Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 3 Ws 159/04

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers H.-D. S. gegen den Beschluss des Landgerichts - 25. Große Strafkammer / 5. Wirtschaftsstrafkammer - M. vom 09. Juni 2004 wird als unbegründet verworfen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

 
Das zulässige Rechtsmittel des Antragstellers bleibt aus den zutreffenden, durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräfteten Gründen der angefochtenen Entscheidung ohne Erfolg.
Anzumerken ist lediglich:
Die Strafkammer hat zu Recht den mit Anwaltsschriftsatz vom 10.03.2004 angebrachten Antrag des H.-D. S. abgelehnt, zur Sicherung seiner gegen den Angeschuldigten K. H. B. in Höhe von EUR 145.332,57 geltend gemachten Forderung nach §§ 111 b Abs. 2 und 5,  § 111 d Abs. 1, 111 e StPO i. V. m. §§ 73 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3, 73 a StGB den dinglichen Arrest in das Vermögen des K. H. B. anzuordnen. Der - gesondert verfolgte - Antragsteller war an den dem Angeschuldigten mit Schrift der Staatsanwaltschaft M. vom 25.03.2002 unter „B. Tatkomplex Berlin“ angelasteten Manipulationen zum Nachteil des Landes Berlin beteiligt, wie er selbst in der Antragsschrift mitteilt. Der Antragsteller haftet hierwegen dem Land Berlin - gemeinsam mit dem Angeschuldigten - gesamtschuldnerisch. Mit der Zahlung von EUR 145.332,57 an das Land Berlin ist der Antragsteller zuvörderst seiner Verpflichtung zum Schadensersatz gegenüber dem Land Berlin nachgekommen und hat den Anspruch erfüllt, der dem Land Berlin aus seiner eigenen Tat erwachsen ist.
Zwar mag dem Antragsteller dadurch gegenüber dem Angeschuldigten neben dem originären Ausgleichsanspruch nach § 426 Abs. 1 BGB ein von dem Gläubiger bzw. dem Land Berlin übergeleiteter Anspruch nach § 426 Abs. 2 BGB erwachsen sein (vgl. hierzu etwa BGH NJW 1981, 681). Den Antragsteller, weil er nun Inhaber des - auf Grund der Erfüllung seiner Schadensersatzpflicht - von dem Gläubiger/Geschädigten übergegangenen (Schadensersatz-) Anspruchs ist, jetzt selbst als „Verletzten“ i.S.d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einzustufen, erscheint aber eher fernliegend, zumal eine solche Auslegung zu dem unauflöslich widersprüchlichen Ergebnis führte, dass der Antragsteller sowohl Täter/Teilnehmer an der Tat, als auch durch dieselbe Tat Verletzter wäre.
Der Begriff des „Verletzten“ i. S. d. § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB ist vielmehr ein strafrechtlicher, der nach strafrechtlicher Betrachtungsweise auszulegen ist. „Verletzter“ kann nach Gegenstand, Inhalt und Zweck der Regelung nur sein, wer durch die (ihm fremde) Tat einen Vermögensnachteil erlitten hat; denn allein das schutzwürdige Interesse des Verletzten am Ausgleich des ihm durch die Tat zugefügten Vermögensnachteils vermag es zu rechtfertigen, dass dem Staat insoweit durch den (Verfall-)Ausschlusstatbestand des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB der Zugriff verwehrt wird (vgl. LK-Schmidt StGB 11.   Aufl. § 73 Rdnr. 37 m.w.N.). Einen Tatbeteiligten, hier den Antragsteller, wegen Rechtsnachfolge dem „Verletzten“ gleichzustellen, würde aber ersichtlich dem Schutzzweck dieser Bestimmung und insbesondere dem der §§ 111 b ff. StGB, nämlich dem Opferschutz in der Form der Rückgewinnungshilfe diametral zuwider laufen, wie gerade aus vorliegender Fallgestaltung erhellt. Schon insofern ist vorliegender Fall nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, der der von dem Antragsteller zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf (NStZ 1986, 222) zugrunde lag, der zufolge die Versicherung des Geschädigten diesem Schadensersatz leistete und damit im Wege der Rechtsnachfolge in die Position des entschädigten Opfers eintrat. Im letzteren Fall liegt es nahe, diesen Rechtsnachfolger - auch im Interesse des Täters, hier des Angeschuldigten (vgl. hierzu auch LK-Schmidt a.a.O. Rdnr. 36) - als vom Schutzzweck der genannten Bestimmungen erfasst zu erachten und dem durch die Tat unmittelbar Verletzten gleichzustellen. In der Person des tatbeteiligten Antragsteller liegt diese Annahme freilich fern.
Ob es einem Rechtsnachfolger des Verletzten grundsätzlich versagt ist, im Wege der §§ 111 b ff. StPO an Stelle des Verletzten auf das Vermögen des Täters zugreifen kann, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles ist ein derartiger Zugriff auf Grund der die Opfer der Straftat privilegierenden strafrechtlichen und strafprozessualen Bestimmungen jedenfalls ausgeschlossen. Hinzu kommt:
Ob „Zurückgewinnungshilfe“ im Einzelfall geboten erscheint, steht im Ermessen der Beschlagnahmebehörde, worauf die Strafkammer mit der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zutreffend hinweist (vgl. Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. § 111 b Rdnr. 6). Regelmäßig wird ein ausschließlich zu Gunsten des Verletzten wirkender dinglicher Arrest nicht angezeigt sein, weil das Strafverfahren nicht der Durchsetzung zivilrechtlicher Forderungen dient. Anders ist es in Fällen, in denen nur die Maßnahme nach § 111 d StPO den Verletzten/das Opfer davor bewahrt, seiner Ersatzansprüche verlustig zu gehen (vgl. KK-Nack StPO 5. Aufl. § 111 d Rdnr. 18 m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall.
Letztlich hätte eine Anordnung nach § 111 d StPO zugunsten des Antragstellers ggf. zur - kaum vertretbaren - Folge, dass er - obwohl er nicht Opfer der Straftat, vielmehr Tatbeteiligter ist - zum privilegierten Personenkreis der Verletzten zählte, denen die Bestimmung des § 111 g StPO eine vorrangige Befriedigung vor sonstigen Gläubigern des Angeschuldigten sichert (vgl. hierzu Senat B. v. 18.12.2003 - 3 Ws 108/03 -; OLG Stuttgart Die Justiz 2001, 34).
Ob Bedenken gegen die von dem Antragsteller begehrte Arrestierung des Vermögens des Antragstellers auch mit Blick auf die sog. „Verschiebungsfälle“ (vgl. BGH wistra 2000, 55, 58) bestehen, bedarf nach alledem keiner näheren Prüfung.
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Freilich bleibt es dem Antragsteller unbenommen, seinen behaupteten Anspruch im Zivilrechtsweg zu verfolgen und ggf. dort einen Arrest gegen den Angeschuldigten zu erwirken.
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Die Beschwerde des Antragsteller ist daher mit der Kostenfolge aus § 473 Abs. 1 StPO als unbegründet zu verwerfen. Eine Entscheidung über die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten ist nicht veranlasst (Senat B. v. 11.03.1998 - 3 Ws 19/98 -)

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