Urteil vom Landgericht Stuttgart - 3 O 85/17

Tenor

1. Die Klage gegen den Beklagten Ziffer 2) wird abgewiesen.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Tatbestand

able> >Entscheidungsgründe
 
Der Kläger macht mit der vorliegenden Klage gegen die Beklagten Ansprüche aufgrund fehlerhafter Beratung geltend.
Die Beklagte Ziffer 3 ist eine Wohnbaugenossenschaft, deren Zweck nach § 2 ihrer Satzung die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder ist, insbesondere mit dem Ziel, die Mitglieder durch ein Optionskaufkonzept mit dauerhaft bezahlbarem Wohnraum zu versorgen. Die Beklagte Ziffer 1 hat dem Kläger eine Beteiligung an der Beklagten Ziffer 3 vermittelt. Der Beklagte Ziffer 2 war Gesellschafter der Beklagten Ziffer 1) und Vorstand der Beklagten Ziffer 3).
Mit Erklärung vom 11.06.2010 (Anlage K1) trat der Kläger der Beklagten Ziffer 3) mit dem Erwerb von zunächst 290 Geschäftsanteilen à 100,00 EUR, insgesamt 29.000,00 EUR, bei und verpflichtete sich zur Zahlung einer Abschlussgebühr von 5.303,00 EUR.
Der Anteilserwerb erfolgte auf Beratung der Zeugin Wolf, die für die Beklagte Ziffer 1) als Vermittlerin auftrat. Dem lag eine Informationsveranstaltung zugrunde, bei der der Kläger auf Anregung des Zeugen B teilgenommen hat. Bei dieser Informationsveranstaltung stellte die Zeugin Wolf das Konzept der Beklagten Ziffer 3) vor und informierte die Besucher der Veranstaltung, wie sie sich an dieser beteiligen könnten. In der Folge unterzeichnete der Kläger am 11.06.2010 die Beitrittserklärung, die er der Zeugin Wolf auf dem Postweg zukommen ließ. Außer dem Treffen bei der Informationsveranstaltung gab es keinen weiteren direkten Kontakt zwischen der Zeugin Wolf und dem Kläger.
Die Zahlung der erworbenen Anteile wurde dem Kläger gestundet. Insgesamt zahlte er 15.061,00 EUR ein, worin auch die Abschlussgebühr enthalten war. Die Mitgliedschaft war jederzeit innerhalb einer Frist von einem Jahr zum Jahresende kündbar. Die Abschlussgebühr wird im Falle der Kündigung nicht rückerstattet.
Mit Schreiben vom 29.10.2012 erklärte der Kläger mit sofortiger Wirkung die Kündigung seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten Ziffer 3) (Anlage K7). Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 20.11.2012 (Anlage K8) mit, dass die Kündigung seiner Mitgliedschaft zum 31.12.2013 wirksam werde.
Die Satzung der Beklagten zum Stand 31.12.2013 enthält u.a. die folgenden Regelungen:
§ 2 Zweck und Gegenstand
(1) Zweck der Genossenschaft ist die wirtschaftliche Förderung und Betreuung der Mitglieder. Die Genossenschaft hat insbesondere das Ziel, Wohnungen für ihre Mitglieder zu errichten und zu erwerben, die eine Förderung nach § 17 EigZulG erhalten und denen die Rechte nach § 11n) der Satzung zustehen. … Zur Durchführung beider Hauptzielsetzungen wurde ein Optionskaufkonzept entwickelt.
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§ 10 Auseinandersetzung
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(6) Würde die Liquidität der Genossenschaft durch die gleichmäßige Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben die zur Fortsetzung des Geschäftsbetriebs für die folgenden drei Monate erforderlichen Mittel unterschreiten, so ist die Genossenschaft berechtigt, die Zahlung in sechs gleichen vierteljährlichen Raten vorzunehmen; die erste Rate ist vier Monate nach dem Beschluss der Mitgliederversammlung, der den zugrunde liegenden Jahresabschluss feststellt, auszuzahlen. Sonderzahlungen durch die Genossenschaft sind jederzeit möglich. Bis zur vollständigen Auszahlung sind die jeweils offenen Teilbeträge mit dem gesetzlichen Zinssatz zu verzinsen. Die Liquidität ist zu jedem quartalsmäßigen Zahlungstermin zu prüfen. Fallen die Voraussetzungen gemäß S. 1 weg, ist die volle Auszahlung der Auseinandersetzungsguthaben wieder aufzunehmen.
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Weiter heißt es dort:
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§ 33 a Mindestkapital
15 
Das Mindestkapital der G Wohnbaugenossenschaft gemäß § 8a GenG, das bei der Auszahlung von Auseinandersetzungsguthaben zu beachten ist, beträgt 97 % der eingezahlten Genossenschaftsanteile zum Stand des Jahresabschlusses, der für das Auseinandersetzungsguthaben einschlägig ist, vermindert um zwei Drittel der in dem darauf folgenden Geschäftsjahr eingehenden Einzahlungen auf die Geschäftsguthaben. Es darf durch die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens an ausgeschiedene Mitglieder oder nach Teilkündigung nicht unterschritten werden. Würde das Mindestkapital durch die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens unterschritten, so ist die Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens insoweit ausgesetzt. In diesem Fall wird das Auseinandersetzungsguthaben aller ausscheidenden Mitglieder anteilig gekürzt. wird das Mindestkapital wieder überschritten, werden die ausgesetzten Auseinandersetzungsguthaben zur Auszahlung fällig. Die Überprüfung, ob das Mindestkapital wieder überschritten wird, findet monatlich jeweils zum Monatsende auf der Grundlage der Einzahlungen des beendeten Monats statt. Auszahlungen erfolgen dann jahrgangsweise in der Reihenfolge des Ausscheidens. Der Vorstand hat die Auszahlung monatlich zu veranlassen.
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Insbesondere § 33a und § 10 Abs. 6 der Satzung wurden erst im Jahr 2013 eingeführt. In der Satzung 2012 war in § 10 Abs. 1 Folgendes vorgesehen:
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Mit dem Ausgeschiedenen hat sich die Genossenschaft auseinanderzusetzen. Maßgebend ist die Bilanz, die für das Geschäftsjahr, zu dessen Ende das Mitglied ausgeschieden ist, festgestellt worden ist (29 Abs. 1 Buchst. b).
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Der Jahresabschluss ist gem. § 29b der Satzung durch die Mitgliederversammlung festzustellen.
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Die Beklagte Ziffer 3) zahlte an den Kläger vorgerichtlich zunächst 5.494,22 EUR und im Laufe des gerichtlichen Verfahrens weitere 1.537,50 EUR.
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Der Kläger trägt vor,
21 
er sei weder im Vorfeld noch bei Abschluss der Beitrittserklärung darüber informiert worden, dass das Konzept der Beklagten Risiken berge und auch ein Verlust der Anlage möglich sei. Die Vermittler der Beklagten Ziffer 1) seien auf Betreiben des Beklagten Ziffer 2) oder jedenfalls ohne dessen Einschreiten systematisch darauf geschult worden, einseitig die Vorteile des Konzepts der Beklagten Ziffer 3) herauszustellen und sie den angeblichen Nachteilen der herkömmlichen Immobilienfinanzierung über Banken und Bausparkassen gegenüberzustellen. Das Konzept sei dabei bewusst wahrheitswidrig als sicheres Instrument der Immobilienfinanzierung dargestellt worden, bei dem kein Verlust des eingezahlten Geldes drohe. Mit der in der Beitrittserklärung aufgeführten „Abschlussgebühr“ sei zudem gezielt irreführend eine Nähe zum Bausparvertrag hergestellt worden. Die Abschlussgebühr sei indessen nicht der Genossenschaft zugutegekommen. Vielmehr habe es sich um eine Vertriebsprovision gehandelt, die letztlich dem Beklagten Ziffer 2) zugeflossen sei. Risiken des Anteilserwerbs seien nicht aufgezeigt, sondern gezielt verschwiegen worden. Dieses System sei darauf gerichtet gewesen, durch Ausnutzung der Unwissenheit des Klägers, den erfolgreichen Vertrieb zu fördern. Der Beklagte Ziffer 2) habe sogar aktiv behauptet, es bestehe kein Insolvenzrisiko und kein Verlustrisiko. Er habe dabei jedenfalls billigend in Kauf genommen, dass der Kläger geschädigt werde.
22 
Darüber hinaus habe der Beklagte Ziffer 2) die Vermögen der Beklagten Ziffer 1) und des von ihm geführten Unternehmens G eK einerseits und das Vermögen der G Wohnbaugenossenschaft eG andererseits vermischt. Es seien zahlreiche Tätigkeiten von Angestellten der G Wohnbaugenossenschaft eG bzw. der G Vertriebs AG für die G eK vorgenommen worden, die in der Buchhaltung keinen entsprechenden Niederschlag gefunden hätten. Er hafte daher nach den Grundsätzen höchstrichterlicher Rechtsprechung persönlich für Verbindlichkeiten der Beklagten Ziffer 1).
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Der Kläger ist der Auffassung, aufgrund fehlerhafter Aufklärung über die Risiken der Mitgliedschaft bei der Beklagten zur außerordentlichen Kündigung berechtigt gewesen zu sein. Zudem habe der Kläger das Vertragsverhältnis, das in einer Haustürsituation zustande gekommen sei, mit der Beklagten wirksam widerrufen. Die ihm erteilte Belehrung belehre nicht über die Widerrufsfolgen, die sich aus den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft ergäben. Schließlich habe er einen Anspruch auf Rückabwicklung des Anteilserwerbs in Form des negativen Schadensersatzes gegen die Beklagte Ziffer 1), mit der konkludent ein Anlageberatungsvertrag, zumindest aber ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen sei. Seine Mitgliedschaft habe daher nie wirksam bestanden, zumindest habe sie aber spätestens mit Ablauf des Jahres 2012 geendet. Gegen den Beklagten Ziffer 2) macht der Kläger Ansprüche aufgrund sittenwidriger Schädigung geltend, denn das gesamte Konzept sei wie ein „Schneeballsystem“ von ihm persönlich darauf ausgerichtet, den Anteilserwerbern Risikofreiheit vorzutäuschen, um möglichst schnell, möglichst viele Genossenschaftsmitglieder anzuwerben und durch die Abschlussgebühren hohe Vermittlungsprovisionen zu generieren. Die Beklagte Ziffer 3) hafte für diese sittenwidrige Schädigung gem. § 831 BGB.
24 
Der Kläger beantragt:
25 
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 8.290,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2013 zu zahlen.
26 
2. Die Beklagten haben dem Kläger die Kosten für anwaltliche Vertretung i.H.v. 1.029,35 EUR zu ersetzen, zuzüglich Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.12.2016.
27 
Die Beklagten beantragen jeweils
28 
die Klage abzuweisen.
29 
Die Beklagten tragen vor,
30 
der Kläger sei bei der Vermittlung darüber aufgeklärt worden, dass ein Verlust der Einlage bei der Beklagten möglich sei. Es habe auch keine Zusage gegeben, dass bei einer Kündigung die bezahlte Genossenschaftsanlage vollständig zurückbezahlt werde. Der Kläger habe auf der Beitrittserklärung mit seiner Unterschrift bestätigt, die Satzung und Vertragsbedingungen der Beklagten erhalten zu haben. Anhand der Satzung sei er insbesondere darauf hingewiesen worden, dass er am Gewinn und Verlust der Genossenschaft teilnehme.
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31 
Der Kläger sei erst zum 31.12.2013 aus der Genossenschaft ausgeschieden, weshalb er einen Auszahlungsanspruch i.H.v. 6.770,50 EUR habe, den die Beklagte Ziffer 3) auf Basis der Satzung mit dem Stand 31.12.2013 durch die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gezahlten Beträge erfüllt habe.
32 
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen B, S und W. Ergänzend wird umfassend auf den Akteninhalt, insbesondere den schriftsätzlichen Vortrag der Parteien, diesem beigefügte Anlagen und die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
33 
Nachdem das Verfahren hinsichtlich der Beklagten Ziffern 1) und 2) gem. § 240 ZPO unterbrochen wurde, richtet sich das laufende Verfahren nunmehr lediglich noch gegen den Beklagten Ziffer 2).
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34 
I. Hauptentscheidung
35 
Die Klage ist teilweise unzulässig und teilweise unbegründet.
1.
36 
Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger mit ihr einen eigentlich gegen die Beklagte Ziffer 1) behaupteten, abgeleiteten Anspruch gegen den Beklagten Ziffer 2) geltend macht. Wegen der alleinigen Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters der Beklagten Ziffer 1) für die Einziehung der Ansprüche erweist sich die von dem Kläger gegen den Beklagten Ziffer 2) erhobene Klage insoweit als unzulässig, § 93 InsO (vgl. BGH, Beschluss vom 12.07.2012 − IX ZR 217/11, juris-Rn. 10 f.).
37 
Nach ständiger Rechtsprechung kommt eine persönliche Haftung von GmbH-Gesellschaftern in Betracht, wenn die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert worden ist; denn dann können die Kapitalerhaltungsvorschriften, deren Einhaltung ein unverzichtbarer Ausgleich für die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsvermögen ist, nicht funktionieren. Dies kann es rechtfertigen, ausnahmsweise den Gläubigern außer dem nicht mehr wirksam geschützten Haftungsfonds der Gesellschaft das Privatverm&#246;gen der Gesellschafter zur Verfügung zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 13.04.1994 – II ZR 16/93, juris-Rn. 6 = BGHZ 125, 366 m.w.N.).
38 
Vorliegend kann indes dahinstehen, ob dieser erstmals mit Schriftsatz vom 08.03.2019 geltend gemachte Haftungsdurchgriff gegen den Beklagten Ziffer 2) aufgrund der behaupteten Vermögensvermischung in Betracht kommt. Denn dieser ausnahmsweise Haftungsdurchgriff führt letztlich nur zur akzessorischen Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Beklagten Ziffer 1). Einen eigenständigen Haftungsgrund konstituiert er nicht. Für akzessorische Ansprüche gegen die Gesellschafter ist der Kläger jedoch nicht prozessführungsbefugt, da § 93 InsO vorliegend analog anwendbar ist und ein entsprechender Anspruch ausschließlich vom Insolvenzverwalter und zugunsten der Masse geltend gemacht werden kann.
a.>
39 
Die Sperrwirkung des § 93 InsO verbietet den Gläubigern der insolventen Personengesellschaft, Ansprüche gegen einen persönlich haftenden Gesellschafter geltend zu machen.
40 
Zwar handelt es sich bei der Beklagten Ziffer 1) nicht um eine Personengesellschaft. Allerdings leitet der Kläger den abgeleiteten Anspruch gegen den Beklagten Ziffer 2) auch nicht aus gesetzlichen Vorschriften über die persönliche Haftung von GmbH-Gesellschaftern ab, denn solche existieren nicht. Die Regelung ist jedoch im Wege der Analogie auf die Konstellation anzuwenden, in der ein Gläubiger aufgrund besonderer Gründe Ansprüche gegen die von Gesetzes wegen grundsätzlich nicht persönlich haftenden Gesellschafter geltend macht, sofern der Anspruch ein abgeleiteter Anspruch gegen die Gesellschaft ist.
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41 
Der Gesetzgeber hat die Inanspruchnahme von GmbH-Gesellschaftern in § 93 InsO ersichtlich deshalb nicht aufgeführt, da hier von Gesetzes wegen kein Anlass bestand, denn GmbH-Gesellschafter haften grundsätzlich nicht persönlich, § 13 Abs. 2 GmbhG. Insoweit besteht jedoch eine Regelungslücke für diejenigen Fälle, in denen ein Gesellschafter ausnahmsweise etwa aufgrund Vermögensvermischung doch wegen Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Anspruch genommen wird.
42 
Aus Gläubigerschutzinteressen ist es geboten, in solchen Konstellationen § 93 InsO analog anzuwenden. Denn andernfalls würde derjenige Gläubiger der frühzeitig auf den Gesellschafter zugreift, gegenüber den anderen Gläubigern begünstigt (sog. Gläubigerwettlauf). Das läuft jedoch den Zielen des § 93 InsO ersichtlich zuwider.
b.
43 
§ 93 InsO erfasst zwar nicht sämtliche Ansprüche gegen den ausnahmsweise persönlich in Anspruch genommenen Gesellschafter. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist § 93 InsO nämlich auch bei Personengesellschaftsgesellschaftern nicht auf solche Ansprüche anwendbar, die deshalb gegen die Gesellschafter bestehen, weil diese aus einem von den handelsrechtlichen Haftungsbestimmungen unabhängigen Rechtsgrund, insbesondere einer rechtlich selbständigen eigenen Verpflichtung, für die Verbindlichkeit der Gesellschaft einzustehen haben (BGH, Urteil vom 04.07.2002 – IX ZR 265/01, juris-Rn. 9).
44 
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Vorliegend macht der Kläger jedoch neben den unter Ziffer 2. unten behandelten deliktischen Ansprüchen gerade einen akzessorischen Anspruch gegen den Kläger geltend. Dies erfolgt zwar nicht aufgrund einer gesetzlichen Akzessorietät, da diese bei einer GmbH gerade nicht besteht. Allerdings ist der ausnahmsweise geltend gemachte Durchgriff aufgrund der behaupteten Verm&#246;gensvermischung der Gesellschaft gleichwohl so zu behandeln wie im Falle einer gesetzlichen Akzessorietät. Denn der Gläubigergemeinschaft entgegenstehende Sonderinteressen des einzelnen Gläubigers, etwa aus Sicherungsabreden bzw. einem entsprechenden Vertrauen des Gläubigers, bestehen in einer solchen Konstellation gerade nicht. Es wird in der vorliegenden Konstellation gerade nicht in die der Privatautonomie unterstehende Möglichkeit eingegriffen, Sicherungsgeschäfte abzuschließen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 04.07.2002 – IX ZR 265/01, juris-Rn. 12).
45 
Der Kläger hat vorliegend kein über die allgemeinen Gläubigerinteressen der Insolvenzschuldnerin hinausgehendes Sonderinteresse, das seine Besserstellung gegenüber der Gläubigergemeinschaft rechtfertigen würde. Dementsprechend ist § 93 InsO vorliegend analog anwendbar und der Kläger nicht befugt, die akzessorischen Ansprüche gegen den Beklagten Ziffer 2) geltend zu machen.
2.
46 
Die im Übrigen zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
a.
47 
Wie ausgeführt, steht § 93 InsO nicht einem selbständigen deliktischen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten Ziffer 2) entgegen. Hierbei handelt es sich nicht um einen akzessorischen Anspruch gegen die Beklagten Ziffern 1) oder 3), sodass § 93 InsO hierauf nicht analog anwendbar ist.
b.
(1)
48 
Der Kläger hat gegen den Beklagten Ziffer 2) jedoch keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 826 BGB.
49 
<rd nr="49"/>Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger angeführte Rechtsprechung über die Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung bei der Beteiligung an einer Fondsgesellschaft bzw. Vermittlung von Anlageprodukten aufgrund bewusster Täuschung der Anlageinteressenten auf den vorliegenden Fall überhaupt anwendbar ist. Das ist bereits zweifelhaft, da diese Rechtsprechung ausschließlich prospektpflichtige juristische Personen betrifft. Entscheidungserheblich ist dies für den zu entscheidenden Fall jedoch nicht.
(2)
50 
Zwar geht das Gericht davon aus, dass die Beklagte Ziffer 1) den Kläger über das Verlustrisiko insbesondere im Falle einer Insolvenz der Beklagten Ziffer 3) hätte informieren müssen. Der Kläger war zur Wahrung seiner Vermögensinteressen auf eine wahrheitsgemäße Darstellung der Beteiligung im Vermittlungsgespräch als der maßgeblichen Informationsquelle angewiesen. Dies begründete die Rechtspflicht zur vollständigen und richtigen Aufklärung. Das Unterlassen einer für die Anlageentscheidung erheblichen Information ist für sich genommen jedoch – selbst bei Bestehen einer Prospektpflicht – nicht verwerflich. Gegen die guten Sitten verstößt ein Prospektverantwortlicher nur dann, wenn er Anlageinteressenten durch eine bewusste Täuschung zur Beteiligung bewegt, etwa dadurch, dass er einen ihm bekannten Umstand bewusst verschweigt, um unter Ausnutzung der Unkenntnis der Anlageinteressenten möglichst viele Beitritte zu erreichen (BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris-Rn. 17 = NJW 2017, 250 m.w.N.). Anderenfalls führte die objektiv unrichtige Beratung stets zu einer sittenwidrigen Schädigung der die Beteiligung erwerbenden Anleger, obwohl darin zunächst nicht mehr als eine zu einem möglicherweise ungewollten Vertragsschluss führende Pflichtverletzung zu sehen ist (vgl. zur Informationspflichtverletzung bei Prospektpflicht BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris-Rn. 21 = NJW 2017, 250).
51 
Selbst wenn man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall anwenden wollte, ist dem Kläger der Nachweis dieser Voraussetzungen beim Beklagten Ziffer 2) nicht gelungen. Der Kläger hat bereits nicht bewiesen, dass dem Beklagten Ziffer 2) bekannt war, dass ein Insolvenzrisiko der Beklagten Ziffer 3) bestand. Ungeachtet dessen hat der Kläger nicht bewiesen, dass der Beklagte Ziffer 2) entweder vorsätzlich darauf hingewirkt hat, dass dem Kläger Risiken beim Erwerb der Genossenschaftsbeteiligung bewusst verschwiegen wurden, oder er ein solches Unterlassen als Vorstand vorsätzlich geduldet hat. Nur dann käme eine entsprechende Haftung des Beklagten Ziffer 2) in Betracht.
aa.
52 
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Dafür genügt auch nicht die Duldung der verwendeten Schulungsunterlagen. Dass diese keine Hinweise auf mit der Genossenschaftsbeteiligung verbundene Risiken enthalten und gezielt die Vorteile der Beteiligung herausstellen, ist nicht ausreichend, um eine Haftung gem. § 826 BGB zu begründen. Erheblich wären lediglich eine vorsätzliche Desinformation oder eine vorsätzlich lückenhafte Information. Den Schulungsunterlagen lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Vermittler der Beklagten Ziffer 1) eine Beratung über Risiken allgemein auch mündlich zu unterlassen hatten oder gezielt untersagt wurde, entsprechende Informationen zu erteilen. So ist es durchaus denkbar, dass im Rahmen der Schulungen mündlich auf mögliche Risiken hingewiesen wurde. Es ist auch nicht bewiesen, dass außer den vorgelegten Auszügen aus den Schulungsunterlagen keine entsprechenden Risikohinweise in anderen Unterlagen enthalten waren. Selbst wenn die für die Vermittler angebotenen Schulungen die Schulungsteilnehmer möglicherweise nicht oder nicht deutlich genug für entsprechende Risiken sensibilisiert haben sollten, begründet dies noch keine Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung. Denn ein entsprechender Vorsatz des Beklagten Ziffer 2) ist damit nicht bewiesen.
53 
Dies konnte auch durch die Zeugenvernehmungen nicht nachgewiesen werden.
54 
Der Zeuge S war zu keinem Zeitpunkt im Betrieb der Beklagten Ziffern 1) und 3) tätig und hatte keine Einblicke in die Vertriebsstruktur oder die Inhalte der Schulungen. Seine Angaben zu der Beratungspraxis der G... 24 genügen daher im vorliegenden Verfahren nicht, um einen entsprechenden Vorsatz des Beklagten Ziffer 2) zu belegen.
55 
Auch die Zeugen B und W konnten hierzu keine Angaben zur Kenntnis oder irgendwie gearteten Steuerung des Beklagten Ziffer 2) machen. Der Zeuge W war nur bei einer Schulungsveranstaltung anwesend und generell nur sehr kurz für die Beklagten tätig. Unabhängig von der Glaubhaftigkeitsbewertung, kann aus dessen Angaben, bei dieser einen Schulung sei keine Information der Schulungsteilnehmer über die Risikoaufklärung erfolgt, nicht geschlossen werden, dass dies (i) in Kenntnis der Risiken der Beteiligung bei schulenden Personen erfolgte und (iii) der Beklagte Ziffer 2) hiervon – oder von dem Risiko – Kenntnis hatte.
56 
Der Handelnde muss jedoch die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen m2;ssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt (BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris-Rn. 25 = NJW 2017, 250 m.w.N.). Diesen Nachweis hat der Kläger vorliegend nicht dadurch geführt, dass er auszugsweise Schulungsunterlagen vorlegt. Dem steht auch nicht entgegen, dass auch der Zeuge B berichtet hat, dass er dieselben Schulungsunterlagen erhalten habe wie der Zeuge W.
57 
Es kann insofern auch offenbleiben, ob der Kläger möglicherweise nicht doch durch die Zeugin Wolf über entsprechende Risiken informiert wurde. Denn selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, lassen sich hieraus keine Rückschlüsse auf den Vorsatz des Beklagten Ziffer 2) ziehen. Hieraus lässt sich nämlich nicht ableiten, dass es sich hierbei um eine gezielte Desinformation handelte und der Beklagte Ziffer 2) diese kannte. Auch eine Wissenszurechnung anderer Personen kommt nicht in Betracht. Das ist wenn dann überhaupt nur im Hinblick auf die Haftung der juristischen Person denkbar, nicht jedoch auf die Haftung einer natürlichen Person. Für das Merkmal der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB ist zudem ein moralisches Unwerturteil erforderlich, das nicht über eine Wissenszurechnung des Wissens der die Schulungen ausführenden Mitarbeiter der Beklagten Ziffern 1) und 3) begründet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris-Rn. 23 = NJW 2017, 250). Einer Vernehmung der Zeugin Wolf bedurfte es daher nicht.
bb.
58 
Auch eine entsprechende Beihilfe des Beklagten Ziffer 2) zu einer Haupttat eines Dritten hat der Kläger nicht nachgewiesen. Eine deliktische Beihilfe-Haftung kommt von vornherein nur bei vorsätzlicher Beteiligung an einem fremden Vorsatzdelikt in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 11.07.2006 – VI ZR 339/04 m.w.N.). Dies erfordert jedoch eine vorsätzlich begangene Haupttat.
59 
Eine solche vorsätzliche Haupttat etwa der ihm die Beteiligung vermittelnden bzw. ihn beratenden Personen hat der Kläger nicht nachgewiesen. Auch diesbezüglich fehlt es am Nachweis des Vorsatzes der handelnden Personen, hier der Zeugin Wolf. Selbst wenn man davon ausginge, dass im Falle des Klägers keine entsprechenden Risikohinweise erfolgten, bedeutet das noch nicht, dass dies auch vorsätzlich wahrheitswidrig erfolgte. Es kann insofern nicht ausgeschlossen werden, dass die Vermittler gar keine Kenntnis von Risiken hatten, da sie diese Risiken selbst nicht wahrgenommen haben bzw. kannten.
(3)
60 
Die geltend gemachten Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
61 ;
II. Nebenentscheidungen
62 
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten, da das Verfahren gegen die Beklagten Ziffern 1) und 3) unterbrochen ist.

Gründe

 
34 
I. Hauptentscheidung
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35 
Die Klage ist teilweise unzulässig und teilweise unbegründet.
1.
36 
Die Klage ist unzulässig, soweit der Kläger mit ihr einen eigentlich gegen die Beklagte Ziffer 1) behaupteten, abgeleiteten Anspruch gegen den Beklagten Ziffer 2) geltend macht. Wegen der alleinigen Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters der Beklagten Ziffer 1) für die Einziehung der Ansprüche erweist sich die von dem Kläger gegen den Beklagten Ziffer 2) erhobene Klage insoweit als unzulässig, § 93 InsO (vgl. BGH, Beschluss vom 12.07.2012 − IX ZR 217/11, juris-Rn. 10 f.).
37 
Nach ständiger Rechtsprechung kommt eine persönliche Haftung von GmbH-Gesellschaftern in Betracht, wenn die Abgrenzung zwischen Gesellschafts- und Privatvermögen durch eine undurchsichtige Buchführung oder auf andere Weise verschleiert worden ist; denn dann können die Kapitalerhaltungsvorschriften, deren Einhaltung ein unverzichtbarer Ausgleich für die Beschränkung der Haftung auf das Gesellschaftsverm&#246;gen ist, nicht funktionieren. Dies kann es rechtfertigen, ausnahmsweise den Gläubigern außer dem nicht mehr wirksam geschützten Haftungsfonds der Gesellschaft das Privatvermögen der Gesellschafter zur Verfügung zu stellen (vgl. BGH, Urteil vom 13.04.1994 – II ZR 16/93, juris-Rn. 6 = BGHZ 125, 366 m.w.N.).
38 
Vorliegend kann indes dahinstehen, ob dieser erstmals mit Schriftsatz vom 08.03.2019 geltend gemachte Haftungsdurchgriff gegen den Beklagten Ziffer 2) aufgrund der behaupteten Vermögensvermischung in Betracht kommt. Denn dieser ausnahmsweise Haftungsdurchgriff führt letztlich nur zur akzessorischen Haftung der Gesellschafter f2;r Verbindlichkeiten der Beklagten Ziffer 1). Einen eigenständigen Haftungsgrund konstituiert er nicht. Für akzessorische Ansprüche gegen die Gesellschafter ist der Kläger jedoch nicht prozessführungsbefugt, da § 93 InsO vorliegend analog anwendbar ist und ein entsprechender Anspruch ausschließlich vom Insolvenzverwalter und zugunsten der Masse geltend gemacht werden kann.
a.
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Die Sperrwirkung des § 93 InsO verbietet den Gläubigern der insolventen Personengesellschaft, Ansprüche gegen einen persönlich haftenden Gesellschafter geltend zu machen.
40 
Zwar handelt es sich bei der Beklagten Ziffer 1) nicht um eine Personengesellschaft. Allerdings leitet der Kläger den abgeleiteten Anspruch gegen den Beklagten Ziffer 2) auch nicht aus gesetzlichen Vorschriften über die persönliche Haftung von GmbH-Gesellschaftern ab, denn solche existieren nicht. Die Regelung ist jedoch im Wege der Analogie auf die Konstellation anzuwenden, in der ein Gläubiger aufgrund besonderer Gründe Ansprüche gegen die von Gesetzes wegen grundsätzlich nicht persönlich haftenden Gesellschafter geltend macht, sofern der Anspruch ein abgeleiteter Anspruch gegen die Gesellschaft ist.
41 
Der Gesetzgeber hat die Inanspruchnahme von GmbH-Gesellschaftern in § 93 InsO ersichtlich deshalb nicht aufgeführt, da hier von Gesetzes wegen kein Anlass bestand, denn GmbH-Gesellschafter haften grundsätzlich nicht persönlich, § 13 Abs. 2 GmbhG. Insoweit besteht jedoch eine Regelungslücke für diejenigen Fälle, in denen ein Gesellschafter ausnahmsweise etwa aufgrund Vermögensvermischung doch wegen Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Anspruch genommen wird.
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42 
Aus Gläubigerschutzinteressen ist es geboten, in solchen Konstellationen § 93 InsO analog anzuwenden. Denn andernfalls würde derjenige Gläubiger der frühzeitig auf den Gesellschafter zugreift, gegenüber den anderen Gläubigern begünstigt (sog. Gläubigerwettlauf). Das läuft jedoch den Zielen des § 93 InsO ersichtlich zuwider.
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§ 93 InsO erfasst zwar nicht sämtliche Ansprüche gegen den ausnahmsweise persönlich in Anspruch genommenen Gesellschafter. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist § 93 InsO nämlich auch bei Personengesellschaftsgesellschaftern nicht auf solche Ansprüche anwendbar, die deshalb gegen die Gesellschafter bestehen, weil diese aus einem von den handelsrechtlichen Haftungsbestimmungen unabhängigen Rechtsgrund, insbesondere einer rechtlich selbständigen eigenen Verpflichtung, für die Verbindlichkeit der Gesellschaft einzustehen haben (BGH, Urteil vom 04.07.2002 – IX ZR 265/01, juris-Rn. 9).
44 
Vorliegend macht der Kläger jedoch neben den unter Ziffer 2. unten behandelten deliktischen Ansprüchen gerade einen akzessorischen Anspruch gegen den Kläger geltend. Dies erfolgt zwar nicht aufgrund einer gesetzlichen Akzessorietät, da diese bei einer GmbH gerade nicht besteht. Allerdings ist der ausnahmsweise geltend gemachte Durchgriff aufgrund der behaupteten Vermögensvermischung der Gesellschaft gleichwohl so zu behandeln wie im Falle einer gesetzlichen Akzessorietät. Denn der Gläubigergemeinschaft entgegenstehende Sonderinteressen des einzelnen Gläubigers, etwa aus Sicherungsabreden bzw. einem entsprechenden Vertrauen des Gläubigers, bestehen in einer solchen Konstellation gerade nicht. Es wird in der vorliegenden Konstellation gerade nicht in die der Privatautonomie unterstehende Möglichkeit eingegriffen, Sicherungsgeschäfte abzuschließen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 04.07.2002 – IX ZR 265/01, juris-Rn. 12).
45 
Der Kläger hat vorliegend kein über die allgemeinen Gläubigerinteressen der Insolvenzschuldnerin hinausgehendes Sonderinteresse, das seine Besserstellung gegenüber der Gläubigergemeinschaft rechtfertigen würde. Dementsprechend ist § 93 InsO vorliegend analog anwendbar und der Kläger nicht befugt, die akzessorischen Ansprüche gegen den Beklagten Ziffer 2) geltend zu machen.
2.
46 
Die im Übrigen zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
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47 
Wie ausgeführt, steht § 93 InsO nicht einem selbständigen deliktischen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten Ziffer 2) entgegen. Hierbei handelt es sich nicht um einen akzessorischen Anspruch gegen die Beklagten Ziffern 1) oder 3), sodass § 93 InsO hierauf nicht analog anwendbar ist.
b.
(1)
48 
Der Kläger hat gegen den Beklagten Ziffer 2) jedoch keinen Anspruch auf Schadensersatz aus § 826 BGB.
49 
Es kann dahinstehen, ob die vom Kläger angeführte Rechtsprechung über die Haftung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung bei der Beteiligung an einer Fondsgesellschaft bzw. Vermittlung von Anlageprodukten aufgrund bewusster Täuschung der Anlageinteressenten auf den vorliegenden Fall überhaupt anwendbar ist. Das ist bereits zweifelhaft, da diese Rechtsprechung ausschließlich prospektpflichtige juristische Personen betrifft. Entscheidungserheblich ist dies für den zu entscheidenden Fall jedoch nicht.
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Zwar geht das Gericht davon aus, dass die Beklagte Ziffer 1) den Kläger über das Verlustrisiko insbesondere im Falle einer Insolvenz der Beklagten Ziffer 3) hätte informieren müssen. Der Kläger war zur Wahrung seiner Vermögensinteressen auf eine wahrheitsgemäße Darstellung der Beteiligung im Vermittlungsgespräch als der maßgeblichen Informationsquelle angewiesen. Dies begründete die Rechtspflicht zur vollständigen und richtigen Aufklärung. Das Unterlassen einer für die Anlageentscheidung erheblichen Information ist für sich genommen jedoch – selbst bei Bestehen einer Prospektpflicht – nicht verwerflich. Gegen die guten Sitten verstößt ein Prospektverantwortlicher nur dann, wenn er Anlageinteressenten durch eine bewusste Täuschung zur Beteiligung bewegt, etwa dadurch, dass er einen ihm bekannten Umstand bewusst verschweigt, um unter Ausnutzung der Unkenntnis der Anlageinteressenten möglichst viele Beitritte zu erreichen (BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris-Rn. 17 = NJW 2017, 250 m.w.N.). Anderenfalls führte die objektiv unrichtige Beratung stets zu einer sittenwidrigen Schädigung der die Beteiligung erwerbenden Anleger, obwohl darin zunächst nicht mehr als eine zu einem möglicherweise ungewollten Vertragsschluss führende Pflichtverletzung zu sehen ist (vgl. zur Informationspflichtverletzung bei Prospektpflicht BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris-Rn. 21 = NJW 2017, 250).
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Selbst wenn man diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall anwenden wollte, ist dem Kläger der Nachweis dieser Voraussetzungen beim Beklagten Ziffer 2) nicht gelungen. Der Kläger hat bereits nicht bewiesen, dass dem Beklagten Ziffer 2) bekannt war, dass ein Insolvenzrisiko der Beklagten Ziffer 3) bestand. Ungeachtet dessen hat der Kläger nicht bewiesen, dass der Beklagte Ziffer 2) entweder vorsätzlich darauf hingewirkt hat, dass dem Kläger Risiken beim Erwerb der Genossenschaftsbeteiligung bewusst verschwiegen wurden, oder er ein solches Unterlassen als Vorstand vorsätzlich geduldet hat. Nur dann käme eine entsprechende Haftung des Beklagten Ziffer 2) in Betracht.
aa.
52 
Dafür genügt auch nicht die Duldung der verwendeten Schulungsunterlagen. Dass diese keine Hinweise auf mit der Genossenschaftsbeteiligung verbundene Risiken enthalten und gezielt die Vorteile der Beteiligung herausstellen, ist nicht ausreichend, um eine Haftung gem. § 826 BGB zu begründen. Erheblich wären lediglich eine vorsätzliche Desinformation oder eine vorsätzlich lückenhafte Information. Den Schulungsunterlagen lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Vermittler der Beklagten Ziffer 1) eine Beratung über Risiken allgemein auch mündlich zu unterlassen hatten oder gezielt untersagt wurde, entsprechende Informationen zu erteilen. So ist es durchaus denkbar, dass im Rahmen der Schulungen mündlich auf mögliche Risiken hingewiesen wurde. Es ist auch nicht bewiesen, dass außer den vorgelegten Auszügen aus den Schulungsunterlagen keine entsprechenden Risikohinweise in anderen Unterlagen enthalten waren. Selbst wenn die für die Vermittler angebotenen Schulungen die Schulungsteilnehmer möglicherweise nicht oder nicht deutlich genug für entsprechende Risiken sensibilisiert haben sollten, begründet dies noch keine Haftung wegen vors28;tzlicher sittenwidriger Schädigung. Denn ein entsprechender Vorsatz des Beklagten Ziffer 2) ist damit nicht bewiesen.
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r="53"/>Dies konnte auch durch die Zeugenvernehmungen nicht nachgewiesen werden.
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Der Zeuge S war zu keinem Zeitpunkt im Betrieb der Beklagten Ziffern 1) und 3) tätig und hatte keine Einblicke in die Vertriebsstruktur oder die Inhalte der Schulungen. Seine Angaben zu der Beratungspraxis der G... 24 genügen daher im vorliegenden Verfahren nicht, um einen entsprechenden Vorsatz des Beklagten Ziffer 2) zu belegen.
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Auch die Zeugen B und W konnten hierzu keine Angaben zur Kenntnis oder irgendwie gearteten Steuerung des Beklagten Ziffer 2) machen. Der Zeuge W war nur bei einer Schulungsveranstaltung anwesend und generell nur sehr kurz für die Beklagten tätig. Unabhängig von der Glaubhaftigkeitsbewertung, kann aus dessen Angaben, bei dieser einen Schulung sei keine Information der Schulungsteilnehmer über die Risikoaufklärung erfolgt, nicht geschlossen werden, dass dies (i) in Kenntnis der Risiken der Beteiligung bei schulenden Personen erfolgte und (iii) der Beklagte Ziffer 2) hiervon – oder von dem Risiko – Kenntnis hatte.
56 
Der Handelnde muss jedoch die Schädigung des Anspruchstellers gekannt bzw. vorausgesehen und in seinen Willen aufgenommen, jedenfalls aber für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben. Es genügt nicht, wenn die relevanten Tatumstände lediglich objektiv erkennbar waren und der Handelnde sie hätte kennen können oder kennen müssen oder sie sich ihm sogar hätten aufdrängen müssen; in einer solchen Situation ist lediglich ein Fahrlässigkeitsvorwurf gerechtfertigt (BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris-Rn. 25 = NJW 2017, 250 m.w.N.). Diesen Nachweis hat der Kläger vorliegend nicht dadurch geführt, dass er auszugsweise Schulungsunterlagen vorlegt. Dem steht auch nicht entgegen, dass auch der Zeuge B berichtet hat, dass er dieselben Schulungsunterlagen erhalten habe wie der Zeuge W.
57 
Es kann insofern auch offenbleiben, ob der Kläger möglicherweise nicht doch durch die Zeugin Wolf über entsprechende Risiken informiert wurde. Denn selbst wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte, lassen sich hieraus keine Rückschlüsse auf den Vorsatz des Beklagten Ziffer 2) ziehen. Hieraus lässt sich nämlich nicht ableiten, dass es sich hierbei um eine gezielte Desinformation handelte und der Beklagte Ziffer 2) diese kannte. Auch eine Wissenszurechnung anderer Personen kommt nicht in Betracht. Das ist wenn dann überhaupt nur im Hinblick auf die Haftung der juristischen Person denkbar, nicht jedoch auf die Haftung einer natürlichen Person. Für das Merkmal der Sittenwidrigkeit im Sinne des § 826 BGB ist zudem ein moralisches Unwerturteil erforderlich, das nicht über eine Wissenszurechnung des Wissens der die Schulungen ausführenden Mitarbeiter der Beklagten Ziffern 1) und 3) begründet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2016 – VI ZR 536/15, juris-Rn. 23 = NJW 2017, 250). Einer Vernehmung der Zeugin Wolf bedurfte es daher nicht.
bb.
58 
Auch eine entsprechende Beihilfe des Beklagten Ziffer 2) zu einer Haupttat eines Dritten hat der Kläger nicht nachgewiesen. Eine deliktische Beihilfe-Haftung kommt von vornherein nur bei vorsätzlicher Beteiligung an einem fremden Vorsatzdelikt in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 11.07.2006 – VI ZR 339/04 m.w.N.). Dies erfordert jedoch eine vorsätzlich begangene Haupttat.
59 
Eine solche vorsätzliche Haupttat etwa der ihm die Beteiligung vermittelnden bzw. ihn beratenden Personen hat der Kläger nicht nachgewiesen. Auch diesbezüglich fehlt es am Nachweis des Vorsatzes der handelnden Personen, hier der Zeugin Wolf. Selbst wenn man davon ausginge, dass im Falle des Klägers keine entsprechenden Risikohinweise erfolgten, bedeutet das noch nicht, dass dies auch vorsätzlich wahrheitswidrig erfolgte. Es kann insofern nicht ausgeschlossen werden, dass die Vermittler gar keine Kenntnis von Risiken hatten, da sie diese Risiken selbst nicht wahrgenommen haben bzw. kannten.
(3)
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Die geltend gemachten Nebenforderungen teilen das Schicksal der Hauptforderung.
61 
II. Nebenentscheidungen
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Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten, da das Verfahren gegen die Beklagten Ziffern 1) und 3) unterbrochen ist.

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