Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht (4. Senat) - L 4 B 489/07 KA ER

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 25. Juni 2007 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die vorläufige Verlängerung der Zulassung des Antragstellers spätestens mit dem 31. Dezember 2012 endet.

Die Beschwerde der Beigeladenen zu 5) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 25. Juni 2007 wird verworfen.

Der Antragsgegner und die Beigeladene zu 5) tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte.

Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1)- 4) und zu 6) und 7) im Beschwerdeverfahren sind nicht erstattungsfähig.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes (die Feststellung), über den 30. Juni 2007 hinaus zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen zu sein.

2

Der ...1939 geborene Antragsteller ist seit dem 31. Dezember 1969 als Arzt approbiert und war zunächst als angestellter Arzt im Krankenhaus beschäftigt. Während seiner Tätigkeit als Leitender Arzt der Radiologischen Abteilung im Klinikum I. von September 1979 bis zum 14. Dezember 1992 war er seit Oktober 1979 ermächtigt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Überweisungspraxis zur Durchführung folgender Leistungen: Angiographische Untersuchungen, soweit diese mittels der digitalen Subtraktionsangiographie durchgeführt werden (1.), Computertomographische Untersuchungen des Ganzkörpers einschließlich des Schädels (2.), Strahlentherapie bösartiger Tumore (3.), Hochvolttherapie bei Patienten nach endoprothetischer Versorgung (4.) sowie für die Fälle, die im Rahmen einer Ermächtigung eines am Krankenhaus I. tätigen Arztes zur Schrittmacherkontrolle und bei der Dialyse eine dringliche Röntgenaufnahme erfordern.

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Durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. Dezember 1992 (Bescheid vom 17. März 1993) wurde der Antragsteller als Arzt für Radiologie und Arzt für Nuklearmedizin für I. zugelassen. Der Widerspruch der Beigeladenen zu 5) gegen den Zulassungsbeschluss wurde mit Beschluss des Antragsgegners vom 21. Juni 1993 (Bescheid vom 26. Juli 1993) zurückgewiesen, die hiergegen erhobene Klage mit Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 6. Oktober 1994 (S 8a Ka 104/93) abgewiesen. Nach Rücknahme der Berufung (L 6 Ka 68/94) durch die Beigeladene zu 5) am 6. April 1995 wurde die Zulassung rechtskräftig.

4

Mit Schreiben vom 27. April 1995 erteilte die Beigeladene zu 5) (Finanzbuchhaltung) dem Antragsteller eine Honorarabrechnung für die Quartale bis III/94 in Höhe der Differenz zwischen den von ihm im Rahmen der Ermächtigung abgerechneten Honoraren und den Honoraren, die er als Vertragsarzt hätte abrechnen können; die beiliegende Abrechnung für das Quartal IV/94 habe nur die vertragsärztliche Tätigkeit zur Grundlage.

5

Zum 30. September 2001 verzichtete der Antragsteller auf die Zulassung als Radiologe. Seit dem 1. Januar 2006 übt er seine vertragsärztliche Tätigkeit im Rahmen des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) I. aus.

6

Mit Beschluss vom 29. November 2006 verlängerte der Zulassungsausschuss auf den am 2. Juli 2006 gestellten Antrag die Zulassung des Antragstellers als Facharzt für Nuklearmedizin in I. über das 68. Lebensjahr hinaus gemäß § 95 Abs. 7 SGB V bis zum 31. Dezember 2012. Zur Begründung führte er aus, aufgrund fehlender, da bereits vernichteter Unterlagen seien der genaue Umfang der Tätigkeit des Antragstellers im Rahmen seiner Ermächtigung nicht mehr ermittelbar und eine volle vertragsärztliche Tätigkeit hierbei nicht nachweisbar. Damit sei die Frist von 20 Jahren (§ 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V) auf das Datum der Niederlassung am 15. Dezember 1992 hin zu berechnen.

7

Gegen diesen Beschluss erhob die Beigeladene zu 5) Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, es sei nicht berücksichtigt worden, dass der Antragsteller in sehr umfassendem Umfang ermächtigt gewesen sei, dies schon aufgrund der Computertomographie. Zudem habe er seine Ermächtigung quasi in die Zulassung überführt, weshalb anzunehmen sei, dass er zuvor im Wesentlichen die gleichen Leistungen erbracht habe. Zudem sei eine Verlängerung der Zulassung auch nicht zum Ausgleich wirtschaftlicher Härten geboten, weil die Investitionen des Antragstellers wegen der Niederlassung an dem Krankenhaus, an dem er zuvor tätig gewesen sei, nicht erheblich gewesen seien.

8

Mit Schreiben vom 16. April 2007 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, dass er in der Sitzung vom 12. April 2007 den Beschluss des Zulassungsausschusses aufgehoben habe. Der Antrag auf Verlängerung der Zulassung sei abgelehnt worden, als Zulassungsende sei der 30. Juni 2007 festgestellt worden. Ein rechtsmittelfähiger Bescheid hierüber werde erst später übersandt werden können.

9

Am 11. Mai 2007 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht Kiel vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Ein Anordnungsgrund sei wegen der drohenden Existenzvernichtung bei Praxiseinstellung zum streitigen bisherigen Zulassungsende vor rechtskräftiger Klärung im Hauptsacheverfahren gegeben. Der Anordnungsanspruch folge einerseits aus der Neuregelung des § 95 Abs. 7 Satz 8 SGB V. Die genannte Regelung sei nicht nur bei Feststellung der Unterversorgung, sondern erst recht bei fehlender Bedarfsplanung anzuwenden; Nuklearmediziner unterlägen nicht der Bedarfsplanung. Andererseits folge sein Verlängerungsanspruch auch aus § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V. Er sei im Sinne dieser Vorschrift noch nicht 20 Jahre als Vertragsarzt tätig und vor dem 1. Januar 1993 zugelassen gewesen. Er sei am 9. Dezember 1992 wirksam zugelassen worden und habe seine vertragsärztliche Tätigkeit auch aufgenommen. Die erfolglose Anfechtung der Zulassung mit dem Ende des Rechtsstreits am 6. April 1995 durch Rücknahme der Berufung ändere nichts an der wirksamen Erteilung der Zulassung bereits 1992. Der Ermächtigungszeitraum sei nicht auf den Zeitraum der vertragsärztlichen Tätigkeit anzurechnen. Sein Tätigkeitsschwerpunkt sei die Tätigkeit im Krankenhaus gewesen; die Ermächtigung sei nur zur Erbringung einzelner Leistungen im Rahmen einer Nebentätigkeitsgenehmigung erfolgt. Die ihm nach Eintritt der Rechtskraft der Zulassung erteilte Honorarabrechnung (Schreiben der Finanzbuchhaltung der Beigeladenen zu 5) vom 27. April 1995) belege, dass zwischen dem im Rahmen der Ermächtigung und dem im Rahmen der Zulassung erreichten Honorar große Lücken klafften.

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Der Antragsteller hat beantragt,

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ihm im Wege einer vorläufigen Regelung zu gestatten, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Hauptsacheverfahrens seine vertragsärztliche Tätigkeit über den 30. Juni 2007 hinaus fortzusetzen.

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Der Antragsgegner hat beantragt,

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den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.

14

Der Antragsteller sei nicht vor dem 1. Januar 1993 zugelassen gewesen, sondern erst mit Rechtskraft des Zulassungsbeschlusses am 6. April 1995. Da für Nuklearmediziner die Bedarfsplanungsrichtlinien nicht gelten würden, sei die nur auf bedarfsabhängig zuzulassende Fachärzte abstellende Ausnahmevorschrift § 95 Abs. 7 Sätze 8, 9 SGB V auf ihn nicht anwendbar.

15

In dem Bescheid des Antragsgegners vom 4. Juni 2007 zu dem Beschluss vom 12. April 2007 ist zur Begründung dargelegt: Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Zulassung nach § 95 Abs. 7 SGB V lägen nicht vor. Es sei zwar nicht festzustellen, dass der Antragsteller bereits 20 Jahre als Vertragsarzt tätig gewesen sei. Die Beschreibung des Ermächtigungsumfanges und die Höhe der gezahlten Honorare sprächen gegen die Annahme einer Tätigkeit vergleichbar der eines zugelassenen Vertragsarztes. Der Antragsteller sei jedoch nicht bereits vor dem 1. Januar 1993 zugelassen gewesen, sondern erst mit dem Bescheid des Berufungsausschusses vom 26. Juli 1993. Dieser sei an die Stelle des angefochtenen Bescheides des Zulassungsausschusses getreten und alleiniger Gegenstand des Klageverfahrens bei dem Sozialgericht Kiel gewesen. Mithin sei (erst) durch diesen Bescheid endgültig über das Zulassungsbegehren des Antragstellers entschieden worden, nachdem das Urteil des Sozialgerichts Kiel durch Rücknahme der dagegen gerichteten Berufung rechtmäßig geworden sei. Die Zulassung des Antragstellers sei daher am 21. Juni 1993 erfolgt.

16

Der Antragsteller hat gegen diesen Bescheid am 15. Juni 2007 Klage erhoben (S 16 KA 85/07).

17

Das Sozialgericht hat durch Beschluss vom 25. Juni 2007 den Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig bis zur endgültigen Entscheidung in der Hauptsache eine vertragsärztliche Zulassung über den 30. Juni 2007 hinaus zu erteilen. Der Antrag sei gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1, 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Nach Aufhebung des Beschlusses des Zulassungsausschusses durch den Antragsgegner benötige der Antragsteller einen positiven Ausspruch über die Verlängerung seiner Zulassung, für den er einstweiligen Rechtsschutz nur über eine einstweilige Anordnung erreichen könne. Die Zulässigkeit eines Antrages schon vor Klageerhebung folge ausdrücklich aus § 86b Abs. 3 SGG.

18

Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sei Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliege (sog. Anordnungsanspruch), welches ohne Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, so dass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht mehr in der Lage wäre (sog. Anordnungsgrund). Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung lägen diese Voraussetzungen vor. Die Anforderungen an die richterliche Wahrheits- und Rechtsprüfung seien dabei gegenüber der Hauptsacheentscheidung herabgesetzt, so dass keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit notwendig sei. Dabei bestehe zwischen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund eine Beziehung. Sei ein Anordnungsanspruch offensichtlich gegeben, also der angefochtene Bescheid offensichtlich rechtswidrig, seien nur geringe Anforderungen an den Anordnungsgrund zu stellen. Lasse sich das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs im Rahmen einer summarischen Prüfung nicht mit Wahrscheinlichkeit klären, sondern sei das Hauptsacheverfahren offen, schließe selbst dies eine vorläufige Regelung nicht von vornherein aus; es seien dann jedoch strengere Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu stellen. Nach dieser summarischen Prüfung bestehe mit Wahrscheinlichkeit ein Anordnungsanspruch. Nach § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V in der Fassung durch Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung des Vertragsarztrechts ende ab dem 1. Januar 1999 die Zulassung eines Vertragsarztes zur vertragsärztlichen Versorgung am Ende des Kalendervierteljahres, in dem der Vertragsarzt sein 68. Lebensjahr vollende. Damit ende kraft Gesetzes die Zulassung des Antragstellers zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung angesichts der Vollendung des 68. Lebensjahres am 3. April 2007 mit Quartalsende zum 30. Juni 2007. Die Regelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V über die Altersgrenze in der vertragsärztlichen Versorgung sei nicht grundsätzlich rechtswidrig (unter Hinweis auf z. B. BSG, Beschl. v. 27. April 2005 - B 6 KA 38/04 B; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urt. v. 31. Januar 2006, L 4 KA 3/04; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht Beschl. v. 25. Mai 2007 - L 4 B 406/07 KA ER).

19

Es sei nicht ausgeschlossen, sondern sogar eher wahrscheinlich, dass die Voraussetzungen für den Ausspruch einer Verlängerung der Zulassung des Antragstellers vorlägen. Dies folge zunächst aus § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V. Sei der Vertragsarzt danach zum Zeitpunkt der Vollendung des achtundsechzigsten Lebensjahres weniger als zwanzig Jahre als Vertragsarzt tätig (Ziff. 1) und vor dem 1. Januar 1993 bereits als Vertragsarzt zugelassen (Ziff. 2), so verlängere der Zulassungsausschuss die Zulassung längstens bis zum Ablauf dieser Frist. Das Gericht teile die Auffassung des Zulassungsausschusses, dass der Antragsteller in diesem Sinne noch nicht zwanzig Jahre zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen gewesen sei. Die von ihm im Zeitraum von 1979 bis 1992 im Rahmen einer Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Überweisungspraxis für einzelne Leistungen ausgeübte Tätigkeit, während er zugleich als Leitender Arzt der Radiologischen Abteilung des Klinikums I. beschäftigt gewesen sei, führe zu keiner anderen Beurteilung. Zwar seien grundsätzlich im Zusammenhang mit der Berechnung des 20-Jahres-Zeitraumes solche Zeiten anzurechnen, in denen Ärzte aufgrund einer Ermächtigung in niedergelassener Praxis mit voller Arbeitskraft versicherte Kassenpatienten hätten behandeln können (unter Hinweis auf BSG, Urt. v. 21. September 2001 - B 6 KA 45/00 R). Bei dem Antragsteller sei jedoch schon insoweit eine andere Konstellation anzunehmen, als er die Haupttätigkeit als Klinikarzt ausgeübt habe und er gerade nicht mit voller Arbeitskraft im Rahmen der Ermächtigung habe tätig sein können. Dies sei trotz der zwischenzeitlich vernichteten Unterlagen über die Abrechnungen der ermächtigten Tätigkeit anzunehmen, allein abzuleiten aus dem unstreitig bestehenden Beschäftigungsverhältnis zur Klinik. Jedenfalls sei dem Antragsteller eine volle vertragsärztliche Tätigkeit mit der Verpflichtung zur Anrechnung nicht nachweisbar, wie es auch der Zulassungsausschuss feststellt habe. Dieser Ansicht habe sich letztlich auch der Antragsgegner angeschlossen. Nach summarischer Prüfung sei weiterhin mit Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass der Antragsteller bereits vor dem 1. Januar 1993 zugelassen gewesen sei. Er sei durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 9. Dezember 1992 als Facharzt für Radiologie und Nuklearmedizin für I. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen worden und habe seine vertragsärztliche Tätigkeit zum 15. Dezember 1992 aufgenommen. In dieser Konstellation sei es nach summarischer Prüfung nicht zwingend, auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Zulassung erst durch Rücknahme der Berufung am 6. April 1995 abzustellen, sondern auf den Zulassungsbeschluss noch im Jahr 1992. Die Zulassung sei dem Antragsteller, wie er zu Recht ausgeführt habe, am 9. Dezember 1992 wirksam erteilt worden. Die Anfechtung durch die Widerspruchseinlegung bewirke lediglich eine Hemmung der Vollziehbarkeit, nicht jedoch der Wirksamkeit der Zulassung (unter Hinweis auf Schallen, § 44 Zulassungsverordnung Rn. 1391 m. w. N.). Entscheidend sei jedoch, dass es im Rahmen des § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V für die Frage einer Verlängerung der Zulassung nicht auf den Zeitpunkt der Bestandskraft der Zulassungsentscheidung ankommen müsse. Die zum Wirksamwerden bzw. dem Wirksamkeitszeitpunkt einer Zulassung ergangenen Entscheidungen hätten diese Frage jeweils im Hinblick auf rückwirkend ausstehende Vergütungen für im Schwebezeitraum erbrachte vertragsärztliche Leistungen zu entscheiden gehabt. Hierfür sei sicherlich die Frage einer (Rück-)Wirkung einer Zulassung als statusbegründender Maßnahme entscheidungserheblich und damit zu klären (unter Hinweis auf z. B. BSG, Urt. v. 28. Januar 1998 - B 6 KA 41/96 R). Hierauf müsse es jedoch in diesem Regelungszusammenhang der Verlängerung einer Zulassung nicht notwendig ankommen.

20

Nach summarischer Überprüfung halte das Gericht auch die Anwendung des § 95 Abs. 7 Satz 8 SGB V auf diese Fallkonstellation für naheliegend. Nach dieser Neuregelung gelte § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V nicht, wenn der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 100 Abs. 1 Satz 1 SGB V festgestellt habe, dass in einem bestimmten Gebiet eines Zulassungsbezirks eine ärztliche Unterversorgung eingetreten sei oder unmittelbar drohe. Zwar sei hier keine Unterversorgung in diesem Sinne festgestellt worden. Jedoch könne diese Regelung nicht nur auf Fälle der festgestellten Unterversorgung, sondern zumindest dem darin enthaltenen Rechtsgedanken nach auch auf die Fälle fehlender Bedarfsplanung angewendet werden. Insbesondere ein mit der Einführung der Altersgrenze verfolgter Zweck, nämlich in überversorgten, und damit für die Neuzulassung gesperrten Planungsbereichen Niederlassungschancen für jüngere Ärzte schaffen zu wollen, spreche für eine Ausdehnung der Neuregelung auch auf die der Bedarfsplanung nicht unterliegende Arztgruppe der Nuklearmediziner, da diese für eine Neuzulassung nicht der Beendigung der Tätigkeit durch ältere Vertragsärzte und damit eines Freimachens von Vertragsarztsitzen bedürften. Ein Anordnungsgrund liege offensichtlich vor, so dass auch die Anforderungen an den noch im Hauptsacheverfahren letztlich zu überprüfenden Anordnungsanspruch geringer seien. Das Gericht sei davon überzeugt, dass bei einer Schließung der vertragsärztlichen Praxis des Antragstellers zum Quartalsende am 30. Juni 2007 bis zu einer endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren der Antragsteller die wirtschaftliche Existenzgrundlage verlieren würde. Die bis dahin der Praxis verbundenen Patienten und zuweisenden Ärzte würden sich zwischenzeitlich anderweitig orientieren. Würde er im Hauptsacheverfahren letztlich obsiegen, liefe sein Rechtsschutz möglicherweise ins Leere. Darin seien schwere, unzumutbare, im Hauptsacheverfahren nicht mehr behebbare Nachteile zu sehen. Demgegenüber erscheine es hinnehmbar, dem Antragsteller durch einstweilige Gewährung einer Zulassung über die Altersgrenze hinaus die vertragsärztliche Tätigkeit unter Aufrechterhaltung seiner Praxis weiter bis zur endgültigen Klärung zu ermöglichen, selbst wenn sich im Hauptsacheverfahren ein Anspruch auf Verlängerung der Zulassung nicht ergeben sollte.

21

Gegen den ihm - ausweislich des Empfangsbekenntnisses - am 5. Juli 2007 zugestellten Beschluss haben der Antragsgegner am 4. Juli 2007 und die - mit Beschluss des Senats vom 19. Juli 2007 - Beigeladene zu 5) am 11. Juli 2007 Beschwerde eingelegt. Der Antragsgegner trägt im Wesentlichen vor: Das Ende der Zulassung eines 68-jährigen Arztes trete nach § 95 Abs. 7 SGB V kraft Gesetzes ein. Nicht einmal eine gegen den Feststellungsbescheid erhobene Klage habe aufschiebende Wirkung. Danach sei es höchst zweifelhaft, ob der Anordnungsantrag vor Bescheidzustellung und vor Klagerhebung zulässig sei. Materiell könne die auf § 86b Abs. 2 SGG gestützte Regelungsanordnung keinen Bestand haben, weil auch bei einer nur summarischen Prüfung der Erfolgsaussichten einer Klage das Gericht die seiner Ansicht nach offenen Rechtsfragen zu entscheiden habe. Daran fehle es im Zusammenhang mit den Erwägungen zum Zeitpunkt der Zulassung des Antragsstellers. Denn da die Zulassung statusbegründend sei, keine Rückwirkung entfalte und bis zur Rechtsmittelrücknahme unwirksam gewesen sei, sei es systemwidrig, von einer Zulassung durch den Beschluss des Zulassungsausschusses auszugehen. Das habe richtig auch der Antragssteller so gesehen; seine Tätigkeit nach dem 9. Dezember 1992 habe allein auf der Ermächtigung beruht. Die Annahme, der Antragssteller sei bereits seit dem 9. Dezember 1992 zugelassen gewesen, scheitere auch daran, dass die Beschlüsse der Zulassungsausschüsse zu begründen und zuzustellen seien, als Verwaltungsakte daher nicht mit der Verkündung, sondern zu einem späteren Zeitpunkt Wirkung entfalteten. Die summarische Prüfung des Geltungsbereichs des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V dürfte einer Nachprüfung nicht standhalten. Die von dem Antragssteller angestellten Erwägungen zur Auslegung des § 95 Abs. 7 SGB V hätten das Bestehen einer Gesetzeslücke zur Voraussetzung. Anhaltspunkte hierfür seien nicht ersichtlich. Vielmehr ergebe sich aus der in der Rechtsprechung anerkannten Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V, dass dieser als Obersatz zu lesen sei und die Regelungen des Satzes 4 eine Ausnahmevorschrift darstellten - genauso wie die des Satzes 8. Werde dort für die an sich nicht gewollte Verlängerung der Tätigkeit eines Vertragsarztes über das 68. Lebensjahr hinaus auf eine Unterversorgung abgestellt und ausdrücklich normiert, dass die Feststellung der (drohenden) Unterversorgung durch den Landesausschuss zu erfolgen habe, vertrage es sich nicht mit dem Wortlaut und noch weniger mit dem Ausnahmecharakter der Regelung anzunehmen, für Arztgruppen, die nicht der Bedarfsplanung unterlägen, gebe es keine wie auch immer geartete Altersgrenze. Denn es wäre die logische Konsequenz, dass für diese Arztgruppen immer eine Unterversorgung bestünde. Damit vermenge der angefochtene Beschluss den Unterschied zwischen einer Unterversorgung und einer nicht (mehr) bestehenden Zulassungssperre in einem Planungsbereich. Dass die Auffassung der Kammer nicht zutreffen könne, folge bereits aus der Intention des Gesetzes, durch die Altersgrenze " ... im Bereich der niedergelassenen Ärzte durch den Generationenwechsel eine Versorgung nach dem Stand der aktuellen medizinischen Erkenntnisse" zu gewährleisten (BSG v. 12. September 2001 - B 6 KA 45/00 R - SozR 3-2500 § 95 Nr. 32).

22

Nach den von der Kammer angestellten Wahrscheinlichkeitserwägungen solle der Anordnungsanspruch sich aus einer doppelten Wahrscheinlichkeitsannahme ergeben. Das minimiere nach den Gesetzen der Logik die Wahrscheinlichkeit auf unter 50 %. Es liege auch kein Anordnungsgrund vor. Die wirtschaftliche Existenz eines 68-jährigen Arztes sei gewährleistet durch die bis zu diesem Zeitpunkt erworbenen Versorgungsansprüche und/oder das angesammelte Vermögen. Die Versorgung der Versicherten sei gewährleistet durch einen anderen in I. niedergelassenen Nuklearmediziner. Dieser könne unschwer auch die Patienten des Antragstellers mit übernehmen, praktiziere er doch unter der identischen Postanschrift R. in I..

23

Die Beigeladene zu 5) vertritt mit im Wesentlichen identischen Erwägungen ebenfalls die Auffassung, die Voraussetzungen der Ausnahmetatbestände des § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V lägen nicht vor.

24

Der Antragsgegner und die Beigeladene zu 5) beantragen,

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den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 25. Juni 2007 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.

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Der Antragsgegner beantragt darüber hinaus hilfsweise,

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den Erlass der einstweiligen Anordnung von einer Sicherheitsleistung gemäß §§ 938, 921 ZPO in Höhe der Honoraransprüche abhängig zu machen.

28

Der Antragsteller beantragt,

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die Beschwerden zurückzuweisen.

30

Aus der Rechtsnatur der Zulassung als eines Statusaktes folge, dass diese bei Anfechtung zunächst schwebend unwirksam sei, so dass keine Rechte aus ihr gezogen werden könnten. Ihre Wirksamkeit sei davon aber nicht betroffen; insoweit bezieht sich der Antragsteller auf sein bisheriges Vorbringen. Auch die Ausführungen des Antragsgegners zur Bekanntgabe der Zulassung seien falsch. Wirksam werde ein Beschluss regelmäßig dann, wenn er dem Betroffenen bekannt gegeben worden sei. Sei in der Zulassungsverordnung vorgesehen, dass der Bescheid mit Gründen versehen zuzustellen sei, so vermöge die nur mündliche Bekanntgabe des Beschlusses möglicherweise keine Anfechtungsfristen in Lauf zu setzen (dies schon wegen der fehlenden Rechtsbehelfsbelehrung), die Wirksamkeit des Beschlusses werde davon aber nicht berührt. Weiter verkenne der Antragsgegner die Ausnahmeregelung in § 95 Abs. 7 Satz 8 SGB V. Im Kasseler Kommentar zu § 95 SGB V sei u. a. dargelegt, die Altersgrenze für Vertragsärzte sei im unmittelbaren Zusammenhang mit den bereits am 1. Februar 1993 wesentlich verschärften Zulassungsbeschränkungen und der ab 1. Januar 1999 vorgesehenen Bedarfsplanung zu beurteilen. Hiernach greife die Altersgrenze für ihn deswegen nicht, weil sein Fachgebiet Nuklearmedizin insgesamt bundesweit von so wenigen Ärzten ausgeübt werde, dass keine Bedarfsplanung stattfinde. Damit sei die Funktion der Altersgrenze, jungen Ärzten den Zugang zum System trotz verhängter Zulassungssperren zu ermöglichen, obsolet. Eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung für eine andere Interpretation sei nicht ersichtlich. Der auf Sicherheitsleistungen bezogene Antrag scheitere bereits daran, dass die Regelung der Zivilprozessordnung zu Arrest und Einstweiliger Verfügung im Rahmen des SGG wegen der grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten nicht anwendbar seien. Dem Antragsgegner stünden auch keine Rechte an woraus auch immer resultierenden Honoraransprüchen zu, die er vereiteln könnte. Ob die Rechtsprechung zur Rückabwicklung von Honoraransprüchen auf den vorliegenden Fall überhaupt übertragbar sei, könne offen bleiben. Wenn der Antragsgegner in der Beschwerdebegründung auf seine vermeintlich erworbenen Versorgungsansprüche bzw. das angesammelte Vermögen hinweise, um so seine Existenzgefährdung zu bestreiten, bestehe zudem nicht die Gefahr, dass er zur Honorarrückzahlung ggf. nicht in der Lage wäre.

31

Der Senat hat die Beigeladene zu 5) um Erläuterung des Schreibens ihrer Finanzbuchhaltung vom 27. April 1995 gebeten. Die Beigeladene zu 5) hat mit Schreiben vom 12. September 2007 dargelegt, es seien dort keine Unterlagen mehr vorhanden, anhand derer die seinerzeitige Auszahlung noch nachvollzogen werden könnte.

32

Die den Antragsteller betreffenden Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung des Senats gewesen. Hierauf sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

II.

33

Die Beschwerde der Beigeladenen zu 5) ist unzulässig. Ihre - notwendige - Beiladung ist erst während des Beschwerdeverfahrens mit dem Beschluss des Senats vom 19. Juli 2007 erfolgt. Rechtsmittelbefugt ist jedoch nur ein bereits in der Vorinstanz an dem Verfahren Beteiligter. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass ein Dritter auch dann nicht rechtsmittelbefugt ist, wenn er notwendig beizuladen gewesen wäre (s. Meyer-Ladewig in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, vor § 143 Rdnr. 4a; Littmann in: Lüdtke, SGG, 2. Aufl. 2006, § 75 Rdnr. 14; Ulmer in: Hennig, SGG, § 75 Rdnr. 34; Kopp/Schenke, VwGO, 14 Aufl. 2005, § 146 Rdnr. 8; Meyer-Ladewig/Rudisile in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 146 Rdnr. 4 und Vorb § 124 Rdnr. 38; Redeker/von Oertzen, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 124 Rdnr. 1; BSG, Beschl. v. 4. Juni 2002 - B 12 KR 36/01 B -, zitiert nach juris; BVerwG, Urt. v. 6. Juni 2002 - 4 CN 4.01 -, zitiert nach juris; BVerwG, Beschl. v. 4. April 2000 - 7 B 190/99 -, zitiert nach juris).

34

Die Beschwerde des Antragsgegners ist statthaft (§ 172 Abs. 1 SGG) und fristgerecht (§ 173 SGG) eingelegt worden, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat dem Eilantrag des Antragstellers zu Recht stattgegeben.

35

Hinsichtlich der prozessualen und der materiell-rechtlichen Grundlagen der begehrten Eilentscheidung wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen, in dem diese zutreffend dargelegt sind (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 95 Abs. 7 Satz 7 SGB V die Anstellung von Ärzten in einem zugelassenen medizinischen Versorgungszentrum am Ende des Kalendervierteljahres endet, in dem diese ihr 68. Lebensjahr vollenden; Sätze 8 und 9 gelten entsprechend; in den Fällen des § 103 Abs. 4a Satz 1 gelten die Sätze 3 bis 5 entsprechend. Der Senat geht davon aus, dass diese Voraussetzungen hier vorliegen; insbesondere, dass der Antragsteller seinen Vertragsarztsitz in das MVZ eingebracht hat. Der Senat folgt dem Sozialgericht auch dahingehend, dass sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund bestehen. Dabei sind ergänzend die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in Fällen zu berücksichtigen, in denen die Hauptsache in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ganz oder teilweise vorweggenommen wird, d. h. im Falle einer Ablehnung einstweiligen Rechtsschutzes dem Antragsteller ein endgültiger Rechtsverlust droht, auch wenn er im Hauptsacheverfahren obsiegen sollte. Sollte das Hauptsacheverfahren ergeben, dass der Antragsteller ein Recht auf Zulassung auch über die Vollendung des 68. Lebensjahres hinaus hat, wäre dieses Recht jedenfalls für die Dauer des Hauptsacheverfahrens, sehr wahrscheinlich aber insgesamt entwertet, da nicht davon auszugehen ist, dass die Praxis aufrecht erhalten bzw. dem Antragsteller seine Tätigkeit im Rahmen des MVZ für die unbestimmte Dauer des Hauptsacheverfahrens erhalten werden kann. In Fällen, in denen ein endgültiger Rechtsverlust droht, ist nach der Rechtsprechung des BVerfG entweder eine umfassende, d. h. eine nicht nur summarische Beurteilung der Sach- und Rechtslage oder, sofern diese zum Zeitpunkt der Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutz nicht möglich ist, eine umfassende Rechtsfolgenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25. Mai 2001 - 1 BvR 848/01; Beschl. v. 12. Dezember 2001 - 1 BvR 1571/00; Beschl. v. 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05, jeweils u. a. veröffentlicht in juris).

36

In Anwendung dieser Grundsätze entscheidet der Senat hier vor allem aufgrund einer Interessenabwägung. Eine abschließende Würdigung der Sach- und Rechtslage erscheint aus den noch darzulegenden Erwägungen im Verfahren vorläufigen Rechtschutzes hier nicht möglich bzw. nicht angezeigt; der Ausgang des Rechtsstreits ist vielmehr als offen zu beurteilen.

37

Dies ergibt sich, wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, allerdings nicht bereits aus Zweifeln an der grundsätzlichen Vereinbarkeit der Regelung über die Altergrenze für Vertragsärzte mit verfassungsrechtlichen bzw. EU-rechtlichen Regelungen. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf sein Urteil vom 31. Januar 2006 (- L 4 KA 3/04 -) und seinen Beschluss vom 25. Mai 2007 (- L 4 B 406/07 KA ER -) (beide veröffentlicht in juris, jeweils m. w. N.).

38

Der Ausgang des Rechtsstreits ist jedoch - jedenfalls - offen, soweit über das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes des § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V gestritten wird. Dabei ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Vollendung des 68. Lebensjahres weniger als 20 Jahre als Vertragsarzt tätig war (§ 95 Abs. 7 Satz 4 Nr. 1 SGB V). Diese Annahme sowohl des Zulassungsausschusses als auch des Antragsgegners wird im Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bestätigen sein. Die dem Antragsteller vor der Zulassung erteilte Ermächtigung war vom Umfang her so eingeschränkt, dass die Voraussetzungen für die Anrechnung dieser Zeiträume auf den 20-Jahres-Zeitraum in Anwendung der vom BSG in dem Urteil vom 12. September 2001 (- B 6 KA 45/00 R - SozR 3-2500 § 95 Nr. 32) entwickelten Grundsätze nicht möglich sein dürfte. Neben den bereits von dem Sozialgericht gewürdigten Umständen ist dabei zu berücksichtigen, dass das BSG in dem genannten Urteil auf die besondere Form der Ermächtigung gemäß § 10 Abs. 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 5 Nr. 3 Arzt-/Ersatzkassenvertrag (EKV-Ä) jeweils in der damals geltenden Fassung hingewiesen hat, die der Tätigkeit des dortigen Klägers zugrunde gelegen habe, mit der Möglichkeit der Erbringung ausschließlich von Leistungen eines bestimmten Teilbereichs der jeweiligen fachärztlichen Tätigkeit (im konkreten Fall Leistungen der tiefenpsychologisch fundierten und/oder der analytischen Psychotherapie) dies jedoch in Vollzeittätigkeit als niedergelassener Arzt in eigener Praxis. Eine solche Konstellation der Ermächtigung war hier nicht gegeben.

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Schwieriger zu beurteilen ist die Frage, ob der Antragsteller „vor dem 1. 1. 1993 bereits als Vertragsarzt zugelassen“ (Nr. 2) war. Zwar war er mangels Anordnung des Sofortvollzuges des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 9. Dezember 1992 und des Beschlusses des Berufungsausschusses vom 21. Juni 1993 grundsätzlich nicht berechtigt, während des Widerspruchs- sowie des Klage- und Berufungsverfahrens über die Rechtmäßigkeit der Zulassung über seine fortbestehende Ermächtigung hinaus vertragsärztlich tätig zu sein und abzurechnen. Dieses Recht entstand vielmehr erst - ex nunc - mit dem Eintritt der Bestandskraft des Zulassungsbescheides (vgl. BSG Urt. v. 8. Januar 1998 - B 6 KA 41/96 R - SozR 3-1500 § 97 Nr. 3). Diese von dem Sozialgericht zutreffend zitierte Entscheidung beantwortet jedoch nicht unmittelbar die Frage, auf welchen Zeitpunkt im Rahmen des § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V abzustellen ist. Der Wortlaut der Vorschrift lässt vielmehr auch eine dahingehende Auslegung zu, dass es auf den Zeitpunkt des Zulassungsbeschlusses ankommt. Dafür könnte auch der Sinn und Zweck der Vorschrift sprechen. Es handelt sich erkennbar um eine Übergangsregelung im Zusammenhang mit der Einführung der Altersgrenze für Vertragsärzte durch Gesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2266) in § 95 Abs. 7 Satz 3 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 1993, mit der auch die Ausnahme in Satz 4 eingefügt wurde. Damit sollte Ärzten im fortgeschrittenen Alter, die erst vor Kurzem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen worden waren - gedacht war hier insbesondere an Ärzte aus den neuen Bundesländern - die Möglichkeit gegeben werden, sich durch ihre vertragsärztliche Tätigkeit eine Existenzgrundlage zu schaffen und eingegangenen finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Dass sich die für die vertragsärztliche Tätigkeit, d. h. die für die Ausnutzung einer vor dem 1. Januar 1993 beantragten und auch erteilten Zulassung bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres faktisch zur Verfügung stehende Zeitspanne durch einen Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit der Zulassung noch verkürzt, könnte ein Argument für eine Auslegung des § 95 Abs. 7 Abs. 4 SGB V dahingehend sein, dass es auf den Zulassungsbeschluss bzw. ggf. einen darin bestimmten Zulassungszeitpunkt ankommt. Dass die Beurteilung im Rahmen des § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V nicht unbedingt derjenigen in Fragen der Honorierung während des „Schwebezustandes“ erbrachter Leistungen entsprechen muss, ergibt sich auch aus dem Urteil des BSG vom 12. September 2001 (- B 6 KA 90/00 R - SozR 3-5520 § 25 Nr. 5) betreffend die Zulassung „bis zur Vollendung des 55. Lebensjahres“. Hier hat das BSG im Ergebnis auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt. Es handelt sich demnach insoweit um eine Auslegungsfrage, die, soweit ersichtlich, bisher höchstrichterlich nicht entschieden ist und dem Senat Anlass geben könnte, in der Hauptsache die Revision zuzulassen. Es kommt als Besonderheit des Falles hinzu, dass der Antragsteller offenbar faktisch bereits vor dem 1. Januar 1993 über die Ermächtigung hinaus im Umfang der Zulassung als Vertragsarzt tätig war und von der Beigeladenen zu 5) auch entsprechende Honorare erhielt. Der Antragsteller selbst hat - unwidersprochen - vorgetragen, bereits seit dem 15. Dezember 1992 als niedergelassener Vertragsarzt tätig gewesen zu sein. Das Schreiben der Finanzbuchhaltung der Beigeladenen zu 5) vom 27. April 1995 weist auf eine entsprechende Neuberechnung der Honorare des Antragstellers nach dem für den Antragsteller erfolgreichen Abschluss des Gerichtsverfahrens über die Zulassung hin. In der Betreffzeile des Schreibens heißt es „Honorarabrechnung ab dem 4. Quartal 1992 (15.12.1992)“. Auch der weitere Inhalt des Schreibens, wonach dem Antragsteller bis zum Abrechnungsquartal III/94 vorerst nur die Honorare aus der Ermächtigung gutgeschrieben bzw. überwiesen und die darüber hinausgehenden Honorare, die er als Vertragsarzt hätte abrechnen können, einbehalten worden seien, lässt sich kaum anders interpretieren. Da die Beigeladene zu 5) der dahingehenden Interpretation des Schreibens durch den Senat nicht widersprochen sondern lediglich dargelegt hat, die seinerzeitige Auszahlung mangels Unterlagen nicht mehr nachvollziehen zu können, legt der Senat sie für das Verfahren einstweiligen Rechtschutzes zugrunde. Würde sich diese Annahme im Hauptsacheverfahren bestätigen, wäre der Antragsteller - möglicherweise sogar aufgrund einer entsprechenden vorherigen Absprache mit der Beigeladenen zu 5) - faktisch ebenso gestellt gewesen, wie wenn er über eine einstweilige Anordnung das Recht erhalten hätte, auch während des laufenden Widerspruchs-/Gerichtsverfahrens vorläufig im Rahmen der Zulassung tätig zu sein und abzurechnen. In diesem Fall dürfte, unabhängig von der Auslegung der Stichtagsregelung in § 95 Abs. 7 Satz 4 SGB V im Übrigen, deutlich mehr dafür als dagegen sprechen, für die Frage, ob der Antragsteller vor dem 1. Januar 1993 als Vertragsarzt zugelassen war, auf den Zeitpunkt der faktischen Tätigkeitsaufnahme im Rahmen der Zulassung abzustellen.

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Unabhängig von der weiteren von dem Sozialgericht angesprochenen Rechtsfrage betreffend die Ausnahmeregelung in § 95 Abs. 7 Satz 8 SGB V ist damit eine abschließende Beurteilung der Erfolgsaussicht der Hauptsache in dem Verfahren vorläufigen Rechtschutzes nicht möglich. Die daher vorzunehmende umfassende Folgenabwägung ergibt, dass das Interesse des Antragstellers, vorläufig weiter als Vertragsarzt tätig sein zu dürfen, das Interesse des Antragsgegners und der Beigeladenen zu 5) an der sofortigen Beendigung der vertragsärztlichen Tätigkeit des Antragstellers - deutlich - überwiegt. Dem Antragsteller droht, wie eingangs dargelegt, ein prinzipiell endgültiger Rechtsverlust, sofern er während des Hauptsacheverfahrens nicht als Vertragsarzt tätig sein darf. Dieser Rechtsverlust wiegt schwer, weil er das Grundrecht des Antragstellers aus Art. 12 Abs. 1 GG betrifft. Auf die Erwägungen des Antragsgegners zur ausreichenden finanziellen Absicherung des Antragstellers aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Auch nur annähernd gleich schwer wiegende öffentliche Interessen auf Seiten des Antragsgegners bzw. der Beigeladenen zu 5) sind dagegen nicht ersichtlich. Dass der Antragsteller während des Hauptsacheverfahrens weiter als Vertragsarzt tätig sein und abrechnen darf, fällt schon deshalb nicht wesentlich ins Gewicht, weil er als Nuklearmediziner einer Fachgruppe angehört, für die es keine Zulassungsbeschränkung wegen Überversorgung gibt, und weil überdies bei nuklearmedizinischen Leistungen die Gefahr der angebotsinduzierten Mengensteigerung nicht bzw. allenfalls in geringem Umfang bestehen dürfte.

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Für die von dem Antragsgegner hilfsweise beantragte Festsetzung einer Sicherheitsleistung ist kein Raum. Mit der vorläufigen Statusfeststellung ist - insoweit abschließend - geklärt, dass der Antragsteller während des Hauptsacheverfahrens weiter vertragsärztlich tätig sein darf. Die Honoraransprüche, die er aus der entsprechenden Tätigkeit erwirbt, sind endgültig. Durch eine Sicherheitsleistung abzusichernde Honorarrückforderungsansprüche entstehen nicht.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 4) und zu 6) und 7) sind nicht erstattungsfähig, da diese sich jeweils nicht mit einem eigenen Sachantrag an dem Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt haben (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).

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Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.


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