Urteil vom Oberlandesgericht Düsseldorf - I-15 U 1/14
Tenor
A. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 06.12.2007 verkündete Urteil der 4a Zivilkammer - 4a O 373/06 - des Landgerichts Düsseldorf abgeändert:
I. Die Beklagten werden verurteilt,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft,
oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft hinsichtlich der Beklagten zu 1. an dem
Geschäftsführer ihrer persönlich haftenden Gesellschafterin und hinsichtlich der Beklagten zu 2. an ihrem Geschäftsrüher zu vollziehen ist zu unterlassen,
mit einem Brenner ausgerüstete Heizkessel, mit einem einen Kesselraum umhüllenden Gehäuse, einem mantelförmigen Wärmetauscher, welcher den Kesselraum in eine Brennkammer und eine Abgaskammer aufteilt, und über die Mantelfläche verteilt Durchlässe für heiße Verbrennungsgase aufweist, einem in der Brennkammer angeordneten Brennerkopf, welcher ein Flammrohr mit einer axialen Flammöffnung aufweist, und in Abstand von der Flammöffnung einem Flammenumlenkteil,
in der Bundesrepublik Deutschland herzustellen, anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen,
wenn das Flammenumlenkteil derart ausgebildet ist, dass die Flamme in den Raum zwischen Flammrohr und Wärmetauscher umgelenkt wird, und dass die Durchlässe für heiße Verbrennungsgase auf die ganze Länge der Brennkammer verteilt angeordnet sind;
2. der Klägerin unter Vorlage eines einheitlichen, geordneten Verzeichnisses über den Umfang der zu 1. bezeichneten und seit dem 12.02.2000 begangenen Handlungen Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe der einzelnen Lieferungen unter Nennung
a) der Herstellungsmengen und -zeiten, der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns,
wobei von den Beklagten zu 2. und 3. sämtliche Auskünfte und von allen Beklagten die Auskünfte zu e) nur für die Zeit ab dem 06.01.2002 zu erteilen sind und
wobei den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer sowie der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von der Klägerin zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist.
II. Es wird festgestellt,
1. dass die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin für die unter 1. bezeichneten und in der Zeit vom 12.02.2000 bis zum 05.01.2002 begangenen Handlungen eine angemessene Entschädigung zu zahlen;
2. dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der B Verfahrenstechnik für Heizung Aktiengesellschaft in Liquidation vom 06.01.2002 bis zum 31.05.2006 sowie der Klägerin seit dem 01.06.2006 durch die unter 1. bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird.
B. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden den Beklagten auferlegt.
C. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000.000,00 € abzuwenden, falls nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
D. Die Revision wird nicht zugelassen.
E. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.000.000,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2I.
3Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen Verletzung des deutschen Teils des auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten und in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichten europäischen Patents 0 970 XXX (Klagepatent, Anlage K 1) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Entschädigung und Feststellung der Verpflichtung zum Schadenersatz in Anspruch. Das Klagepatent betrifft einen mit einem Brenner ausgerüsteten Heizkessel. Die dem Klagepatent zugrunde liegende Anmeldung wurde am 23.03.1998 unter Inanspruchnahme dreier Prioritäten vom 24.03.1997 eingereicht. Die Veröffentlichung der Anmeldung erfolgte am 12.01.2000; der Hinweis auf die Patentereilung wurde am 05.12.2001 im Patentblatt bekannt gemacht.
4Die Klägerin ist seit dem 10.08.2006 eingetragene Inhaberin des Klagepatents. Ursprünglich eingetragen war die in Liechtenstein geschäftsansässige B Verfahrenstechnik für Heizung AG (im Folgenden: B), die sich seit April 2002 in Liquidation befindet. Zum Liquidator der B mit Einzelzeichnungsrecht wurde mit Beschluss des Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramts vom 22.04.2002 Herr C bestellt (Anlage K 12).
5Der im vorliegenden Rechtsstreit geltend gemachte Anspruch 1 des Klagepatents lautet:
6„Mit einem Brenner ausgerüsteter Heizkessel, mit einem einen Kesselraum umhüllenden Gehäuse, einem mantelförmigen Wärmetauscher, welcher den Kesselraum in eine Brennkammer (17, 112) und eine Abgaskammer (19) aufteilt und über die Mantelfläche verteilt Durchlässe (41) für heisse Verbrennungsgase aufweist, einem in der Brennkammer angeordneten Brennerkopf (111, 111`), welcher ein Flammrohr (23, 115) mit einer axialen Flammöffnung (37, 143) aufweist, und in Abstand von der Flammöffnung (37, 143) einem Flammenumlenkteil (39), dadurch gekennzeichnet, dass das Flammenumlenkteil (39) derart ausgebildet ist, dass die Flamme (25) in den Raum (65) zwischen Flammrohr (23, 115) und Wärmetauscher (15) umgelenkt wird, und dass die Durchlässe (41) für heisse Verbrennungsgase auf die ganze Länge der Brennkammer (17) verteilt angeordnet sind.“
7Wegen des Wortlauts der nur „insbesondere“ geltend gemachten Unteransprüche 8, 9 und 19 wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen.
8Zur Veranschaulichung der Erfindung anhand von bevorzugten Ausführungsbeispielen werden die Figuren 1.1 sowie 2 bis 4 der Klagepatentschrift nachstehend wiedergegeben. Figur 1.1. ist eine schematische Anordnung eines erfindungsgemäßen Heizkessels. Die Figuren 2 bis 4 zeigen Ausführungsbeispiele eines erfindungsgemäßen Heizkessels, wobei die Figuren 2 und 3 einen solchen im Längsschnitt und die Figur 4 einen erfindungsgemäßen Heizkessel im Querschnitt zeigen.
9Die Beklagte zu 1., deren persönlich haftende Gesellschafterin die Beklagte zu 2. ist, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3. ist, stellt her und vertreibt unter der Bezeichnung „Vitoplus 300“ Öl-Brennwert-Wandkessel (im Folgenden: angegriffene Ausführungsform).
10Die angegriffene Ausführungsform ist ein Heizkessel mit einem Brenner, einem Gehäuse, das einen Kesselraum umhüllt und einem Brennerkopf, welcher in einer Brennkammer angeordnet ist und ein Flammrohr mit einer axialen Flammöffnung aufweist. Die angegriffene Ausführungsform besitzt einen Wendelrohrwärmetauscher, dessen einzelne Rohrwendeln auf Abstand gehalten sind. Durch die hierdurch gebildeten Durchlässe strömen heiße Gase aus der Brennkammer in eine Abgaskammer. An den Wendelrohrwärmetauscher schließt sich eine zylindrische Wand an, welche an einen Klöpperboden angeschweißt ist. Der Klöpperboden besteht aus einem gewölbten Boden und einer zylindrischen Wand. Weder die zylindrische Wand noch der Klöpperboden weisen Durchlässe auf. Die Rückwand des Klöpperbodens, dessen Durchmesser geringer ist als der Durchmesser des Wendelrohrwärmetauschers, ist wassergekühlt.
11Die weitere Ausgestaltung der angegriffenen Ausführungsform ergibt sich aus den Anlagen K 7, K 10, B 6, B 7 und B 16 auf die Bezug genommen wird. Nachfolgend wiedergegeben ist die Anlage B 7.
12Die Klägerin hat vor dem Landgericht geltend gemacht, die B habe ihr den deutschen Teil des Klagepatents mit allen Rechten mittels Übertragungserklärung vom 31.05.2006 (Anlage K 3) wirksam übertragen, so dass sie auch zur Geltendmachung sämtlicher Ansprüche gegen die Beklagten vor ihrer Eintragung in das Patentregister berechtigt sei. Die Übertragungserklärung sei von dem zwischenzeitlich verstorbenen Liquidator Herrn D unterzeichnet worden. Dieser habe zudem mit Erklärung vom 21.08.2007 (Anlage K 11) die Übertragung sämtlicher Rechte bestätigt. Bei Herrn D und Herrn C habe es sich um ein und dieselbe Person gehandelt. Die Klägerin hat weiterhin die Ansicht vertreten, die Herstellung und der Vertrieb der angegriffenen Ausführungsform stelle eine unmittelbare Patentverletzung dar.
13Die Beklagten haben die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede gestellt. Es sei unklar, wer am 31.05.2006 für die B etwas an „Rechten und Pflichten“ im Zusammenhang mit dem Klagepatent auf die Klägerin übertragen haben soll. Abgesehen davon leide die Übertragungserklärung vom 31.05.2006 an dem Mangel fehlender Bestimmtheit. Gleiches gelte für die Erklärung vom 21.08.2007. Zudem haben sie mit Nichtwissen bestritten, dass die Erklärung tatsächlich vom Liquidator unterzeichnet worden ist und dass zwischen Herrn D und Herrn C Personenidentität besteht.
14Darüber hinaus haben die Beklagten die Verwirklichung des Klagepatents bestritten und die Ansicht vertreten, einer solchen stehe bereits entgegen, dass die angegriffene Ausführungsform nicht über ein Flammenumlenkteil im Sinne des Klagepatents verfüge. Der einfache Klöpperboden sei kein solches Umlenkteil, weil die Flammen aus dem Flammrohr den Klöpperboden nicht erreichen würden. Die Flamme sei bereits vor Erreichen des Bodens bzw. der Rückwand vollständig ausgebrannt. Es würden daher auch keine Flammen umgelenkt, sondern nur die sich am Ende der Flamme aufgrund der Verbrennung ergebenden Heizgase. Im Übrigen widerspreche die Konstruktion des Heizkessels einer Flammenumlenkung. Würden die Flammen den Klöpperboden erreichen, würde die Wasserkühlung nicht ausreichen, Schäden an der Rückwand zu vermeiden. Außerdem würde die Kühlung dazu führen, dass das Öl nicht vollständig verbrennen könne und hohe CO-Abgase entstehen würden. Hinsichtlich der Brennkammer haben die Beklagten die Auffassung vertreten, der zylindrische Bereich vor der Flammrohröffnung gehöre zur Brennkammer, auch wenn er nicht mehr vom Wendelrohrwärmetauscher umgeben sei. Dieser Teil sei jedoch anders als das Klagepatent dies fordere, nicht mit Durchlässen versehen.
15Mit dem angefochtenen Urteil vom 06.12.2007 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die angegriffene Ausführungsform mache von der Lehre des Klagepatents zumindest deshalb keinen Gebrauch, weil bei ihr kein Flammenumlenkteil vorgesehen sei, das sich „im Abstand“ von der Flammenöffnung befinde.
16Erfindungsgemäß müsse sich ein Teil der Brennkammer, wozu nicht nur der Teil des Kesselraums, der durch den mantelförmigen Wärmetauscher umfasst und von einer Abgaskammer abgeteilt werde, gehöre, sondern der Bereich des Heizkessels, in dem die Verbrennung stattfinde, zwischen der Ebene der Flammrohröffnung und dem Flammenumlenkteil erstrecken. Denn das Erfordernis eines Abstands zwischen Flammrohröffnung und Flammenumlenkteil solle nicht lediglich sicherstellen, dass die Flammen aus dem Flammrohr austreten und umgelenkt werden können. Dass das Flammenumlenkteil das Flammrohr nicht verschließen darf, werde dem Fachmann nämlich bereits durch den Begriff der „axialen Flammöffnung“ deutlich. Der Abstand zwischen Flammöffnung und Flammenumlenkteil – und nicht erst der obere Bereich der Brennkammer – solle vielmehr auch dazu genutzt werden, dass das Abgas durch die Durchlässe des Wärmetauschers in die Abgaskammer gelangen könne. Entgegen der Ansicht der Klägerin genüge es nicht, dass sich die Durchlässe auf die gesamte Länge des Wärmetauschers erstreckten. Die Durchlässe müssten vielmehr über die gesamte Länge der Brennkammer verteilt sein. Der Wortlaut des Klagepatentanspruchs sei insofern eindeutig, da er klar zwischen den Begriffen „Wärmetauscher“ und „Brennkammer“ unterscheide. Zudem habe die Anordnung der Durchlässe über die gesamte Länge der Brennkammer eine besondere Funktion. Durch die Flammenumlenkung werde die gesamte Brennkammer ausgehend vom Flammenumlenkteil bis in den Raum zwischen Flammrohr und Wärmetauscher von der Flamme erfasst. Die dadurch entstehenden Heizgase sollten über die ganze Länge der Brennkammer zum Energieaustausch im Wärmetauscher genutzt werden. Lediglich in dem Bereich, in dem sich das Umlenkteil in die Tiefe ausdehne, könnten sich keine Durchlässe für den Austritt von Verbrennungsgasen aus der Brennkammer in die Abgaskammer befinden.
17Ausgehend hiervon sei eine Verwirklichung der Lehre des Klagepatents durch die angegriffene Ausführungsform zu verneinen. Sofern der Klöpperboden und die sich daran anschließende zylindrische Wand als Flammenumlenkteil angesehen würden, fehle die Anordnung in dem erforderlichen Abstand von der Flammrohröffnung. Denn die zylindrische Wand sei bis hinter die Ebene der Flammrohröffnung in den Raum zwischen Flammrohr und Wärmetauscher ausgebildet. Dementsprechend fehle es in dem Bereich zwischen Flammrohröffnung und Flammenumlenkteil auch an Durchlässen für heiße Verbrennungsgase, da dieser Bereich durch die zylindrische Wand abgedeckt sei. Aber selbst wenn die zylindrische Wand nicht zum Flammenumlenkteil gehören würde, scheide eine Verwirklichung der Lehre des Klagepatents aus. Denn dann sei der Bereich vor der Flammrohröffnung, der von der zylindrischen Wand umgeben ist, Teil der Brennkammer und hätte mit Durchlässen für die Verbrennungsgase versehen sein müssen.
18Wegen weiterer Einzelheiten der Begründung wird auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen.
19Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Berufung eingelegt. Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrages aus:
20Die angegriffene Ausführungsform weise entgegen der Annahme des Landgerichts einen erfindungsgemäßen Abstand des Flammenumlenkteils von der Flammrohröffnung auf. Das Klagepatent fordere diesen Abstand, damit die Flamme aus der Flammrohröffnung austreten könne. Der Abstand könne sowohl ein axialer wie auch ein radialer Abstand sein, wobei es nur auf den Abstand zu einer realen Oberfläche eines Flammenumlenkteils ankomme und nicht auf eine „Ebene des Flammenumlenkteils“. Der Abstand solle eine Flammumlenkung ermöglichen und zwar so, dass die Flamme in den Raum zwischen Flammrohr und Wärmetauscher umgelenkt werde. Der im Klagepatent geforderte Abstand habe lediglich eine technische Bedeutung für die Flammenumlenkung. Er habe hingegen nicht die technische Bedeutung, schon zwischen dem Austritt der Flamme aus dem Flammrohr und ihrer Umlenkung einen Durchlass der hießen Verbrennungsgase durch den Wärmetauscher in die Abgaskammer zu ermöglichen.
21Die angegriffene Ausführungsform weise ferner mit dem Klöpperboden und der sich daran anschließenden zylindrischen Wand ein Flammenumlenkteil im Sinne des Klagepatents auf. Unter einer Flamme verstehe das Klagepatent den gesamten exothermen Bereich, in dem Brennstoff und Sauerstoff zu Wärmeenergie und Abgas umgewandelt werde. Denn diese Umwandlung müsse abgeschlossen sein, bevor die Abgase emissionsarm durch die Durchlässe in die Abgaskammer und von dort in den Kamin gelangen könnten. Um den Feuerraum dieser Flamme zu verkürzen, schlage die Lehre des Klagepatents ein Flammenumlenkteil vor und führe die umgelenkten heißen Verbrennungsgase schließlich radial expandierend und daher großflächig und langsam den über die ganze Länge der Brennkammer vorhandenen Durchlässen zu. Die Analysen der angegriffenen Ausführungsform zeigten, dass die Flamme den Boden/die Rückwand des Klöpperbodens erreiche und noch nach der Umlenkung im Bereich der seitlichen zylindrischen Wand eine Verbrennung erfolge und somit noch eine Flamme vorliege. Die Flamme werde in den Raum zwischen dem Flammrohr und dem Wärmetauscher umgelenkt. Diese Umlenkung um 180˚ erfolge nur durch das Zusammenwirken von Klöpperboden und zylindrischer Wand.
22Bei der angegriffenen Ausführungsform seien schließlich auch über die ganze Länge der Brennkammer verteilt Durchlässe für heiße Verbrennungsgase angeordnet. Nach der Definition des Klagepatents sei die Brennkammer nur der Raum, der durch den Wenderohrwärmetauscher von der Abgaskammer abgetrennt werde. Folglich könne der bei der angegriffenen Ausführungsform vom Klöpperboden allein und/oder gemeinsam mit der zylindrischen Wand umfasste Raum nicht Teil der Brennkammer sein. Da auf der anderen Seite keine Abgaskammer vorgesehen sei, machten Durchlässe in diesem Bereich technisch keinen Sinn.
23Nachdem die Klägerin ursprünglich beantragt hat, die Beklagten zur Auskunft und Rechnungslegung hinsichtlich der Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch den Abzug von Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert werden darf, es sei denn, diese könnten ausnahmsweise den in Antrag 1 genannten Erzeugnissen unmittelbar zugeordnet werden zu verurteilen und zudem beantragt hat, festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, den ihr seit dem 05.01.2002 entstandenen Schaden zu ersetzen, beantragt die Klägerin nunmehr,
24sinngemäß wie zuerkannt.
25Die Beklagten beantragen,
26die Berufung zurückzuweisen.
27Sie verteidigen die landgerichtliche Entscheidung als zutreffend und treten dem Berufungsvorbringen der Klägerin im Einzelnen entgegen. Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens machen sie im Wesentlichen geltend:
28Die Klägerin sei aus den bereits genannten Gründen nicht aktiv legitimiert. Darüber hinaus bestreiten sie mit Nichtwissen, dass Herr C am 21.08.2007 noch Liquidator der ursprünglichen Patentinhaberin gewesen sei. Weil die Übertragung der „Rechte und Pflichten“ von einer Liechtensteinischen AG in Liquidation auf eine schweizer Gesellschaft erfolgte, sei zudem zu prüfen, inwieweit diese Übertragung mit fremdem Recht in Einklang stehe.
29Eine Verwirklichung des Klagepatents scheide aus. Bei der angegriffenen Ausführungsform sei bereits das Erfordernis der Mantelform des Wärmetauschers zu einem wesentlichen Teil nicht verwirklicht. Zwar sei der erste wendelförmige Wärmetauscher mantelförmig, nicht jedoch die zylindrische Wand, die sich an den Klöpperboden anschließe. Bei dieser zylindrischen Wand handele es sich um einen zweiten Wärmetauscher bzw. den zweiten Teil des Wärmetauschers, da über den gesamten hinteren Bereich der Brennkammer ein Wärmegewinn zwischen 18 – 20 % der Gesamtvorrichtung erzielt werde. Dieser zweite Wärmetauscher sei indes nicht mantelförmig und teile den Kesselraum nicht in eine Brennkammer und eine Abgaskammer auf.
30Es fehle ferner ein Flammenumlenkteil. Die kreisförmige Rückwand des Klöpperbodens komme aus mehreren Gründen nicht als solches in Betracht: Nach der Lehre des Klagepatents solle das Umlenkteil die sichtbare Flamme umlenken. Da bei der angegriffenen Ausführungsform die Flamme jedoch vollständig innerhalb des Flammrohrs brenne, finde keinerlei Flammenumlenkung statt. Erst recht keine in der Art, dass nicht nur die umgelenkte Flamme zum Umlenkteil bis auf die Höhe des Flammrohrs „zurückkehre“, sondern darüber hinaus auch noch in den Raum zwischen Flammrohr und Wärmetauscher. Die Flamme sei 20 mm vor dem Klöpperboden ausgebrannt. Danach liege bei der angegriffenen Ausführungsform bestenfalls eine Umlenkung heißer Verbrennungsgase vor, so dass nach dem Sprachgebrauch des Klagepatents der Klöpperboden allenfalls als „Verbrennungsgasumlenkteil“ zu bezeichnen wäre, also gerade nicht als Flammenumlenkteil. Die Rückwand des Klöpperbodens könne auch aus technischen Gründen nicht die Funktion eines Flammenumlenkteils wahrnehmen, weil sie wassergekühlt ist. Träfe die Flamme tatsächlich auf die Rückwand, würde dort die Verbrennung gewissermaßen „eingefroren“ werden, was wiederum zu extrem hohen Abgaswerten führen würde. Darüber hinaus würde eine dauerhafte Beaufschlagung des Klöpperbodens mit der Flamme zu dessen Zerstörung durch Überhitzung führen. Soweit möglicherweise der zylindrische Teil im Anschluss an den Klöpperboden einen Beitrag zur Umlenkung leiste, sei dies unerheblich. Dies ändere nichts daran, dass es sich um einen Wärmetauscher handele.
31Ein Abstand zwischen – tatsächlich nicht vorhandenem – Flammenumlenkteil und Flammöffnung des Flammrohres sei gleichfalls zu verneinen. Dieser Abstand charakterisiere die axiale Erstreckung des Wärmetauscherbereichs, der für die Energieübermittlung in diesem ersten Teilraum innerhalb der Brennkammer verantwortlich sei. Ein Abstand in diese Sinne sei bei der angegriffenen Ausführungsform unbestreitbar nicht vorhanden.
32Ebenso wenig verfüge die angegriffene Ausführungsform über einen Wärmetauscher, der Durchlässe aufweise, die auf der ganzen Länge der Brennkammer verteilt angeordnet seien. Brennkammer sei die Kammer, in der der Verbrennungsvorgang stattfinde. Die Brennkammer der angegriffenen Ausführungsform sei im Wesentlichen ein Zylinder, der aus zwei Teilbereichen bestehe. Der untere Teilbereich werde durch den ersten, mantelförmigen Wärmetauscher abgegrenzt. Der obere Teilbereich werde durch den zweiten, zylinderförmigen Wandbereich und den Klöpperboden gebildet. Dieser zweite Wärmetauscher weise unstreitig keine Durchlässe für heiße Verbrennungsgase auf.
33Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten nebst Anlagen Bezug genommen.
34Der Senat hat gemäß Beweisbeschluss vom 20.04.2009 (Bl. 274 ff. GA) die Einholung eines schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen angeordnet. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das von Prof. Dr. rer. Nat. habil. D mit Datum vom 30.03.2010 erstattete Gutachten (Bl. 322 ff. GA) und das Protokoll der mündlichen Anhörung dieses Sachverständigen vom 03.03.2011 (Bl. 509 ff. GA) verwiesen. Der Senat hat darüber hinaus gemäß Beweisbeschluss vom 14.03.2011 (Bl. 526 ff. GA) die Einholung eines weiteren schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen und überdies gemäß Beschluss vom 01.08.2013 (Bl. 866 GA) eine schriftliche Ergänzung des Gutachtens angeordnet. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das von Dr. E unter dem 31.01.2013 erstattete schriftliche Gutachten (Anlage GA), das schriftliche Ergänzungsgutachten vom 30.10.2013 (Anlage GA) sowie auf das Protokoll der mündlichen Anhörung vom 30.01.2014 (Bl. 964 ff. GA) verwiesen.
35II.
36Die zulässige Berufung ist begründet. Die angegriffene Ausführungsform stimmt wortsinngemäß mit der im Klagepatent unter Schutz gestellten technischen Lehre überein. Die Beklagten sind der Klägerin deshalb im zuerkannten Umfang zur Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung, Entschädigung und Schadenersatz verpflichtet.
37- 1.
Das Klagepatent betrifft einen mit einem Brenner ausgerüsteten Heizkessel. Derartige Vorrichtungen dienen z.B. zur Erwärmung des für eine Zentralheizung eines Ein- oder Mehrfamilienhauses benötigten Wassers.
39a)
40Im Stand der Technik sind verschiedene Heizkessel bekannt. Die Klagepatentschrift erwähnt zunächst die FR 93 00 XXY, in der eine Reihe von Anordnungen von Heizkesseln beschrieben sind. Diese Heizkessel sind auf Gasbrenner ausgerichtet, welche einen stirnseitig verschlossenen, zylindrischen Mantel aufweisen, auf dessen Mantelfläche verteilt eine Vielzahl von Flammöffnungen angeordnet sind (Anlage K 1, Abs. [0002]). Ein derartiger Heizkessel ist beispielhaft der nachfolgend wiedergegebenen Figur 18 der EP 678 XYX (Anlage K 4), die unstreitig der französischen Schrift entspricht, zu entnehmen.
41Der in der Figur dargestellte Körper (8) enthält einen zylindrischen Brenner (7), der einen einen Bund bildenden Boden (84) besitzt über den das Gemisch aus Gas und Luft eintritt, welches verbrannt werden soll. Die Abgase treten über einen Bund (81) aus, der am gegenüberliegenden Ende des Körpers (8) angeordnet ist. An dem dem Boden (84) gegenüberliegenden Ende des Brenners (7) ist eine Keramikscheibe (82) befestigt. Der Brenner besitzt eine ringförmige Wandung, welche mit einer Vielzahl von radial angeordneten kleinen Öffnungen durchbohrt ist, die den Durchtritt des Gemisches aus Gas und Luft ermöglichen. Die Verbrennung erfolgt an der Außenseite des Brenners und der Fuß der Flammen liegt an der Außenwand (71) des Brenners. Die Wandung (71) befindet sich in geringem Abstand vom Innenrand der Windungen des Wärmetauschers (1), der mit vier Wärmetauscherelementen (1a – 1 c) ausgestattet ist. Die durch die Verbrennung entstehenden heißen Gase entweichen in radialer Richtung und durchqueren die auf genaues Maß gebrachten Lücken, welche die Windungen der Wärmetauscherelemente 1a, 1b und einen Teil der Wärmetauscherelemente 1c voneinander trennen. Es entsteht ein lamellenartiger Fluss aus heißen Gasen, der durch die Pfeile H1 angedeutet ist, und der die Stirnseiten der Windungen des Wärmetauschers bestreicht und das darin zirkulierende Wasser erwärmt (Anlage K 4 S. 29, 6. Abs. ff.).
42Die Klagepatentschrift hebt hervor, dass ein solcher Gas-Heizkessel sehr platzsparend ist und keinen separaten Heizungsraum benötigt (Anlage K 1, Abs. [0002]). Nachteilig an einem Gas-Heizkessel ist demgegenüber dem Klagepatent zufolge die Vorratshaltung des Brennstoffs. Diese sei bedeutend aufwändiger als die Vorratshaltung des Brennstoffs Öl, weshalb schon lang ein Bedürfnis nach derart platzsparenden Heizanlangen, welche mit Öl als Brennstoff betrieben werden können, bestehe (Anlage K 1, Abs. [0003]).
43Die Klagepatentschrift erörtert sodann als Stand der Technik die GB A 792 XXZ. Diese offenbart einen Heizkessel mit einem Kesselraum, welcher durch einen Wärmetauscher aus einem gewundenen Rohr in eine vom Wärmetauscher umwundene Feuerstelle, eine Brennkammer, und eine den Wärmetauscher umgebende Abgaskammer aufgeteilt wird. Gegenüber einem stirnseitig angeordneten Schamotte-Flammkopf, in dem ein Brennerkopf angeordnet ist, ist eine Kopfanordnung ausgebildet, an welcher die heißen Gase umgelenkt und verwirbelt werden. Durch die Verwirbelung geraten unverbrannte Gase von der Peripherie zurück in die zentrale Flamme. Der Zustrom des frisch entzündeten Luft/Brennstoffgemisches in die Brennkammer erzeugt einen Überdruck, mit welchem die Abgase durch Öffnungen zwischen den Wicklungen des Wärmetauscherrohres hindurch in einen Ringkanal außerhalb des Wärmetauschers gedrängt werden. Die Abgase können dabei in der Nähe der Kopfanordnung in einen ersten Ringkanal gelangen, in diesem zur Brennerseite strömen und in einem zweiten äußeren Ringkanal wieder zurück (Anlage K 1, Abs. [0004]). Als nachteilig hieran wird in der Klagepatentschrift kritisiert, dass eine Rezirkulation des Gases in die Flamme lediglich im Kesselraum außerhalb des Flammenkopfes vorgesehen ist und dass sich mit einem solchen Kessel deshalb Brennstoffe lediglich mit hohen Abgasemissionen verbrennen lassen (Anlage K 1, Abs. [0004]).
44Die zudem genannte DE A 32 12 XXZ hat, wie die Klagepatentschrift angibt, einen Heizkessel im Sinne des Oberbegriffs des Klagepatentanspruchs zum Gegenstand. Der Kessel ist mit einem senkrecht stehenden Wendelrohr als Wärmetauscher versehen. Oberseitig des Kessels ist ein Brennerkopf eines Sturzbrenners angeordnet. Gegenüber der Feueröffnung des Flammbechers des Sturzbrenners ist eine konkave Schamottplatte angeordnet. Um die Schamottplatte und die zwischen Feueröffnung und Schamottplatte sich erstreckende Umkehrbrennkammer ist der Wärmetauscher angeordnet, welcher einen um den Wärmetauscher herum angeordneten, ringförmigen Heizgaszug von der Brennkammer trennt. Durch die Schamottplatte werden die heißen Gase zurück zum Brennerkopf umgelenkt. Die Windungen des Wendelrohres sind in einem mittleren Bereich eng anliegend. Durch zunehmende Öffnungen zwischen Endwindungen des Wendelrohrs gelangt das Gas in den äußeren Heizgaszug, wo es wieder nach unten und nochmals durch den Wärmetauscher hindurch in ein Abgasrohr geleitet wird (Anlage K 1, Abs. [0005]).
45Zur Verdeutlichung dieses Standes der Technik wird nachfolgend die einzige Figur der DE A 32 12 XXZ (Anlage K 5) eingeblendet. Der Sturzbrenner ist dort mit d, das Wendelrohr mit c, die Schamottplatte mit f, der Heizgaszug mit h und das Schamottrohr mit i bezeichnet.
46Die Klagepatentschrift kritisiert an diesem Stand der Technik als nachteilig, dass die Temperatur des Heizgases im äußeren Heizgaszug noch derart hoch ist, dass Strahlungswärme von einem den Heizgaszug umschließenden und durch die Heizgase bestrichenen Schamotterohr auf den Wärmetauscher übertragen werden kann (Anlage K 1, Abs. [0005]).
47Ausgehend hiervon liegt dem Klagepatent die Aufgabe zugrunde, eine Heizanlage zu schaffen, die mit einem Öl- oder Gasbrenner betrieben werden kann, ohne dass sie deswegen größer als eine Gasfeuerungsanlage ist. Zudem soll die Heizanlage sich durch sehr niedrige Abgaswerte, geringe Wärmeverluste und einen niedrigen Geräuschpegel auszeichnen (Anlage K 1, Abs. [0007]).
48Zur Lösung dieser Problemstellung sieht Anspruch 1 des Klagepatents eine Vorrichtung vor, die folgende Merkmale miteinander kombiniert:
49(1) Heizkessel (11) mit
50a) einem Brenner,
51b) einem Gehäuse (13), das einen Kesselraum umhüllt,
52c) einem mantelförmigen Wärmetauscher (15),
53d) einem Brennerkopf (111, 111`) und
54e) einem Flammenumlenkteil (39).
55(2) Der Wärmetauscher (15)
56a) teilt den Kesselraum in eine Brennkammer (17, 112) und eine Abgaskammer (19) auf,
57b) weist Durchlässe (41) für heiße Verbrennungsgase auf, die
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über die Mantelfläche verteilt und
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auf die ganze Länge der Brennkammer (17) verteilt angeordnet sind.
(3) Der Brennerkopf (111, 111`)
62a) ist in der Brennkammer (17) angeordnet und
63b) weist ein Flammrohr (23, 115) mit einer axialen Flammöffnung (37, 143) auf.
64(4) Das Flammenumlenkteil (39)
65a) befindet sich im Abstand von der Flammöffnung (37, 143) des Flammrohres (23, 115) und
66b) ist derart ausgebildet, dass die Flamme (25) in den Raum (65) zwischen Flammrohr (23, 115) und Wärmetauscher (15) umgelenkt wird.
67Nach den Ausführungen der Klagepatentschrift liegt ein Vorteil des erfindungsgemäßen Heizkessels darin, dass er mit Brennern beheizt werden kann, welche eine lanzenförmige Flamme aufweisen. Eine solche Flamme benötigt normalerweise einen in Flammrichtung langgezogenen Feuerraum. Ein erfindungsgemäß angeordnetes Flammenumlenkteil ermöglicht jedoch, die Länge des Feuerraumes wesentlich zu verkürzen. Das Umlenkteil lenkt die Flamme zurück zu ihrem Ausgangspunkt und verkürzt den Kesselraum damit auf etwa halbe Länge. Dadurch ist die Brennkammer mit einer Flamme fast ausgefüllt, welche aus einem Flammrohr hinaus in die eine Richtung und am Umlenkteil umgelenkt in die entgegengesetzte Richtung brennt. Hierbei bildet der hintere Teil der Flamme eine axiale Kernströmung und der vordere Teil der Flamme eine um die Kernströmung herum angeordnete gegenläufige Mantelströmung. Die Rückführung der Flamme zu ihrer Wurzel hat weiter den Vorteil, dass sofort nach Entfachen der Flamme um das Flammrohr herum heiße Gase vorliegen, welche für die Verbesserung des Kaltstartverhaltens genutzt werden können. Von Vorteil ist weiter, dass durch das Wenden der Flamme der Feuerungsraum besser ausgenutzt ist und kompakter gestaltet werden kann, als bei langer, dünner Flammenform. Insbesondere ist die ganze Länge des Feuerraums praktisch gleichmäßig zur Wärmeübertragung auf ein Wärmetauschermedium geeignet, weil der Brennerkopf von der Flamme ummantelt ist (Anlage K 1, Abs. [0009]).
68b)
69Der erfindungsgemäße Heizkessel weist einen Brenner, ein Gehäuse, das einen Kesselraum umhüllt, einen mantelförmigen Wärmetauscher, einen Brennerkopf und ein Flammenumlenkteil auf.
70aa)
71Dem in den Merkmalen 1c), 2a) und 2b) näher beschriebenen Wärmetauscher spricht das Klagepatent zunächst dem allgemeinen Verständnis folgend die Funktion zu, thermische Energie auf ein Wärmetauschermedium zu übertragen. Die Wärme der Verbrennungsgase soll auf das in dem Wärmetauscher vorhandene Wärmetauschermedium ausgetauscht werden, was z. B. die Absätze [0009] („Wärmeübertragung auf ein Wärmetauschermedium“), [0013] („dynamischere Wärmeübertragung“), [0019] („Dadurch ist die Wärmeübertragung … verbessert“), [0027] („Energieaustausch mit den in den Rohren 40 fließenden Wärmeträgermedium“) und die Erläuterungen in den Absätzen [0004] ff. der Klagepatentschrift zur Funktion der Wärmetauscher im Stand der Technik bekräftigen. Das Gebiet der Erfindung bedeutet dem Durchschnittsfachmann, dies ist ein Diplom-Ingenieur mit Universitäts- oder Fachhochschulstudium und einer ein- bis dreijährigen Erfahrung im Bereich der Verbrennungstechnik von Heizgeräten, dass es sich bei dem Wärmetauschermedium üblicherweise um Wasser handelt (Gutachten Dr. E, S. 1).
72Anspruch 1 ist dem Grundsatz nach nicht auf eine bestimmte Art von Wärmetauscher beschränkt. Er enthält insbesondere keine Einschränkung auf Wärmetauscher aus speziell gewundenen oder schraubenförmig gewickelten Rohren. Diese Art von Wärmetauschern wird lediglich in den Absätzen [0004], [0013] ff., [0026] ff. und [0034] ff. der Klagepatentschrift als aus dem Stand der Technik bekannt und als vorteilhafte Ausgestaltung beschrieben sowie im abhängigen Unteranspruch 9 gesondert unter Schutz gestellt. Wendelrohrwärmetauscher sieht das Klagepatent demnach zwar im Rahmen bevorzugter Ausführungsbeispiele vor. Sie sind hingegen nicht zwingend für die Verwirklichung der in Anspruch 1 unter Schutz gestellten technischen Lehre.
73Nähere Vorgaben macht Anspruch 1 allerdings zur Form des Wärmetauschers, wenn in Merkmal 1c) von einem „mantelförmigen“ Wärmetauscher und in Merkmal 2d) von einer „Mantelfläche“ des Wärmetauschers die Rede ist. Unter einer „Mantelform“ bzw. „Mantelfläche“ versteht der Durchschnittsfachmann eine zylindrische Fläche, die ein Volumen umschließt (Anhörungsprotokoll Dr. E, S. 4). Der Wärmetauscher ummantelt die Brennkammer und stellt damit eine große Oberfläche zum Wärmetausch zur Verfügung. Gleichzeitig ermöglicht die Mantelform die Skalierbarkeit des Wärmetauschers, d. h. je nach Bedarf kann der Radius des Wärmetauschers erhöht oder verringert werden, ohne dass dies Auswirkungen auf die axiale Länge der Brennkammer und damit des Heizkessels hat. Die Mantelform leistet folglich einen Beitrag zur Verwirklichung der Aufgabe der Erfindung, eine Feuerungsanlage zu schaffen, welche mit einem Ölbrenner betrieben werden kann, ohne dass sie deswegen größer als eine Gasfeuerungsanlage ist (Anlage K 1, Abs. [0007]). Eine ausreichend große Wärmetauscherfläche ist trotz kompakter Bauweise des Heizkessels möglich.
74Auch wenn Anspruch 1 keine zwingend einzuhaltenden Anforderungen hinsichtlich der Wärmeübertragungsleistung des Wärmetauschers enthält, so dass es grundsätzlich nicht auf den Beitrag des Wärmetauschers bzw. gegebenenfalls eines Wärmetauscherelements am Gesamtwärmestrom des Geräts ankommt, betrachtet der Durchschnittsfachmann nicht jedes Bauteil, das Wärme überträgt, als erfindungsgemäßen Wärmetauscher. Dem Fachmann ist geläufig, dass jedes Bauteil in einem Heizkessel, auf das eine Flamme trifft oder an dem eine solche oder heißes Gas vorbeiströmt, Wärme durch Konvektion und Strahlung auf seine Umgebung überträgt. Das trifft insbesondere für ein Flammenumlenkteil zu (Gutachten Dr. E, S. 10; Ergänzungsgutachten Dr. E, S. 10; Anhörungsprotokoll Dr. E S. 48, 54 f.). Diese Kenntnis aufgreifend heißt es in der Beschreibung des Klagepatents bspw. auch, dass das Flammrohr sofort nach der Zündung einer Flamme von heißem Abgas eingehüllt ist, selber sofort heiß wird (Anlage K 1, Abs. [0030]) und eine gewisse Menge von Energie auf den Wärmetauscher durch Strahlung überträgt (Anlage K 1, Abs. [0031]). Trotz einer solch hinlänglich bekannten Wärmeübertragung bezeichnet das Klagepatent weder das Flammenumlenkteil noch bspw. das Flammrohr als Wärmetauscher. Es definiert die Bauteile vielmehr anhand ihres spezifischen Beitrags zur erfindungsgemäßen Lehre, unabhängig davon, ob sie neben ihrem spezifischen Zweck auch noch weitere Wirkungen erzielen. Dient ein Bauteil der Flammenumlenkung im Sinne der Merkmalsgruppe 4, ist es somit in der Sprache des Klagepatents ein Flammenumlenkteil, selbst dann, wenn es zusätzlich Wärme auf Wasser überträgt, welches der Kühlung des Bauteils dient.
75Der erfindungsgemäße Wärmetauscher teilt nach Merkmal 2a) zudem den Kesselraum in eine Brennkammer und eine Abgaskammer auf und er weist gemäß Merkmal 2b) Durchlässe für heiße Verbrennungsgase auf, die über die Mantelfläche verteilt und auf die ganze Länge der Brennkammer verteilt angeordnet sind.
76Die erste Anforderung, Aufteilung des Kesselraums in Brenn- und Abgaskammer, ist dem Fachmann geläufig. Auf der einen Seite des mantelförmigen Wärmetauschers, der Innenseite, ist die Brennkammer vorgesehen, auf der gegenüberliegenden Seite, der Außenseite, ist die Abgaskammer. Die Aufteilung folgt aus dem gewünschten Strömungsverlauf. Der in der Brennkammer angeordnete Brennerkopf erzeugt eine Flamme, die umgelenkt wird, und in der Brennkammer verbrennt. Die heißen Verbrennungsgase durchströmen sodann radial den Wärmetauscher zwecks Übertragung der Wärme auf das Wärmetauschermedium nach außen und münden in die Abgaskammer von wo aus sie letztlich in den Kamin gelangen (beispielhaft erläutert in Anlage K 1, Abs. [0024]).
77Die zweite Anforderung, Verteilung der Durchlässe auf der ganzen Länge der Brennkammer, dient dem Zweck der verbesserten sowie gleichmäßigen Wärmeübertragung. Infolge der auf der ganzen Länge der Brennkammer angeordneten Durchlässe kann der Wärmetauscher effizienter als bei aus dem Stand der Technik bekannten, mit Öl betriebenen Brennern eingesetzt werden, was entsprechend der bereits genannten Aufgabe gemäß Absatz [0007] der Klagepatentschrift, eine ebenso kompakte Bauweise wie bei Gasfeuerungsanlagen ermöglicht.
78Anders als im Stand der Technik müssen bei einer Verwendung des Brennstoffs Öl die heißen Verbrennungsgase nicht mehr (nur) zuerst entlang der Innenseite eines Wärmetauschers geführt werden, um dann im Endbereich des Wärmetauschers um diesen herum gelenkt und auf der Außenseite des Wärmetauschers an diesem entlang geleitet zu werden. Vielmehr ist es infolge der Durchlässe möglich, die heißen Gase auch bei Ölfeuerungsanlagen radial durch zahlreiche Durchlässe in die Abgaskammer zu führen, wie die Klagepatentschrift beispielhaft in den Absätzen [0024], [0026], [0027] erläutert. Viele Durchlässe ergeben zusammen einen großen Querschnitt, jedoch mit überall sehr geringen Abständen zu den Wärmetauscherwandungen. Bei der Durchfuhr der heißen Gase durch die Durchlässe des Wärmetauschers, insbesondere durch enge Spalte eines Wendelrohres entstehen aufgrund der Enge der Durchlässe intensive Verwirbelungen und eine hohe Konvektion.
79Zur weiteren Optimierung der Wärmeübertragung trägt die Verteilung der Durchlässe auf der ganzen Länge der Brennkammer bei. Hierdurch wird gewährleistet, dass die gesamte Grenzfläche zwischen Brennkammer und Abgaskammer genutzt und der Wärmetauscher gleichmäßig durchströmt werden kann (Gutachten Dr. E, S. 5; Anhörungsprotokoll Dr. E, S. 49). Dem entsprechend führt die Klagepatentschrift in Absatz [0009] aus, dass durch das Wenden der Flamme und die Ummantelung des Brennerkopfs von der Flamme die ganze Länge des Feuerraums „praktisch gleichmäßig zur Wärmeübertragung auf ein Wärmetauschermedium geeignet ist.“
80Unter der Brennkammer im Sinne des Anspruchs 1 versteht der Fachmann die Kammer bzw. den Bereich, in dem die Verbrennung des Brennstoffs mit Sauerstoff unter Freisetzung der Reaktionsenthalpie und der Bildung der heißen Verbrennungsgase stattfindet (Gutachten Dr. E, S. 11; Gutachten Prof. Dr. D, S. 9; Anhörungsprotokoll Prof. Dr. D, S. 2; vgl. a. Privatgutachten Prof. Dr. F Anlage W 13, S. 1, 22). Dies erschließt sich aus dem Wortlaut (Brennkammer), der technischen Funktion dieses Bestandteils innerhalb der unter Schutz gestellten Lehre und insbesondere auch aus den Figuren 1.1 bis 1.4, 2 und 3, die in den Absätzen [0024] ff. der Beschreibung des Klagepatents näher erläutert werden. Aus dem in der Brennkammer angeordneten Brennerkopf, der ein Flammrohr mit einer axialen Flammöffnung aufweist, tritt eine in axiale Richtung strömende Flamme aus, die einen Brennstoff verbrennt bis heiße Verbrennungsgase im Sinne des Klagepatents entstehen, die sodann den Wärmetauscher zwecks Wärmeübertragung auf das Wärmeträgermedium durchströmen und in die Abgaskammer geführt werden. Den Raum für die hierfür erforderliche Strömung stellt die Brennkammer zur Verfügung. Zur Brennkammer gehört funktional auch das von einem Flammenumlenkteil umschlossene Volumen. Auch in diesem findet die genannte Verbrennung statt. Die Absätze [0012] und [0028] der Klagepatentschrift einschließlich der Figur 2 erläutern dem Durchschnittsfachmann zudem, dass ein Flammenumlenkteil (39) zur Ausströmkammer (29) hin ausgebuchtet sein kann und in der Ausbuchtung zweckmäßigerweise die Umlenkung der Flamme erfolgt. Diese Form des Flammenumlenkteils (39) geht auf Kosten der (im Ausführungsbeispiel zusätzlich vorgesehenen) Ausströmkammer (39); die Brennkammer (17) wird durch die Form des Umlenkteils gegen die Ausströmkammer (29) hin verlängert. Den genannten Absätzen der Beschreibung und der Figur 2 der Klagepatentschrift entnimmt der Fachmann weiterhin die Erkenntnis, dass trotz Anordnung eines Umlenkteils in Form einer Ausbuchtung sowie Zugehörigkeit des von dem Umlenkteil umfassten Bereichs zur Brennkammer dies nicht bedeutet, dass in dem Umlenkteil selbst Durchlässe vorgesehen sein müssten oder dass der Wärmetauscher mit Durchlässen auch bis in diesen Teil der Brennkammer reichen müsste. Eine derartige Vorgabe widerspräche dem technischen Sinn der Erfindung (Gutachten Dr. E, S. 5, 9; Anhörungsprotokoll Dr. E‚ S. 12; vgl. a. Privatgutachten Prof. Dr. F, Anlage W 13, S. 22). Sinn und Zweck des Flammenumlenkteils ist die Umlenkung der Flamme in den Raum zwischen Flammrohr und Wärmetauscher (siehe hierzu näher bb) aaa)). Eine solche Umlenkung wird indes vereitelt oder wäre nur in unzureichendem Maße möglich, wenn das Umlenkteil Durchlässe aufweist. Derartige Durchlässe hätten zur Folge, dass die Flamme direkt, ohne Umlenkung in einen Bereich außerhalb der Brennkammer ausströmt. Die heißen Verbrennungsgase würden die Durchlässe des Wärmetauschers nicht mehr passieren. Der notwendige Wärmeaustausch in der vom Klagepatent geforderten Effizienz würde unterbleiben. Dass dies nicht der unter Schutz gestellten Lehre entspricht, verdeutlichen auch Absatz [0012] der Beschreibung des Klagepatents und Figur 2. Im Absatz [0012] heißt es: „In der Ausbuchtung geschieht zweckmäßigerweise die Umlenkung der Flamme, ohne dass dabei Wärmetauscherelemente beteiligt sind, und die gesamte Wärmetauscherfläche kann genutzt werden, weil das Umlenkteil keine Durchlässe für heißes Rauchgas verdeckt.“ Figur 2 nebst der dazugehörigen Beschreibung in Absatz [0028] zeigen ein Ausführungsbeispiel, in dem das Umlenkteil, welches Einbuchtungen aufweist und mittels seines äußeren Beckenrandes an den Wärmetauscher anschließt, keine Durchlässe aufweist. Der von den Einbuchtungen umschlossene Raum führt demzufolge zu einer axialen Erstreckung der Brennkammer ohne einen mantelförmigen Wärmetauscher mit Durchlässen. Angesichts dessen muss sich der Wärmetauscher – in Richtung der Achse des Flammrohrs betrachtet – nur bis zum Flammenumlenkteil erstrecken. Die Durchlässe für die Verbrennungsgase müssen – in umgekehrter Richtung betrachtet – erst dort beginnen, wo das Flammenumlenkteil endet.
81bb)
82Dem in Merkmal 1e) und in den Merkmalen 4a) und 4b) angesprochenen Flammenumlenkteil kommt, wie bereits aus dem verwendeten Begriff selbst folgt, erfindungsgemäß die Aufgabe zu, die aus der axialen Flammöffnung des Flammrohres austretende Flamme umzulenken.
83aaa)
84Die konkrete Ausgestaltung des Flammenumlenkteils stellt das Klagepatent grundsätzlich in das Belieben des Fachmanns. Anspruch 1 enthält weder zwingende Vorgaben für eine konkrete Form noch zwingende Angaben zur sonstigen baulichen Gestaltung des Flammenumlenkteils. Derartiges ist erst Gegenstand des abhängigen Unteranspruchs 6, in dem ein Flammenumlenkteil geschützt ist, das einen auf der Flammenachse angeordneten, der Flamme entgegenstehenden Flammenteiler und um diesen herum eine ringförmige Umlenkrinne aufweist. Dieser Unteranspruch führt ebenso wenig zur Einschränkung des Hauptanspruchs wie die – teilweise weitergehende – Beschreibung einer bestimmten Form eines Umlenkteils in den Absätzen [0027], [0028] bzw. Figur 2 der Klagepatentschrift als erfindungsgemäß. Es handelt sich lediglich um bevorzugte Ausführungsbeispiele, was unter anderem auch schon daran erkennbar ist, dass in den Figuren 1.1 bis 1.4 die Flammenumlenkteile nur schematisch als ebene Platten dargestellt sind und überdies in Absatz [0033] der Klagepatentschrift zu den Figuren 3 und 4 ausgeführt wird, das Abschlussorgan – welches nach Unteranspruch 7 durch das Flammenumlenkteil gebildet sein kann – sei beispielsweise als vereinfachtes Umlenkteil ohne spezifische Form ausgestaltet.
85Grundlage und Grenze der fachmännischen Gestaltungsfreiheit ist die dem Flammenumlenkteil von der technischen Lehre des Anspruchs 1 zugewiesene Funktion. Der Anspruch charakterisiert das Flammenumlenkteil allein anhand des zu erzielenden Ergebnisses bzw. seines technischen Zwecks, wenn es in Merkmal 4b) vorgibt, dass das Flammenumlenkteil derart ausgebildet ist, dass die Flamme in den Raum zwischen Flammrohr und Wärmetauscher umgelenkt wird. Diese Umlenkung dient zunächst dem Erreichen der in Absatz [0007] der Klagepatentschrift angeführten Aufgabe, einen Ölbrenner zu schaffen, der nicht größer als eine Gasfeuerungsanlage ist. Denn mittels der Umlenkung kann, wie in Absatz [0009] der Klagepatentschrift eingehend dargestellt, auf den im Stand der Technik für eine lanzenförmige Flamme erforderlichen langgezogenen Feuerraum verzichtet werden. Die Umlenkung der Flamme bringt eine längere Wegstrecke und damit eine längere Verweildauer der Flamme in der Brennkammer mit sich, so dass trotz der Verkürzung des Feuerraums die für die Verbrennung der Flamme bis zum gewünschten Ausbrandgrad erforderliche Verweilzeit zur Verfügung steht (Gutachten Dr. E, S. 2, 4; Ergänzungsgutachten Dr. E S. 2; Anhörungsprotokoll Dr. E S. 32). Damit kann die Länge des Kesselraums in etwa halbiert bzw. minimalisiert (so ausdrücklich Abs. [0028] der Klagepatentschrift) und eine kompakte Gestaltung realisiert werden. Die Umlenkung bzw. Rückführung der Flamme in den Raum zwischen Flammrohr und Wärmetauscher bewirkt darüber hinaus, wie ebenfalls in Absatz [0009] der Klagepatentschrift aufgezeigt, dass nach dem Entfachen der Flamme um das Flammrohr herum sofort heiße Gase vorliegen, die für die Verbesserung des Kaltstartverhaltens genutzt werden können. Zudem wird der Feuerungsraum durch das Wenden der Flamme besser ausgenutzt, da insbesondere die ganze Länge des Feuerraums praktisch gleichmäßig zur Wärmeübertragung auf ein Wärmetauschermedium geeignet ist (s.a. Absatz [0027] der Klagepatentschrift). Entscheidend ist demnach, dass das Flammenumlenkteil eine Form bzw. eine Ausgestaltung aufweist, die diese Vorteile gewährleistet.
86Die Umlenkung der Flamme muss um mindestens 180˚ erfolgen (Gutachten Dr. E, S. 6, 9; Ergänzungsgutachten Dr. E, S. 15; Gutachten Prof. Dr. D, S. 7), denn das Flammrohr, aus dem die Flamme axial austritt bzw. ausströmt, befindet sich im Brennerkopf, der in der Brennkammer angeordnet ist, welche wiederum vom mantelförmigen Wärmetauscher umhüllt ist. Soll die Flamme in den Raum zwischen dem Brennerkopf und dem Wärmetauscher gelangen, muss sie mit Hilfe des Flammenumlenkteils, das sich im Abstand von der Flammöffnung des Flammrohres befindet, „vollständig“, d. h. um mindestens 180˚ umgelenkt werden, wie dem Fachmann insbesondere auch die Absätze [0009] und [0027] der Beschreibung des Klagepatents nahebringen. In diesen heißt es, dass die Flamme zunächst in die eine Richtung und am Umlenkteil in die „entgegengesetzte Richtung“ strömt bzw. brennt. Gleiches folgt aus dem Absatz [0012] der Beschreibung, in dem mit Blick auf eine bevorzugte Ausgestaltung des Flammenumlenkteils mit einem Flammenteiler und einer Umlenkrinne erläutert wird, dass die Flammenteile so geführt werden, dass deren „Strömungsrichtung um 180˚ gewendet wird“. Bestärkung wird dies durch die Darstellung der Flammen in den Figuren 1.1 bis 1.4 finden, denn auch deren Strömung wird nach den Zeichnungen um 180˚ zurückgeführt.
87Dass für eine solche Umlenkung der Flammen die Form des Flammenumlenkteils ausschlaggebend ist, entnimmt der Durchschnittsfachmann seinem allgemeinen Wissen zur Umlenkung von Strömungen im Allgemeinen und zur Flammenumlenkung im Besonderen (Gutachten Dr. E, S. 6; vgl. a. Privatgutachten Prof. Dr. F Anlage W 13, S. 6). Er weiß, dass ein in einem Strömungsverlauf befindliches Bauteil zu einer Stauströmung führt, an der Staufläche eine Ablenkung der Flamme hervorgerufen wird und die Strömung einer geeignet gestalteten Kontur folgt (Gutachten Dr. E, S. 6; vgl. a. Privatgutachten Prof. Dr. F Anlage W 13, S. 6, 18). Mit diesem Verständnis wird der Fachmann die Figur 2 betrachten sowie die dazugehörige Beschreibung in den Absätzen [0027] und [0028] des Klagepatents lesen und beides als weiteren Hinweis für eine Umlenkung von mindestens 180˚ verstehen.
88Der Fachmann wird bei der gebotenen funktionsorientierten Betrachtung jede Form bzw. jede Ausgestaltung eines Flammenumlenkteil als erfindungsgemäß erachten, die eine Strömungsführung in die entgegengesetzte Richtung der ursprünglichen Flammenrichtung in den besagten Raum hinein, also eine Umlenkung um mindestens 180˚ herbeiführt. Solang und soweit diese Umlenkung erzielt wird, ist es für die unter Schutz gestellte technische Lehre deshalb insbesondere unerheblich, ob das Flammenumlenkteil aus einem einstückigen oder einem mehrstückigen Bauteil besteht. Das Klagepatent verhält sich nicht zur Herstellung des Flammenumlenkteils. An dieser Sichtweise ändert es nichts, dass die Figuren der Klagepatentschrift nur einstückige Flammenumlenkteile zeigen. Abgesehen davon, dass es sich hierbei – wie bereits erwähnt – lediglich um die Darstellung bevorzugter Ausführungsbeispiele handelt, erkennt der Fachmann, dass es sich insbesondere bei den Figuren 1.1 bis 1.4 nur um Prinzipskizzen handelt. In den Figuren ist das Flammenumlenkteil als eine ebene Platte dargestellt, die quer zur Strömungsrichtung der axial aus dem Flammrohr austretenden Flamme steht. Aufgrund seiner strömungstechnischen Grundkenntnisse realisiert der Fachmann ohne weiteres, dass diese ebene Platte eine Stauströmung herbeiführt, die zu einer Richtungsänderung der Strömung von ca. 90˚ führen mag, nicht aber zu der dargestellten Umlenkung von 180˚ (Ergänzungsgutachten Dr. E, S. 15; Anhörungsprotokoll Prof. Dr. D, S.1).
89bbb)
90Unter einer Flamme im Sinne des Anspruchs 1 versteht der Fachmann die Gesamtheit der reaktiven Strömung vom Beginn der Verbrennungsreaktionen an der Stabilisierungszone bis zum Erreichen des am Austritt der Brennkammer erforderlichen Ausbrandgrades (im Folgenden: technische Flamme). Der Begriff umfasst nicht nur die so genannte „Hauptreaktion“, d. h. die Zone, in der der Hauptteil der Reaktionsenthalpie unter Abbau des Brennstoffs freigesetzt und die von Lichterscheinungen begleitet wird (im Folgenden: sichtbare Flamme), sondern auch die „Nachreaktion“, d.h. die Zeitdauer nach der Hauptreaktion, die benötigt wird, um insbesondere das Kohlenmonoxid auf das geforderte Niveau abzubauen. Dies belegt das überzeugende und nachvollziehbare Gutachten des Sachverständigen Dr. E, dem sich der Senat anschließt (Gutachten Dr. E, S. 2 f., 8 f., 11 f.; Ergänzungsgutachten Dr. E, S. 3 ff.; Anhörungsprotokoll Dr. E S. 5 ff., 10 ff.).
91Zunächst einmal nimmt der Fachmann zur Kenntnis, dass Anspruch 1 und insbesondere dessen Merkmal 4b) nicht näher definiert, was unter dem dort verwendeten Begriff „Flamme“ verstanden werden soll. Mangels ausdrücklicher Definition im Anspruchswortlaut eröffnet sich für den Fachmann, der den Bedeutungsgehalt des Begriffs „Flamme“ im Rahmen der geschützten technischen Lehre erkennen möchte, die Möglichkeit, sein allgemeines Fachwissen zu Rate zu ziehen. Zu diesem gehörte im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents das Wissen, dass die Beschreibung einer Flamme unter dem Begriff „Flammenlänge“, d.h. Abstand zwischen Brenneraustrittsöffnung bzw. Flammenwurzel und Flammenende, mittels dreier Modelle bzw. Definitionen möglich ist: sichtbare Flamme, stöchiometrische Flamme (d.h. stöchiometrische Mischung des Brennstoffs mit Sauerstoff) und technische Flamme (Ergänzungsgutachten Dr. E S. 3; vgl. auch Gutachten Prof. Dr. D, S. 16 ff. sowie Privatgutachten Prof. Dr. F Anlage W 13, S. 8 f.). Hat er sich diese drei bekannten Modelle in Erinnerung gerufen, wird sich der Fachmann weiter fragen, ob das Klagepatent für seinen Flammenbegriff eine dieser drei Definitionen ausgewählt hat und wenn ja, welche. Bei der Beantwortung der Frage wird er feststellen, dass die Klagepatentschrift keine ausdrückliche Entscheidung für die eine oder andere Flammendefinition trifft. Die drei Definitionen werden in der Beschreibung nicht erwähnt, eine Auseinandersetzung mit den bekannten Modellen fehlt. An keiner Stelle der Klagepatentschrift findet sich demzufolge die ausdrückliche Angabe/Zitatstelle, dass es nach der technischen Lehre des Anspruchs 1 zwingend darauf ankommt, dass die sichtbare Flamme oder die technische Flamme umgelenkt wird.
92Die Klagepatentschrift enthält allerdings an verschiedenen Stellen Hinweise auf eine sichtbare Flamme. So ist beispielsweise in Absatz [0009] der Beschreibung ausgeführt, dass der erfindungsgemäße Heizkessel mit Brennern beheizt werden kann, welche eine „lanzenförmige“ Flamme aufweisen und dass der Feuerraum kompakter gestaltet werden kann als bei „langer, dünner Flammenform.“ In den Absätzen [0030] und [0031] der Klagepatentschrift ist ferner die Rede von einer Flamme, die „blau brennt“. Absatz [0046] f. der Beschreibung erläutern für das dort beschriebene Ausführungsbeispiel den ringförmigen Wurzelbereich der Flamme und ihren weiteren Verlauf durch die Brennstoff-Luft-Gemischzufuhr über die Mantelzone, mithin die Hauptreaktionszone. Diese Zitate werden den Fachmann jedoch letztlich nicht zu der Überzeugung führen, dass Anspruch 1 die Umlenkung der sichtbaren Flamme fordert. Mit Blick auf die Absätze [0030] f. und [0046] f. der Klagepatentschrift wird sich der Fachmann zunächst vor Augen führen, dass es sich lediglich um die Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele handelt. Er wird weiterhin die Aufgabe der Erfindung, die mit ihr zwingend zu erzielenden technischen Vorteile und die technische Funktion des Flammenumlenkteils beachten. Wie bereits oben unter Bezugnahme auf die Absätze [0007] und [0009] der Klagepatentschrift näher erläutert, liegt der technische Sinn der Umlenkung der Flamme durch das erfindungsgemäße Flammenumlenkteil insbesondere darin, einen Ölbrenner zu schaffen, der nicht größer als eine Gasfeuerungsanlage ist, und zudem darin, eine Öl- oder Gas betriebene Feuerungsanlagen mit niedrigen Abgaswerten und kleinen Wärmeverlusten vorzusehen. Orientiert sich der Fachmann an diesen zwingend zu erzielenden Vorteilen der Erfindung – kompakte Bauweise und schadstoffarme Feuerungsanlage – und dem technischen Beitrag des Flammenumlenkteils an diesen, wird er zu der Überzeugung gelangen, dass es darauf ankommt, die technische Flamme umzulenken (Gutachten Dr. E, S. 12; Anhörungsprotokoll Dr. E S. 5, 7, 10, 22, 25, 27). Denn die Frage, ob die vom Klagepatent geforderten niedrigen Abgaswerte eingehalten werden, beantwortet sich anhand des erzielten Ausbrandgrades der Flamme. Damit der gewünschte Ausbrandgrad erzielt werden kann, bedarf es bei einer kompakten Bauweise eines ausreichenden Strömungsweges für die reagierenden Verbrennungsgase, so dass die erforderlichen Verweilzeiten für die notwendige Haupt- und Nachreaktion erreicht werden, wobei der gewünschte Ausbrandgrad bzw. die Abgas-Emissionswerte innerhalb der Brennkammer erreicht werden müssen, da dort die für die Reaktionen notwendigen hohen Temperaturen (> 650˚) herrschen. Werden die Verbrennungsgase rasch abgekühlt, wie beim Durchtritt durch den Wärmetauschers oder infolge einer gekühlten Rückwand, werden die Verbrennungsreaktionen gequenscht, d.h. es erfolgt keine (weitere) Reduzierung des Ausbrandgases (Gutachten Dr. E, S. 4; Anhörungsprotokoll Dr. E, S. 24, 52; vgl. a. Privatgutachten Prof. G Anlage BK 6, S. 1, BK 10, S. 3 sowie Privatgutachten Prof. Dr. F Anlage W 13, S. 17). Die sichtbare Flamme ist indes für den Ausbrandgrad irrelevant (Anhörungsprotokoll Dr. E, S. 10, 24). Chemilumineszenz Messungen betreffen nicht den CO-Abbau, sondern den Brennstoffabbau. Die Konzentration angeregter CO2* Moleküle im Ausbrandbereich ist sehr gering, wobei nur ein Bruchteil dieser tatsächlich durch Photonenemission Licht aussendet, während der andere Anteil durch Kollision mit anderen Molekülen deaktiviert oder gequenscht wird. Der Quencheffekt wird zudem durch turbulente Scherung und Mischung verstärkt, so dass durch die in der Umlenkung erzeugte Turbulenz eine weitere, schwer nachvollziehbare Abnahme der CO2* Intensität geschieht. Das Flammenleuchten der Umwandlung von CO in CO2 kann mithin nicht (sicher) wahrgenommen werden; die sichtbare Flamme besagt für sich genommen nichts darüber aus, ob ein bestimmter Ausbrandgrad erreicht wird oder nicht (Ergänzungsgutachten Dr. E, S. 7 ff; Anhörungsprotokoll Dr. E S. 9, 22, 24). Die gebotene funktionsorientierte Betrachtung leitet somit zu dem Verständnis, die Flamme im technischen Sinne als Flamme nach dem Anspruch 1 anzusehen.
93Dem Verständnis steht nicht entgegen, dass Anspruch 1 neben dem Begriff der „Flamme“ auch den Begriff „heiße Verbrennungsgase“ verwendet und diesen Gasen in Merkmal 2b) die Aufgabe zukommen lässt, durch die Durchlässe des Wärmetauschers zu strömen und so den Wärmeaustausch auf das Wärmetauschermedium zu bewerkstelligen, wie es insbesondere in den Absätzen [0010], [0024] und [0026] f. der Klagepatentschrift näher beschrieben ist, wobei dort auch die Begriffe „Abgas“, „heißes Rauchgas“ und „heiße Abgase“ verwendet werden. Aus den unterschiedlich verwendeten Begriffen wird zwar deutlich, dass das erfindungsgemäße Flammenumlenkteil nicht „heiße Verbrennungsgase“ – oder wie in der gewürdigten DE A 32 12 XXZ (Klagepatentschrift Abs. [0005]) „heiße Gase“ (vgl. hierzu auch Anhörungsprotokoll Dr. E, S. 33 ff.) – umlenken soll, sondern die Flamme umlenken muss. Aus der Unterscheidung von Flamme und heißen Verbrennungsgasen lässt sich jedoch nicht ableiten, dass es auf die Umlenkung der sichtbaren Flamme ankommt. Heiße Verbrennungsgase sind vielmehr auch dann von der Flamme abgrenzbar bzw. zu unterscheiden, wenn unter der Flamme die technische Flamme verstanden wird. Die technische Flamme endet, sobald der erforderliche Ausbrandgrad erreicht ist. Nach Erreichen des gewünschten Emissionswertes liegen heiße Verbrennungsgase vor (Anhörungsprotokoll Dr. E, S. 8, 34). Aufgrund der Abkühlung beim Durchströmen des Wärmetauschers kommt es nicht zu weiteren Verbrennungsreaktionen, die zu einer Reduzierung des Abgaswertes führen. Die Umlenkung hat aufgrund dessen nach Anspruch 1 in einem Stadium zu erfolgen, in dem der gewünschte Ausbrandgrad noch nicht erreicht ist.
94Schließlich lässt sich auch aus dem in den Figuren 3 und 4 illustrierten (und in Unteranspruch 16 geschütztem) Ausführungsbeispiel nicht ableiten, dass es nach der technische Lehre des Klagepatents notwendig ist, die sichtbare Flamme umzulenken.
95In dem in den Absätzen [0019], [0033] ff. der Klagepatentschrift erläuterten Ausführungsbeispiel ist ein Flammenraummantel (69) brennkammerseitig des Wärmetauschers (15) in der Brennkammer (17) angeordnet. Der Flammenraummantel (69) weist auf seinem zylindrischen Mantel Schlitze (71) und Leitbleche (73) auf, welche die heißen Rauchgase aus dem inneren Bereich der Brennkammer (17) entlassen und in einer um die Achse (45) rotierenden Strömung durch die Zwischenräume (41) zwischen den Rohren (40) des Wärmetauschers (15) leiten. Die Flamme schlägt zwischen dem Flammrohr (23) und dem Flammraummantel (69) zurück zur flammrohrseitigen Stirnseite des Gehäuses (13) (Klagepatentschrift Abs. [0033]). In der Figur 4, die das Ausführungsbeispiel im Querschnitt zeigt, ist der Bereich, in den die Flamme zurückschlägt, gezeigt durch das Flammrohr (23) und den in radialer Richtung davon entfernten, mit Strichlinien gezeichneten zylindrischen Kreis, der um das Flammrohr (23) herum eingezeichnet ist. Von dem Kreis gehen einzelne Pfeile ab, die das heiße Rauchgas darstellen, welches durch die Schlitze (71) des Flammenraummantels (69) entlassen wird. Der Flammenraummantel (69) hat den Zweck, den Wärmetauscher (15) weitgehend vor direktem Flammenkontakt zu schützen. Er wirkt sich zusätzlich positiv auf die Lärmdämmung aus (Klagepatentschrift Abs. [0012], [0034]).
96Diesem Ausführungsbespiel kann der Fachmann mithin entnehmen, dass es vorteilhaft ist, wenn der erfindungsgemäße Wärmetauscher nicht mit der Flamme direkt in Kontakt kommt, sondern dass er nur – wie im Anspruch 1 ausdrücklich vorgeschrieben – von heißen Verbrennungsgasen durchströmt wird. Dass ist aber gerade auch bei Umlenkung der technischen Flamme der Fall; auch dann strömen nur die heißen Verbrennungsgase durch die Durchlässe des Wärmetauschers und nicht die Flamme. Dass in dem Ausführungsbeispiel der gewünschte Ausbrandgrad schon innerhalb des Flammenraummantels erreicht ist, weil er nur noch von heißem Rauchgas durchströmt wird, ist für die Verwirklichung des Anspruchs 1 ohne Belang. Anspruch 1 macht keine zwingenden Angaben dazu, in welchem Abstand vor dem Wärmetauscher die Flamme enden muss. Klar ist lediglich, dass es sich in dem Zeitpunkt, in dem die Strömung die Brennkammer verlässt und die Durchlässe des Wärmetauschers durchströmt werden, um heiße Verbrennungsgase handeln muss.
97Der Fachmann wird schließlich bei der Festlegung des erforderlichen Ausbrandgrades auf die DIN EN 267 zurückgreifen (Gutachten Dr. E, S. 12; Anhörungsprotokoll S. 59 ff; vgl. a. Privatgutachten Prof. Dr. G Anlage BK 6, S. 2; Privatgutachten Prof. Dr. H Anlage B 13, S. 6), und sich an den Emissionsgrenzwerten orientieren, die die DIN EN 267 im Prioritätszeitpunkt des Klagepatents bereit hielt (Anlage W 15, DIN EN 267 Fassung von 1991). Hiernach darf der Anteil an unverbrannten Kohlenwasserstoffen im Abgas nicht mehr als 10ppm betragen, ausgenommen in den ersten 20 Sekunden nach der Brennstofffreigabe (Abschnitt 5.2 der DIN EN 267): Der CO-Gehalt in den trockenen Abgasen darf höchstens 100 ppm betragen (Abschnitt 5.3.1 der DIN EN 267), umgerechnet 126 mg/kWh.
98Das Klagepatent verfolgt das Ziel einen schadstoffarmen Heizkessel bereit zu stellen; die Feuerungsanlage soll sich durch niedrige Abgaswerte auszeichnen (Klagepatentschrift Abs. [0007]). Welche konkreten Abgaswerte zwingend einzuhalten sind, besagt das Klagepatent allerdings nicht. Allein im Rahmen bevorzugter Ausführungsbeispiele wird angegeben, dass der CO-Wert unter 16 mg/kW liegt (Klagepatentschrift Abs. [0018], [0030]). Mangels Benennung konkreter Abgaswerte in der Schrift selbst, steht der Fachmann vor der Frage, auf welche Werte er zurückgreifen soll, um den Ausbrandgrad zu bestimmen. Bei Beantwortung dieser Frage drängen sich ihm die im Prioritätszeitpunkt gültigen DIN-Grenzwerten auf. Die DIN EN 267 gehört zum allgemeinen Fachwissen des Fachmanns und ihre Normen beanspruchen allgemeine Gültigkeit. Nur wenn die normierten Grenzwerte eingehalten werden, kann von niedrigen Abgaswerten die Rede sein. Eine Orientierung an den dort genannten Emissionsgrenzwerten liegt folglich auf der Hand.
99cc)
100Das Flammenumlenkteil befindet sich nach Merkmal 4a) im Abstand von der Flammöffnung des Flammrohres. Dieses Abstandes bedarf es, damit die Flamme, die anders als im Stand der Technik (FR 93 004 XX, Klagepatentschrift Abs. [0002], [0014], entspricht der EP 678 XYX, Anlage K 13) nicht radial durch viele kleine Öffnungen, sondern durch eine axiale Flammöffnung des Flammrohres austritt, überhaupt aus der Öffnung heraustreten und gegen das Flammenumlenkteil strömen kann, um von diesem umgelenkt zu werden.
101Der Abstand kann axial oder radial sein und ist so zu wählen, dass die unter bb) aaa) beschriebene Umlenkung der Flamme erfolgt (Ergänzungsgutachten Dr. E S. 3; Anhörungsprotokoll Dr. E, S. 48). Wenn die Flamme aus der Flammrohröffnung austritt, ist sie noch nicht ausgebrannt, so dass die vom Klagepatent gewünschten niedrigen Abgaswerte noch nicht vorliegen. Die Flamme darf nach der Erfindung folglich nicht direkt aus der Flammrohröffnung durch die Durchlässe des Wärmetauschers in die Abgaskammer strömen. Sie ist vielmehr umzulenken, um so eine längere Wegstrecke und damit eine längere Verweildauer in der Brennkammer zu erzielen. Der Abstand bezweckt folglich auch nicht, die noch nicht umgelenkte Flamme aus der Brennkammer durch die Durchlässe des Wärmetauschers austreten zu lassen.
102Angesichts des Zwecks des Abstands und der nach dem Klagepatent vorgesehenen Umlenkung ist es entscheidend, dass die aus der Flammöffnung austretende Flamme tatsächlich auf ein körperliches Bauteil des Flammenumlenkteils trifft. Denn nur ein solches kann zu einer Stauströmung und der Umlenkung um mindestens 180˚ führen. Eine „(fiktive) Ebene des Flammenumlenkteils“ ist hierfür demgegenüber unerheblich.
103c)
104Ausgehend von diesem Verständnis verwirklicht die angegriffene Ausführungsform, wie das nachvollziehbare und widerspruchsfreie Gutachten des Sachverständigen Dr. E ergeben hat, Anspruch 1 wortsinngemäß.
105aa)
106Die angegriffene Ausführungsform verfügt über einen erfindungsgemäßen mantelförmigen Wärmetauscher. Es handelt sich hierbei um den Wendelrohrwärmetauscher, der die Brennkammer von der Abgaskammer trennt, und der auf der Mantelfläche verteilt Durchlässe für die heißen Verbrennungsgase aufweist. Die Durchlässe sind – den obigen Ausführungen folgend – auch auf der ganzen Länge der Brennkammer verteilt angeordnet. Es ist nicht erforderlich, dass im Bereich des Flammenumlenkteils Durchlässe vorhanden sind.
107Soweit die Beklagten die Ansicht vertreten, neben dem unstreitig vorhandenen Wendelrohrwärmetauscher weise die angegriffene Ausführungsform einen zweiten Wärmetauscher bzw. einen zweiten Teil eines Wärmetauschers auf, der den Anforderungen des Merkmals 2b) nicht genüge, verfängt dies nicht. Abgesehen davon, dass der Anspruch nur das Vorliegen eines erfindungsgemäßen Wärmetauschers fordert und das Vorhandensein eines zweiten – wie auch immer ausgestalteten – Wärmetauschers nicht verbietet, ist die zylindrische Wand, die sich an den Wendelrohrwärmetauscher anschließt und an den Klöpperboden angeschweißt ist, kein zweiter Wärmetauscher bzw. zweiter Teil eines Wärmetauschers im Sinne des Klagepatents. Für diese Qualifizierung genügt es aus den unter b) aa) ausgeführten Gründen nämlich nicht, dass die zylindrische Wand auch Wärme überträgt. Es kommt vielmehr auf ihren spezifischen technischen Zweck innerhalb des Heizkessels an. Dieser besteht bei der zylindrischen Wand der angegriffenen Ausführungsform in der Umlenkung der Flamme. Die aus dem Flammrohr axial ausströmende Flamme trifft als rotationssymmetrischer Strahl auf den gewölbten Boden des Klöpperbodens. Dort kommt es zu einem Staupunkt, an dem die Strömung um etwa 90˚ radial nach außen gelenkt wird. Die Strömung folgt der Kontur des Klöpperbodens und trifft sodann auf die sich anschließende angeschweißte zylindrische Wand, an der die Strömung bestimmungsgemäß erneut um etwa 90˚ umgelenkt wird. Es bildet sich eine gegenläufige Mantelströmung aus (Gutachten Dr. E, S. 19, 24; Gutachten Prof. Dr. D, S. 14; vgl. a. Privatgutachten Prof. Dr. G BK 10, S. 2). Die zylindrische Wand, deren Durchmesser im Übrigen geringer ist als der Durchmesser des Wendelrohrwärmetauschers, stellt folglich sicher, dass die Flamme insgesamt um etwa 180˚ und in den Raum zwischen Flammrohr und Wendelrohrwärmetauscher der angegriffenen Ausführungsform umgelenkt wird. Sie ist deshalb Bestandteil eines erfindungsgemäßen Flammenumlenkteils (Gutachten Dr. E, S. 23; Ergänzungsgutachten Dr. E, S. 10; Anhörungsprotokoll Dr. E, S. 4, 11 f., 53 ff.), wobei es, wie bereits ebenfalls ausgeführt, ohne Belang ist, dass dieses Umlenkteil aus zwei Bestandteilen hergestellt wurde.
108bb)
109Da das aus Klöpperboden und angeschweißter zylindrischer Wand bestehende Umlenkteil die technische Flamme umlenkt, weist die angegriffene Ausführungsform darüber hinaus auch ein Flammenumlenkteil gemäß Anspruch 1 auf.
110Der Sachverständige Dr. E hat am 30.08.2012 im Beisein der Parteivertreter Strömungsmessungen an einem Mustergerät der angegriffenen Ausführungsform durchgeführt (Bl. 663 ff. GA, Gutachten Dr. E, S. 13 ff.). Die Beklagten haben weder den Versuchsaufbau zum Betrieb und zur Geometrie des Mustergeräts noch die korrekte Anwendung der Messgeräte sowie Messmethoden beanstandet. Bei der sachverständigen Untersuchung der angegriffenen Ausführungsform wurden an 6 Messpunkten CO-Messwerte entlang einer Stromlinie genommen, die vom Flammrohr kommt und dem Flammenumlenkteil folgt (siehe insbesondere Abbildung 12 – 14 des Sachverständigengutachtens). Die Messung der CO-Konzentration entlang der Stromlinie hat ergeben, dass bis in den Zwischenraum vom mantelförmigen Wärmetauscher und Flammrohr mit der Lauflänge abnehmende El_CO-Werte vorliegen, die deutlich oberhalb des DIN-Grenzwertes liegen, der das Flammenende definiert (Gutachten Dr. E, S. 19 ff, 25; Anhörungsprotokoll Dr. E S. 52 f.). Das bedeutet, dass die technische Flamme umgelenkt wird.
111Das Flammenumlenkteil befindet sich bei der angegriffenen Ausführungsform schließlich auch im Abstand von der Flammöffnung des Flammrohres. Es ist 75 – 76 mm davon entfernt (Gutachten Dr. E, S. 24). Die Flamme kann aus der Flammöffnung heraustreten und auf das Flammenumlenkteil zwecks Umleitung auftreffen.
1122)
113a)
114Da die Beklagten entgegen § 9 Abs. 1 Nr. 1 PatG eine patentierte Erfindung benutzen, sind sie nach § 139 Abs. 1 PatG zur Unterlassung verpflichtet.
115Nach § 139 Abs. 2 PatG haben sie außerdem den Schaden zu ersetzen, der der Klägerin nach dem 01.06.2006 und der B in der Zeit vom 06.01.2002 bis zum 31.05.2006 aus den patentverletzenden Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird. Auch wenn abweichend vom ursprünglichen Antrag der Klägerin im Tenor der Schaden, den die ursprüngliche Patentinhaberin erlitten hat, aufgenommen wurde, ist dies keine Teilabweisung. Die Beklagten haben das Klagepatent schuldhaft verletzt, nämlich zumindest fahrlässig im Sinne des § 276 Abs. 1 S. 2 BGB. Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätten sie erkennen können, dass die angegriffene Ausführungsform von dem Klagepatent Gebrauch macht. Die Klägerin hat ein rechtliches Interesse daran, die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz zunächst dem Grunde nach feststellen zu lassen, statt auf Leistung zu klagen. Das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen ist hinreichend wahrscheinlich, beziffern kann die Klägerin ihre daraus resultierenden Ansprüche jedoch erst, wenn die Beklagten über den Umfang ihrer patentverletzenden Handlungen Rechnung gelegt haben. Dass die Klägerin und auch deren Rechtsvorgängerin durch die patentverletzenden Handlungen der Beklagten geschädigt worden sind, ist hinreichend wahrscheinlich.
116Die Beklagten sind des Weiteren verpflichtet gem. Art II § 1 IntPatÜG eine Entschädigung zu zahlen. Soweit der Tenor des Urteils in Ziff. II. 1 von dem Antrag der Klägerin abweicht, handelt es sich nicht um eine Teilzurückweisung, sondern nur um eine sprachliche Neufassung. Die Aufnahme der ursprünglichen Patentinhaberin in einen Antrag/Tenor ist zwar im Zusammenhang mit dem geltend gemachten Schadenersatzanspruch erforderlich, nicht aber hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs. Letzterer ist nur auf eine angemessene Entschädigung gerichtet, die nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet wird. Hierbei kommt es auf die konkrete anspruchsberechtigte Person nicht an.
117Steht die Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz bzw. zur Entschädigung dem Grunde nach fest, so entspricht es Treu und Glauben (§ 242 BGB), dass die Beklagten der Klägerin über den Umfang ihrer Verletzungshandlungen Rechnung legen. Die Klägerin ist auf diese Angaben angewiesen, um die Entschädigungs- und Schadenersatzansprüche berechnen und beziffern zu können, weil sie ohne eigenes Verschulden das Ausmaß der patentverletzenden Handlungen der Beklagten nicht kennt. Dem gegenüber werden die Beklagten durch die ihnen abverlangten und auch ohne Schwierigkeiten erteilbaren Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Soweit Einzelauskünfte auch nach § 140b PatG geschuldet werden, sind sie mit den im Rahmen der allgemeinen Rechnungslegung zu machenden Angaben zusammengefasst.
118b)
119Die Klägerin ist hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche aktiv legitimiert. Sie ist seit dem 01.06.2006 materielle Inhaberin des Klagepatents; hinsichtlich der Ansprüche für den Zeitraum vom 12.02.2000 bis zum 31.05.2006 geht sie aus abgetretenem Recht vor.
120aa)
121Die Aktivlegitimation hinsichtlich der Ansprüche wegen Patentverletzung erwächst nicht aus der Eintragung einer Person als Inhaberin in das Patentregister gem. § 30 Abs. 3 PatG. Die Eintragung wirkt weder rechtsbegründend noch rechtsvernichtend; ihre Legitimationswirkung ist beschränkt auf die Befugnis zur Führung von Rechtsstreitigkeiten aus dem Patent. Die Aktivlegitimation folgt vielmehr der materiellen Rechtslage am Klagepatent. Nur dem materiell Berechtigten stehen die aus einer Verletzung folgenden Ansprüche zu (BGH GRUR 2013, 713 – Fräsverfahren).
122Die Eintragung im Patentregister ist für die Beurteilung der Frage, wer materiell-rechtlich Inhaber des Patents ist, dennoch nicht bedeutungslos. Ihr kommt nach der Entscheidung „Fräsverfahren“ des BGH im Rechtsstreit eine erhebliche Indizwirkung zu, da eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die Eintragung des Rechtsübergangs im Patentregister die materielle Rechtslage zuverlässig wiedergibt. Angesichts dessen bedarf es in einem Verletzungsrechtsstreit regelmäßig keines weiteren Vortrags oder Beweisantritts, wenn sich eine Partei auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft. Eine Partei, die geltend macht, die materielle Rechtslage weiche vom Registerstand ab, muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte aufzeigen, aus denen sich die Unrichtigkeit ergibt. Welche Anforderungen hierbei zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Der Vortrag, der eingetragene Inhaber habe das Patent nicht wirksam oder zu einem anderen Zeitpunkt erworben, erfordert in der Regel nähere Darlegungen dazu, woraus sich die Unwirksamkeit des eingetragenen Rechtsübergangs ergeben soll. Je nach Einzelfall kann es auch zu einer Umkehr der Beweislast zu Gunsten dessen kommen, der sich auf den aus dem Patentregister ersichtlichen Rechtsstand beruft.
123bb)
124Diese Erwägungen zugrundegelegt ist die materiell-rechtliche Inhaberschaft der Klägerin am Klagepatent ab dem 01.06.2006 festzustellen.
125Die ursprünglich eingetragene materielle Inhaberin des Klagepatents, die B, hat das Klagepatent mit Übertragungserklärung vom 31.05.2006 (Anlage K 3) auf die Klägerin wirksam übertragen. Ca. zweieinhalb Monate später, am 10.08.2006, ist die Klägerin als neue Inhaberin in das Patentregister eingetragen worden. Tatsächliche Anhaltspunkte, die durchgreifende Zweifel an der Wirksamkeit der Übertragung des Klagepatents auf die Klägerin aufkommen lassen könnten, sind weder ersichtlich noch von der Beklagten ausreichend vorgetragen.
126Soweit die Beklagten darauf hinweisen, dass zu prüfen ist, inwieweit die Übertragung mit fremdem Recht übereinstimmt, da die Übertragung des Klagepatents von einer liechtensteinischen Aktiengesellschaft in Liquidation auf eine Schweizer Gesellschaft erfolgt, ist dem im Ansatz zuzustimmen. Gleichwohl bedarf es keiner Einholung eines Sachverständigengutachtens zum liechtensteinischen Recht gem. § 293 ZPO; der Senat kann den Inhalt des fremden Rechts mittels Gesetzes- und Literaturstudium selbst erforschen.
127Ausländisches Recht ist von Amts wegen zu ermitteln (BGH NJW 1980, 2022). Die Parteien trifft keine (prozessuale) Beweisführungslast bei der Ermittlung des maßgeblichen ausländischen Rechts (Beschluss vom 21.12.2011 - I ZR 144/09 BeckRS 2012, 01018; BGH NJW-RR 2005, 1071; BGH NJW 1993, 1073; BGH RIW 1982, 199; Musielak/Huber, ZPO, 10. Aufl., § 293 Rn. 8, 13; Zöller/Geimer ZPO, 30. Aufl., § 293 Rn. 15 ff.). Die Zurückweisung von Parteivorbringen zur Ermittlung ausländischen Rechts als verspätet kommt angesichts dessen grundsätzlich nicht in Betracht (Musielak/Huber, ZPO, 10. Aufl., § 293 Rn. 6; offen gelassen: BGH RIW 1984, 646).
128In welcher Weise der Richter seiner Pflicht zur Ermittlung des ausländischen Rechts nachkommt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Er muss sich aller ihm zugänglichen Erkenntnisquellen bedienen, um sichere Erkenntnisse über das ausländische Recht zu erhalten, wobei er bei seinen Ermittlungen die von den Parteien vorgebrachten Beiträge im Rahmen der ihnen obliegenden Unterstützung des Gerichts zu berücksichtigen hat. Es sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je detaillierter oder kontroverser die Parteien vortragenoder je komplexer oder fremder im Vergleich zum eigenen das anzuwendende Recht ist. In seine Überlegungen einzubeziehen hat der Richter zudem Aspekte der Verfahrensbeschleunigung und Kostenminimierung (BGH GRUR-RR 2012, 135; BGH NJW-RR 2002, 1359; BGH NJW 1992, 2026, 2029; BGH NJW 1975, 1583; Musielak/Huber, ZPO, 10. Aufl., § 293 Rn. 9; Zöller/Geimer ZPO, 30. Aufl., § 293 Rn. 15, 20).
129Unter Berücksichtigung dessen sowie der kumulativ hinzutretenden, unter b) aa) dargestellten Grundsätze der Entscheidung „Fräsverfahren“ ist das Ermessen des Senats hinsichtlich der Ermittlung des ausländischen Rechts vorliegend sehr weit.
130Die Klageschrift stammt aus Oktober 2006, der Rechtsstreit ist mithin seit mehr als 7 Jahren anhängig, und in dem seit 2008 anhängigen Berufungsverfahren sind umfangreiche Sachverständigengutachten zur Patentverletzung eingeholt worden. Gleichwohl haben sich die Parteien mit dem Inhalt und den einschlägigen Normen des fremden Rechts bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung nicht eingehend beschäftigt. Im Vortrag der Beklagten fand sich anfänglich nur die schlichte Angabe, fremdes Recht sei von Bedeutung. Erst im Schriftsatz vom 29.01.2014, mithin einen Tag vor der letzten mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren und in einem Zeitpunkt, in dem ein aus Sicht der Beklagten ungünstiges Sachverständigengutachten bereits mehrere Monate vorlag, haben die Beklagten verschiedene, aus ihrer Sicht klärungswürdige Fragen aufgeworfen. Es blieb allerdings bei der Fragestellung. Auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung gaben die Beklagten an, dass sie ihre Fragen keinen konkreten Normen zuordnen könnten. Die Klägerin wollte auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung keine Stellungnahme zum fremden Recht abgeben; sie hat dies erst in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz getan. Nicht außer Acht gelassen werden kann zudem, dass die Eintragung der Klägerin in das Patentregister als Inhaberin des Klagepatents ebenfalls ca. 7 Jahre zurückliegt. Gleiches gilt für das dieser Eintragung zugrundeliegende Übertragungsgeschäft. Trotz dieses langen Zeitraums ist keine Änderung des Patentregisters beantragt und/oder vorgenommen worden oder (seitens Dritter) die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts bezweifelt oder angefochten worden. Schließlich kommen die Grundsätze der Entscheidung „Fräsverfahren“ zum Tragen: Die Beklagten beschränken sich auf ein Bestreiten mit Nichtwissen, ohne Tatsachen vorzutragen, die gegen die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts unter Zugrundelegung des liechtensteinischen Rechts sprechen könnten.
131Angesichts dessen übt der Senat sein Ermessen dahingehend aus, auf die Einholung eines weitere Kosten verursachenden, den Abschluss des Verfahrens für längere Zeit hinauszögerndes Sachverständigengutachten zum fremden Recht zu verzichten und sich stattdessen über den Inhalt des fremden Rechts mittels der einschlägigen, im Internet einzusehenden Gesetztestexte und verfügbarer Literatur zum liechtensteinischen Recht in Kenntnis zu setzen.
132Die Übertragungserklärung vom 31.05.2006 hat für die B ihr Liquidator unterzeichnet. Ausweislich der Amtsbestätigung des Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramtes des Fürstentums Liechtenstein (Anlage K 12) ist mit Beschluss des genannten Amtes vom 22.04.2002 Herr C zum Liquidator mit Einzelzeichnungsrecht der B bestimmt worden. Dass die Übertragungserklärung vom 31.05.2006 als Unterschrift lediglich den Namenszug Johann Peter D trägt, ist unschädlich. Bei Herrn C und Herrn D handelt es sich – was die Beklagten mit Nichtwissen bestreiten – um ein und dieselbe Person. Die Personenidentität wird durch die Amtsbestätigung des Grundbuch- und Öffentlichkeitsregisteramtes des Fürstentums Liechtenstein vom 27.04.2009 (Anlage BK 11) belegt. Soweit die Beklagten ferner mit Nichtwissen bestreiten, dass Herr C noch am 21.08.2007 Liquidator der B gewesen sei, da die Amtsbestätigung Anlage K 12 vom 02.08.2007 datiere, verfängt auch dies nicht. Abgesehen davon, dass aufgrund des unter b) aa) Ausgeführten ein Bestreiten mit Nichtwissen nicht ausreicht, um die Wirksamkeit der Übertragung des Klagepatents erheblich in Frage zu stellen, fand die in Rede stehende Übertragung des Klagepatents am 31.05.2006 statt. Ohne Belang wäre es deshalb, wenn Herr C am 21.08.2007 nicht mehr Liquidator gewesen sein sollte, wofür allerdings keine tatsächlichen Anhaltspunkte zu erkennen sind.
133Als Liquidator mit Einzelzeichnungsrecht war Herr C befugt, die B zu vertreten und das Klagepatent auf die Klägerin zu übertragen. Die Rechte und Pflichten eines Liquidators einer Aktiengesellschaft regelt das liechtensteinische Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) insbesondere in Art. 131 Abs. 3, Art. 134 Abs. 3 PGR. Danach werden dem Liquidator sämtliche Befugnisse der Verwaltung als Organ übertragen; für ihn gelten, sofern im Gesetz nichts anderes bestimmt ist, die gleichen Vorschriften wie für die Verwaltung der Aktiengesellschaft (Roth, Die Beendigung mit Liquidation von Körperschaften des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht, 2001, S. 120 f., 143). Im Zusammenwirken mit Art. 187 Abs. 1 PGR, wonach die Organe einer Verbandsperson von Gesetzes wegen befugt sind, sämtliche Geschäfte für die Verbandsperson abzuschließen, kommt dem Liquidator dieselbe Vertretungsmacht zu. Er kann – auch neue – Geschäfte grundsätzlich rechtsgültig abschließen (Roth, Die Beendigung mit Liquidation von Körperschaften des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht, 2001, S. 130). Eine Einschränkung erfährt die Vertretungsmacht allerdings einerseits durch Art. 187a Abs. 2 PGR, der normiert, dass die Beschränkungen einzuhalten sind, die im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften durch die Statuten oder entsprechende Beschlüsse der zuständigen Organe getroffen wurden, und andererseits durch Art. 136 Abs. 3 PGR, welcher besagt, dass bei der Versilberung der Aktiven – dies gehört nach Art. 136 Abs. 1 PGR zu den Aufgaben des Liquidators – Grundstücke oder ihnen gleichgestellte Rechte mit Zustimmung des obersten oder eines anderen statuarisch ermächtigten Organs auch freihändig veräußert werden dürfen. Dass einer dieser beiden Fälle vorliegend eingreift, ist nicht ersichtlich. Abgesehen davon, dass Art. 187a Abs. 2 PGR die Vertretungsmacht nur dann einschränkt, wenn der Dritte bösgläubig ist (Roth, Die Beendigung mit Liquidation von Körperschaften des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht, 2001, S. 131) und die Beklagten hierzu keinerlei Tatsachen vorgetragen haben, die eine Bösgläubigkeit der Klägerin begründen könnten, ist schon nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass überhaupt Beschränkungen entsprechend Art. 187a Abs. 2 PGR existieren. Ebenso wenig handelt es sich bei einem Patent um ein Grundstück oder ein diesem gleichgestelltes Recht im Sinne von Art. 136 Abs. 2 PGR. Eine besondere Form für die Übertragung eines Patents ist nicht vorgeschrieben. Demzufolge kann der Liquidator eine Einzelverwertung eines Patents vornehmen und hierbei – wie grundsätzlich für jedes Aktivum (Roth, Die Beendigung mit Liquidation von Körperschaften des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht, 2001, S. 152) – frei entscheiden, ob er freihändig veräußern oder versteigern will. Eine Zustimmung eines anderen Organs der Verbandsperson ist nicht notwendig. Im Ermessen des Liquidators obliegt es auch, Forderungen zu zedieren (Roth, Die Beendigung mit Liquidation von Körperschaften des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht, 2001, S. 152). Die Vertretungsbefugnis des Liquidators deckt sich mangels entgegenstehender Anhaltspunkte mit der Vertretungsmacht (Roth, Die Beendigung mit Liquidation von Körperschaften des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht, 2001, S. 133)
134Ebenso ohne Bedeutung für die Wirksamkeit der Übertragungserklärung ist der Umstand, dass bei der Bezeichnung der B der Zusatz „in Liquidation“ fehlt. Der Zusatz gem. Art. 131 Abs. 1 PGR bzw. seine Publizität und die Verpflichtung ihn zu tragen, dient zwar dem Schutz potentieller Gläubiger, indem diese dadurch auf den nunmehrigen Zustand der Aktiengesellschaft hingewiesen werden. Dennoch sind Rechtsgeschäfte, welche die Aktiengesellschaft ohne Beifügen des Zusatzes abschließt nicht ungültig. Die Verbandsperson bzw. die Aktiengesellschaft ist vor und nach der Auflösung identisch (Roth, Die Beendigung mit Liquidation von Körperschaften des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht, 2001, S. 109).
135Die Übertragungserklärung vom 31.05.2006 ist auch ausreichend bestimmt. Der Erklärung (Anlage K 3) ist ohne weiteres zu entnehmen, wer die Parteien des Rechtsgeschäftes sind, nämlich die B und die Klägerin, und was übertragen wird, nämlich das mittels EP- und DE- Aktenzeichen konkretisierte Klagepatent. Schließlich gibt die Übertragungserklärung deutlich zu erkennen, dass es sich um eine Vollübertragung des Rechts handelt.
136cc)
137Die zeitlich vor der Übertragung liegenden Ansprüche, insbesondere auf Schadenersatz und Entschädigung hat die B der Klägerin mit der Übertragungserklärung vom 31.05.2006 (Anlage K 3) wirksam abgetreten. Die Klägerin hat die Abtretung angenommen.
138Ausweislich der Einleitung der Erklärung sollten mit der Übertragung des Klagepatents „alle Rechte, einschließlich die vor der Übertragung entstandenen Rechte, insbesondere vor der Übertragung entstandene Rechte gegenüber das Patent verletzenden Dritten“ auf die Klägerin als Erwerberin des Klagepatents übergehen. Ersichtlich sollten damit sämtliche der B als bisheriger Patentinhaberin aus dem Klagepatent zustehenden Ansprüche übertragen werden, folglich insbesondere Schadenersatzansprüche wegen Verletzung des Klagepatents und Entschädigungsansprüche, die infolge der Benutzung des Gegenstandes der veröffentlichen europäischen Anmeldung entstanden sind. Die Abtretung von Forderungen fällt in die Aufgabe des Liquidators, die Aktiva der Verbandsperson zu versilbern, Art. 136 Abs. 2 PGR (Roth, Die Beendigung mit Liquidation von Körperschaften des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrecht, 2001, S. 152).
139III.
140Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
141Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 108 ZPO.
142Ein Grund für eine Zulassung der Revision (§ 543 ZPO) besteht nicht. Die vorliegende Rechtssache wirft als reine Einzelfallentscheidung weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung noch solche auf, die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht erfordern.
143Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 11.01.2014 ist nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangen. Bei der Urteilsfindung ist er unberücksichtigt geblieben. Veranlassung die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (§ 156 ZPO), bestand in Anbetracht des Inhalts des Schriftsatzes nicht.
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Referenzen
- ZPO § 543 Zulassungsrevision 1x
- PatG § 140b 1x
- ZPO § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht 1x
- ZPO § 293 Fremdes Recht; Gewohnheitsrecht; Statuten 1x
- ZPO § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung 1x
- PatG § 9 1x
- § 1 IntPatÜG 1x (nicht zugeordnet)
- BGB § 242 Leistung nach Treu und Glauben 1x
- PatG § 139 2x
- ZPO § 711 Abwendungsbefugnis 1x
- ZPO § 108 Art und Höhe der Sicherheit 1x
- BGB § 276 Verantwortlichkeit des Schuldners 1x
- I ZR 144/09 1x (nicht zugeordnet)
- 4a O 373/06 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 156 Wiedereröffnung der Verhandlung 1x
- PatG § 30 1x