Beschluss vom Oberlandesgericht Hamm - 25 W 43/15
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 16.12.2014 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 03.09.2014 wird der Beschluss des Amtsgerichts Bottrop vom 12.08.2014 abgeändert und die Erinnerung der Gläubigerin vom 27.05.2014 gegen den Kostenansatz in der Kostenrechnung der Beteiligten zu 1) vom 30.04.2014 zurückgewiesen.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
1
Gründe:
3I.
4Hinsichtlich des zugrundeliegenden Sachverhalts wird Bezug genommen auf die Darstellung in der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts. Zu ergänzen ist lediglich, dass die Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 16.05.2014 auf entsprechende Nachfrage der Gläubigerin zur Begründung des Auslagenerstattungsanspruchs erklärt hat, dass eine Mitteilung über die Erteilung der VAK an einen Drittgläubiger an den Schuldner zugestellt werden müsse, für diese Zustellung keine Gebühr berechnet worden sei, aber die entstandenen Auslagen zu erstatten seien, wobei das Wegegeld mit 3,25 € günstiger sei, als die Kosten für eine Postzustellung mit 3,45 €.
5Das Landgericht hat die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Amtsgerichts mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beteiligte zu 1) angewiesen wird, für den Zwangsvollstreckungsauftrag der Gläubigerin vom 09.04.2014 keine Auslagen für die Übermittlung der Eintragungsanordnung nach Nr. 711 GvKostG zu erheben. Gegen die Entscheidung hat es die weitere Beschwerde zugelassen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Zustellung der Eintragungsanordnung als Maßnahme der Vorbereitung der Eintragung ins Schuldnerverzeichnis in keiner Weise der Durchsetzung der Interessen der Gläubigerin diene, sondern Teil eines gesonderten, vom Vollstreckungsauftrag losgelöst zu betrachtenden, Amtsverfahrens sei.
6Mit der weiteren Beschwerde verfolgt die Beteiligte zu 2) ihren Antrag weiter, die Kostenrechnung der Beteiligten zu 1) vom 30.04.2014 (Az. DR II 590/14) aufrecht zu erhalten und die Erinnerung der Gläubigerin vom 27.05.2014 zurückzuweisen.
7II.
8Die angefochtene Entscheidung war wie tenoriert abzuändern.
9Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist zulässig gem. § 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 4 - 6 GKG und hat in der Sache Erfolg. Das Landgericht hat zu Unrecht die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen die Entscheidung des Amtsgerichts vom 12.08.2014 zurückgewiesen.
10Im Ergebnis zu Recht hat die Beteiligte zu 1) in der Kostenrechnung vom 30.04.2014 ein Wegegeld i.H.v. 3,25 € gem. Ziff. 711 KV GvKostG angesetzt.
111.
12Soweit die Beteiligte zu 1) allerdings in ihrem Schreiben vom 16.05.2014 zur Begründung des Auslagenerstattungsanspruchs erklärt hat, dass „eine Mitteilung über die Erteilung der VAK an einen Drittgläubiger an den Schuldner zugestellt werden müsse“, ist dies deshalb fehlerhaft, weil die Mitteilung über die Erteilung der Vermögensauskunft gem. § 802d Abs. 1 S. 2 ZPO lediglich „zugeleitet“, nicht aber „zugestellt“ werden muss.
132.
14Die ist jedoch i.E. unbeachtlich, da das Schreiben der Beteiligten zu 1) vom 30.04.2014 nicht nur die Mitteilung nach § 802 d Abs. 1 ZPO enthielt, sondern auch die Anordnung der Eintragung in das zentrale Schuldnerverzeichnis. Diese Anordnung ist gem. § 882c Abs. 2 S.2 ZPO zuzustellen.
15Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GvKostG haftet der Vollstreckungsgläubiger als Auftraggeber (§ 3 GvKostG) neben dem Vollstreckungsschuldner für die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung. Der Regelung in § 13 Abs. 1 Nr. 1 GvKostG liegt das sogenannte Veranlassungsprinzip zugrunde. Danach haftet ein Gläubiger, der zur Durchsetzung eines Titels die Hilfe eines Gerichtsvollziehers in Anspruch nimmt, für alle Kosten und Auslagen, die durch eine ordnungsgemäße und zweckmäßige Durchführung des Auftrags notwendigerweise entstehen (BGH, Beschluss v. 21.02.2008, I ZB 53/06, juris, Rn. 10; Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl., § 13 GvKostG, Rdn. 5 m.w.N.).
16Gebühren und Auslagen des Gerichtsvollziehers werden gem. §§ 1, 9 GvKostG nach dem KV-GvKostG erhoben. Nr. 711 KV-GvKostG sieht dabei als Auslagentatbestand das Wegegeld für zurückgelegte Wegstrecken des Gerichtsvollziehers vor. Anders als Abschnitt 1 des KV-GvKostG im Gebührenbereich unterliegt der Auslagentatbestand nach Nr. 711 KV-GvKostG aber keiner Einschränkung, sodass er sowohl auf Wegegeld für Zustellungen im Parteibetrieb als auch auf Zustellungen von Amts wegen Anwendung findet (ebenso: OLG Stuttgart, Beschluss vom 09.02.2015, Az. 8 W 480/14, juris; OLG Nürnberg, Beschluss vom 09.02.2015, Az. 8 Wx 2651/14, juris; AG Bretten, Beschluss vom 27.03.2014, Az. M 1151/13, juris, Rn. 7). Entsprechend kommt es nicht darauf an, ob die Zustellung nach § 882c Abs. 2 S. 2 ZPO im Parteibetrieb oder von Amts wegen erfolgt (vgl. hierzu BeckOK ZPO/Utermark/Fleck, ZPO, § 882 c Rn. 8; OLG Nürnberg, aaO; OLG Stuttgart aaO).
17Entscheidend ist vielmehr die Frage, ob die Auslagen für die Zustellung der Eintragungsanordnung nach § 882c Abs. 2 S. 2 ZPO (Neben-) Kosten der Zwangsvollstreckung darstellen. Dies wird nach wohl mittlerweile herrschender Ansicht, der sich der Senat anschließt, bejaht (vgl. OLG Nürnberg aaO; OLG Stuttgart aaO; AG Mannheim, Beschluss vom 18.05.2015 - 7 M 33/15, juris; AG Bretten, Beschluss vom 27.03.2014 – M 1151/13, juris; AG Solingen, Beschluss vom 13.05.2014, 7 M 1132/14, juris; Zöller-Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 882 c, Rn. 7; Kessel, DGVZ 2013, 236; a.A.: AG Villingen-Schwenningen, Beschluss vom 18.08.2014 – 11 M 2177/14, juris; AG Mannheim, Beschluss 21.03.2014 – 7 M 6/14, juris; beide Entscheidungen stellen aber auf die nach hier vertretener Ansicht irrelevante Frage der Partei- oder Amtszustellung der Eintragungsanordnung ab).
18Zu den Kosten der Zwangsvollstreckung gehören alle Aufwendungen, die gemacht werden, um unmittelbar die Vollstreckung aus dem Titel vorzubereiten oder die einzelnen Vollstreckungsakte durchzuführen (BGH, Beschluss v. 05.06.2014, VII ZB 21/12, juris m.w.N.). Zu den Durchführungskosten gehören die Nebenkosten der Zwangsvollstreckung (MünchKomm/K.Schmidt/Brinkmann, ZPO, § 788, Rn. 13), die von den nur anlässlich der Zwangsvollstreckung anfallenden Kosten abzugrenzen sind (MünchKomm-K.Schmidt/Brinkmann, aaO, Rn. 11). Für diese Abgrenzung ist es nach allgemeiner Ansicht nicht entscheidend, ob eine konkrete Maßnahme gerade dem Interesse des Gläubigers dient (OLG Nürnberg aaO; OLG Stuttgart aaO).
19Um anlässlich der Zwangsvollstreckung anfallende Kosten handelt es sich demgegenüber bei mittelbaren Vermögenseinbußen wie z.B. dem entgangenen Gewinn aus Geschäften, die dem Gläubiger bei rechtzeitiger Erfüllung des titulierten Anspruchs möglich gewesen wären oder entgangenen Anlagezinsen wegen Hinterlegung eines Geldbetrags zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus einem vorläufig vollstreckbaren Urteil (MüKo-K.Schmidt/Brinkmann, aaO, Rn. 11).
20Soweit das Landgericht die Zustellung der Eintragungsanordnung nicht als zwingende und unabwendbare Nebenfolge des Verfahrens zur Abnahme der Vermögensauskunft ansieht, sondern als Ausfluss eines „anderen gesetzlichen Verfahrens“, das sich nach dem Willen des Gesetzgebers einem Termin zur Durchführung der Abnahme der Vermögensauskunft in bestimmten Konstellationen anschließen soll und daher die Zustellungskosten nicht mehr als „Kosten der Zwangsvollstreckung“ ansehen will, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Im Rahmen des durch den Auftrag des Gläubigers gem. § 802 a Abs. 2 S.1 Nr. 2 ZPO ausgelösten Gesamtvorganges sind die für die Zustellung der Eintragungsanordnung angefallenen Auslagen eine zwingende gesetzliche Folge einer auf dem Inhalt des bereits innerhalb der Sperrfrist abgegebenen Vermögensverzeichnisses beruhenden Feststellung einer offensichtlich aussichtlosen vollständigen Befriedigung des Gläubigers (§ 882 c Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und hängen damit eng mit dieser Vollstreckungsmaßnahme zusammen. Auch der Gesetzgeber hat zum Ausdruck gebracht, dass die Zustellung der Eintragungsanordnung ein Verfahrensteil der Zwangsvollstreckung ist (OLG Nürnberg aaO; Theis/Rutz, DGVZ 2014, 154, 155). Ausweislich der Begründung zum Gesetzesentwurf wurden die Vorschriften über das Schuldnerverzeichnis aus systematischen Gründen in einen selbständigen Titel des Abschnitts 2 „Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen“ der ZPO übernommen und steht im Rahmen des zivilrechtlichen Zwangsvollstreckungsverfahrens die Eintragung in das Schuldnerverzeichnis in Sachzusammenhang mit der Vollstreckung wegen Geldforderungen (BT-Drucks. 16/10069, S. 35; vgl. auch OLG Nürnberg aaO).
21Will der Gläubiger die Belastung mit den Auslagen für die Zustellung der Eintragungsanordnung verhindern, hat er dies insoweit in der Hand, als er den Vollstreckungsauftrag von vornherein auf den Fall beschränken kann, dass der Schuldner innerhalb der zweijährigen Sperrfrist gem. § 802 d ZPO noch kein Vermögensverzeichnis abgegeben hat (vgl. Senat, Beschlüsse vom 10.02.2015, 25 W 277/14 und 25 W 306/14, juris). Verzichtet der Gläubiger durch eine solche Antragsbeschränkung auf die Zusendung des Vermögensverzeichnisses, hat diese zu unterbleiben. Mangels Zuleitung des Vermögensverzeichnisses an den Gläubiger hat dann auch keine Anordnung der Eintragung des Schuldners in das Schuldnerverzeichnis gem. § 882 c Nr. 2 bzw. 3 ZPO zu erfolgen (Senat, aaO). Entsprechend entfällt ein Zustellerfordernis einer solchen Anordnung.
22Vorliegend hat die Gläubigerin durch ihren (unbedingten) Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802 a Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO die im Falle der offensichtlichen Aussichtslosigkeit ihrer vollständigen Befriedigung gesetzlich zwingende Eintragung des Schuldners ins Schuldnerverzeichnis (§ 882c Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und damit auch die ebenfalls zwingende Zustellung der Eintragungsmitteilung nach § 882c Abs. 2 S. 2 ZPO veranlasst.
23Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich. Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 5 Abs. 2 S. 2 GvKostG i.V.m. § 66 Abs. 8 GKG).
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