Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 1 U 22/05

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 24.01.2003 - 4 O 62/01 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Rückzahlung eines Festkredits, mit dem der Beklagte den Erwerb eines Anteils an einem geschlossenen Immobilienfonds finanziert hat.
Am 13.01.1993 gab der Beklagte in notarieller Urkunde ein Angebot auf Abschluss eines Treuhandgeschäftsbesorgungsvertrages mit der H. + K. Steuerberatungsgesellschaft mbH (im Folgenden: Treuhänderin) ab. Ziel des Auftrags war der Erwerb von zwei Anteilen an dem am 04.12.1992 gegründeten geschlossenen Immobilienfonds „Einkaufszentrum G. GdbR“ (im Folgenden: Fonds) mit Sitz in L. Zweck des Fonds war im Wesentlichen der Erwerb eines im Gesellschaftsvertrag näher bezeichneten, sich noch in der Errichtung befindlichen Einkaufszentrums in G.
In dem Treuhandvertrag wurde die Treuhänderin beauftragt, auf den Erwerb der Fondsbeteiligung gerichtete Verträge abzuschließen und auszuführen. Hierfür wurde ihr eine unwiderrufliche Vollmacht zur Vornahme von Rechtsgeschäften jedweder Art erteilt. Zu den von Auftrag und Vollmacht umfassten Rechtsgeschäften gehörten der Erwerb der Gesellschaftsanteile, der Abschluss eines Darlehensvertrages zur Finanzierung des Erwerbs sowie alle erforderlichen Sicherungsverträge. Wegen des weiteren Inhalts der notariellen Urkunde wird auf Anlage K 1 Bezug genommen.
Die Treuhänderin nahm das Angebot mit notariell beglaubigter Erklärung vom 31.03.1993 an. Ebenfalls am 31.03.1993 schloss die Treuhänderin im Namen des Beklagten mit der Klägerin einen Festkreditvertrag (Anlage K 2) über einen Nennbetrag von 40.000,00 DM (= 20.451,68 Euro) abzüglich 10 % Disagio. Die Zinsen in Höhe von 8,5 % des Nennbetrages waren nach dem Vertrag in vierteljährlichen Teilbeträgen zu zahlen. An Stelle einer planmäßigen Darlehenstilgung trat der Beklagte Ansprüche aus einer Lebensversicherung an die Klägerin ab. Der Darlehensbetrag war am 15.05.2013 zurückzuzahlen. Der nach Abzug des Disagios verbleibende Darlehensbetrag von 36.000,00 DM (= 18.406,51 Euro) wurde auf Anweisung der Treuhänderin ausgezahlt.
Im Jahr 1999 stellte der Beklagte die Zinszahlungen ein. Die Klägerin kündigte daraufhin mit Schreiben vom 02.08.2000 nach mehrfacher Mahnung den Darlehensvertrag aus wichtigem Grund. Den aus dem Vertrag noch offenen Betrag von 21.985,07 Euro zuzüglich Zinsen macht die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit geltend.
Die Klägerin hat behauptet, die Treuhänderin habe den Darlehensvertrag unter Vorlage einer Ausfertigung der notariellen Treuhandvollmacht abgeschlossen. Sie habe nicht erkannt und nicht erkennen müssen, dass die Vollmacht nichtig sei. Selbst wenn der Darlehensvertrag unwirksam sei, stehe ihr ein Rückzahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung zu.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 21.985,07 Euro zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank aus 20.218,00 Euro zu bezahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte hat behauptet, die Treuhänderin habe bei Abschluss des Darlehensvertrages allenfalls eine beglaubigte Abschrift der Vollmacht vorgelegt. Er hat darüber hinaus geltend gemacht, wegen der unzutreffenden Angaben im Anlageprospekt stünden ihm Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren des Anlagemodells zu, die er auch gegenüber der Klägerin geltend machen könne.
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Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.01.2003, auf das wegen näherer Einzelheiten Bezug genommen wird, abgewiesen. Es hat die Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 der Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) als nichtig angesehen. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Vollmacht bei Abschluss des Darlehensvertrages in Ausfertigung vorgelegen hat, komme es nicht an, weil der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz im vorliegenden Fall evident gewesen sei. Auch eine Duldungsvollmacht oder Genehmigung liege nicht vor. Mangels wirksamer Vollmacht bestehe auch kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.
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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie macht - unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages - geltend, der Treuhandvertrag verstoße nicht gegen § 1 RBerG. Selbst wenn ein solcher Verstoß vorliege, führe dieser nicht zur Unwirksamkeit der Vollmacht. Den Vortrag des Beklagten zu dem von der D. V. AG erzielten Zwischengewinn bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen. Ergänzend macht sie geltend, die Zahlung einer Innenprovision führe nicht ohne weiteres zur Sittenwidrigkeit des vermittelten Geschäfts.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des am 24.01.2003 verkündeten Urteils des Landgerichts Heidelberg Geschäftsnummer 4 O 62/01 den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 21.985,07 Euro (DM 42.999,06) zuzüglich 5 % Zinsen über den jeweiligen Basiszinssatz aus 20.218,00 Euro (DM 39.542,97) seit dem 11.07.2001 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags.
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Ergänzend macht der Beklagte - ebenfalls unter Wiederholung und Vertiefung erstinstanzlichen Vortrags - geltend, die Initiatoren des Fonds hätten durch Erwerb und Weiterveräußerung des Baugrundstücks durch die D. V. AG einen Zwischengewinn von 2,698 Millionen DM erzielt, der im Anlageprospekt verschwiegen worden sei. Der Anlageprospekt sei darüber hinaus auch deshalb unrichtig, weil darin die Wertbeständigkeit der Anlage hervorgehoben worden sei, obwohl in den abgeschlossenen Mietverträgen nur eine teilweise Anpassung an die Steigerung der Lebenshaltungskosten vereinbart worden sei. In dem vom Vermittler erstellten Berechnungsbeispiel sei ferner verschwiegen worden, dass es sich bei dem im Darlehensvertrag vorgesehenen Disagio ebenfalls um Zinskosten gehandelt habe. Der Vermittler habe dem Beklagten ferner versichert, dass die Fondsanteile in fünf Jahren mit Gewinn verkauft werden könnten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die beiderseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Das Berufungsgericht hat die Berufung mit Urteil vom 29.07.2003 (1 U 26/03) zurückgewiesen. Mit Urteil vom 11.01.2005 (XI ZR 272/03, NJW 2005, 1190) hat der Bundesgerichtshof dieses Urteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
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Nach Zurückverweisung hat das Berufungsgericht Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen W. H. Wegen des Inhalts wird auf das Vernehmungsprotokoll vom 23.05.2005 (AS 633 ff.) Bezug genommen.
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II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Darlehensvertrag wirksam ist. Die Klägerin darf etwaige Zahlungsansprüche aus dem Darlehensvertrag jedenfalls deshalb nicht geltend machen, weil ihr der Beklagte Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren des Fonds entgegenhalten kann.
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1. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Darlehensvertrag wirksam zustande gekommen ist.
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a) Bei Anwendbarkeit der §§ 171, 172 BGB ist die wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG nichtige Vollmacht gegenüber der Klägerin allerdings als gültig zu behandeln.
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(1) Das Berufungsgericht ist aufgrund der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, dass der Klägerin vor Abschluss des Darlehensvertrages eine Ausfertigung der Vollmacht vorgelegen hat.
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Der Zeuge H. hat glaubwürdig bekundet, dass der Klägerin mit Schreiben vom 26.03.1993 eine Ausfertigung des Treuhandvertrages einschließlich der Vollmacht übermittelt worden ist. Seine Aussage war frei von auffälligen Widersprüchen und von sonstigen Anzeichen, die durchgreifende Zweifel an der Wahrheit seiner Bekundungen geweckt hätten.
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Das Berufungsgericht hat dabei nicht verkannt, dass die Aussage nicht auf unmittelbarer Erinnerung an die Vorgänge, sondern auf dem Inhalt der bei der Klägerin vorhandenen Kreditakten beruht. Der Zeuge hat dies von Anfang an offen gelegt. Aufgrund der Vielzahl der von ihm bearbeiteten Fälle und des langen Zeitraums, der seit dem Vertragsschluss vergangen ist, wäre es auch eher auffällig gewesen, wenn der Zeuge sich noch auf konkrete Erinnerungen an den Einzelfall berufen hätte. Der Zeuge hat aber in nachvollziehbarer Weise geschildert, aus welchen Umständen er den Schluss zieht, dass die Vollmacht bei Vertragsschluss in Ausfertigung vorgelegen hat. Dieser Schluss ist zwar nicht logisch zwingend. Aufgrund der Gesamtumstände ist das Berufungsgericht jedoch davon überzeugt, dass er im vorliegenden Fall zutreffend ist.
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Aus dem vom Zeugen H. vorgelegten Schreiben der G. GmbH vom 26.03.1993, das den Eingangsstempel der Klägerin vom 30.03.1993 trägt, ergibt sich, dass an die Klägerin eine ganze Reihe von Vollmachten übersandt worden ist, zu denen auch die vom Beklagten erteilte gehörte. Zwar folgt daraus nicht zwingend, dass die Vollmacht dem vorgelegten Begleitschreiben tatsächlich beilag und dass es sich dabei um die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Ausfertigung handelt. Andererseits erscheint es nahe liegend, dass die Klägerin, wie dies der Zeuge H. geschildert hat, vor dem endgültigen Abschluss des Vertrages die ihr vorliegenden Unterlagen auf Vollständigkeit überprüft und auf die Vorlage einer Ausfertigung geachtet hat. Dazu steht nicht in Widerspruch, dass die Probleme im Zusammenhang mit dem Rechtsberatungsgesetz zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bekannt waren. Dass eine in notarieller Form erteilte Vollmacht dem Geschäftspartner nur dann den Schutz der §§ 171, 172 BGB bietet, wenn sie in Ausfertigung vorgelegt wird, ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs spätestens seit dem Urteil vom 15. Oktober 1987 (BGHZ 102, 60, 63) geklärt. Vor diesem Hintergrund erscheint es plausibel, wenn ein Kreditinstitut auf der Vorlage einer Ausfertigung besteht, und zwar auch dann, wenn es keine konkreten Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Vollmacht gibt. Dass die Klägerin tatsächlich auf die Vorlage von Ausfertigungen bestanden hat, wird zudem durch das vorgelegte Begleitschreiben vom 26.03.1993 dokumentiert.
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Die daraus gewonnene Überzeugung von der Wahrheit der Zeugenaussage wird nicht dadurch erschüttert, dass es einzelne Indizien gibt, die gegen eine rechtzeitige Übergabe der Ausfertigung sprechen könnten. Keines dieser Indizien ist zwingend, und auch in ihrer Gesamtheit geben diese Indizien keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin sich die Vollmachtsausfertigung im Streitfall abweichend von der vom Zeugen H. glaubwürdig geschilderten allgemeinen Vorgehensweise erst nachträglich verschafft hat, um ein Unterliegen im vorliegenden Rechtsstreit zu verhindern.
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Durchgreifende Zweifel an der Wahrheit der Zeugenaussage ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass die Ausfertigung der notariellen Urkunde nicht wie die anderen Unterlagen in die Akte eingeheftet, sondern dieser lose beigelegt war. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass notarielle Urkunden, deren Echtheit unter anderem auch durch äußere Erscheinungsmerkmale gewährleistet wird, in besonderer Weise abgelegt werden, um ihre physische Substand nicht durch Lochen oder dergleichen zu beeinträchtigen.
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Ebenfalls keine durchgreifenden Zweifel ergeben sich nach Einschätzung des Berufungsgerichts aus dem Umstand, dass die zusammen mit der Anspruchsbegründung vom 18.07.2001 als Anlage K 1 vorgelegte Kopie der Vollmachtsurkunde nicht die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Ausfertigung, sondern die in der Kreditakte abgeheftete beglaubigte Abschrift wiedergibt. Zwar könnte dies theoretisch darauf hindeuten, dass die Klägerin zu dem Zeitpunkt, als die Anlage K 1 angefertigt wurde, noch nicht im Besitz der Ausfertigung war. Es gibt aber keine konkreten Anzeichen dafür, dass sich diese theoretische Möglichkeit im Streitfall verwirklicht hat. Überdies kann die Abweichung auch auf einem bloßen Versehen beim Zusammenstellen der Anlagen beruhen.
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Insgesamt ist die Behauptung der Klägerin, die Vollmachtsurkunde habe ihr bei Vertragsschluss in Ausfertigung vorgelegen, mithin zur Überzeugung des Berufungsgerichts bewiesen.
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(2) Der Gutglaubensschutz der §§ 171, 172 BGB scheitert nicht daran, dass die der Klägerin vorgelegte Ausfertigung der Vollmacht nicht für die Treuhänderin, sondern für die G.-W. GmbH erteilt worden ist. Zwar ist gemäß § 172 BGB erforderlich, dass der Vollmachtgeber die Urkunde „dem Vertreter“ ausgehändigt hat. Diesem Erfordernis ist aber schon dann Genüge getan, wenn die Urkunde mit dem Willen des Vollmachtgebers in den Besitz des Vertreters gelangt. Letzteres ist hier dadurch geschehen, dass der Beklagte bei der Errichtung der Urkunde bestimmt hat, dass die Ausfertigung für die G.-W. GmbH „zu Händen des Treuhänders“ zu erteilen ist. Die Aushändigung dieser Ausfertigung an die Treuhänderin entsprach mithin dem Willen des Vollmachtgebers.
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(3) Einer Anwendung des § 172 BGB steht ferner nicht entgegen, dass die Ausfertigung nicht von der Treuhänderin, sondern von einer G. GmbH an die Klägerin gesandt worden ist. Zwar muss nach der genannten Vorschrift „der Vertreter“ die Urkunde vorlegen. Hierfür reicht es jedoch aus, wenn ein Dritter die Urkunde mit Wissen und Willen des Vertreters vorlegt (vgl. OLG Karlsruhe, 17. Zivilsenat, NJW-RR 2003, 185, 188).
36 
(4) Die Wirksamkeit der Vollmacht scheitert auch nicht an § 173 BGB.
37 
An seiner nicht durch konkrete Tatsachen belegten Behauptung, die Klägerin habe die Unwirksamkeit der Vollmacht gekannt, hat der Beklagte in der Berufungsinstanz nicht mehr festgehalten. Auf die Vernehmung des hierfür benannten Zeugen B. hat er in der mündlichen Verhandlung vom 23.05.2005 verzichtet.
38 
Die Unkenntnis der Klägerin von der Unwirksamkeit der Vollmacht ist, wie der Bundesgerichtshof im Revisionsurteil in vorliegender Sache entschieden hat, nicht als fahrlässig zu werten.
39 
b) Die Wirksamkeit des Vertrages hängt damit von der Frage ab, ob die §§ 171, 172 BGB auch dann Anwendung finden, wenn der Beitritt zur Fondsgesellschaft und der finanzierende Darlehensvertrag ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 und 4 VerbrKrG bilden und die finanzierende Bank sich bewusst in die bestehende einheitliche Vertriebsorganisation eingegliedert hat.
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Diese Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bislang nicht abschließend geklärt. Der Bundesgerichtshof hat sie auch im Revisionsurteil in vorliegender Sache ausdrücklich offen gelassen. Sie bedarf auch nunmehr keiner Entscheidung.
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Selbst wenn der Darlehensvertrag wirksam wäre, könnte der Beklagte den daraus resultierenden Rückzahlungsansprüchen der Klägerin hier jedenfalls einredeweise entgegenhalten, dass ihm die Initiatoren des Immobilienfonds zum Schadensersatz wegen unzureichender Aufklärung verpflichtet sind.
42 
2. Der Beklagte kann sich gegenüber dem Darlehensanspruch der Klägerin auch auf Schadensersatzansprüche berufen, die ihm gegenüber den Initiatoren des Immobilienfonds zustehen. Der Beitritt zu dem Fonds und der Darlehensvertrag bilden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der das Berufungsgericht folgt, nämlich ein verbundenes Geschäft im Sinne des § 9 Abs. 1 und 4 VerbrKrG.
43 
a) Die Vorschriften des § 9 Abs. 1 bis 3 VerbrKrG sind auf den Erwerb der Beteiligung an einer Kapitalanlagegesellschaft entsprechend anzuwenden. Ein solches Geschäft betrifft eine andere Leistung im Sinne des § 9 Abs. 4 VerbrKrG. Der Zweck des § 9 VerbrKrG, den Verbraucher davor zu schützen, einen Kredit auch dann in voller Höhe zurückzahlen zu müssen, wenn der Vertragspartner des finanzierten Geschäfts seine Leistungen nicht oder nicht voll erbringt, greift auch bei derartigen Geschäften (BGH NJW 2003, 2821, 2823). An seiner früheren gegenteiligen Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 29.11.2000, WM 2003, 182) hält das Berufungsgericht im Hinblick auf die inzwischen ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs nicht mehr fest.
44 
b) Die Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 VerbrKrG sind im vorliegenden Fall erfüllt. Die in Rede stehenden Verträge bilden eine wirtschaftliche Einheit, weil sich die Klägerin bei Vorbereitung und Abschluss des Kreditvertrages der Mitwirkung der mit dem Vertrieb der Fondsanteile befassten Gesellschaften bedient hat.
45 
Von einer Mitwirkung der Fondsgesellschaft ist auszugehen, wenn der Kreditvertrag nicht aufgrund eigener Initiative des Kreditnehmers zu Stande kommt, der von sich aus eine Bank um die Finanzierung seines Gesellschaftsbeitritts bittet, sondern deshalb, weil der Vertriebsbeauftragte des Fondsvertreibers dem Interessenten zugleich mit den Beitrittsunterlagen einen Kreditantrag des Finanzierungsinstituts vorgelegt hat, das sich zuvor dem Fondsvertreiber gegenüber zur Finanzierung bereit erklärt hatte (BGH NJW 2003, 2821, 2823). Entsprechendes gilt, wenn der Kreditgeber den Kreditvertrag nicht mit den einzelnen Anlegern, sondern mit dem Treuhänder schließt und sich der Selbstauskunftsformulare des von den Fondsinitiatoren beauftragten Vertriebsunternehmens bedient (BGH DStR 2005, 879 f.).
46 
Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Der Darlehensvertrag wurde mit der Treuhänderin als Vertreter des Beklagten geschlossen. Die Klägerin hat ferner bereits in erster Instanz eingeräumt, dass sie der Initiatorin des Steuermodells Anfang Dezember 1992 ihre generelle Bereitschaft erklärt hat, Anteile an dem Immobilienfonds bei Vorliegen bestimmter Bonitätsvoraussetzungen zu refinanzieren, und dass sie der Initiatorin des Fonds Vordrucke zur Abtretung der Rechte aus einer Lebensversicherung (Anlage B 2), zur Einholung von Bankauskünften (Anlage B 3) und zur Übermittlung von Daten an die Schufa (Anlage K 25, GA II 283) überlassen hat, die im Rahmen des Vertriebs der Fondsanteile den Anlegern zur Unterschrift vorgelegt wurden. Dieses Geständnis ist gemäß § 535 ZPO auch in der Berufungsinstanz wirksam.
47 
c) § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG steht der Anwendung des § 9 VerbrKrG hier schon deshalb nicht entgegen, weil der streitgegenständliche Kredit nicht von der Sicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemacht worden ist. Die Frage, ob § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG beim Erwerb von Beteiligungen an einer Kapitalanlagegesellschaft einengend auszulegen ist (bejahend BGH DStR 2005, 879, 880), bedarf vorliegend deshalb keiner Entscheidung.
48 
3. Dem Beklagten steht gegen die Initiatoren des Fonds ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei den Vertragsverhandlungen zu, weil diese nicht offen gelegt haben, dass durch den Zwischenverkauf des Grundstücks durch eine zum Initiatorenkreis gehörige Gesellschaft ein Gewinn von mehr als 15 % des Gesamtaufwandes erzielt worden ist.
49 
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen die Verantwortlichen eines Immobilienfonds einen Hinweis in den Verkaufsprospekt aufnehmen, wenn in dem Gesamtaufwand für die Immobilienanlage erheblich überdurchschnittliche Innenprovisionen stecken. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Innenprovision einen Anteil von 15 % des Aufwandes überschreitet (BGH NJW 2004, 1732, 1732 f.).
50 
Im Streitfall war eine vergleichbare Konstellation gegeben, weil die zum Initiatorenkreis gehörige D. V. AG durch Erwerb und Weiterverkauf des Grundstücks einen Gewinn von mehr als 15 % des Gesamtaufwandes erzielt hat.
51 
(1) Der Beklagte hat durch Vorlage der Kaufverträge bewiesen, dass das Grundstück einschließlich des vom Verkäufer zu errichtenden Einkaufszentrums mit notariellem Vertrag vom 02.11.1992 (zweitinstanzliches Anlagenheft des Beklagten, Anlage „K 6“) von der vormaligen Eigentümerin zum Preis von 11,2 Millionen DM an die D. V. AG veräußert worden ist und dass die D. V. AG das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 24.03.1993 (Anlage „K 7“) zum Preis von 13,898 Millionen DM an den Fonds weiterverkauft hat, dessen alleinige Gesellschafter damals zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung waren. Aus dem zweiten Kaufvertrag, dessen Inhalt auch im Anlageprospekt wiedergegeben ist (Anlage „K 8“, S. 62 ff.), ergibt sich ferner, dass der einzige Geschäftsführer der zwei Fondsgesellschafterinnen zugleich einziger Vorstand der veräußernden D. V. AG war. Ausweislich des Anlageprospekts (Anlage „K 8“, S. 47) hatten alle beteiligten Gesellschaften überdies denselben Mehrheitsgesellschafter.
52 
Die Klägerin, die den Vortrag des Beklagten zu einer versteckten Innenprovision mit Nichtwissen bestreitet, stellt die Echtheit der vorgelegten Verträge nicht in Abrede. Anhaltspunkte für Zweifel in diese Richtung sind auch sonst nicht ersichtlich. Damit ist bewiesen, dass die Vereinbarungen, die im Ergebnis dazu führten, dass der D. V. AG ein Zwischengewinn von 2,698 Millionen DM zufiel, tatsächlich getroffen worden sind.
53 
(2) Der von der D. V. AG erzielte Veräußerungsgewinn ist einer Innenprovision gleichzusetzen.
54 
Die D. V. hat das Grundstück in demselben Zustand weiterverkauft wie sie es erworben hatte. Die von ihr in Nr. I des Kaufvertrages vom 24.03.1993 (Anlage „K 7“) übernommene Verpflichtung zur Errichtung des Objekts deckt sich mit der Verpflichtung, die die vorherige Verkäuferin in § 1 des Vertrages vom 02.11.1992 (Anlage „K 6“) ihr gegenüber übernommen hatte. Wegen der näheren Ausgestaltung des Objekts wurde im zweiten Vertrag sogar auf den Inhalt des ersten Vertrages Bezug genommen. Auch im Übrigen ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die D. V. AG zusätzlich konkrete objektbezogene Leistungen erbracht hat, die sich in dem höheren Kaufpreis niedergeschlagen haben. Die Klägerin macht insoweit lediglich geltend, dass es sich um modelltypische Werbungskosten handle, die typischerweise in Form von Dienstleistungsgebühren anfielen.
55 
Damit handelte es sich bei dem der D. V. AG eingeräumten Vermögensvorteil trotz der formalrechtlichen Einkleidung als Veräußerungsgewinn um eine Vergütung für eine nicht näher spezifizierte Beteiligung am Projekt. Vom wirtschaftlichen Effekt her kommt dies einer Provisionszahlung gleich. Dieser wirtschaftliche Effekt ist für die Frage, ob eine Aufklärungspflicht bestand, von entscheidender Bedeutung, weil die Anlageentscheidung maßgeblich von der Wirtschaftlichkeit des Angebots abhängt.
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(3) Der erzielte Gewinn von 2,698 Millionen DM entspricht 15,36 % des im Anlageprospekt (Anlage „K 8“, S. 10) mit 17,568 Millionen DM ausgewiesenen Gesamtaufwandes innerhalb des Fonds. Damit ist der Schwellenwert, von dem ab die versteckte Provision im Verkaufsprospekt auszuweisen ist, überschritten.
57 
Durch das Verschweigen des Veräußerungsgewinns haben die Prospektverantwortlichen mithin ihre dem Beklagten gegenüber bestehenden vorvertraglichen Pflichten verletzt.
58 
b) Aufgrund der Pflichtverletzung ist zu vermuten, dass der Beklagte den Anlagevertrag bei pflichtgemäßer Aufklärung nicht abgeschlossen hätte.
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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich das Berufungsgericht anschließt, trägt derjenige, der bei Anlagegeschäften eine vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt, die Beweislast dafür, dass der Schaden auch bei gehöriger Aufklärung eingetreten wäre. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine gehörige Aufklärung beim Vertragspartner einen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, weil es vernünftigerweise nicht nur eine, sondern mehrere Möglichkeiten aufklärungsrichtigen Verhaltens gab (BGH NJW-RR 1998, 1271, 1272 mwN.).
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Im Streitfall wäre ein solcher Entscheidungskonflikt nicht eingetreten. Zwar spielte bei der Anlage das Ziel der Steuerersparnis eine wichtige Rolle. Auch ein Anleger, der dieses Ziel verfolgt, wird jedoch zu der Erkenntnis gelangen, dass es steuerlich nicht günstig sein kann, mehr als 15 % des Anlagebetrages für nicht näher spezifizierte Leistungen auszugeben. Dies gilt umso mehr, als im Anlageprospekt (Anlage „K 8“, S. 10) für konkrete Leistungen wie Fondsgeschäftsführung, Steuerberatung, Konzeption und dergleichen weitere, nicht unerhebliche Vergütungen ausgewiesen waren. Wenn zusätzlich zu diesen Vergütungen für die Initiatoren ein Sondervorteil von mehr als 15 % der Investitionssumme vorgesehen ist, wird ein vernünftig denkender Anleger von der Investition Abstand nehmen, ohne in einen Entscheidungskonflikt zu geraten.
61 
Umstände, die diese Vermutung im vorliegenden Fall entkräften könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
62 
c) Nach allem kann der Beklagte von den Initiatoren des Fonds verlangen, so gestellt zu werden, als wäre er dem Fonds nicht beigetreten.
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Bei einem verbundenen Geschäft kann der Anleger bei Bestehen eines solchen Schadensersatzanspruchs gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrG auch die Rückzahlung des Kredits gegenüber dem Kreditgeber verweigern (BGH NJW 2004, 2736, 2741 f.). Mithin ist die Klage auch dann unbegründet, wenn der Darlehensvertrag wirksam ist.
64 
4. Bei Unwirksamkeit des Darlehensvertrages ist die Klage, wie der Bundesgerichtshof im Revisionsurteil in vorliegender Sache bestätigt hat, auch nicht unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung begründet. Damit ist sie unabhängig von der Wirksamkeit des Darlehensvertrages abweisungsreif.
65 
5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO. Da die Klägerin unterlegen ist, waren ihr auch die Kosten des Revisionsverfahrens aufzuerlegen.
66 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
67 
Gründe, die Revision zuzulassen, lagen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO).

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