| 1. Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen ist. Denn der Kläger ist mit der ordnungsgemäßen, ausweislich der Postzustellungsurkunde am 28. Dezember 2021 zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG). |
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| Der Senat entscheidet durch Endurteil. Der Erlass eines Zwischenurteils gemäß § 130 Abs. 2 SGG zur Frage der Verwertbarkeit des Sachverständigengutachtens von N1 war aus Sicht des Senates jedenfalls nicht zweckmäßig, da der Rechtstreit nach Vorlage des Gutachtens und zum Zeitpunkt des Antrags des Klägers auf ein Zwischenurteil insgesamt entscheidungsreif gewesen ist. Eine Verfahrensbeschleunigung konnte durch eine Vorabentscheidung des Streitpunkts so nicht mehr erreicht werden, zumal die Beteiligten nicht ausschließlich über die Verwertbarkeit des Sachverständigengutachtens streiten und die Entscheidung über diese Frage deshalb auch nicht zur Erledigung des gesamten Rechtsstreits geführt hätte (vgl. hierzu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 130 Rn. 8, 10). |
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| 2. Die nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung, da der Kläger ab dem 22. Mai 2018 Leistungen der Pflegeversicherung nach einem höheren Pflegegrad und damit (höhere) laufende Leistungen für mehr als ein Jahr begehrt (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). |
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| 3. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 30. Juli 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2018 (§ 95 SGG), mit dem es die Beklagte ablehnte, dem Kläger auf seinen Antrag vom 22. Mai 2018 anstelle von Leistungen nach Pflegegrad 1 Sach- und Geldleistungen nach einem höheren Pflegegrad zu gewähren. Hiergegen wendet sich der Kläger in zulässiger Weise mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 SGG), mit der er die Gewährung von Leistungen nach Pflegegrad 3 ab Antragstellung (22. Mai 2018) begehrt. Soweit der Kläger mit der Berufung zunächst auch seine erstinstanzlich gestellten Feststellungsanträge weiterverfolgt hat, hat er an diesen Anträgen nach Vorlage des Sachverständigengutachtens von B2 nicht mehr festgehalten, sondern mit Schreiben vom 18. März 2021 (zusammen mit einer Einwilligung in eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung) zuletzt nur noch beantragt, „nach bzw. neben der bereits beantragten Beantragung Aufhebung des SG-Urteils wegen der vorgetragenen diversen Verfahrensfehler [….] hier den Ablehnungsbescheid der Beklagten aus 2018 aufzuheben und die Beklagte zu Leistungen aus der Pflegeversicherung gemäß der Pflegestufe 3 zu verurteilen“ [Hervorhebungen im Original]. Der Kläger hat seinen Berufungsantrag damit im Anschluss an das für ihn positive Sachverständigengutachten wirksam auf das Anfechtungs- und Leistungsbegehren beschränkt, sodass der Senat über die ursprünglich erhobenen Feststellungsklagen nicht mehr zu entscheiden hatte (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 123 SGG). Die diesbezügliche Rücknahme führt zur teilweisen Erledigung des Rechtsstreits (§ 102 Abs. 1 Satz 2 SGG). |
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| Der Versagungsbescheid der Beklagten vom 30. März 2020 ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn er hat den streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid vom 30. Juli 2018 weder abgeändert noch ersetzt. Gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 SGG wird ein neuer Verwaltungsakt nach Berufungseinlegung nur dann kraft Gesetzes Gegenstand des Berufungsverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheids ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Ob eine Änderung oder Ersetzung des früheren Verwaltungsakts erfolgt, ist auch bei ablehnenden Bescheiden durch einen Vergleich ihrer Regelungssätze zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 16. Oktober 2020 – L 4 KR 813/19 – juris, Rn. 24 f. m.w.N.). Ein späterer Bescheid ändert oder ersetzt den früheren Bescheid dann, wenn er in dessen im Verfügungssatz zum Ausdruck kommenden Regelungsgehalt eingreift. Das setzt voraus, dass der Regelungsgegenstand des neuen (einzubeziehenden) Verwaltungsaktes mit dem des früheren (angefochtenen) Verwaltungsaktes zumindest teilweise identisch ist (LSG Bayern, Urteil vom 12. Juli 2018 – L 18 SO 38/18 – juris, Rn. 26; Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 96 Rn. 4a). Vorliegend überschneiden sich die Regelungsgegenstände des Versagungsbescheides vom 30. März 2020 und des angefochtenen Ablehnungsbescheides vom 30. Juli 2018 nicht. Denn die Bescheide beruhen auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen und regeln unterschiedliche Sachverhalte. Im Unterschied zur Ablehnung enthält die Versagungsentscheidung nach § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) keine Entscheidung über den Leistungsanspruch (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 1987 – 3 RK 11/87 – juris, Rn. 21; LSG Bayern, a.a.O.; LSG Hessen, Urteil vom 22. März 2018 – L 1 KR 541/16 – juris, Rn. 20). Ihr Gegenstand ist nicht der materielle Anspruch, sondern die Sanktionierung der Verletzung von Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren (vgl. Becker, in: Hauck/Noftz, SGB I, Stand November 2011, § 66 Rn. 44). Bei der Versagung einer Leistung handelt es sich deshalb dem Wesen nach um eine andere Entscheidung als die Ablehnung eines Leistungsanspruchs (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 20). Während Inhalt der ursprünglichen Ablehnungsentscheidung der Beklagten die Verneinung eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf höhere Pflegeleistungen nach den Vorschriften des Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) war, beschränkte sich der Verfügungssatz des Bescheids vom 30. März 2020 mithin darauf, die beantragten höheren Leistungen wegen fehlender Mitwirkung des Klägers gemäß § 66 SGB I zu versagen, ohne eine (nochmalige) Entscheidung über den materiell-rechtlichen Leitungsanspruch zu treffen. Eine Abänderung oder Ersetzung der ablehnenden Leistungsentscheidung des streitbefangenen Bescheids vom 30. Juli 2018 lag darin nicht. |
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| 4. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Bescheid vom 30. Juli 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Dezember 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Senat kann aufgrund der Beweisergebnisse nicht feststellen, dass der Kläger gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Geld- und Sachleistungen nach einem höheren Pflegegrad als dem bisher gewährten Pflegegrad 1 hat. |
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| Dabei kann dahinstehen, ob – wie der Kläger rügt – das SG dadurch gegen die Verfahrensvorschrift des § 123 SGG verstoßen hat, dass es das Klagebegehren des Klägers sachdienlich als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gefasst und über seine Feststellungsanträge (vgl. Klägerschreiben vom 2. August 2019, Bl. 59/60 der SG-Akte) nicht entschieden hat. Denn selbst wenn darin ein Verfahrensfehler liegen sollte, betrifft dieser jedenfalls nicht den Teil des Urteils, den der Kläger mit der Berufung noch anficht, sodass der Senat hierüber nicht zu entscheiden hat. Unabhängig davon wäre – ein solcher Mangel unterstellt – allein auf Grund dessen auch das Urteil des SG nicht aufzuheben. Vielmehr hätte der Senat, der nach § 157 SGG den Streitfall im gleichen Umfang wie das SG zu prüfen hat, auf ein entsprechendes Berufungsbegehren des Klägers hin über die Feststellungsanträge mitentscheiden müssen (vgl. BSG, Beschluss vom 2. April 2014 – B 3 KR 3/14 B – juris, Rn. 10; BSG, Urteil vom 21. Januar 1959 – 11/8 RV 181/57 – juris, Rn. 15; Senatsurteil vom 16. Juli 2021 – L 4 R 822/21 – unveröffentlicht). |
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| a) Der angefochtene Bescheid ist nicht bereits wegen formeller Mängel aufzuheben. Die Beklagte bzw. der von ihr mit der Prüfung der Pflegebedürftigkeit beauftragte MDK haben insbesondere nicht gegen die Vorgaben des § 18 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 7 Satz 1 SGB XI (in der vorliegend anzuwendenden, ab 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften – PSG II – vom 21. Dezember 2015, BGBl I 2015, 242, nachfolgend: a.F.) zum Verfahren der Feststellung von Pflegebedürftigkeit verstoßen. Danach beauftragen die Pflegekassen den MDK oder andere unabhängige Gutachter mit der Prüfung, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad vorliegt. Die Aufgaben des MDK werden nach § 18 Abs. 7 Satz 1 SGB XI a.F. dabei durch Ärzte in enger Zusammenarbeit mit Pflegefachkräften und anderen geeigneten Fachkräften wahrgenommen. Schon die Formulierung "andere geeignete Fachkräfte" legt nahe, dass der Gesetzgeber jedenfalls für das Verwaltungsverfahren Pflegefachkräfte grundsätzlich als geeignete Gutachter ansieht (so ausdrücklich: BSG, Beschluss vom 24. August 2017 – B 3 P 16/17 B – juris, Rn. 9). Hiermit übereinstimmend regeln die auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 SGB XI vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen erlassenen Richtlinien zum Verfahren der Feststellung von Pflegebedürftigkeit sowie zur pflegefachlichen Konkretisierung der Inhalte des Begutachtungsinstruments nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (Begutachtungs-Richtlinien – BRi – vom 15. April 2016, in der zum Begutachtungszeitpunkt anzuwendenden Fassung vom 31. März 2017, unter 3.2.2) das Nähere zum Verfahren der Auswahl des den Hausbesuch durchführenden Gutachters. Danach legen Arzt und Pflegefachkraft auf der Grundlage der bereits vorhandenen, von der Pflegekasse übergebenen und ggf. weiter eingeholten Informationen und des zu erwartenden Schwerpunktes der Begutachtung im Einzelfall gemeinsam fest, welche Gutachter (Pflegefachkraft oder Ärztin/Arzt, spezielles Fachgebiet, speziell geschulte Gutachter/in) den Besuch durchführen. Dabei ist es nach den Vorgaben der BRi in der Regel ausreichend, wenn der Besuch von einer Gutachterin oder einem Gutachter durchgeführt wird. Ein gemeinsamer Besuch von Pflegefachkraft und Ärztin bzw. Arzt kann bei besonders schwierigen Begutachtungssituation sinnvoll sein (BRi 3.2.2.). Aus diesen gesetzlichen Vorschriften und untergesetzlichen Bestimmungen lässt sich keine Verpflichtung der Beklagten bzw. des MDK ableiten, den Hausbesuch im Rahmen der Pflegebegutachtung zwingend unter Beteiligung von Ärzten durchzuführen. Vielmehr war auch nach § 18 Abs. 7 Satz 1 SGB XI a.F. nicht ausgeschlossen, dass geeignete Begutachtungsaufgaben auch gleichwertig von Pflegefachkräften wahrgenommen werden (vgl. Dalichau, SGB XI, 2. Aufl. 2019, § 18 SGB XI Rn. 206). Soweit vereinzelt aus § 18 Abs. 7 Satz 1 SGB XI a.F. ein abgeschwächtes „Primat des Arztes“ abgeleitet wurde, so hatte dies bereits in der Literatur Kritik erfahren (vgl. hierzu Roller, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, Stand: Oktober 2021, § 18 SGB XI Rn. 27 m.w.N.). Die grundsätzliche Gleichrangigkeit von Ärzten und Pflegefachkräften, von der die Begutachtungsrichtlinien – wie dargestellt – ausgehen, ist mit der Neufassung des § 18 Abs. 7 Satz 1 SGB XI durch das MDK-Reformgesetz (Gesetz für bessere und unabhängigere Prüfungen vom 14. Dezember 2019, BGBl I 2019, 2789) zum 1. Januar 2020 auch im Gesetzeswortlaut („die Aufgaben des Medizinischen Dienstes werden durch Pflegefachkräfte oder Ärztinnen und Ärzte… wahrgenommen“) verankert worden, wobei der Gesetzgeber nach den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drs. 19/13397, Seite 97 zu Nr. 5 Buchstabe g) insoweit lediglich eine Klarstellung vornehmen wollte. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die im behördlichen Verfahren eingeholten Gutachten vom 26. Juli 2018 und vom 24. Oktober 2018 aufgrund von Hausbesuchen durch Pflegefachkräfte des MDK erstattet worden sind. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, die Gutachterinnen des MDK hätten nicht über die nötige Qualifikation verfügt, um die erforderlichen medizinischen Feststellungen zur Beurteilung seiner Pflegebedürftigkeit zu treffen, verkennt er, dass die vorliegend zu beurteilenden Auswirkungen gesundheitlicher Beeinträchtigungen auf die Fähigkeiten und die Selbstständigkeit nicht in erster Linie eine medizinische und damit eine von Ärzten zu beurteilende Frage ist (vgl. Senatsurteil vom 11. Dezember 2020 – L 4 P 2497/19 – nicht veröffentlicht). |
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| Die weitere Rüge des Klägers, die Beklagte habe durch die unterlassene Beiziehung ärztlicher Befunde auch gegen ihre Amtsermittlungspflicht nach § 18 Abs. 4 SGB XI i.V.m. § 20 f. SGB X verstoßen, führt nicht isoliert zur Aufhebung des angefochtenen Bescheids. Denn eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes im Verwaltungsverfahren ist nur erheblich, wenn sie zu einem anderen Verfahrensergebnis führen könnte (§ 42 Satz 1 SGB X). Die angerufenen Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind insoweit ebenso wie die Behörden verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen umfassend zu erforschen (§ 103 SGG). Mängel der behördlichen Sachaufklärung sind daher grundsätzlich von den gerichtlichen Tatsacheninstanzen durch weitere Beweiserhebungen zu beheben (BSG, Urteil vom 20. Juni 2002 – B 7 AL 8/01 R –, juris, Rn. 26; Urteil vom 17. Dezember 1997 – 11 RAr 61/97 – juris, Rn. 21; Leopold, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Stand: Januar 2021, § 42, Rn. 34 m.w.N.). So ist es auch im vorliegenden Verfahren geschehen. Denn das SG hat die Praxisnachfolgerin des behandelnden S1 als sachverständige Zeugin vernommen und im Zusammenhang damit auch die fehlenden ärztlichen Befundberichte aus dem Zeitraum seit Ende 2016 eingeholt. Ein etwaiges diesbezügliches Ermittlungsdefizit der Beklagten bzw. des MDK ist dadurch verfahrensrechtlich überholt. |
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| b) Die Beklagte hat die beantragte Höherstufung des Pflegegrades mit dem angefochtenen Bescheid auch zu Recht abgelehnt. |
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| aa) Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Leistungen nach einem höheren Pflegegrad ist § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung – wie die Bewilligung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung nach einem bestimmten Pflegegrad (vgl. BSG, Urteil vom 7. Juli 2005 – B 3 P 8/04 R – juris, Rn. 16) – mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ist dabei wesentlich, wenn sie zu einer anderen rechtlichen Bewertung führt, sich also auf den Leistungsanspruch des Versicherten auswirkt (Schütze, in: ders., SGB X, 9. Aufl. 2020, § 48 Rn. 15). Damit richtet sich die Feststellung einer wesentlichen Änderung nach dem für die Leistung maßgeblichen materiellen Recht (ständige Rechtsprechung, z.B. BSG, Urteil vom 1. Juni 2017 – B 5 R 2/16 R – juris, Rn. 11). |
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| bb) Da der Kläger den Höherstufungsantrag am 22. Mai 2018, mithin nach dem 31. Dezember 2016 stellte, beurteilt sich sein Anspruch nach den Vorschriften des SGB XI in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung (§ 140 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). |
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| Danach haben Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 bei häuslicher Pflege Anspruch auf körperbezogene Pflegemaßnahmen und pflegerische Betreuungsmaßnahmen sowie auf Hilfen bei der Haushaltsführung als Sachleistung (häusliche Pflegehilfe, § 36 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Anstelle der häuslichen Pflegehilfe können Pflegebedürftige dieser Pflegegrade nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI auch ein Pflegegeld beantragen. Nehmen Pflegebedürftige die ihnen zustehende Sachleistung nur teilweise in Anspruch, erhalten sie daneben ein anteiliges Pflegegeld, wobei das Pflegegeld um den Vomhundertsatz vermindert wird, in dem Sachleistungen in Anspruch genommen worden sind (sog. Kombinationsleistungen, § 38 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB XI). Die Höhe bzw. der Umfang der jeweiligen Leistungen richtet sich nach dem Pflegegrad des Pflegebedürftigen (§ 36 Abs. 3, § 37 Abs. 1 Satz 3 SGB XI). |
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| Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, wenn sie gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten sind nach § 14 Abs. 2 SGB XI die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien maßgeblich: |
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| 1. Mobilität: Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb des Wohnbereichs, Treppensteigen; |
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| 2. kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld, örtliche Orientierung, zeitliche Orientierung, Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen, Beteiligen an einem Gespräch; |
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| 3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten, nächtliche Unruhe, selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten, Beschädigen von Gegenständen, physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen, verbale Aggression, andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen, Wahnvorstellungen, Ängste, Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage, sozial inadäquate Verhaltensweisen, sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen; |
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| 4. Selbstversorgung: Waschen des vorderen Oberkörpers, Körperpflege im Bereich des Kopfes, Waschen des Intimbereichs, Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare, An- und Auskleiden des Oberkörpers, An- und Auskleiden des Unterkörpers, mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken, Essen, Trinken, Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls, Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma, Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma, Ernährung parenteral oder über Sonde, Bestehen gravierender Probleme bei der Nahrungsaufnahme bei Kindern bis zu 18 Monaten, die einen außergewöhnlich pflegeintensiven Hilfebedarf auslösen; |
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| 5. Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen in Bezug auf: Medikation, Injektionen, Versorgung intravenöser Zu-gänge, Absaugen und Sauerstoffgabe, Einreibungen sowie Kälte- und Wärmeanwendungen, Messung und Deutung von Körperzuständen, körpernahe Hilfsmittel, Verbandswechsel und Wundversorgung, Versorgung mit Stoma, regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden, Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung, zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung, Arztbesuche, Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, zeitlich ausgedehnte Besuche medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen, Besuch von Einrichtungen zur Frühförderung bei Kindern sowie auf das Einhalten einer Diät oder anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften; |
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| 6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen, Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen, Interaktion mit Personen im direkten Kontakt, Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds. |
|
| Die Pflegebedürftigkeit ist allein anhand dieser Kriterien zu beurteilen. Sowohl die Auflistung der sechs Pflegebereiche als auch die zu deren Konkretisierung aufgeführten Pflegekriterien bilden einen abschließenden Katalog, der nicht um – vermeintlich fehlende – zusätzliche Kriterien oder gar Bereiche ergänzt werden kann (Senatsurteil vom 16. Oktober 2020 – L 4 P 542/20 – www.sozialgerichtsbarkeit.de; Meßling, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, Stand: Oktober 2021, § 14 Rn. 118). Dementsprechend fließen auch Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten in den Bereichen der Haushaltsführung und der außerhäuslichen Aktivitäten in die Ermittlung des Grades der Pflegebedürftigkeit nur ein, soweit sie in den genannten Bereichen abgebildet sind. Darüber hinausgehende gesundheitsbedingte Beeinträchtigungen in diesen Bereichen sind nicht zusätzlich zu berücksichtigen. Sie wirken sich nicht auf die Bestimmung der Pflegebedürftigkeit und ihres Grades aus (vgl. § 14 Abs. 3 SGB XI; zum Ganzen: Senatsurteil vom 16. Oktober 2020, a.a.O.; Meßling, a.a.O., § 14 Rn. 264 ff. m.w.N.). |
|
| Inhaltlich werden die maßgeblichen Pflegekriterien durch die auf Grundlage des § 17 Abs. 1 SGB XI vom Spitzenverband Bund der Pflegekassen bzw. vom Medizinischen Dienst Bund erlassenen BRi (vom 15. April 2016, zunächst in der Fassung vom 31. März 2017, zuletzt geändert durch Beschluss vom 22. März 2021) näher bestimmt. Soweit sich diese untergesetzlichen Regelungen innerhalb des durch Gesetz und Verfassung vorgegebenen Rahmens halten, entfalten sie vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG) Rechtswirkung auch im Verhältnis zu den Versicherten. Sie sind bei der Beurteilung der Pflegebedürftigkeit als Konkretisierung des Gesetzes zur Gewährleistung einer gleichmäßigen Verwaltungspraxis und Vermeidung von Ungleichbehandlungen zu beachten (Meßling, a.a.O., § 14 Rn. 87 m.w.N.; zum alten Recht vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2017 – B 3 P 3/16 R – juris, Rn. 22; BSG, Urteil vom 6. Februar 2006 – B 3 P 26/05 B – juris, Rn. 8, jeweils m.w.N.). |
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| Nach § 15 Abs. 1 SGB XI erhalten Pflegebedürftige nach der Schwere der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten einen Grad der Pflegebedürftigkeit (Pflegegrad). Der Pflegegrad wird mit Hilfe eines pflegefachlich begründeten Begutachtungsinstruments ermittelt, wobei dieses in sechs Module, entsprechend den oben genannten Bereichen, gegliedert ist. Die Kriterien der einzelnen Module sind in Kategorien unterteilt, denen Einzelpunkte entsprechend der Anlage 1 zu § 15 SGB XI zugeordnet werden. Die Kategorien stellen die in ihnen zum Ausdruck kommenden verschiedenen Schweregrade der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten dar (§ 15 Abs. 2 Satz 3 SGB XI). Die Einzelpunkte in den jeweiligen Modulen werden sodann addiert und entsprechend der Anlage 2 zu § 15 SGB XI einem jeweiligen Punktbereich zugeordnet, aus dem sich die gewichteten Punkte ergeben. Insgesamt wird für die Beurteilung des Pflegegrades die Mobilität mit 10 Prozent, die kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten sowie Verhaltensweisen und psychische Problemlagen zusammen mit 15 Prozent, die Selbstversorgung mit 40 Prozent, die Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen mit 20 Prozent und die Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte mit 15 Prozent gewichtet (§ 15 Abs. 2 Satz 8 SGB XI). |
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| Auf der Basis der erreichten Gesamtpunkte sind pflegebedürftige Personen in einen der Pflegegrade einzuordnen, nämlich – soweit hier relevant – |
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| ab 12,5 bis unter 27 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, |
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| ab 27 bis unter 47,5 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, und |
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| ab 47,5 bis unter 70 Gesamtpunkten in den Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten (§ 15 Abs. 3 Satz 4 SGB XI). |
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| cc) Im Vergleich zu der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung der Beklagten (Pflegegrad 1 durch Bescheid vom 15. Dezember 2017) kann der Senat weder eine Änderung in den tatsächlichen noch in den rechtlichen Verhältnissen feststellen, die ausgehend von dem gestellten Höherstufungsantrag des Klägers einen Anspruch auf Leistungen zumindest nach Pflegegrad 2 begründen würde. |
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| Der Senat kann sich in Anwendung der dargestellten Beurteilungsmaßstäbe aufgrund der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme nicht davon überzeugen, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine Einstufung in den höheren Pflegegrad 2 erfüllt. Denn nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens kann nicht festgestellt werden, dass der Pflegebedarf des Klägers im Zeitraum von der Antragstellung am 22. Mai 2018 bis zum Ende seiner Mitgliedschaft bei der Beklagten am 30. April 2020 mindestens 27 gewichtete Gesamtpunkte erreicht hat. |
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| Dabei weist der Senat vorab darauf hin, dass das Gutachten von N1 verwertbar war. Soweit der Kläger mit Schreiben vom 18. August 2021 eine Verletzung seines Privatgeheimnisses gerügt und nach Vorlage des Gutachtens seiner Verwertung widersprochen hat, ergeben sich hieraus keine Konsequenzen, insbesondere kein Verwertungsverbot hinsichtlich des Gutachtens. Zum einen haben bei Eingang des Schreibens des Klägers die Akten dem Sachverständigen N1 bereits vorgelegen. Denn die Akten sind dem Sachverständigen mit dem ursprünglichen Gutachtensauftrag vom 5. August 2021, also zu einem Zeitpunkt übersandt worden, als ein etwaiger Widerspruch gegen die Aktenübersendung noch gar nicht vorgelegen hat. Zum anderen folgt die Befugnis zur Aktenübersendung aus dem über § 118 Abs. 1 Satz 1 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren § 404a der Zivilprozessordnung, der den allgemeinen datenschutzrechtlichen Regelungen vorgeht (BSG, Beschluss vom 21. April 2020 – B 13 R 85/19 B – juris, Rn. 9; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. April 2015 – L 10 U 5100/10 – juris, Rn. 48). In den Grenzen der nach § 118 SGG i.V.m. § 404 ZPO getroffenen Beweisanordnung ist die Zuleitung der Akten an den Sachverständigen datenschutzrechtlich hinsichtlich der Gesundheitsdaten und anderen besonderen personenbezogenen Daten durch Art. 9 Abs. 2 lit. f Alt. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung vom 27. April 2016, ABl. EU 2016 L 119) und hinsichtlich der Sozialdaten durch § 78 Abs. 1 Satz 4 SGB X i.V.m. § 69 Abs. 1 Nr. 2 SGB X erlaubt (vgl. Erkelenz/Leopold, Datenschutz beim Beweis durch Sachverständige, NZS 2019, S. 926, 929). |
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| Das auf dieser gesetzlichen Grundlage erhobene und in den Prozess eingeführte Gutachten blieb grundsätzlich verwertbar, auch wenn seiner Verwertung später – wie hier durch den Kläger – widersprochen wurde (vgl. BSG, Beschluss vom 28. November 2019 – B 8 SO 55/17 B – juris, Rn. 12). Da Beweise nur deshalb erhoben werden, damit sie im weiteren Verfahren Verwendung finden, ist der Zulassung der Beweiserhebung die spätere Verwertung immanent. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht liegt darin nicht. Zumal der Kläger in die Erhebung und Verwendung seiner Gesundheitsdaten im Rahmen seiner Erklärung über die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht ausdrücklich eingewilligt und diese auch auf den Hinweis des Senats vom 20. August 2021 nicht eingeschränkt oder widerrufen hat (vgl. zum Erfordernis einer eindeutigen Erklärung des Widerrufs: BGH, Urteil vom 7. März 1996 – 4 StR 737/95 – juris, Rn. 7). Einer weiteren, personalisierten Einwilligungserklärung in die Weitergabe der Gesundheitsdaten an den Sachverständigen N1 bedurfte es daneben nicht (vgl. BSG, Beschluss vom 28. November 2019 – B 8 SO 55/17 B – juris, Rn. 12). Etwas Anderes folgt auch nicht aus der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2006 – 1 BvR 2027/02 – juris), welche die vertragliche Verpflichtung zur Abgabe einer uneingeschränkten Schweigepflichtentbindung im Rahmen von privatrechtlichen Versicherungsverhältnissen betraf und sich damit auf einen anderen, hier nicht vergleichbaren Sachverhalt bezog. |
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| Zwar sind bei der Anwendung der prozessualen Vorschriften über die Beweiserhebung (Amtsermittlung) und bei der Beweisverwertung auch schutzwürdige Belange der Beteiligten und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (BSG, a.a.O.). Nachvollziehbare Gründe, aus denen sich ein Geheimhaltungsinteresse des Klägers in Bezug auf die Akten ergeben könnten, hat der Kläger jedoch nicht genannt. Er hat der Aktenübersendung vielmehr deshalb widersprochen, weil er die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens im Hinblick auf das für ihn günstige Gutachten des B2 verhindern wollte. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit sind jedoch verpflichtet, unabhängig vom Willen und der Interessenlage der Prozessbeteiligten den Sachverhalt von Amts wegen umfassend zu erforschen und vorliegende Beweise im Hinblick auf die Feststellung der materiellen Wahrheit zu berücksichtigen (§§ 103 Satz 1, 128 Abs. 1 Satz 1 SGG). Damit unvereinbar wäre es, wenn gerichtliche Ermittlungen zum Sachverhalt durch einen Prozessbeteiligten nach dessen Gutdünken gesteuert oder gefiltert und die Berücksichtigung unliebsamer Gutachten so verhindert werden könnte (BSG, Beschluss vom 28. November 2019 – B 8 SO 55/17 B – juris, Rn. 13; LSG Berlin-Brandenburg – L 9 KR 492/14 – juris, Rn. 22). Die Nichtverwertung vorliegender Beweise ist im gerichtlichen Verfahren vielmehr eine begründungsbedürftige Ausnahme (BSG, a.a.O.). Widerspricht der Kläger – wie hier – während des sozialgerichtlichen Verfahrens ohne gewichtige Gründe der Weitergabe der Akten an den Sachverständigen oder widerruft sein Einverständnis hierzu, führt dies deshalb nicht dazu, dass das Gutachten im Prozess nicht verwertet werden kann (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. April 2015 – L 10 U 5100/10 – juris, Rn. 48; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. März 2014 – L 3 SB 229/12 – juris, Rn. 36). |
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| Das Gutachten des B2 bildet für den Senat im Hinblick auf die beim Kläger festzustellende Pflegebedürftigkeit hingegen keine Entscheidungsgrundlage. Denn es ist in wesentlichen Punkten mangelhaft und nicht nachvollziehbar. So erhebt bzw. schildert der Sachverständige in seinem Gutachten weder eine Pflegeanamnese mit näheren Angaben des Klägers zu seinen Erkrankungen, seinem Hilfebedarf, seiner Pflegesituation und den gesundheitlichen und pflegerischen Problemen noch teilt er Untersuchungsergebnisse sowie einen körperlichen und psychischen Befund mit. Auch erfasst bzw. beschreibt er die Auswirkungen der vorhandenen Gesundheitsstörungen auf die Selbstständigkeit und die Fähigkeiten des Klägers im Alltag nicht näher. Seine Beurteilung der Selbstständigkeit bzw. deren Beeinträchtigung bei den einzelnen pflegerelevanten Kriterien ist vor diesem Hintergrund nicht schlüssig und vom Senat auch nicht überprüfbar, zumal der Sachverständige die maßgeblichen Pflegekriterien auch lediglich tabellarisch abgearbeitet und seine Einschätzung zu den einzelnen Kriterien überwiegend nicht begründet hat. Hinzu kommt, dass die Schlussfolgerungen und Bewertungen des Gutachtens erhebliche Widersprüche aufweisen. Dies betrifft zum einen die Gewichtung der festgestellten Punkte, wenn bspw. im Modul 3 insgesamt 20 Einzelpunkte ermittelt, diesen allerdings nur 3 gewichtete Punkte zugeordnet werden, oder anderseits im Modul 5 ermittelte Einzelpunkte im Umfang von 0 mit 3 Punkten gewichtet werden, zum anderen auch das Begutachtungsergebnis selbst, wonach der Pflegebedarf des Klägers in den relevanten Bereichen (– selbst wenn abweichend vom § 18 Abs. 3 Satz 2 SGB XI die Punktewerte aus Modul 2 und 3 nebeneinander angesetzt werden – maximal) 18 gewichtete Gesamtpunkte beträgt, dies nach ärztlicher Einschätzung des B2 aber dennoch Pflegegrad 3 oder mehr begründen soll. Das Gutachten des B2 entspricht damit insgesamt nicht den Anforderungen und fachlichen Standards einer Pflegebegutachtung, wie sie in den BRi (insbesondere unter 4.) niedergelegt sind, worauf auch der Sachverständige N1 hingewiesen hat. Es war daher für die Überzeugungsbildung des Senats im Hinblick auf die Pflegebedürftigkeit ungenügend, weshalb der Senat zur Aufklärung der Pflegebedürftigkeit des Klägers eine weitere Pflegebegutachtung angeordnet hat (§§ 103, 118 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 412 Abs. 1 ZPO). Da der Kläger mit einer erneuten persönlichen Untersuchung nicht einverstanden war, konnte das weitere Gutachten des N1 letztlich nur nach Aktenlage erstattet werden. |
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| Die Pflegegutachten des MDK vom 26. Juli 2018 und 24. Oktober 2018 kann der Senat im Wege des Urkundenbeweises verwerten (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2014 – B 1 KR 29/13 R – juris, Rn. 19; BSG, Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris, Rn. 6; zur Heranziehbarkeit als gerichtliche Entscheidungsgrundlage: BSG, Urteil vom 12. Dezember 2000 – B 3 P 5/00 R – juris, Rn. 13). Sie dokumentieren aufgrund einer Begutachtung im häuslichen Umfeld zeitnah zu der mit dem Höherstufungsantrag geltend gemachten Verschlechterung des Gesundheitszustandes nachvollziehbar die gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen des Klägers und die daraus resultierenden Bedarfe an personeller Hilfe bei den pflegerelevanten Kriterien. Sie sind befundbezogen, in sich widerspruchsfrei und schlüssig und für den Senat überzeugend. Die pauschale und unsubstantiierte Kritik des Klägers, die sich in der Beanstandung des formalen Gesichtspunktes fehlender ärztlicher Befunderhebungen erschöpft, ist nicht geeignet, die dortigen Feststellungen und Bewertungen in Zweifel zu ziehen. |
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| Danach kann der Senat Folgendes feststellen: |
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| (1) Im Vordergrund steht für die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit beim Kläger eine Schädigung der peripheren Nerven beider Beine, die Störungen der Motorik und der Sensibilität hervorruft (äthyltoxisch entstandene Polyneuropathie). Diese verursacht neben einer Kraftminderung bei der Fuß- und Zehenhebung (beidseits Kraftgrad 3 bis 4) eine Bewegungsstörung (Ataxie) beim Gehen und Stehen, die eine Gang- und Standunsicherheit mit Fallneigung und Sturzangst zur Folge hat. Für den Senat ergibt sich dies aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen, vor allem den im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten Pflegegutachten und den beigezogenen Befundberichten des S, die insoweit übereinstimmen. Daneben leidet der Kläger unter wiederkehrenden depressiven Verstimmungen, wie der Senat den Pflegegutachten des MDK vom 26. Juli 2018 und 24. Oktober 2018 entnimmt. Danach besteht beim Kläger zeitweise eine gedrückte Stimmungslage mit einer gewissen Antriebsminderung und leichten Irritierbarkeit. Auch treten tagesformabhängig Konzentrationsschwierigkeiten auf. Die Diagnose einer Depression wurde (fach-)ärztlicherseits hingegen nicht gestellt und auch keine Einteilung in einen Schweregrad vorgenommen. Hierauf hat der Sachverständige N1 zutreffend hingewiesen. Ebenso ist auch das Vorliegen eines „Korsakow-Syndroms“, wie von B2 angenommen, nicht belegt. Eine solches Syndrom ist, wie der Sachverständige N1 dargelegt hat, in erster Linie durch Gedächtnis- und Merkfähigkeitsstörungen gekennzeichnet, für deren Vorliegen beim Kläger kein Anhaltspunkt besteht. Außerdem wurde ein derartiges Krankheitsbild von dem behandelnden S in den beigezogenen Untersuchungs- und Behandlungsberichten zu keinem Zeitpunkt erwähnt oder auch nur eine entsprechende Symptomatik beschrieben. Der Senat schließt sich deshalb der überzeugenden Beurteilung des Sachverständigen N1 an, dass von einem Korsakow-Syndrom beim Kläger nicht ausgegangen werden kann. Schließlich ist der rechte Daumen des Klägers als Folge eines Arbeitsunfalls verkürzt, weshalb er den Pinzettengriff mit der rechten Hand nur mühsam durchführen kann. Dies entnimmt der Senat den im Pflegegutachten des MDK vom 24. Oktober 2018 erhobenen körperlichen Befund. |
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| (2) Die festgestellten Gesundheitsstörungen bedingen Funktionsbeeinträchtigungen, die einen relevanten Pflegebedarf auslösen, allerdings nicht in dem vom Kläger geltend gemachten Umfang des Pflegegrades 2 oder 3. |
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| Nach dem Ergebnis des Verfahrens hat der Kläger aufgrund seiner gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen Unterstützungsbedarf bei den Pflegekriterien in den Bereichen Mobilität (Modul 1), kognitive und kommunikative Fähigkeiten (Modul 2), Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (Modul 3) sowie Selbstversorgung (Modul 4). Demgegenüber besteht bei der Bewältigung von und dem selbständigen Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (Modul 5) kein personeller Hilfebedarf, wie sämtliche im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten übereinstimmend ergeben haben. Auch liegen Einschränkungen bei der Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte der in Modul 6 beschriebenen Art beim Kläger nicht vor. Dies entnimmt der Senat dem Gutachten des Sachverständigen N1 und den Pflegegutachten der Pflegefachkräfte B und G. Soweit B2 den Kläger beim Sich-Beschäftigen als überwiegend selbstständig und beim Vornehmen von in die Zukunft reichender Planungen, in der Interaktion mit Personen im direkten Kontakt sowie der Kontaktpflege zu Personen außerhalb als unselbstständig eingestuft hat, hat er nicht beachtet, dass bei diesen Kriterien allein die mentale und körperliche Fähigkeit, die jeweilige Aktivität durchzuführen, zu bewerten ist (Ziff. 4.9.6. BRi). Dies folgt schon aus der gesetzlichen Grundvoraussetzung des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB XI, dass dem Hilfebedarf gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen zugrunde liegen müssen. Allein die Lebensumstände des Versicherten, mögen sie die Lebensqualität auch noch so sehr einschränken, können keinen Pflegebedarf im Sinne der sozialen Pflegeversicherung begründen. Dass sich dem Kläger keine Lebensperspektive mehr bietet, er deshalb auch keine Pläne für die Zukunft fasst, zurückgezogen lebt, kaum Kontakt mit seinem Mitbewohner pflegt und den Kontakt zu Verwandten, Bekannten und der Familie verloren hat, kann deshalb nicht in die Punktebewertung im Modul Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte einfließen. Es handelt sich dabei nicht um gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Fähigkeiten zur Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte. |
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| Die objektiv feststellbaren gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen des Klägers in den Modulen 1 bis 4 sind mit maximal 20 gewichteten Punkten zu bewerten. |
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| Im Modul 1 (Mobilität) benötigt der Kläger Hilfe beim Treppensteigen. Insoweit hat sich seine Mobilität gegenüber der Situation bei der letzten Pflegebegutachtung durch den MDK im Oktober 2018 verschlechtert, wie der Senat den Angaben des Klägers gegenüber B2 entnimmt. Denn danach ist der Kläger wegen der Treppenstufen vor dem Hauseingang nun nicht mehr in der Lage, selbständig das Haus zu verlassen. Dabei ist der Kläger beim Treppensteigen überwiegend unselbständig, da er aufgrund seiner Gehstörung Treppen nur noch mit Stützten und Festhalten durch eine Begleitperson überwinden kann. Von einer Unselbständigkeit, kann bei dem Kläger, der sich ansonsten mit dem Rollator selbständig fortbewegen kann, dagegen nicht ausgegangen werden. Denn als unselbständig sind nur Personen einzustufen, die über die Treppenstufen getragen oder mit Hilfsmitteln transportiert werden müssen und hierbei keine Eigenbeteiligung mehr leisten können (Ziff. F.4.9.1. BRi). Ein solches Ausmaß des Hilfebedarfs ist beim Kläger nicht anzunehmen, wie der Sachverständige N1 überzeugend dargelegt hat. Im Übrigen ist der Kläger in den maßgeblichen Pflegekriterien der Mobilität weiterhin selbstständig. Auch beim Hausbesuchs von B2 hat der Kläger am Rollator gehend die Haustüre geöffnet. Weitergehende Einschränkungen der Fortbewegung wurden in keinem Gutachten beschrieben. Für die Einstufung des Grades der Selbstständigkeit ist aber allein der personelle Hilfebedarf maßgeblich. Ist eine Fortbewegung innerhalb der Wohnung unter Nutzung von Hilfsmitteln ohne fremde Hilfe möglich, besteht insoweit Selbstständigkeit (Ziff. 4.9.1. BRi). Übereinstimmend mit dem Sachverständigen N1 sind im Modul Mobilität somit 2 Punkte zu berücksichtigen, was 2,5 gewichteten Punkten entspricht. |
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| Im Bereich der kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten (Modul 2) sind beim Kläger allenfalls leichte Einschränkungen beim Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen (Fähigkeit größtenteils vorhanden) festzustellen. Demgegenüber sind Anhaltspunkte für Beeinträchtigungen der Fähigkeiten zur örtlichen und zeitlichen Orientierung, zum Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen, Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben, Verstehen von Sachverhalten und Informationen, Erkennen von Risiken und Gefahren, Mitteilen von elementaren Bedürfnissen, Verstehen von Aufforderungen und Beteiligen an einem Gespräch nicht zu erkennen und auch vom Kläger nicht vorgetragen worden. Beim Kläger bestehen insbesondere keine Erkrankungen, die derartige Störungen der kognitiven oder kommunikativen Fähigkeiten erwarten ließen. Auch sprechen die Lebensumstände des Klägers gegen relevante Beeinträchtigungen im Bereich dieser Fähigkeiten. Denn der Kläger hat gegenüber B2 angegeben, für sich selbst zu sorgen und nur einmal wöchentlich Unterstützung durch Hilfskräfte zu erhalten. Auch hat er angegeben, die Grundpflege alleine durchzuführen und sich selbst um seinen Haushalt zu kümmern. Im Übrigen ist ein Betreuer nicht bestellt, vielmehr vertritt sich der Kläger auch im vorliegenden Verfahren selbst. Dabei lassen seine schriftlichen Eingaben darauf schließen, dass er sich zeitlich orientieren (etwa hinsichtlich der Einhaltung von Fristen), Entscheidungen treffen, Sachverhalte und Informationen unbeeinträchtigt verstehen und auch retrospektive Anteile erinnern kann, worauf der Sachverständige N1 zutreffend hingewiesen hat. Auch sind in keinem der Pflegegutachten kommunikative Schwierigkeiten beschrieben oder entsprechende Befunde erhoben worden. Der Senat folgt deshalb den Gutachten des Sachverständigen N1 und der Pflegefachkräfte B und G, die übereinstimmend und unter Berücksichtigung der genannten Umstände schlüssig zu dem Ergebnis gelangt sind, dass im Modul 2 maximal ein Punktwert von 1 anzusetzen ist, was keine gewichteten Punkte ergibt. |
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| Für das Modul 3 (Verhaltensweisen und psychische Problemlagen) ist ein höherer Pflegebedarf als die von N1 gewichteten 7,50 Punkte nicht festzustellen. Der Sachverständige hat dabei (maximal) 3 Einzelpunkte für das Pflegekriterium verbale Aggression und 1 Einzelpunkt für das Kriterium Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage berücksichtigt. Dies beinhaltet ein häufiges Auftreten (zweimal bis mehrmals wöchentlich, aber nicht täglich) verbaler Übergriffe sowie ein seltenes Vorkommen (ein- bis dreimal innerhalb von zwei Wochen) eines Antriebsverlusts. Eine höhere Frequenz lässt sich demgegenüber nicht objektivieren. Eine (Pflege-)Dokumentation, aus welcher die verbalen Vorfälle und die Hilfen bei Antriebslosigkeit zu ersehen wären, liegt nicht vor. Hinzu kommt, dass das Kriterium verbale Aggression nicht jede Gereiztheit und jeden verbalen Konflikt, sondern nur schwerere verbale Angriffe, wie Beschimpfungen und Bedrohungen erfasst (Ziff. 4.9.3. BRi). Ebenso fällt unter die Antriebslosigkeit nur die schwere Form der Antriebsstörung, nicht aber schon die Antriebschwäche, der Antriebsmangel oder die Antriebsarmut (Ziff. 4.9.3. BRi). Eine spezifische Erkrankung aus dem depressiven Formenkreis ist beim Kläger – wie dargestellt – nicht festgestellt. Bei den weiteren Pflegekriterien im Bereich der Verhaltensweisen und psychische Problemlagen besteht kein Pflegebedarf. Für die Bewertung ist insoweit nicht die Häufigkeit des Auftretens von Ereignissen der in den Kriterien genannten Art, sondern die Häufigkeit des hierdurch ausgelösten personellen Unterstützungsbedarfs maßgeblich (Meßling, a.a.O., § 14 Rn. 160). Verhaltensauffälligkeiten, welche ohne Relevanz für die Pflege sind, bleiben unberücksichtigt. Pathologische Ängste, die in diesem Sinn eine personelle Intervention notwendig machen (vgl. Ziff. 4.9.3 BRi), bestehen beim Kläger nicht. Derartige Ängste sind in keinem der vorliegenden medizinischen Berichte beschrieben und auch in keiner anamnestischen Erhebung der Pflegegutachten vom Kläger erwähnt worden, worauf der Sachverständige N1 zutreffend hingewiesen hat. Gleiches gilt für selbstschädigendes oder autoaggressives Verhalten. Entsprechende medizinische Diagnosen sind beim Kläger nicht gestellt und die von B2 angegebenen Kratzspuren sind kein Anzeichen für selbstschädigende Verhaltensweisen. Auch hierauf hat der Sachverständige N1 überzeugend hingewiesen. Motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten liegen beim Kläger nicht vor. Hierunter lässt sich die Gangstörung des Klägers nicht fassen, denn sie stellt keine „Verhaltensauffälligkeit“, wie etwa ein Umherirren oder eine allgemeine Rastlosigkeit o.ä. (vgl. Ziff. 4.9.3. BRi) dar, sondern ist als Einschränkung der Motorik in den Pflegebereichen 1 und 4 zu berücksichtigen, soweit durch sie ein Hilfebedarf bei bestimmten Verrichtungen entsteht (vgl. Senatsurteil vom 23. April 2021 – L 4 P 1105/20 – unveröffentlicht; Meßling, a.a.O., § 14 Rn. 168). Gleiches gilt, soweit B2 ein „Beschädigen von Gegenständen“ durch motorische Unsicherheit angenommen hat, zumal es an dem insoweit vorausgesetzten aggressiven Verhalten (vgl. Ziff. 4.9.3. BRi) fehlt. Auch dies hat der Sachverständige N1 zutreffend aufgezeigt. Eine nächtliche Unruhe tritt beim Kläger nicht auf. Gemeint sind hier nächtliches Umherirren oder nächtliche Unruhephasen bis hin zur Umkehr des Tag-Nacht-Rhythmus im Sinne von aktiv sein in der Nacht und schlafen während des Tages (Ziff. 4.9.3. BRi). Eine derartige Problemlage wird beim Kläger in den vorliegenden medizinischen Berichten und Pflegegutachten an keiner Stelle beschrieben. Dass der Kläger keinen geregelten Tag-Nacht-Rhythmus hat und schläft, wenn er müde ist, ist bei diesem Kriterium nicht zu werten, weil dies als solches keine pflegerische Relevanz hat (Meßling, a.a.O., § 14 Rn. 169). Auch in den weiteren Pflegekriterien dieses Moduls besteht kein Hilfebedarf. |
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| Im Bereich der Selbstversorgung (Modul 4) benötigt der Kläger wegen seiner Standunsicherheit mit Fallneigung punktuelle personelle Hilfe bei einzelnen Verrichtungen der Körperpflege, insbesondere beim Duschen einschließlich Haarewaschen. Ansonsten kann der Kläger die Grundpflege selbstständig durchführen. Dies entnimmt der Senat der insoweit übereinstimmenden Darstellung in den im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren eingeholten Gutachten. Weitere Hilfebedarfe ergeben sich nicht. Der Senat folgt der zutreffenden Bewertung des Sachverständigen N1. Danach ergibt sich im Modul 4 ein Pflegebedarf von 3 Einzelpunkten und damit 10 gewichteten Punkten. |
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| Insgesamt vermag der Senat aus diesen Gründen eine höhere Gesamtsumme gewichteter Punkte als 20,00 nicht festzustellen. Dies entspricht dem von der Beklagten bereits zuerkannten Pflegegrad 1. Eine wesentliche Änderung ist somit nicht eingetreten. |
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| An diesem Ergebnis ändert auch die Einschätzung des S in seinem Arztbrief vom 18. Mai 2018 nichts, wonach Pflegegrad 1 „bei weitem zu wenig“ sei. Diese Einschätzung ist für den Senat schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil sie von S nicht begründet worden ist. Mangels näherer Begründung bleibt offen, welche konkreten Gesichtspunkte die Einordnung in einen höheren Pflegegrad notwendig machen sollen. So ist nicht zu erkennen, ob S mit dem Rechtsbegriff der Pflegebedürftigkeit im Sinne von § 14 SGB XI überhaupt vertraut gewesen ist, seine Einschätzung hieran orientiert, die maßgeblichen pflegefachlich begründeten Kriterien in den zu beurteilenden Bereichen herangezogen und entsprechend der Vorgaben in § 15 Abs. 3 SGB XI gewichtet hat. Aus den von S wiedergegebenen Befunden, die sich ausschließlich auf Beeinträchtigungen der Mobilität und der Standsicherheit beziehen, ist ein Grad der Pflegebedürftigkeit im Umfang von zumindest 27 gewichteten Punkten nicht sicher herzuleiten (s.o.). |
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| Nach Aktenlage war nach allem der Pflegebedarf des Klägers – wie dargestellt – mit höchstens 20 gewichteten Punkten zu bewerten und ein höherer Grad der Pflegebedürftigkeit anhand des zu verwendenden Ableitungsinstrumentarien auch nicht indirekt zu belegen. Dies hat der Sachverständige N1 für den Senat schlüssig und nachvollziehbar herausgearbeitet. Weitergehende Beeinträchtigungen der Selbständigkeit und der Fähigkeiten, die beim Kläger zu (weiteren) berücksichtigungsfähigen Bedarfen an personeller Hilfe bei den pflegerelevanten Kriterien geführt haben könnten, sind durch den Senat nicht feststellbar. Solche Beeinträchtigungen hat der Kläger auch nicht konkret geltend gemacht. Eine weitere Beweisaufnahme etwa durch Vernehmung behandelnder Ärzte als sachverständige Zeugen scheidet aus, da sich der Kläger nach seinen eigenen Angaben seit längerem nicht mehr in ärztlicher Behandlung befindet. Die Umstände, die einen höheren Grad der Pflegebedürftigkeit begründen, müssen als anspruchsbegründende Tatsachen jedoch erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 30. April 1985 – 2 RU 43/84 – juris; LSG Bayern, Urteil vom 24. Januar 2017 – L 2 P 11/05 – juris, Rn. 21). Ist ein solcher Nachweis nicht möglich, geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 27. Juni 1991 – 2 RU 31/90 – juris). Dementsprechend hat vorliegend auch der Kläger den Nachteil daraus zu tragen, dass sich ein höheres Ausmaß der Pflegebedürftigkeit trotz der umfangreichen Sachaufklärung im Verfahren nicht nachweisen ließ. Gründe für eine Beweislastumkehr bestehen im Streitfall nicht. |
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| 5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen. Der Rechtstreit wirft insbesondere keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Zu der vom Kläger für klärungsbedürftig erachteten Frage, ob eine wirksame Pflegebegutachtung auch ohne Beteiligung von Ärzten allein durch Pflegefachkräfte durchgeführt werden kann, hat das Bundessozialgericht bereits mit Beschluss vom 24. August 2017 (B 3 P 16/17 B – juris, Rn. 9) Stellung genommen. Im Übrigen ist die Frage – wie dargelegt – seitens des Gesetzgebers mit der Neufassung des § 18 Abs. 7 Satz 1 SGB XI durch das MDK-Reformgesetz zum 1. Januar 2020 geklärt worden und im Streitfall nicht (mehr) entscheidungserheblich, nachdem das SG die ärztlichen Befunde des behandelnden Neurologen beigezogen und der Senat im Berufungsverfahren ein ärztliches Gutachten eingeholt hat. |
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