des Gerichts verbleiben würde, wenn sein Arbeitseinkommen aus laufendem Arbeits- oder Dienstlohn bestünde. Hier werde für den dem Schuldner zu belassenden Betrag entsprechend den Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO eine Obergrenze gezogen, deren es nicht bedürfe, wenn der dem Schuldner zu belassende Betrag stets den Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO entspreche (LG Heilbronn a.a.O.).
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Nach Auffassung des erkennenden Beschwerdegerichts ist demgegenüber die in § 850 i Abs. I S. 3 ZPO bestimmte Obergrenze regelmäßig Ausgangspunkt für die Bestimmung des notwendigen Unterhalts im Sinne von § 850 i ZPO. Dem Schuldner ist also regelmäßig soviel zu belassen, wie ihm verbliebe, würde er ein der einmaligen Vergütung seiner Arbeitsleistung entsprechendes Arbeitseinkommen nach § 850 ZPO beziehen. Die Freibeträge im Sinne von § 850 i ZPO sind also zunächst nach Maßgabe der §§ 850 a bis 850 e ZPO zu ermitteln, wobei vom Schuldner auch besondere Belastungen, die nach § 850 f Abs. I ZPO zu berücksichtigen wären, geltend gemacht werden könnten. Nur so kann die mit § 850 i ZPO bezweckte Gleichstellung von Schuldnern mit einmaligen Vergütungsansprüchen mit in einem festen Dienst- oder Arbeitsverhältnis stehenden Schuldnern erreicht werden (Stöber, Forderungspfändung, 13. Aufl., Rdnr. 1238, Fn 16; LG Halle, Rpfleger 2001, 440; wohl auch BGH, NJW-RR 2004, 644 zu III 2).
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§ 850 i Abs. I S. 3 ZPO steht dieser Auslegung nicht entgegen. Diese Bestimmung nimmt gerade nicht (nur) Bezug auf die Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO - was in der Tat sinnlos wäre, wenn der dem Schuldner zu belassende Betrag stets den Pfändungsgrenzen des § 850 c ZPO entspräche - sondern verweist auf sämtliche Bestimmungen, die für die Pfändung von Arbeitseinkommen gelten. Nach Maßgabe dieser Vorschriften ist der Freibetrag des Schuldners nach oben begrenzt. Abweichungen nach unten sind möglich, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners insbesondere seine sonstigen Verdienstmöglichkeiten dies erfordern (§ 850 i Abs. I S. 2 ZPO).
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Weil die Gläubigerin keine privilegierte Forderung vollstreckt, ergeben sich die Pfändungsgrenzen mithin aus § 850 c ZPO.
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Danach ergibt sich bei einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem Unterhaltsberechtigten ein monatlicher Freibetrag von 1.280 Euro. Unter Abzug des dem Schuldner gewährten Arbeitslosengeldes von 697,97 Euro monatlich, verbleibt ein monatlicher Bedarf von 582,03 Euro, bzw. ein Bedarf von 4.074,21 Euro für den Zeitraum Oktober 2004 bis April 2005.
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Dies hat zur Folge, dass der gesamte Abfindungsbetrag freizugeben ist.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Wertfestsetzung auf § 3 ZPO.
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Die Rechtsbeschwerde wird im Hinblick auf die zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12.12.2003 (NJW-RR 2004, 644) nicht zugelassen (§ 574 ZPO).
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