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| Streitig ist, ob die Klägerin für die Zeit vom 05.10.2017 bis 31.10.2018 einen Anspruch auf Übernahme der Heimkosten nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) als Zuschuss anstatt als Darlehen hat. |
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| Die 1959 geborene Klägerin ist verheiratet, lebt aber von ihrem Ehemann S. dauerhaft getrennt. Die Klägerin leidet an Multipler Sklerose und einer paranoiden Schizophrenie. Zunächst wohnte sie in einer Mietwohnung in E. Nachdem sie nicht mehr in der Lage war, sich selbst zu versorgen, wurde sie zum 05.10.2017 im GRN Betreuungszentrum S. aufgenommen. Die Klägerin ist voll erwerbsgemindert, erfüllt jedoch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung nicht (vgl. Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund [DRV] vom 30.08.2018, Bl.101 Band 2). Mit Bescheid vom 04.12.2017 (Bl. 135 VA) stellte die NOVATIS Pflegekasse einen Pflegegrad 4 ab 05.10.2017 fest (Bl. 157 VA, Pflegegutachten). Bei der Klägerin wurde ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen G, aG, H und RF festgestellt (Bl. 223). Die Klägerin und ihr Ehemann sind je zur Hälfte Eigentümer (vgl. Grundbuchauszug Bl. 33 VA) eines Grundstücks in W.1 W., A., welches der Ehemann bewohnt. Der Wert dieses Hauses wurde vom Gutachterausschuss der Stadt W. zum Stichtag 17.10.2017 mit 370.000,00 Euro überschlägig ermittelt (Bl. 129 ff. VA). |
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| Am 21.08.2017 beantragte die vorherige Betreuerin der Klägerin für diese beim Beklagten Leistungen für pflegebedürftige Menschen in Einrichtungen nach dem SGB XII. |
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| Das Amtsgericht Heidelberg - Betreuungsgericht - hat am 06.04.2018 (Bl. 318 VA) die jetzige Betreuerin und den Ehemann der Klägerin zu jeweils alleinvertretungsberechtigten Betreuern der Klägerin bestellt. Die Aufgabenkreise der Betreuerin umfassten die Gesundheitsfürsorge, die Vermögenssorge, die Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern sowie Wohnungs- und Heimangelegenheiten. Der Ehemann war für die Organisation der ambulanten Versorgung zuständig. |
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| Am 15.05.2018 legte die Betreuerin eine von der Klägerin am 03.05.2018 unterzeichnete Erklärung (Bl. 413 VA) vor, mit der die Klägerin der darlehensweisen Erbringung der Leistungen und der Sicherung des Darlehens über 185.000,00 Euro zustimmte. Die Eintragungssicherungshypothek zu Lasten des Miteigentumsanteils von 185.000,00 Euro werde von der Klägerin zugunsten des Beklagten beantragt. Die Eintragungsbekanntmachung werde nachgereicht. Auf der Erklärung waren zwei Zeugen neben der Unterschrift der Klägerin vermerkt. |
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| Der Beklagte bewilligte der Klägerin daraufhin mit Bescheid vom 18.06.2018 Leistungen für Pflegebedürftige Menschen in Einrichtungen nach dem SGB XII für die Zeit vom 05.10.2017 bis längstens 31.10.2018 als Darlehen. Diese Bewilligung umfasste Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII (341,07 Euro für Oktober 2017, 391,59 Euro für November und Dezember 2017 sowie ab Januar 2018 397,44 Euro), den weiteren notwendigen Lebensunterhalt in stationären Einrichtungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII (Barbetrag im Oktober 2017 96,18 Euro, für November und Dezember 2017 110,43 Euro sowie 112,32 Euro ab Januar 2018) und Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel SGB XII (im Oktober 2017 918,94 Euro, November 2017 1.362,15 Euro, Dezember 2017 1.481,55 Euro und ab Januar 2018 1.476,00 Euro). Unter Punkt 3 wurden u.a. folgende Nebenbestimmungen zum Bescheid aufgenommen: „3.4. Das Darlehen ist zu sichern durch Eintragung einer Höchstbetragssicherungshypothek in Höhe von 185.000,00 Euro, auf das im Grundbuch von W.1 (W.), Flurst.-Nr. 907, A. 7 in W.1 eingetragene Grundstück. |
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| 3.5. Die Darlehensgewährung erfolgt unter der aufschiebenden Bedingung, dass der Darlehensnehmer die vom Grundbuchamt beglaubigte Eintragungsbewilligung vorlegt.“ |
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| Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass hier Unterhalt angerechnet werde, der nachweislich nicht fließe. Der Ehemann der Klägerin habe sämtliche Unterhaltszahlungen bislang verweigert. Es komme daher zu einer Unterdeckung des Bedarfs. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass der Fall hier wohl besser über § 19 Abs. 5 SGB XII hätte gelöst werden können. Da die Klägerin in die darlehensweise Gewährung eingewilligt habe, sei hier wohl nichts mehr zu machen. Ergänzend wurde mit Schreiben vom 03.07.2018 ausgeführt, dass die vom Beklagten geforderte Eintragung der Höchstbetragssicherungshypothek wohl nicht zu realisieren sei. Es sei davon auszugehen, dass dieser auch der Ehemann zustimmen müsse und hiermit sei nicht zu rechnen. |
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| Auf ihren Weiterbewilligungsantrag vom 27.09.2018 sind der Klägerin mit Bescheid vom 29.10.2018 Leistungen nach dem SGB XII für die Zeit ab dem 01.11.2018 erneut als Darlehen gewährt worden. |
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| Am 26.06.2018 legte die Betreuerin der Klägerin dem Beklagten eine „Vereinbarung“ zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann vom 23.04.2017 vor. Nach diesem Dokument, das beide unterschrieben haben, wird u.a. ausgeführt, dass man nach einem persönlichen Gespräch festgestellt habe, dass die Klägerin eine höhere Absicherung benötige und dass man deshalb vereinbart habe, dass die Klägerin ihr hälftiges Eigentum an dem Haus für 20.000,00 Euro an ihren Ehemann verkaufe. Nach dem Hauserwerb zahle dieser dann in monatlichen Raten in Höhe von 400,00 Euro (= 50 Mal) ab 01.10.2018 an die Klägerin. Die bisherige Unterhaltszahlung von 1.000,00 Euro werde damit festgeschrieben. Auf eine Anpassung der Unterhaltsleistungen für die Zukunft verzichte die Klägerin. Mit Zahlung der ersten Rate werde der Hausanteil der Klägerin durch einen Notar an den Ehemann übertragen. Ein Notartermin werde von diesem vereinbart. |
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| Mit Bescheid vom 12.07.2018 (Bl. 575) half der Beklagte dem Widerspruch der Klägerin teilweise ab und gewährte höhere (Grundsicherungs-) Leistungen für die Zeit vom 5.10.2017 bis 30.10.2018, weil nun kein Unterhalt mehr als Einkommen berücksichtigt wurde. Mit einem weiteren Bescheid vom selben Tag wurde die Beiziehung eines Bevollmächtigten für notwendig erklärt und erklärt, dass die notwendigen Aufwendungen der Klägerin im Vorverfahren erstattet würden. |
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| Auch gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin Widerspruch (Bl. 607 VA). Sie trug hierzu vor, dass der Widerspruch sich wohl alsbald erledigen dürfte, da die Leistungen bereits an die Einrichtung überwiesen worden seien. Man mache aber nochmals darauf aufmerksam, dass eine darlehensweise Gewährung hier allein wegen der Zustimmungserklärung vom 03.05.2018 statthaft sein dürfte. Für den Zeitraum danach gehe man von Unverwertbarkeit aus. Die Leistungen seien demnach ab dann als Zuschuss zu gewähren. |
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| Der Beklagte hat den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 12.07.2018 mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2018 (Bl. 4 SG-Akte) als unbegründet zurückgewiesen. Streitig sei vorliegend die Gewährung von Leistungen für pflegebedürftige Menschen in Einrichtungen für die Zeit vom 05.10.2017 bis 31.10.2018 als Darlehen. Die Klägerin habe zu Beginn des Leistungszeitraumes Vermögen in Form des hälftigen Miteigentumsanteils an dem Haus in W. besessen. Dessen Wert sei auf 370.000,00 Euro geschätzt worden. Dies stehe der Leistungsgewährung grds. entgegen. Da der Ehemann noch im Gebäude wohne, sei das Vermöge nicht sofort zu verwerten. In einem solchen Fall sollten die Leistungen nach § 91 SGB XII nur als Darlehen erbracht werden. Ein atypischer Fall liege hier nicht vor. Nach § 91 Satz 2 SGB XII gebe es zudem die Möglichkeit zur Sicherung dieses Darlehens. Die Klägerin habe ihre Einwilligung zur Erbringung der Leistungen als Darlehen erteilt. Ein Anspruch auf Leistungen als Zuschuss bestehe nicht. |
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| Am 17.12.2018 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht (SG) Mannheim erheben lassen. Zur Begründung ist vorgetragen worden, dass man die Zustimmungserklärung für nichtig halte. Es handle sich hierbei um ein Umgehungsgeschäft des Beklagten. Man habe die Klägerin hierzu aufgefordert, obwohl bekannt gewesen sei, dass die Klägerin nicht nur einen Anspruch auf darlehensweise Leistungsgewährung gehabt habe, sondern auf Leistungen als Zuschuss. Diese habe man nur abgegeben, um eine Heimkündigung zu vermeiden. Zudem greife man den zu gering bemessenen Barbetrag an. Die Kürzung aufgrund der Krankenhausbehandlung sei nicht rechtmäßig. |
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| Der Beklagte ist dem Begehren der Klägerin entgegen getreten und hat ausgeführt, dass die Klage bereits unzulässig sei, da eine Zustimmungserklärung vorliege und die Hypothek im Grundbuch eingetragen sei. Man gehe nicht davon aus, dass die Klägerin bei Unterzeichnung der Zustimmungserklärung geschäftsunfähig gewesen sei, noch sich in einem Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befunden habe. Die Erklärung sei demnach nicht nichtig gemäß § 105 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Ein Umgehungsgeschäft liege schon nicht vor, weil es sich bei der Leistungsgewährung nicht um ein Rechtsgeschäft, sondern um die staatliche Existenzsicherung handle. Weiter sehe man auch kein „faktisches Verwertungshindernis“. |
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| Im Termin zur Erörterung des Sachverhaltes beim SG ist die Klage hinsichtlich des Barbetrages für erledigt erklärt worden. Zudem ist vom Klägervertreter ausgeführt worden, dass man von einer Übersicherung des Darlehens ausgehe. Zudem halte man die Klägerin für geschäftsunfähig. Mit Schreiben vom 25.07.2019 ist hierzu weiter ausgeführt worden, dass mittlerweile ein Einwilligungsvorbehalt seitens des Betreuungsgerichts angeordnet worden sei. Man beantrage daher, die dortigen Akten beizuziehen. Die am 03.05.2018 abgegebene Willenserklärung werde zudem gemäß § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten. In einem an den Beklagten gerichteten Schreiben vom 22.08.2019 ist hierzu weiter ausgeführt worden, dass dem Beklagten bewusst gewesen sei, dass eine darlehensweise Bewilligung nicht in Betracht komme. Dies insbesondere schon deshalb, weil die Immobilie nicht in absehbarer Zeit habe veräußert werden können. Die abgegebene Willenserklärung sei zudem gemäß §§ 104, 105 BGB nichtig, weil inzwischen ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden sei. Man beantrage zudem die Mitarbeiterin der Beklagten als Zeugin zu laden, um zu bestätigen, dass man der Klägerin damals mitgeteilt habe, dass man - sollte diese der Sicherung nicht zustimmen - auch keine darlehensweisen Leistungen bewilligen werde. |
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| Das SG hat die Klage nach mündlicher Verhandlung am 10.10.2019 mit Urteil vom selben Tag abgewiesen. Die Klage sei bereits unzulässig, weil die Klägerin eine Zustimmungserklärung unterschrieben habe und damit ihrer Klage, die sich gegen die darlehensweise Gewährung der Leistungen richte, die Klagebefugnis fehle. Das Gericht habe hierbei keinen Zweifel, dass diese Erklärung wirksam sei. Auch wenn inzwischen ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet worden sei, so gebe es keinerlei Hinweise, dass zum Zeitpunkt der Abgabe dieser Erklärung eine Geschäftsunfähigkeit der Klägerin bestanden habe. Ermittlungen ins Blaue hinein seien nicht geboten, zumal die Betreuerin der Klägerin, der Erklärung durch die Übersendung an den Beklagten zumindest konkludent zugestimmt habe. Unabhängig davon sei die Klage auch unbegründet, da die darlehensweise Gewährung der Leistungen auch unabhängig von der Zustimmung der Klägerin nicht zu beanstanden sei. Bei dem hälftigen Miteigentumsanteil handle es sich nicht um Schonvermögen der Klägerin. Diese lebe nicht mehr in dem Haus. Besondere atypische Gründe, die es geboten hätten, hier von einer darlehensweisen Gewährung abzusehen, seien nicht ersichtlich. Auch eine Übersicherung könne hier nicht erkannt werden, da vorrangige Kreditsicherheiten zu Gunsten eines Kreditinstituts bestünden. |
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| Die Klägerin hat am 13.12.2019 gegen das ihrem Bevollmächtigten gegen Empfangsbekenntnis vom 03.12.2019 zugestellte Urteil Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erheben lassen. Es wurde zur Begründung vorgetragen, dass die zuständigen Sachbearbeiter als Zeugen hätten gehört werden müssen. Die Klägerin habe zudem die Zustimmungserklärung angefochten. Man erlaube sich zudem auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06.12.2018 (- B 8 SO 2/17 R -) hinzuweisen. Der vorliegende Fall sei identisch. Darüber hinaus wiederhole man das Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Verfahren. |
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| Ergänzend ist mit Schreiben vom 25.01.2021 vorgetragen worden, dass man bezweifle, dass hier die Verwertung des Vermögens innerhalb eines Bewilligungszeitraumes möglich sei. |
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| das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 10. Oktober 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12. Juli 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. November 2018 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 5. Oktober 2017 bis 31. Oktober 2018 Leistungen nach dem SGB XII in gesetzlicher Höhe als Zuschuss zu bezahlen sowie die Revision zuzulassen. |
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| die Berufung zurückzuweisen. |
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| Zur Begründung wird auf die Klageerwiderung sowie die Ausführungen des Urteils des SG verwiesen. |
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| Auf Nachfrage des Sentas hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie zwar Miteigentümerin zu ein Halb sei, das Darlehen zur Finanzierung der Wohnung aber nicht mit abgeschlossen habe. Alleiniger Darlehensnehmer sei ihr Ehemann. Sie habe den Anteil bislang auch nicht an ihren Ehemann verkauft. Ein notarieller Kaufvertrag sei nicht bekannt und auch nicht im Grundbuch eingetragen. Sie erhalte zudem keine Kaufpreiszahlungen von ihrem Ehemann. |
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| Die Klägerin und der Beklagte haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt (Schreiben vom 25.01.2021 bzw. vom 02.02.2021). |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. |
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