Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - VI-W (Kart) 13/16
Tenor
- I. Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 20. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Bonn vom 6. September 2016 - 20 O 325/16 - wird zurückgewiesen.
- II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 840.000 € festgesetzt.
1
Gründe
2Das zulässige Rechtsmittel der Antragsteller hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht das Begehren der Antragsteller zurückgewiesen, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Verfügung (§§ 935 ff. ZPO) aufzugeben, sie - die Antragsteller - zur Teilnahme an den Paralympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro, Brasilien, zuzulassen.
3A. Ganz erhebliche Bedenken bestehen bereits hinsichtlich des Bestehens eines Verfügungsgrundes.
41. Nach der vom Antragsgegner schon am 7. August 2016 getroffenen Entscheidung, das RPC wegen des Vorwurfs staatlich organisierten Dopings von der Mitgliedschaft im IPC zu suspendieren und die dem RPC unterstehenden Athleten von der Teilnahme an den Paralympischen Spielen 2016 auszuschließen, haben die Antragsteller mit der Ausbringung ihres Begehrens nach einstweiligem Rechtsschutz etwas mehr als vier Wochen und zudem bis unmittelbar vor Beginn der am 7. September 2016 eröffneten Spiele zugewartet, ohne dass hierfür ein nachvollziehbarer und anerkennenswerter Grund dargetan oder sonst ersichtlich ist. Auf eine hinreichende Wahrnehmung (auch) ihrer individuellen rechtlichen Interessen im Rahmen des vom RPC angestrengten Schiedsverfahrens haben die Antragsteller vernünftigerweise von vornherein nicht, spätestens aber seit der Entscheidung des CAS (schon) vom 23. August 2016 nicht mehr vertrauen dürfen; in jener Entscheidung ist hervorgehoben worden, dass etwaige individuelle Rechte einzelner Athleten im zu Grunde liegenden Schiedsgerichtsverfahren nicht berücksichtigt worden sind. In Ansehung der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. etwa jüngst Beschluss v. 11. Juli 2016 - VI-W (Kart) 6/16) m.w.N.) geben die dargelegten Umstände in ihrer Gesamtheit gewichtigen Anhalt dafür, dass es an der erforderlichen Dringlichkeit der Angelegenheit fehlt. Dies gilt umso mehr, als die späte Einreichung des Verfügungsantrags in erster Instanz im Hinblick auf das zu diesem Zeitpunkt unmittelbare Bevorstehen der Wettkämpfe ganz offensichtlich nicht geeignet gewesen ist, eine Teilnahme aller beteiligten Athleten an den Spielen hinreichend sicher zu gewährleisten.
52. Soweit sie den Antragsgegner zu ihrer Zulassung zu den Paralympischen Spielen 2016 verpflichtet wissen wollen, begehren die Antragsteller den Erlass einer auf Erfüllung der von ihnen reklamierten Ansprüche gerichteten Leistungsverfügung. Ob und inwieweit im Einzelnen sie entsprechend den in ständiger Rechtsprechung des Senats sowie weiterer Oberlandesgerichte vertretenen Grundsätzen eine bestehende oder zumindest drohende Notlage anführen können, die ausnahmsweise den Erlass einer über die (bloße) Sicherung von Ansprüchen hinausgehenden Befriedigungsverfügung zu rechtfertigen geeignet ist (vgl. hierzu etwa Senat, Urteil v. 14. Oktober 2015 - VI-U (Kart) 9/15, Rz. 12 bei juris m.w.N.), erscheint äußerst zweifelhaft. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die (lediglich unter den Angaben zum Streitwert des Verfügungsverfahrens erfolgten) Darlegungen der Antragsteller zu drohenden finanziellen Einbußen aus entgangenen Sponsorengeldern; dieser völlig pauschale Vortrag entbehrt sowohl in der Sache selbst als auch hinsichtlich der fraglichen Auswirkungen eines Teilnahmeausschlusses für jeden einzelnen Antragsteller jedweder Substantiierung.
6B. Ob die aufgezeigten Bedenken hinsichtlich eines festzustellenden Verfügungsgrundes im Ergebnis durchgreifen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Jedenfalls steht den Antragstellern kein Verfügungsanspruch zur Seite.
71. Das Verfügungsbegehren (jedenfalls) der Antragsteller zu 1. bis zu 6., zu 10. bis zu 14., zu 17. bis zu 18., zu 24., zu 28. bis zu 37., zu 39. bis zu 41., zu 44., zu 52., zu 59. und zu 65. bis 84. geht von vornherein ins Leere, weil insoweit die Anträge auf Zulassung zur Teilnahme an den Paralympischen Spielen 2016 jeweils auf eine dem Antragsgegner inzwischen unmögliche Leistung gerichtet sind und allein schon deshalb ein Verfügungsanspruch dieser Antragsteller zwingend ausscheidet. Insoweit ist nämlich zu berücksichtigen, dass die für die vorbezeichneten Antragsteller in Betracht kommenden Wettkämpfe zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Entscheidung über das Verfügungsgesuch entweder bereits beendet worden sind oder schon begonnen haben, so dass für die Antragsteller - wie diese selbst dargetan haben (vgl. Schriftsatz v. 12.9.2016 nebst Anl. AS 29) - eine Teilnahme an diesen Wettkämpfen unter keinen Umständen mehr möglich ist.
8Darüber hinaus erscheint fraglich, ob auch bei den übrigen (34) Antragstellern ihre Zulassung zu den Spielen bereits unmöglich geworden ist, weil - wie die Beschwerdeerwiderung geltend macht - die Wettkampfpläne bereits abgeschlossen und veröffentlicht sind und eine Teilnahme weiterer Athleten vor diesem Hintergrund ausgeschlossen ist. Dies bedarf indes mit Rücksicht auf die nachstehenden Ausführungen keiner weiteren Erörterung.
9Entgegen der Auffassung der Beschwerde ist die Zulassung der vorbezeichneten Antragsteller zur Teilnahme an den Paralympischen Spielen 2016 auch nicht vor dem Hintergrund der am 18. September 2016 stattfindenden Schlusszeremonie als noch möglich anzusehen. Eine isolierte Zulassung von Athleten nur zu dieser Zeremonie kommt nämlich ganz offensichtlich nicht in Betracht; vernünftigerweise kann kein Zweifel daran bestehen, dass eine Beteiligung an den Eröffnungs- wie auch den Schlussfeierlichkeiten im Sinne der in diesem Zusammenhang von der Beschwerde bemühten Bestimmung Nr. 5.4.5. des IPC-Handbook, Paralympic Games chapter allein denjenigen Athleten zugestanden wird, die auf Grund entsprechender Zulassung zur Teilnahme an den Wettkämpfen der Paralympischen Spiele vorgesehen sind bzw. gewesen sind.
102. Unabhängig von den vorstehend aufgezeigten Gesichtspunkten bleibt der Beschwerde jedweder Erfolg versagt, weil den Antragstellern im Hinblick auf die von ihnen begehrte Zulassung zur Teilnahme an den Paralympischen Spielen 2016 schon von Beginn des Verfügungsverfahrens an keine Verfügungsansprüche gegen den Antragsgegner zugestanden haben. Dahingehende Leistungsansprüche sind - anders als die Beschwerde meint - weder aus vorvertraglichen Sonderverbindungen der Antragsteller zu dem Antragsgegner noch gemäß §§ 33 Abs. 1, 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB wegen eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung noch unter sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten festzustellen.
11Insoweit kann auf sich beruhen, ob der Annahme einer zwischen den einzelnen Antragstellern und dem Antragsgegner als ein Monopolverband bestehenden vorvertraglichen Sonderverbindung im Sinne der von der Beschwerde bemühten Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil v. 13. Oktober 2015 - II ZR 23/14, BGHZ 207, 144, Rzn. 21 f.) - wie die Beschwerdeerwiderung reklamiert - entgegensteht, dass der Antragsgegner gemäß seinen Statuten (vgl. „Rio 2016 Paralympic Games - Qualification Guide, S. 7 [„General IPC regulations on eligibility - IPC membership”]) nur ausnahmsweise selbst Athleten zu den Spielen zulässt und er zudem das Aufstellen von Nominierungsrichtlinien den grundsätzlich für die Meldung der Athleten zuständigen Nationalen Paralympischen Komitees übertragen hat. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Antragsgegner als Veranstalter der Paralympischen Spiele im Hinblick auf die Zulassung von Athleten eine marktbeherrschende Stellung hat und deshalb Normadressat des kartellrechtlichen Marktmachtmissbrauchsverbots im Sinne von §§ 19, 20 GWB ist. Dahinstehen kann auch, ob und inwieweit die einzelnen Antragsteller überhaupt dem Schutz durch die genannten Vorschriften unterstehende Unternehmen im Sinne des Kartellrechts sind.
12Zulassungsansprüche der Antragsteller gegen den Antragsgegner kommen nämlich jedenfalls bei Abwägung der widerstreitenden Interessen der beteiligten Parteien nicht in Betracht. Eine solche Interessenabwägung hat im Hinblick auf alle vorliegend denkbaren Anspruchsarten bzw. -grundlagen zu erfolgen; sie fällt nach Lage der Dinge indes durchweg zu Lasten der Antragsteller aus.
13a. Die Entscheidung des Antraggegners, die Zulassungsanträge der Antragsteller zurückzuweisen, stellt keine unbillige Behinderung im kartellrechtlichen Sinne (§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 GWB) dar. Die Abwägung der widerstreitenden Interessen führt zu dem Ergebnis, dass der Antragsgegner den Antragstellern eine Teilnahme an den Paralympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro verwehren darf, weil der begründete Verdacht gerechtfertigt ist, dass diese Sportler in den vergangenen Jahren Doping betrieben haben.
14aa. Ob eine Behinderung unbillig ist, bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung auf Grund einer umfassenden Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (vgl. nur BGH, Urteil v. 31. Januar 2012 - KZR 65/10, WuW/E DE-R 3549 = NJW 2012, 2110, Rz. 29 m.w.N. - Werbeanzeigen). In diesem Rahmen sind zum einen die Interessen des behindernden Normadressaten zu berücksichtigen, wobei grundsätzlich alle Belange in die Bewertung einbezogen werden müssen, soweit sie nicht auf einen gesetzeswidrigen Zweck gerichtet sind oder sonst gegen gesetzliche Vorschriften oder Zielsetzungen verstoßen. In die Abwägung einzustellen ist zum anderen das Interesse des behinderten Unternehmens an einer von machtbedingten Beeinträchtigungen möglichst freien wettbewerblichen Betätigung (Senat, Urteil v. 15. Oktober 2014 - VI-U (Kart) 4/14, ZVertriebsR 2016, 44, Rz. 59 bei juris m.w.N.; Senat, Urteil vom 30. März 2016 – VI-U(Kart) 10/15, Rz. 151 bei juris).
15bb. Im Streitfall fällt die Interessenabwägung zugunsten des Antragsgegners aus.
16(1) Auf Seiten der antragstellenden Sportler ist deren Interesse in Rechnung zu stellen, an den Paralympischen Spielen 2016 als einem bedeutenden sportlichen Großereignis teilzunehmen, um auf diesem Wege ihre Einnahmen aus Sponsorengeldern zu sichern.
17(2) Auf der Seite des Antragsgegners, der die Paralympischen Spiele 2016 veranstaltet, steht demgegenüber das fundamentale Interesse, einen fairen und sportlichen Wettkampf zu gewährleisten und alle diejenigen Sportler von den Spielen fernzuhalten, die entweder des Dopings überführt sind oder gegen die der hinreichend begründete Verdacht des Dopings besteht.
18(3) Im Streitfall führt das überragende Interesse des Antragsgegners an „sauberen“ Paralympischen Spielen zu dem Ergebnis, dass die streitbefangenen Zulassungsbegehren abzulehnen waren. Auf ein persönliches Verschulden der betroffenen Sportler kommt es dabei nicht an. Selbst wenn die antragstellenden Athleten – wie sie behaupten – unwissend unter dem System des russischen Staatsdopings trainiert haben, hatten sie die Möglichkeit, ihren Sport unter Zuhilfenahme von Dopingmitteln auszuüben, ohne dabei dem Risiko der Entdeckung ausgesetzt zu sein. Diese ein Doping begünstigenden Rahmenbedingungen rechtfertigen gegen alle Athleten, die unter dem System trainiert haben, einen Dopingverdacht. Zur Gewährleistung fairer Wettkampfbedingungen darf der Antragsgegner alle betreffenden Sportler von den Paralympischen Spielen ausschließen. Ausgenommen sind nur diejenigen Athleten, bei denen im Einzelfall Doping ausgeschlossen werden kann.
19(3.1) Der Verdacht des russischen Staatsdopings gründet sich auf die Feststellungen des N.-Reports.
20Mit Vorstandsentscheidung vom 7. August 2016 hat der Antragsgegner die Mitgliedschaft des RPC im Verband suspendiert. Anlass war die Vorlage des – von der Welt-Anti-Dopingagentur (WADA) in Auftrag gegebenen – unabhängigen N.-Reports. Er gelangt zu dem Ergebnis, dass die Regierung der Russischen Föderation jedenfalls von 2011 bis zum Ende der Untersuchung im August 2015 ein kontrolliertes und zielgerichtetes Programm des staatlichen Dopings errichtet und unterhalten hat. Ziel des Programms ist es nach den Feststellungen des Gutachters N. gewesen, den russischen Sportlerinnen und Sportlern in der Aufbau- und Trainingsphase einen Sport jenseits der strengen weltweiten Dopingregeln und Dopingkontrollen zu ermöglichen. Gestützt auf die Angaben des Kronzeugen S., dem langjährigen Leiter des Moskauer Doping-Kontrolllabors, kommt der N.-Report zu dem Ergebnis, dass das russische Sportsystem Doping nicht bekämpfe, sondern ermögliche. So habe u.a. das Moskauer Doping-Kontrolllabor in einem staatlich angeordneten System russische Athleten vor Entdeckung geschützt, indem positive Dopingproben unter Einschaltung des russischen Inlandsgeheimdienstes beiseite geschafft oder durch alte – und notfalls gestreckte – Blutproben ersetzt worden seien. Aufgebaut und getragen worden sei das System des Staatsdopings durch das russische Sportministerium, das die Manipulation der Dopingproben gelenkt und überwacht habe.
21Die Beschwerde des RPC gegen die Suspendierung seiner Verbandsmitgliedschaft ist erfolglos geblieben. Der Court of Arbitration for Sport (CAS) hat die Entscheidung des Antragsgegners am 23. August 2016 bestätigt. Bereits in diesem Verfahren war der Frage nachgegangen worden, ob das RPC oder die paralympische Athleten in das beschriebene russische Dopingsystem eingebunden waren. Der Gutachter N. hat dazu die folgende Erklärung abgegeben:
22„Basierend auf meiner Durchsicht der elektronischen Daten im Besitz der Untersuchungsgruppe kann ich mit Sicherheit und jenseits vernünftiger Zweifel bestätigen, dass Russische Paralympische Athleten in genau dieselbe Methodik des Verschwindenlassens positiver Proben eingeschlossen waren wie nicht behinderte Athleten und dass sie durch das Russische Sportministerium in genau derselben Weise behandelt wurden.“
23Erfolglos geblieben ist ebenso das anschließend bei den ordentlichen Gerichten der Schweiz anhängig gemachte Gesuch des RPC, die aufschiebende Wirkung der Suspendierungsentscheidung anzuordnen und einstweilige Rechtsschutzmaßnahmen zu erlassen. Das Schweizer Bundesgericht hat den Antrag des RPC auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Antragsgegner unter dem 30. August 2016 abgewiesen (Anlage AS 18).
24(3.2) Der vorstehende Sachverhalt rechtfertigt gegen jeden der antragstellenden Sportler den Verdacht, in den letzten Jahren verbotenes Doping betrieben zu haben. Alle 84 Sportler waren – vermittelt durch einen Sportverband – Mitglied des RPC. Sie alle haben – davon ist nach dem Sach- und Streitstand auszugehen – in Russland trainiert und waren folglich dem dortigen manipulierten Dopingkontrollsystem unterstellt. Dass auch die behinderten Sportler bis mindestens August 2015 Teil des staatlich gelenkten Dopings gewesen sind, wird bereits durch das im N.-Report genannte Ziel des Staatsdopings, russischen Athleten ein Training jenseits der strengen Dopingregeln und Dopingkontrollen der WADA zu ermöglichen, nahe gelegt. Es wird überdies durch die Aussage des Gutachters N. belegt. Dieser hat unter Hinweis auf die Auswertung der elektronischen Daten angegeben, dass mit Sicherheit die Dopingproben der Paralympischen Athleten in derselben Art und Weise manipuliert worden sind wie diejenigen der nichtbehinderten Sportler.
25(3.3) Der aus alledem resultierende Dopingverdacht gegen die antragstellenden Athleten ist nicht ausgeräumt.
26Ohne Aussagewert ist die eidesstattliche Versicherung von 68 der 84 antragstellenden Sportler, dass sie in den vergangenen zwei Jahren – und zwar die weitaus meisten Sportler lediglich ein oder zwei Mal, andere Athleten bis zu acht Mal – auf Doping getestet worden und die Tests allesamt negativ ausgefallen seien; die übrigen Antragsteller haben entweder angegeben, überhaupt nicht auf Doping getestet worden zu sein (ein Athlet) oder zur Frage bei ihnen durchgeführter Dopingtests überhaupt keine Angaben gemacht (fünfzehn Athleten). Dabei kann es auf sich beruhen, ob die Anzahl der in Rede stehenden Dopingtests überhaupt ausreicht, um auf eine dopingfreie Sportausübung schließen zu können. Es lässt sich nämlich nicht feststellen, dass die antragstellenden Sportler an regulären, nicht manipulierten Dopingtests teilgenommen haben. Wie zwischen den Prozessparteien außer Streit steht, werden die Dopingkontrollen in Russland erst seit Januar 2016 von ausländischen Firmen durchgeführt und die genommenen Blut- und Urinproben durch ausländische Labore ausgewertet. Dass sich unter den behaupteten negativen Dopingtests überhaupt solche befinden, die seit Januar 2016 durchgeführt worden sind und deshalb nicht unter das manipulierte Staatsdoping-System fallen, ist nicht festzustellen. Die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der antragstellenden Sportler schweigen dazu. Auch der Sachvortrag der Antragsteller im Verfahren gibt hierüber keinen Aufschluss.
27Keinen Beweiswert hat ebenso die – von allen antragstellenden Athleten wortgleich vorgelegte – eidesstattliche Versicherung, „niemals national und international verbotene Substanzen zur Steigerung (der) Leistungsfähigkeit (Doping) verwendet“ zu haben. Die abgegebene Versicherung ist derart substanzlos, dass ihr ein auch nur ansatzweise nachvollziehbarer, belastbarer und damit der Überzeugungsbildung zugänglicher Aussagegehalt nicht zukommt. Es ist völlig unklar, welche leistungssteigernden Mittel konkret mit den „verbotenen Substanzen“ gemeint sind. Infolge dessen kann schon nicht festgestellt werden, dass den eidesstattlichen Versicherungen überhaupt ein zutreffendes und vollständiges Verständnis der verbotenen Dopingmittel zugrunde liegt. Dass die antragstellenden Athleten in den vergangenen Jahren von der Einnahme jedweder leistungsfördernder Substanzen – ob verboten oder nicht – abgesehen haben, macht die Beschwerde selbst nicht geltend; dazu ist auch sonst nichts ersichtlich.
28b. Die Ablehnung der Zulassungsanträge verletzt ebenso wenig Pflichten aus einer vorvertraglichen Sonderverbindung. Selbst wenn man in diesem Zusammenhang nicht nur das Interesse der antragstellenden Sportler an einer Sicherung ihrer Sponsorengelder berücksichtigt, sondern darüber hinaus ihr rein sportliches Interesse an der Wettkampfteilnahme in Rechnung stellt, fehlt es an einer Pflichtverletzung. Mit Recht hat der Antragsgegner dem Ziel, „saubere“ Spiele zu veranstalten, höchste Priorität eingeräumt und dementsprechend alle russischen Sportler ausgeschlossen, die unter dem System des Staatsdopings trainiert haben und bei denen die Einnahme verbotener Substanzen nicht ausgeschlossen werden kann. Insoweit fällt die Interessenabwägung nicht anders aus als beim kartellrechtlichen Behinderungsverbot.
29C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
30D. Diese Entscheidung ist unanfechtbar, §§ 574 Abs. 1 S. 2, 542 Abs. 2 S. 1 ZPO.
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