Beschluss vom Oberlandesgericht Köln - 13 U 208/16
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 28. April 2016 (22 O 470/15) wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
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Gründe:
2I.
3Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sich ein von den Parteien Ende Dezember 2009/Anfang Januar 2010 geschlossener Darlehensvertrag durch ihren mit Schreiben vom 1. Mai 2015 erklärten Widerruf in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat. Wegen des zugrunde liegenden Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
4Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Widerruf sei verfristet, die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß. Es hat dazu auf die Ausführungen des Senat in seiner Entscheidung vom 24. Februar 2016 – 13 U 84/15 – Bezug genommen und gemeint, diese beträfen eine identische Widerrufsbelehrung. Es hat in dem Umstand, dass vorliegend – anders als in dem vom Senat entschiedenen Fall – kein Präsenzgeschäft vorlag, sondern der Klägerin von der Beklagten ein bereits am 30. Dezember 2009 unterschriebener und ausgefertigter Vertrag übersandt worden sei, den diese dann ihrerseits unterschrieben und zurückgeleitet habe, keinen Anlass zu einer abweichenden Entscheidung gesehen.
5Dagegen wendet sich die Berufung, mit der die Klägerin im Wesentlichen geltend macht: Das Landgericht habe verkannt, dass der Verbraucher im vorliegenden Fall, in dem kein Präsenzgeschäft vorliege, dem Fehlverständnis unterliegen könne, der Darlehensvertrag könne nur innerhalb von zwei Wochen nach Empfang der Unterlagen der Beklagten widerrufen werden. Die Widerrufsbelehrung werde dementsprechend auch den Anforderungen des Bundesgerichtshofs – XI ZR 33/08 – nicht gerecht. Auf diesen Umstand sei das Landgericht mit keinem Wort eingegangen. Es habe sich lediglich auf die Fußnotenproblematik konzentriert. Auch die Verwendung der Fußnote führe im Übrigen zu einer Abweichung vom Mustertext, so dass keine Schutzwirkung angenommen werden könne.
6Die Klägerin beantragt,
7unter Abänderung des am 28. April 2016 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln – 22 O 470/15 –
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1. festzustellen, dass sich aufgrund des Widerrufs der Kläger zum Darlehensertrag mit der Nummer XXXXXXXXX vom 30. Dezember 2009 über 130.000,00 € das Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis gewandelt hat;
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2. die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von den außergerichtlichen Gebühren anwaltlicher Tätigkeit in Höhe von 2.611,93 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
13die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen,
14sowie – hilfswiderklagend –
15die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 91.441,62 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30. Mai 2015 zu bezahlen.
16Die Beklagte hält die Berufung schon für unzulässig, weil Rechtsanwalt T. K., der die Berufungsschrift unterzeichnet habe, sich durch den Zusatz „pro. abs. G. S.“ von deren Inhalt distanziert und nicht die Verantwortung dafür übernommen habe. Sie verteidigt im Übrigen das erstinstanzliche Urteil.
17II.
181. Die Berufung der Klägerin unterliegt der Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 ZPO.
19a) Sie ist zulässig, jedoch nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich unbegründet. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 14. September 2016, die auch unter Berücksichtigung der dagegen mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2016 erhobenen Einwendungen der Klägerin die Zurückweisung der Berufung tragen.
20aa) Soweit die Klägerin unter Ziff. 1. ihrer Stellungnahme beanstandet, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1, 3 BGB Info-Verordnung eingreife, liegen ihre Ausführungen insofern neben der Sache, als es auf die Frage des Musterschutzes nach den Ausführungen im Hinweisbeschluss des Senats nicht ankommt. Die Frage, ob die Beklagte sich auf den Musterschutz berufen kann, stellt sich erst und nur dann, wenn die Widerrufsbelehrung nach den Vorgaben des § 355 BGB in der maßgebenden Fassung nicht ordnungsgemäß ist. Die vorliegende Widerrufsbelehrung ist indes – aus den im Hinweisbeschluss dargelegten Gründen – nicht zu beanstanden.
21bb) Insbesondere ist die Belehrung hinsichtlich der Widerrufsfrist – wie ausgeführt – unter Berücksichtigung der Fußnote für den durchschnittlichen Verbraucher in der Situation der Klägerin ausreichend deutlich. Dass eine über eine hochgestellte Ziffer in den Belehrungstext einbezogene Fußnote sich erkennbar an den Gegner des Verwenders und nicht an dessen Mitarbeiter richtet und Teil der vom Verwender an den Kunden gerichteten Widerrufsbelehrung ist, hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 12. Juli 2016 – XI ZR 564/15 - entschieden (BGH, aaO, juris Rdn. 19). Der Bundesgerichtshof hat in diesem Zusammenhang auch die – für eine Fußnote im Übrigen typische – geringere Schriftgröße und Position am Ende der Seite unter dem Gesichtspunkt ausreichender Deutlichkeit nicht beanstandet. Welches konkrete Fehlverständnis - abweichend von der Einschätzung des Senats - unter Berücksichtigung dieser Fußnote in der konkreten Situation der Klägerin drohen soll, ist den Ausführungen der Klägerin in ihrer Stellungnahme nicht zu entnehmen. Soweit sie sich auf Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamm im Urteil vom 18. Juli 2016 – 31 U 284/15 – beruft, betreffen diese die dortige Vertragssituation. Dass auch dort der Verbraucher – wie hier die Klägerin – unstreitig mit dem ihm zur Verfügung gestellten Vertragsformular auch die Widerrufsbelehrung erhalten hatte, ist dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm nicht zu entnehmen. Zumindest in dieser Sachverhaltskonstellation können nach Auffassung des Senats weder die Formulierung „nach Vertragsschluss“ noch die Formulierung „mitgeteilt wird bzw. mitgeteilt werden kann“ Zweifel hinsichtlich des Laufs der Widerrufsfrist begründen.
22cc) Die von der Klägerin – in Anlehnung an die Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamm – vertretene Auffassung, bei der in Klammern gesetzten Frist von einem Monat handele es sich um einen überflüssigen Zusatz, ist mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus Sicht des Senats nicht zu vereinbaren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichthofs darf die Widerrufsbelehrung, um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts zum Widerruf nicht zu beeinträchtigen, grundsätzlich keine andere Erklärung enthalten. Zulässig sind allerdings Ergänzungen, die ihren Inhalt verdeutlichen. Nicht zulässig sind Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und deshalb von ihr ablenken (Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Januar 2009 – XIZR 118/08, juris Rdn. 14 m.w.Nachw.). Nach diesen Vorgaben ist der hier zu beurteilende Klammerzusatz keine unzulässige andere Erklärung. Er ist vielmehr erforderlich, um – zusammen mit der Fußnote – für alle Fälle eine vollständige und zutreffende Belehrung über die Widerrufsfrist zu erteilen. Dass eine einheitliche Belehrung für mehrere Fälle erteilt werden kann, ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23. September 2003 - XI ZR 135/02, in der dieser unter juris Rdn. 24 ausgeführt hat: „Der bloße Umstand, dass die in dem Kreditvertrag enthaltene Widerrufsbelehrung eine Belehrung über verbundene Geschäfte enthält, genügt hierfür [Anm: für die Annahme verbundener Geschäfte] schon deshalb nicht, weil es sich um einen Formularvertrag handelt, der für unterschiedliche Vertragsgestaltungen offen sein muss“.
23dd) Schließlich ist – wie der Senat ebenfalls in der Sache 13 U 84/15 bereits entschieden hat - auch nicht zu beanstanden, dass die Belehrung über die Rechtsfolgen keinen Hinweis auf die Zahlungsfrist der Gegenseite enthält. Dass die Beklagte dem Grunde nach zur Zurückerstattung empfangener Leistungen verpflichtet ist, ergibt sich für die Klägerin aus Satz 1 der Belehrung zu den Widerrufsfolgen. Zwar ist der Klägerin zuzugestehen, dass für den Verbraucher im Einzelfall die Frage offen bleibt, ob für die Verpflichtung der Bank ebenfalls die für ihn angegebene Frist von 30 Tagen gilt. Für die Beurteilung ist im vorliegenden Zusammenhang allerdings nur von Bedeutung, ob die konkrete Ausgestaltung der Belehrung objektiv geeignet erscheint, den Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abzuhalten. Das ist aber nicht der Fall: Die Klägerin konnte der Belehrung ohne Weiteres entnehmen, dass ihr ein Widerrufsrecht zustand, innerhalb welcher Frist sie dieses auszuüben hatte und dass die Ausübung dem Grunde nach zur Rückabwicklung führen würde. Aus welchem Grunde sie sich an der Ausübung ihres Widerrufsrechts durch das Fehlen einer ausdrücklichen Belehrung über die Frist, innerhalb derer die Bank im Falle eines Widerrufs ihrerseits die sich aus dem Rückgewährschuldverhältnis ergebenden Pflichten erfüllen muss, gehindert sehen sollte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen, zumal sich diese Frist aus dem Gesetz in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung (§ 286 Abs. 3 BGB) unzweideutig ergab.
24b) Wie ebenfalls bereits im Hinweisbeschluss angeführt, hat die Sache weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist insbesondere nicht durch das von der Klägerin zitierte Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 18. Juli 2016 – 31 U 284/15 – veranlasst, weil diese Entscheidung teilweise – wie ausgeführt – durch Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs überholt ist bzw. aus Sicht des Senats von dieser abweicht und im Übrigen nicht ersichtlich ist, dass diesem Urteil ein in den entscheidenden Punkten übereinstimmender Sachverhalt zugrunde liegt.
25c) Schließlich erscheint auch eine mündliche Verhandlung angesichts des gegebenen Sach- und Streitstands und der relevanten rechtlichen Fragen nicht geboten, so dass die Berufung - wie bereits im Beschluss vom 14. September 2016 angekündigt – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen ist.
26d) Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10 S. 2 ZPO, 711 ZPO.
272. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis 40.000 € festgesetzt.
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Referenzen
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- 22 O 470/15 1x (nicht zugeordnet)
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