Beschluss vom Oberlandesgericht Düsseldorf - 3 Kart 770/19
Tenor
Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14.05.2019 (Az. BK8-17/1781-11) wird aufgehoben und die Bundesnetzagentur verpflichtet, die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu bescheiden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Erledigung notwendigen Kosten der Beschwerdeführerin trägt die Bundesnetzagentur.
Der Beschwerdewert wird auf … Euro festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
1
G r ü n d e :
2A.
3Die Beschwerdeführerin betreibt ein Elektrizitätsverteilernetz. Durch den angefochtenen Beschluss vom 14.05.2019 (Az. BK8-17/1781-11) hat die Bundesnetzagentur die kalenderjährlichen Erlösobergrenzen für die 3. Regulierungsperiode Strom (2019 bis 2023) festgelegt. Dabei hat sie Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge, die die Beschwerdeführerin in dem Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2016 vereinnahmt hat, für die Berechnung des Kapitalkostenabzugs für die Dauer der 3. Regulierungsperiode auf den kalkulatorischen Restwert des Basisjahrs fixiert. Zur Begründung hat sie ausgeführt, sachlich handele es sich hierbei um Kapitalkostenbestandteile. Es entspreche Sinn und Zweck der Übergangsregelung des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV, die Kapitalkosteneffekte von Neuinvestitionen vollumfänglich vom Kapitalkostenabzug auszunehmen. Eine Ungleichbehandlung positiver und negativer Kostenbestandteile sei ökonomisch nicht begründbar.
4Bei der Ermittlung des Kapitalkostenabzugs im Rahmen des § 6 Abs. 3 ARegV hat die Bundesnetzagentur Anlagen im Bau im jeweiligen Jahr der Regulierungsperiode mit Null angesetzt und nicht als Bestandteil des Übergangssockels betrachtet. Zur Begründung hat sie darauf abgestellt, dass Anlagen im Bau nicht vom Anwendungsbereich des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV erfasst seien, da sie keine abgeschlossenen Investitionen des Jahres 2016 darstellten. Anlagen im Bau seien im jeweiligen Jahr der Regulierungsperiode grundsätzlich mit Null anzusetzen, da davon auszugehen sei, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr als solche vorhanden, sondern durch Anlagegüter im Sachanlagevermögen ersetzt worden seien. Über den Kapitalkostenaufschlag würden Anlagen im Bau in ihrer jeweiligen tatsächlichen Höhe berücksichtigt. Soweit sich Anlagen im Bau, die im Basisjahr in der Bilanz vorhanden gewesen seien, in der 3. Regulierungsperiode noch immer im Bau befänden, seien sie im Rahmen des Kapitalkostenaufschlags erneut geltend zu machen.
5Seit der Novellierung der Anreizregulierungsverordnung im Jahr 2016 (2. Verordnung zur Änderung der ARegV mit Wirkung zum 17.09.2016 (BGBl. I, 2147)) gilt der sogenannte Kapitalkostenabgleich, der durch die Beseitigung der bisherigen systemimmanenten negativen wie positiven Sockeleffekte eine Abkehr von dem basisjahrorientierten Budgetansatz darstellt. Zur Erleichterung des Systemübergangs vom Budgetprinzip zum Kapitalkostenabgleich für Investitionen aus den ersten beiden Regulierungsperioden hat der Verordnungsgeber die Übergangsregelung in § 34 Abs. 5 ARegV eingefügt. In der Verordnungsbegründung (BR-Drs. 296/16, S. 49) heißt es hierzu:
6„Absatz 5 enthält eine Übergangsregelung für die vorübergehende Beibehaltung des bisherigen positiven Sockeleffekts für Investitionen in die Strom- bzw. Gasverteilernetze. Grundsätzlich ist die Refinanzierung dieser Investitionen über die Erlösobergrenzenbudgets und deren Anpassungen der ersten beiden Regulierungsperioden sowie die künftige Anerkennung der Kapitalkosten gesichert, sodass aus dem Systemwechsel grundsätzlich kein weiterer Anspruch auf einen Fortbestand eines positiven Sockels folgt. Um dennoch individuelle Härtefälle zu vermeiden, wird der Sockeleffekt für eine Regulierungsperiode beibehalten. Die auf die genannten Anlagegüter und den genannten Zeitraum begrenzte Gewährung eines Übergangssockels stellt einen Ausgleich zwischen den möglichen Renditeeinbußen einzelner Netzbetreiber durch den Systemwechsel und den Interessen der Netzkunden dar. […]
7Zur Berechnung des Sockels nach § 34 Absatz 5 werden die Kapitalkosten für Investitionen in betriebsnotwendige Anlagegüter, die im Zeitraum vom 1. Januar 2007 bis einschließlich 31. Dezember 2016 erstmals aktiviert wurden, für die Dauer der dritten Regulierungsperiode nicht nach § 6 Absatz 3 nachgefahren. Das Absinken der Restbuchwerte und damit auch das Absinken der Kapitalkosten werden bei diesen Anlagegütern ausschließlich für die dritte Regulierungsperiode nicht berücksichtigt. Die Regelung gilt ausschließlich für die in Absatz 5 bezeichneten Sachanlagegüter und lediglich für die Dauer der dritten Regulierungsperiode.“
8Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge, die ein Netzbetreiber im Zeitraum ab dem 01.01. des Jahres, das auf das Basisjahr der anzupassenden Erlösobergrenze folgt, oder bis zum 31.12. des Jahres, für das der Kapitalkostenaufschlag genehmigt wird, erhalten hat oder voraussichtlich erhalten wird, können seit dieser Novellierung jahresscharf über § 10a Abs. 6 ARegV in der kalkulatorischen Verzinsungsbasis für die Berechnung des Kapitalkostenaufschlags berücksichtigt werden. Eine entsprechende Regelung für eine Berücksichtigung der abschmelzenden Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge im Rahmen des Kapitalkostenabzugs fehlte in dem Entwurf der Bundesregierung zur Novellierung der ARegV 2016 zunächst. Auf Initiative des Bundesrats wurde sodann § 6 Abs. 3 S. 4 ARegV eingefügt. Zur Begründung heißt es (BR-Drs. 296/16 (Beschl.), S. 2):
9„In die Ermittlung des Kapitalkostenabzuges müssen neben den Veränderungen der Vermögenswerte auch die sich gleichermaßen ändernden Verbindlichkeiten eingehen. Mit der Erweiterung von § 6 Absatz 3 Satz 4 ARegV soll insbesondere eine Grundlage dafür geschaffen werden, dass insoweit Baukostenzuschüsse Berücksichtigung finden. Diese werden über 20 Jahre ertragswirksam aufgelöst und entsprechend kostenmindernd in der Erlösobergrenze berücksichtigt. Würden also die Rückgänge der Baukostenzuschüsse für den Anlagenbestand aus dem letzten Basisjahr nicht im Rahmen des Kapitalkostenabzuges berücksichtigt, würden die Erlöse zu stark abgesenkt.
10Die Berücksichtigung des jährlichen Rückgangs der Baukostenzuschüsse im Kapitalkostenabzug wäre auch konsistent zu der Ermittlung des Kapitalkostenaufschlags. Nach § 10a Absatz 6 ARegV sind beim Kapitalkostenzuschlag die jährlichen Restwerte der Baukostenzuschüsse als Abzugskapital anzusetzen.“
11Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Beschwerde gegen den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14.05.2019. Sie ist der Ansicht, dass die seitens der Bundesnetzagentur vorgenommene Fixierung der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge aus dem Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.12.2016 auf die Restwerte des Basisjahres rechtswidrig sei, da diese von der Übergangsregelung des § 34 Abs. 5 ARegV nicht erfasst würden. Vielmehr hätte die Auflösung der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge im Kapitalkostenabzug schon in der 3. Regulierungsperiode berücksichtigt werden müssen.
12Die Übergangsregelung in § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV beziehe sich allein auf die in § 6 Abs. 3 S. 2 ARegV aufgeführten Kapitalkosten, für die der Kapitalkostenabzug ausgesetzt werde, und sei nicht auf Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge auszudehnen. Insoweit sei der Wortlaut der Vorschrift eindeutig, der eben nicht auch auf etwaige vereinnahmte Ertragszuschüsse abstelle. Nur ein solches Verständnis sei auch mit der Verordnungsbegründung zu § 34 Abs. 5 ARegV vereinbar. Hierin werde ausdrücklich auf die „genannten Anlagegüter“ sowie die „in Absatz 5 bezeichneten Sachanlagegüter“ verwiesen. Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge fänden indessen keine Erwähnung.
13Auch eine systematische Auslegung bekräftige dieses Verständnis. Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge seien nicht konkret auf Investitionen bezogen. Es bestehe damit weder ein direkter Zusammenhang dieser Erträge mit konkreten Investitionen noch zu bestimmten Aktivierungsjahren. Folgerichtig könnten vereinnahmte Baukostenzuschüsse und pauschal berechnete Netzanschlusskostenbeiträge auch nicht den Kapitalkosten der ersten beiden Regulierungsperioden zugeordnet werden.
14Soweit die Bundesnetzagentur die Auffassung vertrete, Anlagen im Bau, die im Zeitraum vom 01.01.2007 bis einschließlich 31.12.2016 erstmals aktiviert worden seien, zählten nicht zu den betriebsnotwendigen Anlagegütern, die vom Anwendungsbereich des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV erfasst seien, erweise sich dieser Ansatz nach dem Wortlaut der streitgegenständlichen Übergangsregelung aber auch unter systematischen, normhistorischen und teleologischen Aspekten als rechtswidrig. Ausgehend vom Wortlaut des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV seien sämtliche Kapitalkosten aus Investitionen in betriebsnotwenige Anlagegüter erfasst, die zwischen dem 01.01.2007 und dem 31.12.2016 erstmals aktiviert worden seien. Eine Differenzierung zwischen fertiggestelltem und noch im Bau befindlichem Sachanlagevermögen könne der Vorschrift nicht entnommen werden. Gegen eine solche Differenzierung habe sich auch bereits der Bundesgerichtshof gestellt und entschieden, dass es sich bei Anlagen im Bau um Teile des zu verzinsenden betriebsnotwendigen Eigenkapitals i.S.d. § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StromNEV handele.
15Auch mit der Vorstellung des Verordnungsgebers stehe es nicht im Einklang, die im Zeitraum vom 01.01.2007 bis einschließlich 31.12.2016 erstmals aktivierten Anlagen im Bau in der 3. Regulierungsperiode im Rahmen des Kapitalkostenabzuges bei der Ermittlung der Kapitalkosten im jeweiligen Jahr der Regulierungsperiode grundsätzlich mit Null anzusetzen. Absicht des Verordnungsgebers sei es gewesen, mit der streitgegenständlichen Übergangsregelung individuelle Härtefälle auszugleichen, die durch den Systemwechsel beim Übergang vom Budgetregime zum Kapitalkostenausgleich entstünden. Dies müsse uneingeschränkt für den Umfang des Sachanlagevermögens gelten, das eben auch Anlagen im Bau erfasse. Dass Anlagen im Bau in ihrer jeweiligen tatsächlichen Höhe seit der Novellierung der Anreizregulierungsverordnung über den Kapitalkostenaufschlag berücksichtigt würden, stünde dem nicht entgegen. Schließlich gehe mit der streitgegenständlichen Übergangsregelung ohnehin ein gewollter, verordnungsrechtlich angeordneter Systembruch einher, den der Verordnungsgeber zu Gunsten der Netzbetreiber in Kauf genommen habe. Es handele sich um eine abstrakte Berechnungsvorschrift für die Bestimmung eines dem Härtefalllausgleich dienenden geldwerten Übergangssockels.
16Die Beschwerdeführerin beantragt,
17den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 14.05.2019 (Az. BK8-17/1781-11) aufzuheben und die Bundesnetzagentur zu verpflichten, die Erlösobergrenze der 3. Regulierungsperiode (Jahre 2019 - 2023) für das Stromverteilernetz der Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bestimmen.
18Die Bundesnetzagentur beantragt,
19die Beschwerde zurückzuweisen.
20Die Bundesnetzagentur verteidigt den angefochtenen Beschluss und ist der Ansicht, dass Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge von der Regelung des § 34 Abs. 5 ARegV erfasst seien. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Regelung. Kapitalkosten im Sinne des Kapitalkostenabzugs seien in § 6 Abs. 3 S. 2 bis 4 ARegV definiert und umfassten deshalb auch Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge, die aus Investitionen in betriebsnotwendige Anlagegüter resultierten. Der Wortlaut des § 34 Abs. 5 ARegV sehe lediglich eine Differenzierung in zeitlicher Hinsicht vor, nicht aber bezüglich einzelner Bestandteile der Kapitalkosten. Ohnehin gingen Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge untrennbar mit Investitionen in das betriebsnotwendige Anlagevermögen einher.
21Zur Kompensation etwaiger Einbußen durch den Systemwechsel vom Budgetprinzip zum Kapitalkostenabgleich habe der gesamte in § 6 Abs. 3 ARegV geregelte Funktionsmechanismus des Kapitalkostenabzugs ausgesetzt werden und der Systemwechsel erst später stattfinden sollen. Aus der Verordnungsbegründung folge, dass dies nicht selektiv einzelne Elemente des Kapitalkostenabzugs umfassen sollte. Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge seien sowohl beim Kapitalkostenaufschlag als auch beim Kapitalkostenabzug analog zu den damit finanzierten Vermögensgegenständen zu behandeln. Sinn und Zweck der Übergangsregelung sei die Vermeidung individueller Härten. Dem widerspräche es, die betreffenden Vermögenswerte von der Abschmelzung auszunehmen, nicht aber die damit zusammenhängenden Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge, die der Finanzierung des Sachanlagevermögens dienten und damit als Passiva dem betriebsnotwendigen Vermögen als Aktiva entsprächen. Eine Ungleichbehandlung dieser Werte bzw. Bestandsgrößen lasse sich aus § 34 Abs. 5 ARegV nicht ableiten. Die Netzbetreiber würden dadurch auch nicht schlechter gestellt. Der positive Sockeleffekt sei schon immer das Ergebnis sowohl kapitalkostenerhöhender als auch –mindernder Positionen gewesen. Es sollten nicht selektiv allein die positiven Aspekte des sich im Grunde erst nach einer Saldierung ergebenden Investitionssockels weitergeführt werden.
22Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin seien bis zum 31.12.2016 aktivierte Anlagen im Bau nicht von der Übergangsregelung des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV erfasst. § 6 Abs. 3 ARegV sei für die Dauer der 3. Regulierungsperiode nur auf Kapitalkosten aus abgeschlossenen Investitionen von Verteilernetzbetreibern in betriebsnotwendige Anlagegüter, die im Zeitraum vom 01.01.2007 bis einschließlich 31.12.2016 erstmals aktiviert worden seien, nicht anzuwenden. Denklogisch könnten Anlagen im Bau schon deshalb nicht von der streitgegenständlichen Übergangsregelung erfasst sein, da es andernfalls zu einer Doppelberücksichtigung der Kapitalkosten dieser Anlagen komme. Die während der 3. Regulierungsperiode in Betrieb genommen Anlagen seien Zugänge im Anlagevermögen und könnten damit vollständig zu Gunsten des Netzbetreibers dem Kapitalkostenaufschlag nach § 10a ARegV zugrunde gelegt werden. Eine Refinanzierung sei damit gewährleistet. Würden diese Anlagen im jeweiligen Jahr der Regulierungsperiode bei der Ermittlung der Kapitalkosten nicht mit Null angesetzt, sondern mit ihrer tatsächlichen Höhe als unveränderlich betrachtet, müsste konsequenterweise eine Berücksichtigung dieser Anlagen über den Kapitalkostenaufschlag unterbleiben, zumal es bei der Inbetriebnahme der Anlagen keine erneute Aktivierung i.S.d. § 10a Abs. 2 ARegV gebe, sondern lediglich einen Umbuchungsvorgang.
23Eine Nichteinbeziehung von Anlagen im Bau in den für die 3. Regulierungsperiode übergangsweise beibehaltenen positiven Sockeleffekt - sogenannten „Übergangssockel“ - sei auch mit dem Sinn und Zweck der Übergangsregelung vereinbar. Soweit die Vorschrift dazu diene, „individuelle Härtefälle“ auszugleichen, beziehe sich das nicht auf Anlagen im Bau. Die Besonderheit der Anlagen im Bau sei durch ihre Berücksichtigung im Kapitalkostenaufschlag ausreichend gewürdigt. Ein gegenteiliges Ergebnis sei sachfremd.
24Eine in § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV geregelte Nichtanwendbarkeit des § 6 Abs.3 ARegV könne sich ohnehin nur auf solche Investitionen beziehen, die auch tatsächlich einem Werteverzehr unterlägen. Dies treffe auf Anlagen im Bau gerade nicht zu, da es sich bei diesen erst ab einer Umbuchung in das Sachanlagevermögen um eine Bestandsanlage handele, die der Abschreibung unterliege. Der Verordnungsgeber habe bei der Übergangsregierung abschmelzende Restwerte im Blick gehabt, und habe für diese den positiven Sockeleffekt erhalten wollen.
25Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den beigezogenen Verwaltungsvorgang und das Protokoll der Senatssitzung Bezug genommen.
26B.
27Auf die Beschwerde war der angegriffene Bescheid aufzuheben und die Bundesnetzagentur zur Neubescheidung zu verpflichten.
28Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und als Verpflichtungsbeschwerde in Form der Bescheidungsbeschwerde statthaft, §§ 75 Abs. 1, 78 Abs. 1, Abs. 3, 83 Abs. 4 EnWG. Die Beschwerde ist auch begründet.
29I. Das Vorgehen der Bundesnetzagentur, die mit den Investitionen verbundenen Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge der Jahre 2007 bis 2016 für die Berechnung des Kapitalkostenabzugs für die Dauer der 3. Regulierungsperiode auf den kalkulatorischen Restwert zu fixieren, ist rechtsfehlerhaft. Das Absinken der Werte der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge ist im Rahmen des Kapitalkostenabzugs gemäß § 6 Abs. 3 S. 4 ARegV auch schon für die 3. Regulierungsperiode zu berücksichtigen.
301. Der Kapitalkostenabgleich umfasst zwei korrespondierende Elemente, den Kapitalkostenaufschlag gemäß § 10a ARegV und den Kapitalkostenabzug gemäß § 6 Abs. 3 ARegV. Durch den Kapitalkostenaufschlag können auf Antrag jährlich Kapitalkostensteigerungen aus Investitionen in der Erlösobergrenze berücksichtigt werden. § 10a Abs. 1 S. 1 ARegV bestimmt, dass die Regulierungsbehörde einen Kapitalkostenaufschlag auf die Erlösobergrenze für Kapitalkosten genehmigt, die aufgrund von nach dem Basisjahr getätigten Investitionen in den Bestand betriebsnotwendiger Anlagegüter entstehen. Durch den Kapitalkostenabzug werden die Absenkungen der kalkulatorischen Kosten und des Aufwands für Fremdkapitalzinsen von Bestandsanlagen schon bei der Festlegung der Erlösobergrenze abgebildet. Die Ermittlung des Kapitalkostenabzugs nach § 6 Abs. 3 ARegV erfolgt nach den Formeln der Anlage 2a zu § 6 ARegV.
31Nach der Übergangsvorschrift des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV ist der Kapitalkostenabzug nach § 6 Abs. 3 ARegV für die Dauer der 3. Regulierungsperiode nicht auf Kapitalkosten aus Investitionen von Verteilernetzbetreibern in betriebsnotwendige Anlagegüter, die im Zeitraum vom 01.01.2007 bis einschließlich 31.12.2016 erstmals aktiviert wurden, anzuwenden. Danach erfolgt eine vorübergehende Beibehaltung des positiven Sockeleffekts - sogenannten Übergangssockel - für die 3. Regulierungsperiode. Die unter dem bisherigen Regelungssystem generierten positiven Sockelbeträge resultieren daraus, dass, sobald die Investitionskosten über die Erfassung im nächsten Basisjahr in die Erlösobergrenzen der nachfolgenden Regulierungsperioden eingegangen waren, die mit den sinkenden Restbuchwerten einhergehenden sinkenden Kapitalkosten während einer Regulierungsperiode nicht in den Erlösobergrenzen nachvollzogen wurden. Zudem wurden für Anlagen, die in der jeweiligen Regulierungsperiode das Ende ihrer Nutzungsdauer erreichten, die Kapitalkosten in Höhe des Basisjahres sowie die letzte Abschreibung bis zum Ende der Regulierungsperiode fortgeschrieben, so dass die Netzbetreiber für Bestandsanlagen durchgehend eine Eigenkapitalverzinsung, Fremdkapitalverzinsung und kalkulatorische Gewerbesteuer auf Grundlage der Restwerte des Basisjahres erhielten.
322. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur ist bei der Ermittlung des Kapitalkostenabzugs eine Fixierung der zwischen dem 01.01.2007 und 31.12.2016 vereinnahmten Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge entsprechend der durch § 34 Abs. 5 ARegV geforderten unveränderten Fortführung der kalkulatorischen Restwerte der in diesem Zeitraum aktivierten Anlagegüter nicht geboten. Die in § 6 Abs. 3 S. 4 ARegV vorgesehene Berücksichtigung der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge bei der Ermittlung des Kapitalkostenabzugs wird nicht durch die Regelung in § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV ausgesetzt. Die Übergangsvorschrift des § 34 Abs. 5 ARegV ist vielmehr dahingehend auszulegen, dass eine Fixierung auf die Werte des Basisjahres nur für die aus Investitionen folgenden Kapitalkosten und nicht auf vereinnahmte Ertragszuschüsse zu erfolgen hat. Dafür sprechen neben dem Wortlaut und der Normhistorie insbesondere Sinn und Zweck der Vorschrift sowie systematische Erwägungen.
332.1. Nach dem Wortlaut des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV soll der Kapitalkostenabzug nach § 6 Abs. 3 ARegV für die 3. Regulierungsperiode keine Anwendung finden auf Kapitalkosten aus Investitionen in betriebsnotwendige Anlagegüter, die im Zeitraum vom 01.01.2007 bis einschließlich 31.12.2016 erstmals aktiviert wurden.
34Der Ansicht der Bundesnetzagentur, dass sich der Aussetzungsbefehl durch die Bezugnahme auf den Kapitalkostenabzug nach § 6 Abs. 3 ARegV auch auf die in Abs. 3 S. 4 ARegV aufgeführten Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge erstrecke, folgt der Senat nicht. Der Verweis in § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV auf den Kapitalkostenabzug nach § 6 Abs. 3 ARegV ist erforderlich, weil Abs. 3 ein Gesamtgefüge aller für die Ermittlung des Kapitalkostenabzugs erforderlichen Bestimmungen und Regelungen enthält. Da in Satz 4 des § 6 Abs. 3 ARegV mit der Bestimmung der fortgeführten Kapitalkosten ein Kernelement des Kapitalkostenabzuges geregelt ist, wäre eine Herausnahme aus dem Verweis in § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV sinnerhaltend gar nicht möglich gewesen.
35Vielmehr ist nach dem Wortlaut der Vorschrift eine Erstreckung des Aussetzungsbefehls auf Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge nicht geboten. Dieser betrifft allein Kapitalkosten aus Investitionen in betriebsnotwendige Anlagegüter, die im Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2016 erstmals aktiviert wurden. Der Begriff der Kapitalkosten im Sinne des Kapitalkostenabzugs ist in § 6 Abs. 3 S. 2 ARegV definiert. Danach sind Kapitalkosten die Summe der kalkulatorischen Abschreibungen, der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung, der kalkulatorischen Gewerbesteuer und des Aufwandes für Fremdkapitalzinsen. Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge sind in der Aufzählung nach § 6 Abs. 3 S. 2 ARegV nicht enthalten, sondern werden erst in § 6 Abs. 3 S. 4 ARegV genannt.
36Die Kapitalkosten werden somit für den Zweck des Kapitalkostenabzugs eigenständig und nicht nach Maßgabe der §§ 5 bis 8 GasNEV bestimmt, so dass § 7 GasNEV für die Definition der Kapitalkosten im Sinne des Kapitalkostenabzugs nicht heranzuziehen ist. Die eigenständigen Regelungen zur Bestimmung der – fortgeführten - Kapitalkosten im Rahmen des Kapitalkostenabzugs sehen in § 6 Abs. 3 S. 4 ARegV den Abzug von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen vor. Die im Wortlaut der Norm angelegte Differenzierung zwischen Kapitalkosten einerseits und Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen andererseits streitet auch dagegen, letztere als „negative Kapitalkosten“ unter den einen gemeinsamen Oberbegriff der Kapitalkosten aus Investitionen zu subsumieren (a.A.: Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. vom 26.09.2019 , 53 Kart 4/18 Rn. 121 – juris). Damit sieht der Wortlaut der Ausnahmeregelung in § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV eine Erstreckung oder die spiegelbildliche Anwendung der Fixierungsvorgabe auf die Ertragszuschüsse gerade nicht vor.
372.2. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur kann auch der Normhistorie nicht entnommen werden, dass § 34 Abs. 5 S.1 ARegV eine Fixierung von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen auf den Wert des Basisjahres gebietet.
38Eine ausdrückliche Aussage zum Umgang mit Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen fehlt in den Materialien zwangsläufig bereits deswegen, weil die Verordnungsbegründung verfasst worden ist, bevor Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge nachträglich noch über § 6 Abs. 3 S. 4 ARegV in den Kapitalkostenabzug aufgenommen worden sind. Schon angesichts der zeitlichen Abfolge zwischen Verordnungsbegründung und Änderung des § 6 Abs. 3 S. 4 ARegV vermag die Argumentation der Bundesnetzagentur nicht zu überzeugen, die sich auf die in der Verordnungsbegründung verwendete Formulierung beruft, wonach der bisherige positive Sockeleffekt beibehalten werden soll (vgl. BR-Drs. 296/16, S. 49). Die mit dieser Formulierung verbundenen Vorstellungen des Verordnungsgebers bezogen sich bereits nicht auf die Behandlung von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen. Der Verordnungsgeber hat Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge zudem in Kenntnis der Übergangsregelung des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV nachträglich in § 6 Abs. 3 S. 4 ARegV eingefügt, ohne dass in den Materialien ein Hinweis darauf zu finden ist, dass die Berücksichtigung im Kapitalkostenabzug für die 3. Regulierungsperiode ausgesetzt sein soll. Angesichts dessen trägt die Normhistorie den Schluss auf einen entsprechenden Willen des Verordnungsgebers nicht.
39Unabhängig davon kann dieser Formulierung auch in der Sache nicht entnommen werden, dass der Aussetzungsbefehl des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV auf Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge anzuwenden ist. Der Hinweis auf die vorübergehende Beibehaltung des „bisherigen positiven Sockeleffekts“ verdeutlicht, dass das vorherige Instrumentarium zum Vorteil der Netzbetreiber über den Systemwechsel hinaus Anwendung findet, indem die vorteilhaft wirkende Fixierung der Restwerte von Investitionsgütern im Basisjahr für die gesamte Dauer der Regulierungsperiode auch in der 3. Regulierungsperiode – teilweise – beibehalten wird. Aus der Formulierung ergibt sich indes keine Vorgabe zur Behandlung von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen.
40Zudem heißt es in der Verordnungsbegründung ausdrücklich, das Absinken der Restbuchwerte und damit auch das Absinken der Kapitalkosten werde bei den betreffenden Anlagegütern für die 3. Regulierungsperiode nicht berücksichtigt (vgl. BR-Drs. 296/16, S. 49), während der – offensichtliche – Umstand des Absinkens der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge in dieser Aufzählung nicht adressiert wird.
412.3. Eine Fixierung der in dem maßgeblichen Zeitraum vereinnahmten Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge auf den Wert des Basisjahres lässt sich nicht aus systematischen Erwägungen ableiten und steht auch nicht im Einklang mit dem Sinn und Zweck des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV.
422.3.1. Es handelt sich dabei um eine Ausnahmeregelung für den ansonsten ab der 3. Regulierungsperiode stattfindenden Kapitalkostenabzug, die zu Gunsten der Netzbetreiber eingefügt worden ist. Durch die zeitweilige Aussetzung des Kapitalkostenabzugs soll ein „Übergangssockel“ gebildet werden, der dazu dienen soll, nicht näher bestimmte, individuelle Härtefälle einzelner Verteilernetzbetreiber infolge des Systemwechsels abzumildern. Den Netzbetreibern soll durch die Aussetzung des Kapitalkostenabzugs ein Budget verschafft werden, dass zum Ausgleich individueller Lasten, die sich als Folge des Systemwechsels einstellen können, beiträgt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. vom 07.03.2019, VI-3 Kart 121/17 (V) Rn. 40 ff.; Beschl. vom 12.06.2019, VI 3 Kart 165/17 (V) Rn. 78 ff. – juris). Die Ausnahmeregelung ist als pauschaler Härtefallausgleich (vgl. in diesem Sinne auch OLG Düsseldorf VI-5 49/18 (V), BeckRS 2019, 4565 Rn. 39) konzipiert, ohne dass es darauf ankommt, ob und in welcher Höhe der einzelne Netzbetreiber nachteilige Auswirkungen infolge des Systemwechsels erfährt und ohne den Anspruch, diese Härten vollständig auszugleichen. Indem nur im Hinblick auf Kapitalkosten von Investitionen in Anlagegüter, die in einem begrenzten Zeitraum erstmals aktiviert wurden, das tatsächliche Absinken der Restwerte für die Dauer der 3. Regulierungsperiode unberücksichtigt bleibt, erfolgt keine exakte Erfassung und Abgeltung sämtlicher Nachteile des Systemwechsels, sondern eine zeitlich begrenzte Bevorteilung, die etwaige Nachteile mildert. Da die Aussetzung des Kapitalkostenabzugs allein den Zweck eines Härtefallausgleichs in dem beschriebenen pauschalen Sinn verfolgt, hängen der Anwendungsbereich und die Reichweite der Aussetzungsanordnung nicht von der Binnensystematik des Kapitalkostenabgleichs ab, sondern werden allein durch diesen Zweck determiniert. Angesichts der Funktion des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV, für einen Übergangszeitraum individuelle Härten abzumildern, sind Anwendungsfragen nicht danach zu beantworten, ob eine möglichst weitgehende Harmonisierung mit der Systematik und dem Mechanismus des Kapitalkostenabgleichs erfolgt. Zur Erreichung des mit der Übergangsregelung verfolgten Zwecks ist es somit auch nicht geboten, den gesamten Funktionsmechanismus des Kapitalkostenabzugs auszusetzen, um eine selektive Behandlung von Investitionskosten einerseits und Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen andererseits zu vermeiden.
43Die Übergangsregelung des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV, die für die Dauer der 3. Regulierungsperiode mittels der periodenübergreifenden Fortführung des Sockeleffekts insoweit ein Nebeneinander des Instrumentariums der ersten beiden Regulierungsperioden und des neu eingeführten Kapitalkostenabgleichs anordnet, stellt damit im Hinblick auf die Behandlung von Kapitalkosten eine bewusste Abkehr von der periodenbezogenen Abgrenzung und damit einen Systembruch dar. Angesichts dessen sind Anwendung und Umsetzung dieser Vorschrift gerade nicht an die grundsätzliche Wirkungsweise des neuen Instrumentariums anzupassen. Eine unterschiedliche Behandlung von Investitionskosten einerseits und Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen andererseits stellt demnach keine mit Blick auf den Mechanismus des Kapitalkostenabzugs zu vermeidende selektive Ungleichbehandlung dar, sondern folgt aus der Natur des Systembruchs, der nur für Kapitalkosten aus Investitionen ein übergangsweises Nebeneinander des Sockeleffekts und des Kapitalkostenabzugs vorsieht.
442.3.2. Die Bundesnetzagentur stützt die Erstreckung der in § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV vorgesehenen Aussetzung des Kapitalkostenabzugs auf Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge und damit deren Fixierung auf die Werte des Basisjahres demgegenüber darauf, dass Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge analog zu den damit finanzierten Vermögensgegenständen zu behandeln seien. Eine Berücksichtigung des Absinkens von Baukostenzuschüssen und Netzanschlusskostenbeiträgen im Rahmen des Kapitalkostenabzugs hält sie nur für gerechtfertigt, wenn auch sinkende Restbuchwerte im Kapitalkostenabzug berücksichtigt würden. Damit knüpft die Bundesnetzagentur die Aussetzung des Kapitalkostenabzugs an dessen grundsätzlichen Mechanismus. Ihr Vorgehen basiert auf dem Bestreben, die Ausnahmeregelung systemkonform mit der Wirkungsweise des Kapitalkostenabzugs und des Kapitalkostenabgleichs zu gestalten. Dieses Verständnis steht indes ausweislich der voranstehenden Ausführungen weder mit dem Charakter der Übergangsregelung, die einen Systembruch anordnet, noch mit der Funktion der Aussetzung des Kapitalkostenabzugs als Härtefallausgleich in Einklang. Der Härtefallausgleich erfordert es nicht, dass der begünstigende Übergangsockel konform zu dem grundsätzlich vorgesehenen Mechanismus des Kapitalkostenabzugs gebildet wird. Vielmehr sollen etwaige Nachteile aufgrund des Systemwechsels durch eine bewusst unscharfe und pauschale Vorgehensweise abgemildert werden.
45Dieser Konzeption der Regelung und insbesondere der intendierten Begünstigungswirkung entspricht es vielmehr, das Absinken der Restwerte im Kapitalkostenabzug bereits in der 3. Regulierungsperiode zu berücksichtigen, obwohl die sinkenden Restbuchwerte nicht berücksichtigt werden. Die von der Bundesnetzagentur beabsichtigte Gleichbehandlung hat jeweils gegenteilige Effekte zur Folge: Während die Fixierung der Restbuchwerte auf den Wert des Basisjahres zum Übergangssockel beiträgt und sich günstig auf die Erlössituation auswirkt, führt die Fixierung der Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge zu einem höheren Kapitalkostenabzug und damit zu einem belastenden Effekt. Diese Gegenläufigkeit widerspricht der mit der Schaffung des Übergangssockels durch Aussetzung des Kapitalkostenabzugs verfolgten Absicht, den Netzbetreibern einen Vorteil zu verschaffen. Im Rahmen eines übergangsweise angeordneten Härtefallausgleich bedarf es einer Gleichbehandlung aus systematischen Gründen, die sich in Bezug auf den verfolgten Zweck gegenteilig auswirkt, anders als bei der Standardanwendung des Kapitalkostenabzugs nach Auslaufen der Übergangsregelung nicht.
46Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur sind Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge auch nicht wegen des systematischen Zusammenhangs zwischen Kapitalkostenaufschlag und -abzug analog zu den damit finanzierten Vermögensgegenständen zu behandeln. Ausweislich der voranstehenden Erwägungen ist der systematische Zusammenhang zwischen Kapitalkostenaufschlag und Kapitalkostenabzug für das Verständnis des Anwendungsbereichs der Übergangsregelung nicht maßgeblich. Darüber hinaus sind Baukostenzuschüsse nicht auf konkrete Investitionen bezogen und können pauschal berechnet werden (§ 11 Abs. 2 S. 3 NDAV). Ein unmittelbarer Zusammenhang mit konkreten Investitionen und Aktivierungsjahren besteht damit nicht. Auch Netzanschlusskostenbeiträge können gemäß § 9 Abs. 1 NDAV pauschal auf der Grundlage der durchschnittlich für vergleichbare Fälle entstehenden Kosten berechnet werden, so dass eine direkte Zuordnung zu bestimmten Investitionen erschwert wird. Zwar stehen Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge als kostenmindernde Erlöse mit dem Netzausbau und mit Investitionen in einem sachlichen Zusammenhang. Dies rechtfertigt es aber im Rahmen der ausnahmsweisen, zeitweiligen und pauschal begünstigend wirkenden Aussetzung des Kapitalkostenabzugs nicht, das Absinken der entsprechenden Werte deswegen außer Betracht zu lassen, weil auch das Absinken der Kapitalkosten aus Investitionen nicht nachgefahren wird.
47Die Anwendung des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV auf Baukostenzuschüsse und Netzanschlusskostenbeiträge kann schließlich auch nicht auf einen erforderlichen zeitlichen Gleichlauf der Wertansätze von Aktiva und Passiva gestützt werden. Bei der Aussetzung des Kapitalkostenabzugs entspricht eine Ungleichbehandlung von Vermögenswerten einerseits und Baukostenzuschüssen sowie Netzanschlusskostenbeiträgen andererseits dem dargestellten Charakter und Zweck der Übergangsregelung als pauschaler Härtefallabgeltung, die als Ausnahmeregelung in Wirkung und Konzeption von der Systematik des Kapitalkostenabgleichs losgelöst ist.
48II. Die Bundesnetzagentur hat im Rahmen des Kapitalkostenabzugs nach § 6 Abs. 3 ARegV für die 3. Regulierungsperiode Anlagen im Bau, die im Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2016 erstmals aktiviert worden sind, rechtsfehlerhaft im Sachanlagevermögen, das die Bezugsgröße für die Ermittlung der Kapitalkosten und der fortgeführten Kapitalkosten bildet, mit Null angesetzt und damit nicht als Bestandteil des Übergangssockels betrachtet. Bis zum Stichtag 31.12.2016 aktivierte Anlagen im Bau sind von der Übergangsregelung des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV erfasst, so dass der Ansatz mit „Null“ zu beanstanden ist.
491. Anlagen im Bau sind Gebäude, sonstige Bauten und andere betriebsnotwendige Anlagegüter, die sich zum Bilanzstichtag noch im Fertigstellungsprozess befinden. § 266 Abs. 2 Ziff. A II Nr. 4 HGB verlangt deren Trennung von fertigen Anlagen. Alle entstehenden Aufwendungen werden bis zur Fertigstellung auf dem Konto „Anlagen im Bau“ erfasst und dort aktiviert. Nach Fertigstellung der Anlage erfolgt keine erneute Aktivierung, sondern ein Umbuchungsvorgang. Die ehemals als Anlage im Bau verbuchte Anlage wird auf ein Bestandskonto transferiert und hierdurch als abnutzbares Sachanlagevermögen erfasst. Für Anlagen im Bau fallen bereits kalkulatorische Zinsen an, jedoch bis zur Fertigstellung noch keine Abschreibungen (vgl. Schubert/F. Huber, in: Beck´scher Bilanzkommentar, 12. Auflage 2020, § 247 HGB Rn. 561; Böcking/Gros/Hanke, in: EBJS, 4. Auflage 2020, HGB § 266 Rn. 18; OLG Düsseldorf Beschl. vom 17.03.2020, VI-3 Kart 166/17 (V) Rn. 120 - juris).
50Vor der Novellierung der ARegV 2016 waren Anlagen im Bau bei der Ermittlung des nach § 7 Abs. 1 S. 3 StromNEV zu verzinsenden betriebsnotwendigen Eigenkapitals nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StromNEV nach den für Neuanlagen geltenden Grundsätzen im Rahmen der Ermittlung des Ausgangsniveaus zu berücksichtigen (vgl. BGH Beschl. vom 14.08.2008, KVR 39/07 Rn. 35, 39 – juris). Im Rahmen des mit der Novellierung eingeführten Kapitalkostenabgleichs werden Anlagen im Bau beim Kapitalkostenabzug im jeweiligen Jahr der Regulierungsperiode grundsätzlich mit Null angesetzt. Hintergrund ist, dass der jeweilige Kapitalkostenabzug vor Beginn der Regulierungsperiode für jedes Jahr ermittelt wird und davon ausgegangen wird, dass Anlagen im Bau zum Zeitpunkt des Kapitalkostenabzugs bereits zu Anlagegütern im Sachanlagevermögen umgebucht worden sind. Insoweit wird ein vollständiger Abgang im Folgejahr und die Berücksichtigung im Kapitalkostenaufschlag nach § 10a ARegV mit dem Buchwert der fertiggestellten Anlage unterstellt (vgl. Heuser, in: Holznagel/Schütz, ARegR 2. Auflage 2019, § 10a ARegV Rn. 22).
512. Die mit der Berücksichtigung im Kapitalkostenaufschlag korrespondierende Nichtberücksichtigung im Kapitalkostenabzug, wie sie im Regelprogramm des Kapitalkostenabgleichs erfolgt, verstößt indes für die Übergangsphase der 3. Regulierungsperiode gegen § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV. Die dort angeordnete Aussetzung des Kapitalkostenabzugs auf Investitionen in vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2016 erstmals aktivierte Anlagegüter erfasst entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur auch Anlagen im Bau. Für dieses Verständnis sprechen neben dem Wortlaut auch systematische und teleologische Erwägungen.
522.1. Der Wortlaut des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV bietet keinen Ansatz für eine Differenzierung zwischen Investitionen in betriebsnotwendige fertiggestellte Anlagegüter, die zwischen dem 01.01.2007 und einschließlich dem 31.12.2016 erstmals aktiviert worden sind, und Investitionen in noch nicht fertiggestellte Anlagegüter. Bezugsgröße für die Ermittlung der Kapitalkosten und der fortgeführten Kapitalkosten sind grundsätzlich alle aktivierten und nicht alle fertiggestellten Anlagegüter. Anlagen im Bau sind Teil des Sachanlagevermögens und bei der kalkulatorischen Eigenkapitalverzinsung nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Strom-/GasNEV zu berücksichtigen (BGH Beschl. vom 14.08.2008, KVR 39/07 Rn. 35 - juris).
53Indem § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV bestimmt, dass im Hinblick auf die genannten Kapitalkosten § 6 Abs. 3 ARegV für die Dauer der 3. Regulierungsperiode keine Anwendung findet, sind die Kapitalkosten anhand des Wertes der Anlagegüter im Basisjahr zu ermitteln und für die Dauer der Regulierungsperiode mit diesem Wert fortzuschreiben. Der Ansatz des Wertes des Anlagegutes im Basisjahr bildet den notwendigen ersten Umsetzungsschritt der Vorgabe, § 6 Abs. 3 ARegV nicht anzuwenden. Da § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV für die Nichtanwendung des § 6 Abs. 3 ARegV zwischen den Anlagegütern ausdrücklich nur in zeitlicher Hinsicht differenziert und nicht auf ihren Fertigstellungsgrad abstellt, ist nach dem Wortlaut der Vorschrift eine unterschiedliche Behandlung von fertiggestellten Anlagen und Anlagen im Bau nicht geboten. Danach gilt für sämtliche Kapitalkosten aus Investitionen in bis zum Stichtag aktivierte Anlagegüter für die Übergangsphase der 3. Regulierungsperiode, dass sie wie in den vorangegangenen Regulierungsperioden anhand der Werte des Sachanlagevermögens im Basisjahr zu ermitteln sind.
542.2. Demgegenüber hat die Bundesnetzagentur Kapitalkosten aus Investitionen in Anlagen im Bau auch schon während der durch § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV angeordneten Übergangsphase in das Regelprogramm des Kapitalkostenabgleichs überführt und diesem entsprechend Anlagen im Bau mit Null im jeweiligen Jahr der Regulierungsperiode angesetzt. Diese vom Wortlaut des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV nicht vorgesehene Vorgehensweise ist nicht aus systematischen Gründen oder nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift geboten.
55Die von der Bundesnetzagentur angeführten systematischen Auslegungsgesichtspunkte beruhen auf der Annahme, dass die Einbeziehung von Anlagen im Bau in den Anwendungsbereich der Übergangsregelung eine sachwidrige Doppelberücksichtigung der Anlagen im Bau, zum einen im Übergangssockel und zum anderen im Kapitalkostenaufschlag, zur Folge hätte. Daraus zieht sie den Schluss, dass Anlagen im Bau „denklogisch“ nicht Teil des sogenannten Übergangssockels sein könnten.
56Dem ist entgegen zu halten, dass der Anwendungsbereich der Übergangsregelung ausweislich der voranstehenden Erwägungen unter I.2.3.1. der Gründe nicht in die Systematik und den Mechanismus des Kapitalkostenabgleichs eingepasst werden muss. Die durch die in § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV angeordnete Prolongierung des positiven Sockeleffekts generierten Vorteile stehen nicht unter der Bedingung, dass sie systemkonform mit dem nunmehr geltenden Instrumentarium zur Abbildung von Kapitalkosten sind. Somit stellen sich „doppelte“ Begünstigungen nicht als ungerechtfertigter Vorteil, sondern als Folge des bewussten zeitweiligen Nebeneinanders der beiden Kostenerfassungssysteme dar. So wie die Übergangsregelung auf der einen Seite nicht den vollständigen Ausgleich konkreter Nachteile bezweckt, steht ihrer Anwendung auf der anderen Seite nicht entgegen, dass es im Einzelfall zu einer die systemwechselbedingten Nachteile übersteigenden Bevorteilung kommen kann. Es kommt danach auch nicht darauf an, ob im Falle von Anlagen im Bau – wie die Bundesetzagentur vorträgt – eine „Erleichterung“ durch die Anwendung der Übergangsregelung angesichts der Berücksichtigung im Kapitalkostenaufschlag nicht geboten sei. Durch § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV wird eine Ausnahme- und Sonderbehandlung für eine Übergangsphase angeordnet. Das Regelprogramm des Kapitalkostenabgleichs setzt demgegenüber erst nach dem Auslaufen der Übergangsphase ein. Dass es dort keiner zusätzlichen Berücksichtigung der Anlagen im Bau im Kapitalkostenabzug bedarf, ist für das Verständnis des übergangsweise geltenden Härtefallausgleichs, der eine begünstigende Wirkung bezweckt, nicht maßgeblich.
57Der Anwendung des § 34 Abs. 5 S. 1 ARegV und damit der Berücksichtigung von Anlagen im Bau im Übergangssockel steht schließlich nicht entgegen, dass sie, worauf die Bundesetzagentur abstellt, anders als fertig gestellte Anlagen keinem Werteverzehr unterliegen. Dennoch werden Anlagen im Bau wegen ihres kalkulatorischen Wertes genau wie betriebsnotwendige fertiggestellte Anlagen verzinst (BGH Beschl. vom 14.08.2008, KVR 39/07 Rn. 35 - juris). Wird aber im Hinblick auf die Eigenkapitalverzinsung nicht zwischen fertiggestellten Anlagen und Anlagen im Bau differenziert, ist eine Differenzierung zwischen in den Übergangssockel einzubeziehenden Kapitalkosten danach, ob sie auf Investitionen in fertiggestellte Anlagen oder Anlagen im Bau entfallen, im Rahmen der Anwendung der Übergangsregelung gleichfalls nicht vorzunehmen.
58C.
59Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 S. 1 EnWG.
60Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG, § 3 ZPO und folgt den Angaben der Bundesnetzagentur, die auf einer Betrachtung der Erlössituation der Verpächterin und der Netzbetreiberin beruhen. Dem ist die Beschwerdeführerin nicht mehr entgegengetreten.
61D.
62Der Senat hat die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof gegen diese Entscheidung zugelassen, weil die streitgegenständlichen Fragen grundsätzliche Bedeutung haben (§ 86 Abs. 2 Nr. 1 EnWG).
63Rechtsmittelbelehrung:
64Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 546, 547 ZPO). Sie ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Rechtsbeschwerde kann auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts erhoben werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein. Es muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a Abs. 4 ZPO, § 55a Abs. 4 VwGO eingereicht werden. Die für die Übermittlung und Bearbeitung geeigneten technischen Rahmenbedingungen bestimmen sich nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung) vom 24.11.2017 (BGBl. I, S. 3803). Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen bei dem Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden Schriftsatz binnen eines Monats zu begründen. Die Frist beginnt mit der Einlegung der Beschwerde und kann auf Antrag von dem oder der Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Rechtsbeschwerdeschrift und -begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Für die Regulierungsbehörde besteht kein Anwaltszwang; sie kann sich im Rechtsbeschwerdeverfahren durch ein Mitglied der Behörde vertreten lassen (§§ 88 Abs. 4 Satz 2, 80 Satz 2 EnWG).
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