1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der
Berufung im Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28. März 2006
wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht
zu erstatten.
3. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von
Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
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1. Die gemäß § 145 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Sozialgerichtsgesetzes form- und fristgerecht eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist auch im Übrigen statthaft (§ 145 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nicht gegeben sind.
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Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 500,00 Euro nicht übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2 a.a.O.). Beide Voraussetzungen sind in Anbetracht des Beschwerdewerts und des Zeitraums, für den Leistungen geltend gemacht werden, nicht gegeben. Gegenstand des Verfahrens ist der von der Klägerin erhobene Anspruch auf den Mehrbedarf für werdende Mütter (§ 23 Abs. 1a des Bundessozialhilfegesetzes ) im Zeitraum vom 1. September bis 31. Dezember 2004 (monatlich 59,40 Euro). Das Sozialgericht Karlsruhe (SG) hat im angefochtenen Urteil vom 28. März 2006 die Berufung auch nicht zugelassen. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung nur zuzulassen, wenn (1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder (2.) das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder (3.) ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
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Die Zulassungsgründe des § 144 Abs. Nrn. 1 und 2 SGG sind hier offensichtlich nicht gegeben; soweit es die Klägerin von grundsätzlicher Bedeutung hält, dass sie wegen der von ihr gerügten Verfahrensfehler ein Ablehnungsgesuch gegen den Kammervorsitzenden nicht mehr habe stellen können, handelt es sich nicht um eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG (vgl. hierzu Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 8. Auflage, § 144 Rdnrn28 f.). Aus den im Folgenden darzulegenden Gründen vermag die Klägerin aber auch mit der in erster Linie erhobenen Rüge eines Mangels des gerichtlichen Verfahrens (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG), die sie auf einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlich (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes ) abgesicherten Anspruch auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) sowie den Grundsatz des fairen Verfahrens als Ausdruck des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) stützt, hier nicht durchzudringen.
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Die - anwaltlich nicht vertretene - Klägerin begründet ihrer Verfahrensrüge damit, dass das SG die Entscheidung des LSG hinsichtlich der am 14. März 2006 eingelegten Beschwerde gegen den die Prozesskostenhilfe (PKH) ablehnenden Beschluss vom 20. Februar 2006 (S 1 SO 4695/05 PKH-A) nicht abgewartet und einem deswegen am selben Tag (14. März 2006) gestellten Antrag auf Verlegung des bereits auf den 28. März 2006 anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung nicht stattgegeben habe, sowie ferner damit, dass sie am Verhandlungstag „akut verhandlungsunfähig“ erkrankt gewesen sei, dies dem Gericht bereits Stunden vor Verhandlungsbeginn mitgeteilt, ärztliche Glaubhaftmachung angeboten und erneut Terminsverlegung beantragt habe, was vom SG wiederum abgelehnt worden sei. Ein am 28. März 2006 erneut gestellter Terminsverlegungsantrag ist indessen weder aus den Akten des SG (S 1 SO 1545/05) noch aus den beigezogenen Akten der ebenfalls auf den 28. März 2006 terminierten Klageverfahren S 1 SO 1661/05 und S 1 SO 2104/05 ersichtlich, sodass der betreffende Tatsachenvortrag der Klägerin nicht nachvollziehbar ist. Auch die anderen gerügten Verfahrensverstöße vermögen vorliegend die Zulassung der Berufung nicht zu begründen.
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Zwar kann das Recht auf rechtliches Gehör verletzt sein, wenn das Sozialgericht - wie hier - über die Klage entscheidet, bevor die Ablehnung der PKH rechtskräftig ist (vgl. Bundesfinanzhof , Beschluss vom 25. November 2004 - VI B 2689/00 - BFH/NV 2005, 571; Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 5. Januar 1983 - I JBf 87/82 - SozVers 1983, 216; Bayer. LSG, Urteil vom 25. Juni 2004 - L 18 V 8/04 - und Beschluss vom 19. Oktober 2004 - L 17 B 258/04 u - ). Ein derartiger Verfahrensfehler führt indessen nicht stets zur Zulassung der Berufung; denn - anders als nach § 138 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, § 119 Nr. 4 der Finanzgerichtsordnung - wird bei einer Verletzung des rechtlichen Gehörs im SGG nicht unwiderlegbar vermutet, dass die Entscheidung auf diesem Verfahrensmangel beruht (vgl. § 202 SGG i.V.m. § 547 der Zivilprozessordnung ; ferner Bundessozialgericht , Beschluss vom 29. November 1988 - 7 BAr 52/87 - ; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., § 144 Rdnr. 35a). Die Verfahrensrüge einer Verletzung des rechtlichen Gehörs greift mithin grundsätzlich nur durch, wenn entscheidungserhebliches Vorbringen wegen dieses Verfahrensfehlers verhindert worden ist (vgl. BSG, Beschluss vom 29. November 1988 a.a.O.; BFH, Beschluss vom 9. Juli 1996 - VII S 16/95 - BFH/NV 1997, 143); es muss dargetan oder jedenfalls sonst wie erkennbar sein, dass die Entscheidung auf der Gesetzesverletzung beruhen kann, wobei insoweit die Möglichkeit einer anderweitigen Entscheidung genügt (vgl. BSG, Urteil vom 5. März 2002 - B 2 U 27/01 R - ). Gesichtspunkte, die hier - in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht - eine andere Entscheidung des SG bei einem Abwarten des Ausgangs des PKH-Beschwerdeverfahrens hätten möglich erscheinen lassen, sind indes nicht ersichtlich.
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Das SG hat bereits im PKH-Beschluss vom 20. Februar 2006 ausführlich und mit zutreffenden Gründen die Erfolgsaussicht der Klage für den Zeitraum vom 1. September bis 21. Dezember 2004 unter Hinweis auf den Kenntnisgrundsatz des § 5 BSHG und die insoweit vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und der sozialhilferechtlichen Literatur zur Auslegung entwickelten Maßstäbe sowie ferner deswegen verneint, weil das Einkommen der Klägerin im Dezember 2004 ihren sozialhilferechtlichen Bedarf (selbst unter Berücksichtigung des Mehrbedarfs für werdende Mütter) um mehr als 150,00 Euro überstiegen hatte; gegen die Bedarfsberechnung für Dezember 2004 hat diese im Übrigen nie Zweifel angemeldet. Sie hatte der Beklagten ihre fortgeschrittene Schwangerschaft (voraussichtlicher Entbindungstermin 20. März 2005) zudem erst am 22. Dezember 2004 angezeigt, sodass die Sozialhilfe vor diesem Zeitpunkt ohnehin nicht hätte einsetzen können. Denn - wie das SG bereits im Beschluss vom 20. Februar 2006 dargestellt hat - setzte die im BSHG geregelte Sozialhilfe nach der Rechtsprechung des BVerwG, welcher der Senat folgt, grundsätzlich einen gegenwärtigen Bedarf voraus (vgl. BVerwGE 90, 160, 162; 96, 152, 154 f.); eine Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe oder der Hilfe Dritter, die vor dem Zeitpunkt des § 5 BSHG stattgefunden hat, schließt daher einen Sozialhilfeanspruch aus (vgl. BVerwGE 90, 154, 156; 91, 245, 247).
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Somit war die Rechtsverfolgung der Klägerin von vornherein aussichtslos. Auf diese Sachlage hätte sie sich aufgrund der vom SG zu Recht versagten PKH bis zum Termin zur mündlichen Verhandlung vom 28. März 2006 einstellen können, zumal im Beschluss alle wesentlichen Gründe für ihr erfolgloses Rechtsschutzbegehren dargelegt waren. Weder die Rüge der Gehörsverletzung noch des Grundsatzes der fairen Verfahrensführung vermag daher hier durchzugreifen. Dass der Kammervorsitzende dem - mit der noch ausstehenden Beschwerdeentscheidung des LSG begründeten - Terminsverlegungsantrag der Klägerin vom 14. März 2006 nicht entsprochen hat, ändert hieran vorliegend nichts. Denn der Gesichtspunkt der Vermeidung aussichtsloser Berufungen darf - schon mit Blick auf die in § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG normierte Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers - in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden (vgl. hierzu auch BSG, Beschluss vom 9. Juni 2004 - B 12 KR 16/02 B - ); es kann nicht Sinn des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens sein, eine Berufung zuzulassen, die sogleich wegen offensichtlicher Aussichtlosigkeit, und zwar sowohl in tatsächlicher als auch rechtlicher Hinsicht, durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 SGG wieder zurückgewiesen werden könnte.
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Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 SGG.
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Mangels Anfechtbarkeit der vorliegenden Nichtzulassungsentscheidung (§ 177 SGG) wird das angefochtene Urteil des SG vom 28. März 2006 hiermit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 5 SGG).
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2. Aus den Gründen der obigen Entscheidung ist ferner das PKH-Gesuch der Klägerin für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde ohne Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO). Auch insoweit ist der vorliegende Beschluss unanfechtbar (§ 177 SGG).
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