Urteil vom Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 11 KR 3901/14

Tenor

Auf die Berufung der Kläger werden das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07.08.2014 und die Bescheide der Beklagten vom 05.05.2008, 03.06.2008, 24.06.2008, 03.07.2008, 08.08.2008, 04.11.2008 und 16.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.10.2009 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Klägern 9.905,56 EUR zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sowie die außergerichtlichen Kosten der Kläger im Klageverfahren.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.435,85 EUR festgesetzt.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erstattung von Kosten iHv noch 9.905,56 EUR für häusliche Krankenpflege durch einen ambulanten Pflegedienst.
Die Kläger sind die Eltern des am 15.10.1980 geborenen und am 31.03.2011 verstorbenen L. H. (im Folgenden: Versicherter), der bei der Beklagten krankenversichert war. Der Versicherte war aufgrund einer infantilen Zerebralparese mit Tetraspastik, Blasenentleerungsstörung, Skoliose, Anfallsleiden und zentraler Blindheit seit 1998 unter der Kostenträgerschaft des Beigeladenen zu 2) im Rahmen der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) im P.- und C.-K.-Haus, W. untergebracht. Dabei handelt es sich um eine vollstationäre Einrichtung der Behindertenhilfe iSv § 71 Abs 4 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI), die von der Beigeladenen zu 1) betrieben wird. Nach der zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem R.-N.-Kreis getroffenen Vereinbarung nach § 75 Abs 3 SGB XII erbringt die Einrichtung Leistungen nach Leistungstyp I.2.2, I.5.1 und I.4.5a. Ein schriftlicher Heimvertrag wurde zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1) nicht geschlossen. Seit 2002 war bei dem Versicherten Pflegestufe III anerkannt, die Pflegepauschale von 256 EUR nach § 43a SGB XI wurde gezahlt.
Unter dem 28.04.2008 (Eingang bei der Beklagten am 30.04.2008) verordnete der Facharzt für Innere Medizin Dr. M. dem Versicherten für den Zeitraum 28.04. bis 28.05.2008 häusliche Krankenpflege zur Medikamentengabe über eine Magensonde (PEG), 2mal täglich, 7mal pro Woche. Die Medikamentengabe erfolgte ab diesem Zeitraum bis zum Tod des Versicherten durch einen ambulanten Pflegedienst (B.-ambulanter Pflegedienst gGmbH, W.).
Mit Bescheid vom 05.05.2008 lehnte die Beklagte die Leistung ab. Der Versicherte sei in einer zugelassenen Einrichtung der Behindertenhilfe iSv § 43a SGB XI untergebracht. Zur Abgeltung des anfallenden Pflegebedarfs zahle die Pflegekassen an die Beigeladene zu 1) den Pauschalbetrag von 256 EUR. Darüber hinaus werde der Aufwand für die Behandlungspflege auch durch die Zahlung des Heimentgelts durch den Beigeladenen zu 2) abgegolten. Es sei daher Sache der Beigeladenen zu 1), die Durchführung der notwendigen behandlungspflegerischen Tätigkeiten sicherzustellen. Dagegen legte der Versicherte Widerspruch ein.
Für den Zeitraum 28.05. bis 30.06.2008 verordnete Dr. M. die Medikamentengabe 1mal täglich. Auch dies lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 03.06.2008), der Versicherte legte Widerspruch ein. Für den Zeitraum 17.06. bis 27.06.2008 verordnete Dr. M. wiederum die Medikamentengabe 2mal täglich (Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 24.06.2008, dagegen Widerspruch). Auch die nachfolgenden Verordnungen wurden abgelehnt (Bescheid vom 03.07.2008 für den Zeitraum 01.07. bis 31.12.2008, Medikamentengabe 1mal täglich; Bescheid vom 08.08.2008 für den Zeitraum 16.07. bis 31.12.2008, Medikamentengabe 2mal täglich; Bescheid vom 04.11.2008 für den Zeitraum 22.10. bis 31.12.2008, Medikamentengabe 3mal täglich; Bescheid vom 16.02.2009 für den Zeitraum 01.01. bis 31.12.2009, Medikamentengabe 2mal täglich).
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2009 wies die Beklagte den Widerspruch „gegen den Bescheid vom 05.05.2008“ zurück. Im Sachverhalt führte die Beklagte die Bescheide vom 05.05.2008, 03.06.2008, 24.06.2008, 03.07.2008, 08.08.2008, 04.11.2008 und 16.02.2009 an. Den Widerspruch wies sie mit der Begründung zurück, es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da dem Versicherten durch die Entscheidung der Beklagten keine Nachteile entstanden seien und er nicht beschwert sei. Vorsorglich werde zur Unbegründetheit des Widerspruchs ausgeführt, dass ein möglicher Anspruch auf häusliche Krankenpflege durch die Regelung des § 43a SGB XI ausgeschlossen sei.
Hiergegen richtet sich die am 09.11.2009 zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage (S 4 KR 3799/09), mit welcher eine Erstattung iHv 10.435,85 EUR gefordert wurde. Das Heim stelle im Rahmen seines Versorgungsauftrags die medizinische Behandlungspflege nicht sicher, es diene ausschließlich der Eingliederungshilfe. Die kontinuierliche Anwesenheit von Fachpersonal vor Ort sei nicht gewährleistet. Im Frühjahr 2008 sei bei dem Versicherten zur Durchführung der Ernährung und Medikamentengabe eine PEG gelegt worden. Aufgrund der gekrümmten Körperhaltung des Versicherten sei es dabei immer wieder zu erheblichen Problemen gekommen, weshalb ab 28.04.2008 die Medikamentengabe durch einen Pflegedienst erfolgt sei. Ein Anspruch auf Behandlungspflege bestehe auch in einer stationären Einrichtung, er werde durch die pauschale Abgeltung der Pflegeleistung nach § 43a SGB XI nicht ausgeschlossen. Mit Beschluss vom 14.01.2010 hat das SG das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Nach dem Tod des Versicherten haben die Kläger als Erben das Verfahren fortgeführt (S 9 KR 2659/12). Die Kläger haben Rechnungen des Pflegedienstes und eine Aufstellung über die Begleichung der in Rechnung gestellten Beträge vorgelegt. Danach sind im Zeitraum 28.04.2008 bis 31.12.2009 insgesamt 9.905,56 EUR in Rechnung gestellt und von den Klägern beglichen worden. Für 2011 wurden 530,29 EUR in Rechnung gestellt und von der Stiftung N. beglichen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ausgeführt, für 2010 habe sie irrtümlich die Kosten für die häusliche Krankenpflege übernommen, allerdings bei dem Beigeladenen zu 2) einen Erstattungsanspruch angemeldet. In einer dem Heimgesetz unterfallenden vollstationären Einrichtung der Eingliederungshilfe könnten keine Leistungen der häuslichen Krankenpflege erbracht werden, es handele sich nicht um einen geeigneten Ort iSv § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V. Im Übrigen werde durch die Pauschale nach § 43a SGB XI gemäß der Definition in § 43 Abs 2 SGB XI der Aufwand für den pflegerischen Bedarf, die soziale Betreuung und die medizinische Behandlungspflege inklusive des Personalaufwandes abgegolten; weitere Kostenträger seien nicht vorgesehen. Ergänzend hat sie ein Gutachten des MDK vom 04.08.2014 vorgelegt.
Die Beigeladene zu 1) hat ausgeführt, dass sie als Heimträger nicht verpflichtet gewesen sei, Leistungen der Behandlungspflege (Medikamentengabe über eine Magensonde) zu erbringen. Dies gehe über den sozialhilferechtlichen Versorgungsauftrag hinaus, zumal es sich bei dem vorhandenen Personal ganz überwiegend um Heilerziehungspfleger und andere pädagogische Fachkräfte handele. Da die Kläger teilweise nicht in der Lage gewesen seien, die Rechnungen vollständig zu begleichen, habe die Stiftung N. mit einer Darlehensgewährung ausgeholfen. Die Gabe der Sondennahrung sei durch das Einrichtungspersonal erfolgt. Dies sei im Gegensatz zur Medikamentengabe relativ unproblematisch. Der Versicherte habe seinerzeit verschiedene Medikamente (Kapseln, Tropfen, Granulat) benötigt. Die Kapseln bzw das Granulat müssten vor der Gabe über die Sonde zermörsert werden. Dies sei speziell bei dem Medikament Nexium, das aus Hunderten von kleinen Kügelchen in einer Kapsel bestehe, sehr schwierig. Die Gabe dieser Medikamente müsse deshalb zwingend durch eine Pflegefachkraft durchgeführt werden, hierzu sei spezielles medizinisches Hintergrundwissen erforderlich. Gefährlich sei vor allem eine Verstopfung der Sonde. Wegen der erheblichen Skoliose sei vorliegend ein besonderer Sondentyp verwendet worden.
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Der Beigeladene zu 2) weist darauf hin, dass zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) keine direkten Verträge bestünden. Er sei zuständig, da der Versicherte vor Aufnahme in die Einrichtung seinen Wohnsitz in H. gehabt habe. Nach dem Territorialitätsprinzip richte sich der Umfang der Sozialhilfe nach den vor Ort geschlossenen Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen. Für die Finanzierung der Behandlungspflege sei vorrangig der Krankenversicherungsträger verpflichtet. Auch eine Einrichtung der Behindertenhilfe sei ein geeigneter Ort iSv § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V. § 43a SGB XI stehe nicht entgegen (unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums der Gesundheit vom 11.05.2009).
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Das SG hat Dr. M. als sachverständigen Zeugen schriftlich vernommen. Dieser hat ausgeführt, 2008 sei die Anlage einer PEG erfolgt, ab Januar 2011 sei die Anlage einer PEJ (Sonde in den Dünndarm) zur Verabreichung von Nahrung, Flüssigkeiten und Medikamenten erforderlich geworden. Bei der Medikamentengabe über die Sonde müssten die Arzneistoffe zunächst gemörsert und dann mit Flüssigkeit durch die Sonde appliziert werden. Im Anschluss müsse die Sonde gespült werden, um eine Verstopfung zu vermeiden. Es müsse gewährleistet sein, dass die Sonde nicht verklebe oder verstopfe, sonst werde sie unbrauchbar. Die Medikamentengabe über die Sonde sollte nur durch entsprechend geschultes Personal erfolgen, da die Neuanlage einer PEG eine sehr aufwändige Maßnahme darstelle, die eine stationäre Behandlung unter Narkose voraussetze.
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Mit Urteil vom 07.08.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Klagegegenstand seien der Bescheid vom 05.05.2008 und auch die in das Widerspruchsverfahren einbezogenen weiteren Bescheide vom 03.06.2008, 24.06.2008, 03.07.2008, 08.08.2008, 04.11.2008 und 16.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.10.2009. Die Beschwer sei durch die Selbstbeschaffung der Leistung nicht entfallen; die Ausführungen der Beklagten seien insoweit nicht nachvollziehbar. Die Pflegeleistungen seien nach den vorgelegten Unterlagen tatsächlich in Rechnung gestellt worden und überwiegend von den Klägern (teilweise von der Stiftung als Darlehen) beglichen worden. Die Kläger seien infolge ihrer erbrechtlichen Stellung aktiv legitimiert. Allerdings habe die Beklagte die Durchführung häuslicher Krankenpflege zu Recht abgelehnt, weshalb ein Kostenerstattungsanspruch nicht bestehe. Die Beigeladene zu 1) sei vorrangig verpflichtet, die Medikamentengabe über die Magensonde in eigener Regie zu erbringen. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Beigeladenen unterlägen nach § 75 Abs 4 SGB XII dem für Baden-Württemberg geltenden maßgeblichen Eingliederungsvertrag über die Durchführung der stationären Eingliederungshilfe. Der für den Versicherten maßgebende Leistungstyp (I.2.2) umfasse nach ausdrücklicher vertraglicher Formulierung ua auch die „Pflege“ und die „Behandlung“. Zudem obliege der Beigeladenen zu 1) danach die Gesamtverantwortung für die stationäre Hilfe (rund um die Uhr). Dieses öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis strahle mangels konkreter Regelungen auf das Pflegeverhältnis zwischen dem Versicherten und der Beigeladenen zu 1) aus (sozialhilferechtliches Dreiecksverhältnis). Mit dem Begriff der „Pflege“ sei die hauswirtschaftliche Versorgung und die Grundpflege iSd Pflegeversicherung gemeint, wie sich aus dem Verweis in § 55 SGB XII auf § 43a SGB XI ergebe. Durch die gezahlte Pauschale von 256 EUR würden nur die zum Leistungskatalog der gesetzlichen Pflegeversicherung gehörenden Verrichtungen abgegolten, die Medikamentengabe gehöre hierzu nicht. Vorliegend müsse jedoch beachtet werden, dass der Rahmenvertrag weitergehe, denn er schließe die „Behandlung“ mit ein und bürde dem Einrichtungsträger die Gesamtverantwortung für die stationäre Hilfe auf. Vor diesem Hintergrund seien auch weitergehende Maßnahmen zur Behandlungspflege geschuldet. Die Zwecksetzung der Einrichtung könne den Wortlaut und Zweck des Rahmenvertrags nicht vollkommen aushebeln. Der Umstand, dass das vorhandene Personal die Ernährung mit der Magensonde sichergestellt habe, zeige, dass es grundsätzlich in der Lage gewesen sei, mit einer Magensonde umzugehen. Aufgrund lebenspraktischer Erfahrung gehe das SG davon aus, dass der Zeitaufwand, der für die zusätzliche Medikamentengabe über die Magensonde anfalle, zu vernachlässigen sei. Die Gefahr, dass die Sonde verklebe oder verstopfe, bestehe nicht bei flüssigen oder in Flüssigkeit aufzulösenden Medikamenten, sondern nur bei festen Medikamenten, die zermörsert und mit Flüssigkeit durch die Magensonde appliziert werden müssten. Dies möge gewisse Grundkenntnisse und -fertigkeiten in medizinischer bzw pflegerischer Hinsicht voraussetzen. Diese seien jedoch nicht so anspruchsvoll, dass hierfür zwingend ein externer Pflegedienst beauftragt werden müsse. Der MDK weise im Gutachten vom 04.08.2014 nachvollziehbar darauf hin, dass Heilerziehungspfleger nach entsprechender Anleitung und regelmäßiger Supervision durch eine Pflegefachkraft durchaus in der Lage sein müssten, diesen Anforderungen gerecht zu werden. Dies habe die Beigeladene zu 1) durch entsprechende Personalplanung, Fort- und Weiterbildung sicherzustellen.
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Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 18.08.2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 12.09.2014 eingelegte Berufung der Kläger. Den ursprünglich eingeklagten Betrag iHv 10.435,85 EUR haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beschränkt auf die in der Zeit vom 28.04.2008 bis 31.12.2009 entstandenen Kosten iHv 9.905,56 EUR. Das von der Beigeladenen zu 1) betriebene Heim der Eingliederungshilfe stelle einen geeigneten Ort iSv § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V dar. Der Anspruchsausschluss könne auch nicht damit begründet werden, dass der Versicherte einen Anspruch auf Behandlungspflege gegen die Beigeladene zu 1) gehabt habe, dies treffe nicht zu. Als Heim der Eingliederungshilfe schulde das P.- und C.-K.-Haus allenfalls die einfachsten Behandlungspflegeleistungen, die auch in einem normalen Haushalt üblicherweise von einem Angehörigen erbracht werden könnten. Dies treffe auf die hier zu erbringenden Leistungen nicht zu. Es habe sich um eine medizinisch anspruchsvolle Medikamentengabe gehandelt. Erschwerend sei hinzu gekommen, dass bei dem Versicherten wegen einer durch eine Wanderskoliose hervorgerufenen Verlagerung des Magens ein spezieller Sondentyp erforderlich gewesen sei. Dieser verfüge über zwei Anschlüsse, wobei der zweite Anschluss ausschließlich der Fixierung der Sonde mittels eines mit sterilisiertem Wasser gefüllten Ballons im Bauchraum gedient habe. Die Versorgung sei ausschließlich über den anderen Anschluss erfolgt. Fehler in der Handhabung hätten einen Klinikaufenthalt erforderlich gemacht. Bei dem Versicherten sei die Sonde häufig durch das Medikament Nexium verstopft gewesen. Das hier erforderlich Freispülen überfordere die bei der Beigeladenen zu 1) angestellten pädagogischen Fachkräfte in erheblichem Maß. Letztlich sei schon fraglich, ob § 37 Abs 3 SGB V überhaupt auf Mitarbeiter an einem sonst geeigneten Ort übertragbar sei. Aus dem Rahmenvertrag folge nichts anderes. Während die alte Fassung von „Pflege, Behandlung…“ spreche, gehe es bei der aktuellen Fassung von 2012 beim Leistungstyp I.2.2 nur noch um „Pflegeleistungen“. Dies zeige, dass die Passagen im alten Rahmenvertrag nicht in der vom SG vorgenommenen Weise ausgelegt werden dürften.
14 
Die Kläger beantragen,
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das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 07.08.2014 und die Bescheide der Beklagten vom 05.05.2008, 03.06.2008, 24.06.2008, 03.07.2008, 08.08.2008, 04.11.2008 und 16.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Klägern 9.905,56 EUR zu erstatten.
16 
Die Beklagte beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen.
18 
Nach den Verträgen der Einrichtung der Eingliederungshilfe gehe eindeutig die Zuständigkeit der Einrichtung hervor. Nach dem maßgeblichen Rahmenvertrag umfasse der für den Versicherten geltende Leistungstyp die Pflege und Behandlung; der Beigeladenen zu 1) obliege die Gesamtverantwortung für die stationäre Hilfe täglich rund um die Uhr. Aus der Rechtsprechung des BSG vom 25.02.2015 (B 3 KR 10/14 R und B 3 KR 11/14 R) ergebe sich nichts anderes. Diese kläre hauptsächlich den Anspruch auf häusliche Krankenpflege auch in Heimen der Eingliederungshilfe für obdachlose Männer. Weitergehende medizinische Behandlungspflege schulde die Einrichtung nach der Pressemitteilung nur, wenn sich dies aus ihren Verträgen, ihrer Leistungsbeschreibung, ihrem Aufgabenprofil unter Berücksichtigung der Bewohnerzielgruppe und ihrer sächlichen und personellen Ausstattung ergebe. Die Beklagte sehe sich in ihrer Argumentation insoweit vollauf bestätigt.
19 
Die Beigeladenen haben sich im Berufungsverfahren nicht geäußert und keine Anträge gestellt.
20 
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die Berufung der Kläger hat Erfolg.
22 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, und in der Sache auch begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 05.05.2008, 03.06.2008, 24.06.2008, 03.07.2008, 08.08.2008, 04.11.2008 und 16.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.10.2009 sind rechtswidrig und verletzen den Versicherten in seinen Rechten. Die Beklagte hat in ihrem Widerspruchsbescheid entgegen der Tenorierung nicht nur über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.05.2008 entschieden, sondern sämtliche Folgeverordnungen in das Widerspruchsverfahren einbezogen und damit inhaltlich über den Zeitraum 28.04.2008 bis 31.12.2009 entschieden. Dieser Zeitraum ist dementsprechend auch Streitgegenstand des Berufungsverfahrens, nicht dagegen die Erstattung der im Jahr 2011 angefallenen Kosten. Insoweit wäre auch eine Klageerweiterung nicht zulässig, da mangels Vorverfahren schon die Klage unzulässig wäre. Der Versicherte hat einen Anspruch auf Erstattung der im streitigen Zeitraum entstandenen Kosten für häusliche Krankenpflege iHv 9.905,56 EUR. Die Kläger führen als Rechtsnachfolger der Versicherten das Verfahren fort (§ 202 SGG iVm §§ 239 Abs 1, 246 Abs 1 ZPO). Eine Sonderrechtsnachfolge nach § 56 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) liegt nicht vor. § 56 SGB I kann bei Kostenerstattungsansprüchen nach § 13 Abs 3 SGB V zwar grundsätzlich zur Anwendung kommen, da es sich nach der Rechtsprechung des BSG insoweit um „laufende Geldleistungen“ iSd Vorschrift handelt (BSG 03.07.2012, B 1 KR 6/11 R, BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25). Es hat jedoch keiner der in § 56 SGB I genannten Berechtigten mit der Versicherten in einem Haushalt gelebt.
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Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Vorliegend haben die Kläger für den Versicherten die Rechnungen des Pflegedienstes beglichen, so dass ein Kostenerstattungsanspruch im Raum steht. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
24 
Dies ist hier der Fall, der Versicherte hatte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. Die Beklagte hat die Gewährung häuslicher Krankenpflege zu Unrecht abgelehnt. Die erforderliche Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenverursachung („dadurch“) ist gegeben, auch wenn die Leistung teilweise schon vor der ablehnenden Entscheidung der Beklagten in Anspruch genommen worden ist. Zwar bedarf die beantragte Leistung nach V.19 der Richtlinien über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP-Richtlinien; hier noch in der Fassung vom 16.02.2000, zuletzt geändert 15.03.2007 BAnz 2007 Nr 115 S 6395, in Kraft getreten 27.06.2007) der Genehmigung, doch übernimmt die Krankenkasse nach V.24 HKP-Richtlinien (jetzt § 6 Abs 6) die Kosten für die verordnete Leistung, wenn die Verordnung – wie hier – spätestens am dritten der Ausstellung der Verordnung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Leistung lagen vor.
25 
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr 4 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung ua auch häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V ab dem 01.04.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs-Stärkungs-Gesetz GKV-WSG vom 26.03.2007, BGBl I S 378) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Pflegebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Gemäß § 37 Abs 6 SGB V legt der GBA in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V.
26 
Durch die Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V mit Wirkung zum 01.04.2007 kann häusliche Krankenpflege neben dem Haushalt oder der Familie auch an einem anderen geeigneten Ort insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen in Anspruch genommen werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/3100 S 104) hat sich die Beschränkung der Leistung zur häuslichen Krankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten im Hinblick auf das Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung solle, so die weitere Gesetzesbegründung, durch vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffes bewirken, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt werden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollen verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen; dem werde durch die Änderung Rechnung getragen. Darüber hinaus werde im Hinblick auf bestimmte, eng begrenzte Personengruppen durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtung verhindert. Ein „geeigneter Ort“ für die Leistung der häuslichen Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe.
27 
Die HKP-Richtlinie vom 15.03.2007 enthält noch unter I.5 die der früheren Gesetzeslage entsprechende Ausschlussklausel, wonach für die Zeit des voll- oder teilstationären Aufenthalts in Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen oder Behindertenheimen häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden kann. Da die Richtlinie insoweit der ab 01.04.2007 geltenden Fassung des § 37 Abs 2 SGB V widerspricht, verstößt sie gegen höherrangiges Recht und kann daher den Anspruch des Versicherten nicht einschränken. Bereits in der zum 11.06.2008 in Kraft getretenen Fassung der HKP-Richtlinie vom 17.01.2008/10.04.2008 (BAnz 2008 Nr 84 S 2028) ist unter I.6 geregelt:
28 
Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen.
29 
Noch weiter konkretisierend hat der GBA in der HKP-Richtlinie (vom 17.09.2009, BAnz Nr 21a vom 09.02.2010, Beilage; idF vom 21.10.2010, BAnz 2011 Nr 16 vom 14.01.2011 S 339) in § 1 Abs 2 Satz 2 folgende Regelung getroffen:
30 
Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen
31 
- die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und
- für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (zB im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung),
- wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein.
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Nach § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien gilt: Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen.
33 
Aus dem Regelungsgefüge von gesetzlichen Vorschriften und den in Umsetzung der gesetzlichen Neuregelung des § 37 Abs 2 SGB V ergangenen Normen der HKP-Richtlinie ergibt sich, dass der Anspruch an allen geeigneten Orten besteht, an denen sich der Versicherte regelmäßig aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen ergeben sich – abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse – erst aus den Regelungen nach I.6 bzw § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien, dh für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe werden in den HKP-Richtlinien den Krankenhäusern und Pflegeheimen ausdrücklich nicht (mehr) gleichgestellt (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris).
34 
Bei dem P.- und C.-K.-Haus handelt es sich um eine vollstationäre Einrichtung, die im Rahmen der Eingliederungshilfe für körperbehinderte, sinnesbehinderte und/oder mehrfachbehinderte Erwachsene Leistungen erbringt. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Einrichtungen der Eingliederungshilfe nur soweit zur Erbringung medizinischer Behandlungspflege verpflichtet, wie diese aufgrund der sächlichen und personellen Ausstattung von der Einrichtung erbracht werden kann (BSG 25.02.2015, aaO). Nach § 55 Satz 1 SGB XII umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen iSv § 43a SGB XI auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung. Ist der behinderte Mensch so pflegebedürftig, dass seine Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, wird vereinbart, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird. Die medizinische Behandlungspflege ist Aufgabe der GKV, die entsprechend dem Nachrang der Sozialhilfe diese Leistung vorrangig vor dem Träger der Sozialhilfe zu erbringen hat. Die Einrichtungen der Eingliederungshilfe müssen nicht dafür sorgen, dass sie auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen können; es bestehen keine weitergehenden Pflichten, als die Einrichtung aufgrund ihrer Ausrichtung, ihres Eingliederungszwecks und nach den Vereinbarungen nach § 75 ff SGB XII schuldet (BSG 25.02.2015, aaO). Insbesondere besteht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aufgrund der von den Pflegekassen für Pflegebedürftige zu erbringenden pauschalen Abgeltung nach § 43a SGB XI eine Verpflichtung, grundsätzlich alle im Einzelfall notwendigen Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen. Zu den in § 43 Abs 2 SGB XI genannten Aufwendungen gehören die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Einrichtungen der Eingliederungshilfe schulden nach § 43a SGB XI zwar grundsätzlich Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die medizinische Behandlungspflege iSv § 37 Abs 2 SGB V kann durch diese an die Pflegeversicherung gerichtete Vorschrift nicht vom Zuständigkeitsbereich der GKV auf Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen übertragen werden (BSG 25.02.2015, aaO RdNr 25). Aus § 55 Abs 2 SGB XII ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hat, jede Einrichtung der Eingliederungshilfe personell und sächlich so auszustatten, dass sie neben der üblichen Pflege auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen kann. Dies wäre auch in höchstem Maße unwirtschaftlich.
35 
Nach dem Rahmenvertrag für Baden-Württemberg schuldet die Beigeladene zu 1) keine Leistungen der Behandlungspflege in Form der hier streitigen Medikamentengabe durch die PEG. Nach dem hier maßgeblichen Rahmenvertrag nach § 79 Abs 1 SGB XII zu den Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen nach § 75 Abs 3 SGB XII für Baden-Württemberg für stationäre und teilstationäre Einrichtungen und Dienste (vom 15.12.1998, hier noch idF vom 20.09.2006) im Leistungstyp I.2.2 (stationäre Hilfe ohne tagesstrukturierendes Angebot iS der Ziffer I.4 für körperbehinderte, sinnesbehinderte und/oder mehrfachbehinderte Erwachsene) gehört zu dem Angebot dieses Leistungstyps das Wohnen einschließlich der erforderlichen hauswirtschaftlichen Versorgung, Pflege, Behandlung, Förderung, Begleitung und Assistenz bzw die Erschließung dieser Angebote. Ziel und Zweck der Einrichtung ist bei Leistungstyp I.2.2 nach dem Rahmenvertrag die Beseitigung oder Milderung der vorhandenen Behinderung bzw deren Folgen und die Ermöglichung oder Erleichterung der Eingliederung in die Gesellschaft sowie der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft. Es besteht eine Gesamtverantwortung für die stationäre Hilfe (rund um die Uhr).
36 
Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG ergibt sich aus diesen Formulierungen keine Allzuständigkeit der Beigeladenen zu 1) für sämtliche Maßnahmen der „Pflege“ und „Behandlung“. Die geregelte Gesamtverantwortung für die stationäre Hilfe (rund um die Uhr) betrifft die Koordination der Leistungen; diese werden bedarfsorientiert und in Kooperation mit beteiligten Diensten und Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Das BSG hat in den Entscheidungen vom 25.02.2015 (aaO) eindeutig klargestellt, dass im Rahmen der Eingliederungshilfe Leistungen der Behandlungspflege nur insoweit geschuldet sind, wie dies dem Einrichtungszweck entspricht und mit der vorhandenen personellen und sächlichen Ausstattung erbracht werden können; weitergehende Regelungen sollten auch mit dem Rahmenvertrag nicht getroffen werden. Angesichts des dargestellten Aufgabenprofils der Einrichtung gehört Behandlungspflege grundsätzlich nicht dazu. Es handelt sich auch nicht um einfachste medizinische Maßnahmen, die für Versicherte im eigenen Haushalt von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden können. Die hier streitigen Leistungen sind daher nicht objektiv bereits Bestandteil der Eingliederungshilfe (vgl BSG 25.02.2015, aaO). In der Einrichtung sind im Wesentlichen pädagogische Fachkräfte beschäftigt. Auch wenn Heilerziehungspfleger im Rahmen ihrer Ausbildung gewisse pflegerische Kompetenzen erlernen, ist für den Senat aufgrund der Ausführungen von Dr. M. und der Beigeladenen zu 1) ohne weiteres nachvollziehbar, dass aufgrund der besonderen Schwierigkeiten bei der erforderlichen Medikamentengabe an den Versicherten das vorhandene Personal überfordert war. Besonders das Zermörsern und Verabreichen des Medikaments Nexium, das aus kleinsten Kügelchen besteht, stellt hohe Ansprüche. Bei dem Versicherten kam es konkret bereits zu Verstopfungen der PEG, weshalb der ambulante Pflegedienst eingeschaltet wurde. Da eine neue Sonde gelegt werden muss, wenn die Verstopfung nicht wieder beseitigt werden kann, bestand auch ein hohes Risiko für den Versicherten. Im MDK-Gutachten vom 04.08.2014 wird bestätigt, dass die Verabreichung der zuvor fein gemörserten und mit Flüssigkeit aufgezogenen Medikamente und die Applikation über die liegende Sonde mit einer deutlich erhöhten Gefahr einer Verlegung/Verstopfung der Sonde behaftet ist gegenüber dem Anhängen von Nährstoff- und Flüssigkeitslösungen. Die weiteren Ausführungen, dass Heilerziehungspfleger nach entsprechender Anleitung und Supervision ebenfalls in der Lage sein müssten, die verordneten Medikamente über die PEG-Sonde zu verabreichen, mögen für den Regelfall der Medikamentengabe über PEG zutreffen, sie gehen auf die konkreten Besonderheiten des vorliegenden Falles jedoch nicht ein. Nach alledem ist das P.- und C.-K.-Haus als ein sonstiger geeigneter Ort iSv § 37 Abs 2 SGB V anzusehen. An der räumlichen Geeignetheit bestehen keinerlei Zweifel, auch nicht aus Sicht der Beklagten.
37 
An der medizinischen Notwendigkeit der verordneten Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege besteht kein Zweifel.
38 
Von dem Erstattungsbetrag sind keine Abzüge nach §§ 37 Abs 5, 61 Satz 3 SGB V zu machen, da der Versicherte nach Mitteilung der Beklagten vom 08.06.2015 im streitigen Zeitraum von Zuzahlungen nach § 62 SGB V befreit war.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Verfahren bleibt nach § 183 Satz 2 SGG nur in der jeweiligen Instanz bei Aufnahme des Verfahrens durch die nicht kostenprivilegierten Erben kostenfrei. Das Berufungsverfahren ist daher – anders als das erstinstanzliche Verfahren - gerichtskostenpflichtig. Den Beigeladenen waren Kosten nicht zu erstatten, da sie keine Anträge gestellt und damit kein Prozessrisiko auf sich genommen haben (§§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO). Hinsichtlich der erstinstanzlichen Entscheidung ist die Kostenentscheidung insoweit abzuändern, als den Klägern deren außergerichtliche Kosten zu erstatten sind. Von einer Kostenquotelung im Hinblick auf die Beschränkung der Klageforderung in der Berufungsverhandlung hat der Senat angesichts des geringen Betrags abgesehen.
40 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 40, 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz.
41 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Gründe

 
21 
Die Berufung der Kläger hat Erfolg.
22 
Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz ) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, und in der Sache auch begründet. Die Bescheide der Beklagten vom 05.05.2008, 03.06.2008, 24.06.2008, 03.07.2008, 08.08.2008, 04.11.2008 und 16.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.10.2009 sind rechtswidrig und verletzen den Versicherten in seinen Rechten. Die Beklagte hat in ihrem Widerspruchsbescheid entgegen der Tenorierung nicht nur über den Widerspruch gegen den Bescheid vom 05.05.2008 entschieden, sondern sämtliche Folgeverordnungen in das Widerspruchsverfahren einbezogen und damit inhaltlich über den Zeitraum 28.04.2008 bis 31.12.2009 entschieden. Dieser Zeitraum ist dementsprechend auch Streitgegenstand des Berufungsverfahrens, nicht dagegen die Erstattung der im Jahr 2011 angefallenen Kosten. Insoweit wäre auch eine Klageerweiterung nicht zulässig, da mangels Vorverfahren schon die Klage unzulässig wäre. Der Versicherte hat einen Anspruch auf Erstattung der im streitigen Zeitraum entstandenen Kosten für häusliche Krankenpflege iHv 9.905,56 EUR. Die Kläger führen als Rechtsnachfolger der Versicherten das Verfahren fort (§ 202 SGG iVm §§ 239 Abs 1, 246 Abs 1 ZPO). Eine Sonderrechtsnachfolge nach § 56 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) liegt nicht vor. § 56 SGB I kann bei Kostenerstattungsansprüchen nach § 13 Abs 3 SGB V zwar grundsätzlich zur Anwendung kommen, da es sich nach der Rechtsprechung des BSG insoweit um „laufende Geldleistungen“ iSd Vorschrift handelt (BSG 03.07.2012, B 1 KR 6/11 R, BSGE 111, 137 = SozR 4-2500 § 13 Nr 25). Es hat jedoch keiner der in § 56 SGB I genannten Berechtigten mit der Versicherten in einem Haushalt gelebt.
23 
Als Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs kommt allein § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse dem Versicherten Kosten einer selbstbeschafften Leistung zu erstatten, die dadurch entstanden sind, dass sie eine unaufschiebbare Leistung entweder nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alt) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war (2. Alt). Mit dieser Regelung wird der Grundsatz des Sach- und Dienstleistungsanspruchs nach § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V für die Fälle ergänzt, in denen die Krankenkasse eine geschuldete Leistung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellen kann (BSG 02.11.2007, B 1 KR 14/07 R, BSGE 99, 180 = SozR 4-2500 § 13 Nr 15). Der Naturalleistungsanspruch des Versicherten wandelt sich um in einen Kostenerstattungsanspruch bzw soweit die Kosten tatsächlich noch nicht beglichen sind, in einen Anspruch des Versicherten auf Freistellung von den Kosten. Vorliegend haben die Kläger für den Versicherten die Rechnungen des Pflegedienstes beglichen, so dass ein Kostenerstattungsanspruch im Raum steht. Der Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch des Versicherten gegen seine Krankenkasse. Er setzt voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (ständige Rechtsprechung des BSG 14.12.2006, B 1 KR 12/06 R, SozR 4-2500 § 31 Nr 8; BSG 27.03.2007, B 1 KR 17/06 R, juris).
24 
Dies ist hier der Fall, der Versicherte hatte einen Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. Die Beklagte hat die Gewährung häuslicher Krankenpflege zu Unrecht abgelehnt. Die erforderliche Kausalität zwischen Leistungsablehnung und Kostenverursachung („dadurch“) ist gegeben, auch wenn die Leistung teilweise schon vor der ablehnenden Entscheidung der Beklagten in Anspruch genommen worden ist. Zwar bedarf die beantragte Leistung nach V.19 der Richtlinien über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP-Richtlinien; hier noch in der Fassung vom 16.02.2000, zuletzt geändert 15.03.2007 BAnz 2007 Nr 115 S 6395, in Kraft getreten 27.06.2007) der Genehmigung, doch übernimmt die Krankenkasse nach V.24 HKP-Richtlinien (jetzt § 6 Abs 6) die Kosten für die verordnete Leistung, wenn die Verordnung – wie hier – spätestens am dritten der Ausstellung der Verordnung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird. Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Leistung lagen vor.
25 
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach Satz 2 Nr 4 dieser Vorschrift umfasst die Krankenbehandlung ua auch häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfe. Nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V ab dem 01.04.2007 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbs-Stärkungs-Gesetz GKV-WSG vom 26.03.2007, BGBl I S 378) erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Pflegebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. Gemäß § 37 Abs 6 SGB V legt der GBA in Richtlinien nach § 92 SGB V fest, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V.
26 
Durch die Neufassung des § 37 Abs 2 Satz 1 SGB V mit Wirkung zum 01.04.2007 kann häusliche Krankenpflege neben dem Haushalt oder der Familie auch an einem anderen geeigneten Ort insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen in Anspruch genommen werden. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs 16/3100 S 104) hat sich die Beschränkung der Leistung zur häuslichen Krankenpflege auf Haushalt und Familie des Versicherten im Hinblick auf das Ziel, vorschnelle stationäre Einweisungen zu vermeiden, als kontraproduktiv erwiesen. Die Neuregelung solle, so die weitere Gesetzesbegründung, durch vorsichtige Erweiterung des Haushaltsbegriffes bewirken, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung neue Wohnformen, Wohngemeinschaften und betreutes Wohnen hinsichtlich der Erbringung von häuslicher Krankenpflege gegenüber konventionellen Haushalten nicht benachteiligt werden. Betreute Wohnformen, deren Bewohner ambulante Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erhalten, sollen verbesserte Angebote für ambulant Pflegebedürftige darstellen; dem werde durch die Änderung Rechnung getragen. Darüber hinaus werde im Hinblick auf bestimmte, eng begrenzte Personengruppen durch die Erweiterung des Haushaltsbegriffs eine vorschnelle Einweisung in stationäre Einrichtung verhindert. Ein „geeigneter Ort“ für die Leistung der häuslichen Krankenpflege durch die gesetzliche Krankenversicherung sei jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich der Versicherte in einer Einrichtung befinde, in der er nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung medizinischer Behandlungspflege durch die Einrichtung habe.
27 
Die HKP-Richtlinie vom 15.03.2007 enthält noch unter I.5 die der früheren Gesetzeslage entsprechende Ausschlussklausel, wonach für die Zeit des voll- oder teilstationären Aufenthalts in Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen oder Behindertenheimen häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden kann. Da die Richtlinie insoweit der ab 01.04.2007 geltenden Fassung des § 37 Abs 2 SGB V widerspricht, verstößt sie gegen höherrangiges Recht und kann daher den Anspruch des Versicherten nicht einschränken. Bereits in der zum 11.06.2008 in Kraft getretenen Fassung der HKP-Richtlinie vom 17.01.2008/10.04.2008 (BAnz 2008 Nr 84 S 2028) ist unter I.6 geregelt:
28 
Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen.
29 
Noch weiter konkretisierend hat der GBA in der HKP-Richtlinie (vom 17.09.2009, BAnz Nr 21a vom 09.02.2010, Beilage; idF vom 21.10.2010, BAnz 2011 Nr 16 vom 14.01.2011 S 339) in § 1 Abs 2 Satz 2 folgende Regelung getroffen:
30 
Häusliche Krankenpflege wird im Haushalt des Versicherten oder seiner Familie erbracht. Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen
31 
- die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und
- für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (zB im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung),
- wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein.
32 
Nach § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien gilt: Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (zB Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen.
33 
Aus dem Regelungsgefüge von gesetzlichen Vorschriften und den in Umsetzung der gesetzlichen Neuregelung des § 37 Abs 2 SGB V ergangenen Normen der HKP-Richtlinie ergibt sich, dass der Anspruch an allen geeigneten Orten besteht, an denen sich der Versicherte regelmäßig aufhält, wenn die Leistung aus medizinisch pflegerischen Gründen während des Aufenthalts an diesem Ort notwendig ist. Einschränkungen ergeben sich – abgesehen von der Geeignetheit der räumlichen Verhältnisse – erst aus den Regelungen nach I.6 bzw § 1 Abs 6 HKP-Richtlinien, dh für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen nur dann, wenn nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung besteht. Dies ist im Einzelfall zu prüfen. Einrichtungen der Eingliederungshilfe werden in den HKP-Richtlinien den Krankenhäusern und Pflegeheimen ausdrücklich nicht (mehr) gleichgestellt (BSG 25.02.2015, B 3 KR 10/14 R, juris).
34 
Bei dem P.- und C.-K.-Haus handelt es sich um eine vollstationäre Einrichtung, die im Rahmen der Eingliederungshilfe für körperbehinderte, sinnesbehinderte und/oder mehrfachbehinderte Erwachsene Leistungen erbringt. Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Einrichtungen der Eingliederungshilfe nur soweit zur Erbringung medizinischer Behandlungspflege verpflichtet, wie diese aufgrund der sächlichen und personellen Ausstattung von der Einrichtung erbracht werden kann (BSG 25.02.2015, aaO). Nach § 55 Satz 1 SGB XII umfassen die Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen iSv § 43a SGB XI auch die Pflegeleistungen in der Einrichtung. Ist der behinderte Mensch so pflegebedürftig, dass seine Pflege in der Einrichtung nicht sichergestellt werden kann, wird vereinbart, dass die Leistung in einer anderen Einrichtung erbracht wird. Die medizinische Behandlungspflege ist Aufgabe der GKV, die entsprechend dem Nachrang der Sozialhilfe diese Leistung vorrangig vor dem Träger der Sozialhilfe zu erbringen hat. Die Einrichtungen der Eingliederungshilfe müssen nicht dafür sorgen, dass sie auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen können; es bestehen keine weitergehenden Pflichten, als die Einrichtung aufgrund ihrer Ausrichtung, ihres Eingliederungszwecks und nach den Vereinbarungen nach § 75 ff SGB XII schuldet (BSG 25.02.2015, aaO). Insbesondere besteht entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aufgrund der von den Pflegekassen für Pflegebedürftige zu erbringenden pauschalen Abgeltung nach § 43a SGB XI eine Verpflichtung, grundsätzlich alle im Einzelfall notwendigen Maßnahmen der medizinischen Behandlungspflege zu erbringen. Zu den in § 43 Abs 2 SGB XI genannten Aufwendungen gehören die pflegebedingten Aufwendungen, die Aufwendungen der sozialen Betreuung und die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behandlungspflege. Einrichtungen der Eingliederungshilfe schulden nach § 43a SGB XI zwar grundsätzlich Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die medizinische Behandlungspflege iSv § 37 Abs 2 SGB V kann durch diese an die Pflegeversicherung gerichtete Vorschrift nicht vom Zuständigkeitsbereich der GKV auf Einrichtungen der Hilfe für behinderte Menschen übertragen werden (BSG 25.02.2015, aaO RdNr 25). Aus § 55 Abs 2 SGB XII ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber nicht beabsichtigt hat, jede Einrichtung der Eingliederungshilfe personell und sächlich so auszustatten, dass sie neben der üblichen Pflege auch Leistungen der medizinischen Behandlungspflege erbringen kann. Dies wäre auch in höchstem Maße unwirtschaftlich.
35 
Nach dem Rahmenvertrag für Baden-Württemberg schuldet die Beigeladene zu 1) keine Leistungen der Behandlungspflege in Form der hier streitigen Medikamentengabe durch die PEG. Nach dem hier maßgeblichen Rahmenvertrag nach § 79 Abs 1 SGB XII zu den Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen nach § 75 Abs 3 SGB XII für Baden-Württemberg für stationäre und teilstationäre Einrichtungen und Dienste (vom 15.12.1998, hier noch idF vom 20.09.2006) im Leistungstyp I.2.2 (stationäre Hilfe ohne tagesstrukturierendes Angebot iS der Ziffer I.4 für körperbehinderte, sinnesbehinderte und/oder mehrfachbehinderte Erwachsene) gehört zu dem Angebot dieses Leistungstyps das Wohnen einschließlich der erforderlichen hauswirtschaftlichen Versorgung, Pflege, Behandlung, Förderung, Begleitung und Assistenz bzw die Erschließung dieser Angebote. Ziel und Zweck der Einrichtung ist bei Leistungstyp I.2.2 nach dem Rahmenvertrag die Beseitigung oder Milderung der vorhandenen Behinderung bzw deren Folgen und die Ermöglichung oder Erleichterung der Eingliederung in die Gesellschaft sowie der Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft. Es besteht eine Gesamtverantwortung für die stationäre Hilfe (rund um die Uhr).
36 
Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG ergibt sich aus diesen Formulierungen keine Allzuständigkeit der Beigeladenen zu 1) für sämtliche Maßnahmen der „Pflege“ und „Behandlung“. Die geregelte Gesamtverantwortung für die stationäre Hilfe (rund um die Uhr) betrifft die Koordination der Leistungen; diese werden bedarfsorientiert und in Kooperation mit beteiligten Diensten und Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Das BSG hat in den Entscheidungen vom 25.02.2015 (aaO) eindeutig klargestellt, dass im Rahmen der Eingliederungshilfe Leistungen der Behandlungspflege nur insoweit geschuldet sind, wie dies dem Einrichtungszweck entspricht und mit der vorhandenen personellen und sächlichen Ausstattung erbracht werden können; weitergehende Regelungen sollten auch mit dem Rahmenvertrag nicht getroffen werden. Angesichts des dargestellten Aufgabenprofils der Einrichtung gehört Behandlungspflege grundsätzlich nicht dazu. Es handelt sich auch nicht um einfachste medizinische Maßnahmen, die für Versicherte im eigenen Haushalt von jedem erwachsenen Haushaltsangehörigen erbracht werden können. Die hier streitigen Leistungen sind daher nicht objektiv bereits Bestandteil der Eingliederungshilfe (vgl BSG 25.02.2015, aaO). In der Einrichtung sind im Wesentlichen pädagogische Fachkräfte beschäftigt. Auch wenn Heilerziehungspfleger im Rahmen ihrer Ausbildung gewisse pflegerische Kompetenzen erlernen, ist für den Senat aufgrund der Ausführungen von Dr. M. und der Beigeladenen zu 1) ohne weiteres nachvollziehbar, dass aufgrund der besonderen Schwierigkeiten bei der erforderlichen Medikamentengabe an den Versicherten das vorhandene Personal überfordert war. Besonders das Zermörsern und Verabreichen des Medikaments Nexium, das aus kleinsten Kügelchen besteht, stellt hohe Ansprüche. Bei dem Versicherten kam es konkret bereits zu Verstopfungen der PEG, weshalb der ambulante Pflegedienst eingeschaltet wurde. Da eine neue Sonde gelegt werden muss, wenn die Verstopfung nicht wieder beseitigt werden kann, bestand auch ein hohes Risiko für den Versicherten. Im MDK-Gutachten vom 04.08.2014 wird bestätigt, dass die Verabreichung der zuvor fein gemörserten und mit Flüssigkeit aufgezogenen Medikamente und die Applikation über die liegende Sonde mit einer deutlich erhöhten Gefahr einer Verlegung/Verstopfung der Sonde behaftet ist gegenüber dem Anhängen von Nährstoff- und Flüssigkeitslösungen. Die weiteren Ausführungen, dass Heilerziehungspfleger nach entsprechender Anleitung und Supervision ebenfalls in der Lage sein müssten, die verordneten Medikamente über die PEG-Sonde zu verabreichen, mögen für den Regelfall der Medikamentengabe über PEG zutreffen, sie gehen auf die konkreten Besonderheiten des vorliegenden Falles jedoch nicht ein. Nach alledem ist das P.- und C.-K.-Haus als ein sonstiger geeigneter Ort iSv § 37 Abs 2 SGB V anzusehen. An der räumlichen Geeignetheit bestehen keinerlei Zweifel, auch nicht aus Sicht der Beklagten.
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An der medizinischen Notwendigkeit der verordneten Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege besteht kein Zweifel.
38 
Von dem Erstattungsbetrag sind keine Abzüge nach §§ 37 Abs 5, 61 Satz 3 SGB V zu machen, da der Versicherte nach Mitteilung der Beklagten vom 08.06.2015 im streitigen Zeitraum von Zuzahlungen nach § 62 SGB V befreit war.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Das Verfahren bleibt nach § 183 Satz 2 SGG nur in der jeweiligen Instanz bei Aufnahme des Verfahrens durch die nicht kostenprivilegierten Erben kostenfrei. Das Berufungsverfahren ist daher – anders als das erstinstanzliche Verfahren - gerichtskostenpflichtig. Den Beigeladenen waren Kosten nicht zu erstatten, da sie keine Anträge gestellt und damit kein Prozessrisiko auf sich genommen haben (§§ 154 Abs 3, 162 Abs 3 VwGO). Hinsichtlich der erstinstanzlichen Entscheidung ist die Kostenentscheidung insoweit abzuändern, als den Klägern deren außergerichtliche Kosten zu erstatten sind. Von einer Kostenquotelung im Hinblick auf die Beschränkung der Klageforderung in der Berufungsverhandlung hat der Senat angesichts des geringen Betrags abgesehen.
40 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm §§ 40, 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz.
41 
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

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