Urteil vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 18 UF 48/12

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Villingen-Schwenningen vom 16.12.2011 (2 F 246/08) unter Aufhebung der Kostenentscheidung abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. In Abänderung des Urteils des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5.3.2004 (5 UF 172/01) wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte für die Zeit von August 2008 bis einschließlich Juli 2011 rückständigen Ehegattenunterhalt in Höhe von insgesamt 5.878,60 EUR zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass ab August 2011 keine Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber der Beklagten mehr besteht.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt die Herabsetzung sowie Befristung seiner mit Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5.3.2004 (5 UF 172/01) gegenüber der Beklagten titulierten Unterhaltspflicht.
Die Parteien haben am 18.5.1984 die Ehe geschlossen, aus der der Sohn P., geb. am 29.8.1984, hervorgegangen ist. Der Kläger ist im Februar 1987 aus der Ehewohnung ausgezogen. Die Parteien leben jedenfalls seit Sommer 1993 getrennt. Auf den im Dezember 1996 zugestellten Scheidungsantrag des Ehemanns wurde die Ehe durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lörrach (13 F 101/96) vom 15.1.1998 - rechtskräftig seit 21.2.1998 - geschieden.
Mit Schriftsatz vom 18.11.1999 machte die Ehefrau vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Lörrach (11 F 255/99) einen Stufenantrag anhängig, mit dem sie nachehelichen Unterhalt seit 1.5.1999 begehrte. Der Ehemann wurde durch Urteil des Familiengerichts Lörrach vom 27.4.2001 (11 F 255/99) verurteilt, an die Ehefrau für die Zeit von Dezember 1999 bis Januar 2001 monatlich 1.480,75 DM und ab Februar 2001 monatlich 1.802,99 DM Ehegattenunterhalt zu zahlen. Auf die Berufung der Ehefrau und die Anschlussberufung des Ehemanns wurde dieses Urteil des Familiengerichts Lörrach mit Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5.3.2004 (5 UF 172/01) abgeändert und der Ehemann unter anderem verurteilt, an die Ehefrau ab März 2004 nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich 942,00 EUR zu zahlen. Die Unterhaltspflicht wurde wie folgt berechnet:
Einkommen Ehemann:
        
Jahresnettoeinkommen aus abhängiger Beschäftigung
40.581,71 EUR
+ Steuererstattung
  1.749,00 EUR
Jahresnettoeinkommen
42.330,71 EUR
: 12 = Nettoeinkommen/Monat
3.528,00 EUR
./. Berufsbedingte Aufwendungen
     150,00 EUR
monatliches Nettoeinkommen
3.378,00 EUR
Einkommen Ehefrau:
        
Rente
983,97 EUR
./. Kranken- und Pflegeversicherung
154,08 EUR
./. Krankheitsbedingter Mehrbedarf
     173,00 EUR
Einzusetzendes Einkommen
657,00 EUR
Unterhaltsberechnung:
        
Nettoeinkommen Ehemann
3.378,00 EUR
./. Unterhalt P.
     555,00 EUR
        
2.823,00 EUR
./. Erwerbstätigenbonus
     282,00 EUR
Einzusetzendes Einkommen Ehemann
2.541,00 EUR
+ Einzusetzendes Einkommen Ehefrau
     657,00 EUR
        
3.198,00 EUR
: 2 = Unterhaltsbedarf der Ehefrau
1.599,00 EUR
./. Bedarfsdeckung durch eigenes Einkommen
     657,00 EUR
Offener Bedarf = Unterhaltsanspruch
942,00 EUR
Auf die Entscheidung wird Bezug genommen.
Die am 20.11.2007 beim Amtsgericht - Familiengericht - Lörrach (12 F 933/07a) eingegangene Abänderungsklage der Ehefrau mit dem Ziel, die Unterhaltspflicht des Ehemannes ab 1.4.2006 monatlich auf 1.224,00 EUR zu erhöhen, wurde auf die mündliche Verhandlung vom 12.6.2008 mit Urteil des Familiengerichts Lörrach vom 4.7.2008 abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgte die Ehefrau gemäß Berufungsschrift vom 9.10.2008 „ihr erstinstanzliches Abänderungsbegehren mit der zeitlichen Begrenzung weiter, dass die Abänderung nur bis 31.7.2008 begehrt wird, weil sich für die Folgezeit das Einkommen des Beklagten verringert hat.“. Gegenstand dieses Berufungsverfahrens war somit eine Abänderung der Unterhaltspflicht für den Zeitraum ab April 2006 bis einschließlich Juli 2008. Mit Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18.9.2009 (5 UF 134/08) wurde die Berufung der Ehefrau schließlich zurückgewiesen. Auf das Urteil wird verwiesen.
Mit am 24.7.2008 beim Amtsgericht - Familiengericht - Lörrach eingegangener Klage beantragte der Ehemann seinerseits die Abänderung des Urteils des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5.3.2004 mit dem Ziel, den gegenüber der Ehefrau geschuldeten Unterhalt ab 1.8.2008 auf 431,81 EUR zu reduzieren, da er seit 1.8.2008 Ruhegehalt beziehe. Mit Beschluss des Amtsgerichts Lörrach vom 5.8.2008 wurde die Sache an das örtlich zuständige Amtsgericht - Familiengericht - Villingen-Schwenningen (2 F 246/08) verwiesen. Mit Schriftsatz vom 27.11.2009 beantragte der Kläger, seine Unterhaltspflicht bis zum 31.12.2009 zu befristen.
Das Amtsgericht - Familiengericht - Villingen-Schwenningen (2 F 246/08) hat die Klage des Ehemanns mit Urteil vom 16.12.2011 abgewiesen. Der Kläger sei sowohl hinsichtlich seiner pensionierungsbedingten Einkommensreduzierung zum 1.8.2008 als auch mit seinem Begehren auf Befristung der Unterhaltsverpflichtung präkludiert. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Der Kläger hat gegen dieses - ihm am 2.1.2012 zugestellte - Urteil mit am 30.1.2012 beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach gewährter Fristverlängerung bis 5.4.2012 mit am 3.4.2012 beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
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Der Kläger ist der Auffassung, dass eine Präklusion nicht vorliege. Er trägt vor, dass die Entscheidung des Familiengerichts in Hinblick auf die Prozessführung und die erteilten Hinweise des Gerichts für ihn völlig überraschend sei. Das Familiengericht habe in Aussicht gestellt, jedenfalls die Einkommensreduzierung des Klägers zu berücksichtigen. Der Kläger sei auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgericht am 14.7.2009 nicht auf eine mögliche Präklusion und das Erfordernis einer Anschlussberufung hingewiesen worden, obwohl das Gericht seinem Vergleichsvorschlag das reduzierte Einkommen des Klägers zugrundegelegt habe. In Hinblick darauf, dass der Ruhegehaltsbescheid dem Kläger am Tag der Urteilsverkündung des erstinstanzlichen Urteils des Familiengerichts Lörrach, am 4.7.2008, zugegangen sei, habe er sein reduziertes Einkommen erstinstanzlich nicht geltend machen können. Da die Klage der Ehefrau auf Erhöhung ihres Unterhalts erst- und zweitinstanzlich abgewiesen worden sei, liege keine Verurteilung zu einer zukünftig fällig werdende Leistung vor, so dass die Ausführungen des Familiengerichts zur Möglichkeit einer Anschlussberufung zweifelhaft seien. Der Kläger habe im Berufungsverfahren auf die beim Amtsgericht Villingen-Schwenningen eingereichte Abänderungsklage hingewiesen. Im Übrigen sei der Zeitraum ab 1.8.2008 im Berufungsverfahren betreffend die Abänderungsklage der Ehefrau nicht streitgegenständlich gewesen.
11 
Der Kläger beantragte zunächst,
12 
das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Villingen-Schwenningen vom 16.12.2011 (2 F 246/08) aufzuheben und das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5.3.2004 (5 UF 172/01) dahingehend abzuändern, dass der Kläger ab 1.8.2008 monatlich lediglich noch 431,81 EUR, befristet bis 31.12.2009, an die Beklagte zu zahlen hat.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Die Beklagte verteidigt in der Sache die erstinstanzliche Entscheidung. Nachdem die Frage der Präklusion umfassend beim Familiengericht erörtert worden sei, liege kein Überraschungsurteil vor. Der Einwand der Befristung nach der ab 1.1.2008 geltenden Gesetzeslage hätte bereits vor dem Amtsgericht Lörrach, das sein Urteil am 4.7.2008 verkündet hatte, erfolgen können. Es wäre dem Kläger jedenfalls ohne weiteres möglich gewesen, die - eine Abänderung begründenden - Tatsachen in der Berufungsinstanz vorzutragen. Es gehöre nicht zu den richterlichen Hinweispflichten, eine Partei auf die mögliche Präklusion hinzuweisen. Im Übrigen könne der Kläger Unterhalt für den volljährigen Sohn P. nicht einkommensmindernd in Abzug bringen, da ein Anspruch des Sohnes nicht bestanden habe oder jedenfalls nachrangig sei. Vom Kläger für den Sohn bezahlte Krankenkassenbeiträge könnten nur Berücksichtigung finden, soweit deren tatsächliche Bezahlung nachgewiesen werde.
16 
Der Kläger zahlte unstreitig - zunächst unter Vorbehalt - seit August 2008 bis November 2013 an die Beklagte monatlich laufenden Unterhalt in Höhe von 431,89 EUR, in den Monaten August bis November 2009 monatlich 530,00 EUR.
17 
Zuletzt beantragte der Kläger in Hinblick auf die geleisteten Zahlungen,
18 
das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Villingen-Schwenningen vom 16.12.2011 (2 F 246/08) aufzuheben und das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5.3.2004 (5 UF 172/01) dahingehend abzuändern, dass der Kläger ab 1.8.2008 keinen Unterhalt mehr schuldet.
19 
Die Beklagte beantragt auch insoweit,
20 
die Berufung zurückzuweisen.
21 
Der Senat hat am 12.11.2013 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird verwiesen.
22 
Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
23 
Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet.
A.
24 
Die Abänderungsklage des Klägers ist zulässig.
25 
1. Auf das vorliegende Abänderungsverfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG das bis 31.8.2009 geltende Prozessrecht anzuwenden. Die Zulässigkeit der Abänderungsklage ergibt sich somit aus § 323 ZPO a.F.; eines Rückgriffs auf die insoweit nur klarstellende Regelung in § 36 Nr. 1 EGZPO bedarf es nicht (BGH FamRZ 2010, 111 Rz. 16; BGH FamRZ 2010, 1884 Tz. 11). § 36 EGZPO ist nach der Gesetzesbegründung des Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21.12.2007 nämlich kein eigener, neu geschaffener Abänderungsrechtsbehelf (BT-Drucks. 16/18130 S. 32). Vielmehr stellt die Vorschrift - neben dem einschränkenden Kriterium der Zumutbarkeit einer Abänderung - lediglich klar, dass die Gesetzesänderung, soweit sie zu einer Änderung der wesentlichen Verhältnisse führt, ein Abänderungsgrund im Sinne von § 323 Abs. 1 ZPO ist (BGH FamRZ 2010, 111 Tz. 16).
26 
2. Für die Zulässigkeit der Klage ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Kläger eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses eingetretene Änderung behauptet. Dabei hat das Gericht im Rahmen der Zulässigkeit noch nicht zu prüfen, ob die angeführten rechtlichen und / oder tatsächlichen Verhältnisse vom Kläger richtig gewürdigt worden sind und zur Abänderung des Ausgangstitels berechtigen. Andernfalls wäre dem Abänderungskläger eine sachliche Prüfung seines Anliegens durch das Gericht entweder verschlossen oder das Gericht müsste diese schon vollständig im Rahmen der Zulässigkeit der Klage durchführen (BGH FamRZ 2010, 1884 Tz. 12).
27 
Der Kläger hat sich zur Begründung der Abänderungsklage darauf berufen, dass er ab 1.8.2008 eine Rente beziehe und somit aufgrund seiner geänderten wirtschaftlichen Verhältnisse ein reduzierter nachehelicher Unterhalt geschuldet werde. Außerdem macht er geltend, dass der Unterhaltsanspruch der Beklagten aufgrund des neuen, ab 1.1.2008 geltenden Unterhaltsrechts bis 31.12.2009 befristet werden müsse. Hierbei handelt es sich jeweils um Tatsachen, die eine Abänderung des Unterhaltstitels rechtfertigen können. Ob die vorgebrachten Umstände eine Abänderung des Ausgangstitels im Ergebnis rechtfertigen, ist eine Frage der Begründetheit (BGH FamRZ 2010, 1884 Tz. 12; BGH FamRZ 2010, 111 Tz. 18).
28 
3. Der Kläger ist auch nicht durch § 323 Abs. 2 ZPO a.F. gehindert, diese Tatsachen vorzubringen. Nach dieser Vorschrift kann eine Abänderungsklage nur auf Gründe gestützt werden, die erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des Klageantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen, entstanden sind.
29 
a) Maßgebender Zeitpunkt - darauf weist das Familiengericht im Ansatz zutreffend hin - ist der Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz, das heißt auch der Berufungsinstanz, wenn eine solche stattgefunden hat und darauf ein Sachurteil ergangen ist (BGH NJW 2000, 3789 Tz. 8; BGH FamRZ 2012, 288 Tz. 21; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Auflage 2008, § 323 Rz. 49). Dies gilt gleichermaßen für das Erstklage- wie für das Abänderungsverfahren. Bei mehreren aufeinanderfolgenden Abänderungsprozessen, die zu einer Abänderung geführt haben, ist für die Zeitschranke des § 323 Abs. 2 ZPO a.F. demgemäß auf den Schluss der Tatsachenverhandlung des letzten Verfahrens abzustellen (BGHZ 96, 205 Tz. 6; BGHZ 136, 374 Tz. 5).
30 
Vorliegend besteht die Besonderheit, dass der zuvor beim Amtsgericht - Familiengericht - Lörrach unter dem Aktenzeichen 12 F 933/07a und sodann in der Berufungsinstanz beim Oberlandesgericht Karlsruhe unter dem Aktenzeichen 5 UF 134/08 geführte Abänderungsprozess einen nur begrenzten Zeitraum für die Unterhaltspflicht, namentlich den Zeitraum vom 1.4.2006 bis zum 31.7.2008, erfasst hat und auch nur insoweit ein - diesen Zeitraum betreffendes - Urteil am 18.9.2009 ergangen ist. Der - vorliegend streitgegenständliche - Unterhaltsanspruch ab 1.8.2008 war damit nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Oberlandesgerichts Karlsruhe am 14.7.2009, so dass maßgeblicher Zeitpunkt für eine etwaige Präklusion die letzte mündliche Verhandlung im Ausgangsverfahren ist, mithin die mündliche Verhandlung am 13.2.2004 vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe im Verfahren 5 UF 172/01.
31 
aa) Die Beklagte - im dortigen Verfahren als Klägerin - hatte zunächst mit ihrer Klageschrift vom 17.9.2007 Abänderung der Ausgangsentscheidung - des Urteils des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 5.3.2004 (5 UF 172/01) - seit 1.4.2006 auf unbestimmte Zeit begehrt. Diese Abänderungsklage hat sie jedoch mit der Berufungsbegründungsschrift vom 9.10.2008 im Berufungsverfahren (5 UF 134/08) teilweise zurückgenommen, § 269 ZPO.
32 
Nach Erlass eines Urteils kann die Klagerücknahme auch in der Rechtsmittelinstanz bis zur Rechtskraft der Entscheidung erklärt werden (s. MünchKomm/Becker-Eberhard, ZPO, 4. Auflage 2013, § 269 Rz. 16).
33 
Zwar enthält die Berufungsbegründung keine ausdrückliche Erklärung, dass die Klage teilweise zurückgenommen wird. Eine Klagerücknahme kann jedoch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Die Annahme einer nicht ausdrücklich erklärten Klagerücknahme setzt voraus, dass das Verhalten der Partei den Willen zur Klagerücknahme eindeutig und unzweifelhaft ergibt (BGH MDR 1989, 987 Tz. 13; MünchKomm/Becker-Eberhard, a.a.O., § 269 Rz. 19). Für die Frage der Eindeutigkeit kommt es maßgeblich auf den objektiven Erklärungsinhalt an (BGH MDR 1989, 987 Tz. 17). In ihrer Berufungsbegründungsschrift vom 9.10.2008 führte die (dortige) Berufungsklägerin aus, dass sie ihr erstinstanzliches Abänderungsbegehren mit der zeitlichen Befristung weiterverfolge und die Abänderung nur (noch) bis zum 31.7.2008 begehrt werde. Bereits aus dem Wortlaut ergibt sich, dass sie an dem ursprünglichen - unbefristeten - Abänderungsbegehren nicht mehr festgehalten, sondern die Abänderungsklage lediglich für den bereits abgeschlossenen Zeitraum bis 31.7.2008 aufrechterhalten hat. Gerichtlichen Rechtsschutz wollte sie insoweit nicht mehr in Anspruch nehmen (dazu Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage 2014, § 269 Rz. 1). Dies folgt ebenfalls aus ihrem Berufungsantrag, wonach der Ehemann verurteilt werden sollte, 6.578,04 EUR nebst Zinsen seit 1.8.2008 - somit einen Einmalbetrag für rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 1.4.2006 bis 31.7.2008 - an die Berufungsklägerin zu zahlen. Im Übrigen sollte es beim Ausgangstitel, dem Urteil des Oberlandesgerichts vom 5.3.2004 (5 UF 172/01) verbleiben.
34 
Zur Begründung der zeitlichen Begrenzung des Abänderungsbegehrens bis 31.7.2008 wurde von der Berufungsklägerin in der Berufungsbegründung vom 9.10.2008 vorgetragen, dass sich ab 1.8.2008 das Einkommen des Beklagten verringert habe und deshalb bereits ein Abänderungsverfahren des Ehemannes vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Villingen-Schwenningen anhängig sei, mit dem die Herabsetzung des Unterhalts begehrt werde. Dies war das Motiv der Berufungsklägerin, ihr Abänderungsbegehren nur bis zum Zeitpunkt der Einkommensreduzierung bei dem Ehemann zu verfolgen. Der sodann folgende Zeitraum ab 1.8.2008 sollte - dies folgt aus dem weiteren Vortrag der Berufungsklägerin - im bereits anhängigen Abänderungsprozess vor dem Familiengericht Villingen-Schwenningen behandelt werden. Aus diesem Grund hielt sie an ihrem ursprünglichen Antrag auf unbestimmte Abänderung, namentlich Erhöhung, des Unterhalts nicht mehr fest.
35 
Dementsprechend ging auch der Senat in seiner Entscheidung vom 18.9.2009 im Berufungsverfahren 5 UF 134/08 davon aus, dass die Berufungsklägerin für die Zeit ab August 2008 eine Änderung nicht mehr geltend mache (S. 5 des Urteils).
36 
bb) Der Kläger - im vorgenannten Verfahren der Beklagte - hat seine Einwilligung zur Klagerücknahme mit Schriftsatz vom 24.11.2008 konkludent erklärt. Eine Einwilligung gemäß § 269 Abs. 2 ZPO muss auch für eine teilweise Klagerücknahme erklärt werden (OLG Düsseldorf NJW 2012, 85 Tz. 24). Diese Einwilligung kann ebenfalls durch schlüssiges Verhalten erfolgen (MünchKomm/Becker-Eberhard, a.a.O., § 269 Rz. 29). Dafür ist es ausreichend, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass die beklagte Partei mit der teilweisen Beschränkung des Klageantrags einverstanden ist (OLG Düsseldorf NJW 2012, 85 Tz. 25).
37 
Vorliegend hatte der Berufungsbeklagte in seiner Berufungserwiderung seinerseits auf den parallel anhängigen Abänderungsprozess vor dem Familiengericht Villingen-Schwenningen hingewiesen. Er ging offensichtlich davon aus, dass die Frage der Abänderung für den Zeitraum ab 1.8.2008 im neuen - von ihm angestrengten - Prozess vor dem Familiengericht Villingen-Schwenningen verhandelt werden wird. In diesem Zusammenhang verwies er auf einen bereits vor dem Familiengericht Villingen-Schwenningen anberaumten Termin für den 27.1.2009 und gab damit zu erkennen, dass er mit der zeitlichen Begrenzung des Abänderungsantrags der (damaligen) Klägerin bis zum 31.7.2008 einverstanden ist. Andernfalls wäre seine Abänderungsklage vor dem Familiengericht Villingen-Schwenningen wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig gewesen (dazu BGH FamRZ 1997, 488 Tz. 4).
38 
cc) Durch die Klagerücknahme endet die Rechtshängigkeit der Abänderungsklage der (damaligen) Klägerin in Bezug auf den Zeitraum ab 1.8.2008. Denn mit der Klagerücknahme entfallen alle prozessualen Wirkungen ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit rückwirkend. Ein vor der (teilweisen) Klagerücknahme ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird (teilweise) wirkungslos (Musielak/Foerste, ZPO, 10. Auflage 2013, § 269 Rz. 10; MünchKomm/Becker-Eberhard, a.a.O., § 269 Rz. 16).
39 
b) Das mit Urteil des Oberlandesgerichts vom 18.9.2009 (5 UF 134/08) beendete - von der Ehefrau anhängig gemachte und auf Heraufsetzung des Ehegattenunterhalts gerichtete - Abänderungsverfahren bis 31.7.2008 hat einen anderen Streitgegenstand als der vom Kläger im vorliegenden Verfahren angestrengte Abänderungsprozess auf Herabsetzung des Unterhalts ab 1.8.2008.
40 
Zwar ist Gegenstand einer zulässig eingeleiteten Abänderungsklage stets der volle Unterhalt und nicht nur die Frage, ob aufgrund veränderter Verhältnisse eine Erhöhung oder Herabsetzung in Betracht kommt (BGHZ 136, 374 Tz. 6). Der Bundesgerichtshof hat insoweit einen eigenständigen Streitgegenstandsbegriff entwickelt, der sich am Komplex „Unterhaltsverhältnis“ orientiert (Stein/Jonas/Leipold, a.a.O., § 323 Rz. 64). Dies gilt jedoch nur, wenn die gegenläufigen Abänderungsanträge denselben Zeitraum betreffen (Johannsen/Henrich/Brudermüller, Familienrecht, 5. Auflage 2010, § 238 Rz. 5 a.E.).
41 
Vorliegend betrifft das von der Ehefrau angestrengte und mit Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18.9.2009 (5 UF 134/08) abgeschlossene Abänderungsverfahren - entsprechend den Anträgen der Parteien - ausschließlich den Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.7.2008. Demgegenüber ist im vorliegenden, vom Ehemann initiierten Abänderungsverfahren nur der Zeitraum ab 1.8.2008 streitgegenständlich. Das genannte Urteil des Oberlandesgerichts entfaltet somit keine in die Zukunft wirkende Rechtskraft, sondern erschöpft sich auf die Festsetzung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau für den begrenzten Zeitraum vom 1.4.2006 bis 31.7.2008 (ebenso für die Frage der Rechtskraft bei offenem Teilantrag, vgl. Johannsen/Henrich/Brudermüller, a.a.O., § 238 Rz. 19). Denn die Rechtskraft erfasst den Unterhaltsanspruch nur in dem Umfang, in dem er im Abänderungsverfahren zur Überprüfung stand (Hoppenz FamRZ 2013, 1217).
42 
c) Steht - wie im vorliegenden Fall - die Rechtskraft der ersten Abänderungsentscheidung dem anschließenden, gegenläufigen Begehren nicht entgegen, kommt auch eine Präklusion als Folge der Rechtskraft nicht in Betracht.
43 
In Hinblick darauf, dass § 323 ZPO (ebenso wie § 238 FamFG) ein Rechtsbehelf zur Beseitigung der materiellen Rechtskraft ist (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 323 Rz. 2), muss es für die Frage der Präklusion zwingend auf die Reichweite der Rechtskraft der Entscheidung des Vorprozesses ankommen. Die Zeitschranke des § 323 Abs. 2 ZPO a.F. bzw. § 238 Abs. 2 FamFG dient nämlich für die Berücksichtigung von Abänderungsgründen der Wahrung der Rechtskraft unanfechtbarer Entscheidungen (BGH FamRZ 2008, 872 Tz. 12; BGH FamRZ 2013, 1215 Tz. 21). Die Präklusionsvorschrift soll lediglich verhindern, den bereits rechtskräftig entschiedenen Verfahrensstoff ohne veränderte Tatsachen zur erneuten inhaltlichen Überprüfung des Gerichts zu stellen (BGH FamRZ 2013, 1215 Tz. 21). Die Präklusion reicht also nicht weiter als die Rechtskraft einer früheren Abänderungsentscheidung (BGH NJW 2013, 1215 Tz. 21 „eines abzuändernden Urteils“; zustimmend Born NJW 2013, 2358, 2361; bereits BGH FamRZ 2012, 288 Tz. 22; Prütting/Helms, FamFG, 3. Auflage 2014, § 238 Rz. 103a).
44 
Dass eine Präklusion im vorliegenden Fall in Bezug auf den ersten Abänderungsprozess nicht in Betracht kommt, folgt zudem daraus, dass das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe keine Prognoseentscheidung enthält. In Hinblick darauf, dass dort ein zeitlich begrenzter Unterhaltsanspruch zur Überprüfung stand, wurde die künftige Entwicklung der Verhältnisse - über den 31.7.2008 hinaus - gar nicht betrachtet. Weder die seit 1.8.2008 eingetretene Gehaltsreduzierung des Klägers noch die Frage einer möglichen Befristung oder Begrenzung des Unterhalts waren Gegenstand des Prozesses. Es besteht damit auch nicht die Gefahr, dass in einem erneuten Abänderungsverfahren Verhältnisse abweichend von einer bereits rechtskräftigen Entscheidung beurteilt werden.
45 
d) Diese Lösung steht auch nicht im Widerspruch zu Sinn und Zweck der Präklusionsnorm, soweit § 323 Abs. 2 ZPO a.F. auch sicherstellen soll, dass nicht gesonderte Abänderungsverfahren für Erhöhungs- und Herabsetzungsverlangen zur Verfügung stehen, sondern dass der Einfluss veränderter Umstände auf den titulierten Unterhaltsanspruch in einem einheitlichen Verfahren nach beiden Seiten hin geklärt werden muss (BGHZ 136, 374 Tz. 6; BGH NJW 2000, 3789 Tz. 11). Die Parteien sind danach zwar grundsätzlich dazu gezwungen, alle für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs relevanten, bereits entstandenen Umstände im Vorprozess geltend zu machen (BGHZ 136, 375 Tz. 9; MünchKomm/Gottwald, a.a.O., § 323 Rz. 66; Stein/Jonas/Leipold, a.a.O., § 323 Rz. 52 „prozessuale Lasten“, Rz. 54). Vorliegend geht es jedoch nicht um gegenläufige Abänderungsverfahren für Erhöhungs- und Herabsetzungsverlangen, sondern um verschiedene Zeiträume, die sich nicht überschneiden: das Erhöhungsbegehren der Ehefrau für die Zeit bis 31.7.2008 und das Herabsetzungsverlangen des Klägers ab 1.8.2008. Eine einheitliche Klärung ist in diesem Fall weder erforderlich noch geboten, so dass auch der Gesichtspunkt der Prozessökonomie (BGHZ 96, 205 Tz. 10) zurücktritt. Ebenso wenig besteht wegen der sich nicht überschneidenden zeitlichen Abschnitte und der daraus folgenden Rechtskraftwirkung eine Gefahr einander widersprechender gerichtlicher Entscheidungen (dazu BGHZ 96, 205 Tz. 10; BGHZ 136, 374 Tz. 6; BGH NJW 2000, 3789 Tz. 11).
46 
Schließlich ist auch nicht einleuchtend, weshalb der Partei, die - wie hier der Kläger - als Gegner in einem - einen nur bestimmten Zeitraum betreffenden - Abänderungsverfahren eine gerichtliche Entscheidung erfolgreich verteidigt und (zunächst) - etwa aus achtenswerten Gründen - davon Abstand nimmt, den Titel mit anderen Einwendungen zu bekämpfen, daran gehindert sein soll, später eine Abänderung für einen nachfolgenden Zeitraum verlangen zu können. Dies würde letztlich zu einer Benachteiligung des die Abänderung begehrenden Ehegatten führen, der stets damit rechnen müsste, dass andere - vom Gegner - vorgetragene Umstände seinen Anspruch reduzieren oder in Wegfall geraten lassen.
47 
e) Der Kläger war auch nicht gehalten, sein ab 1.8.2008 reduziertes Einkommen bereits im Vorprozess - mit dem Ziel einer Herabsetzung des Unterhalts ab diesem Zeitpunkt - im Wege einer Widerklage (vgl. BGHZ 136, 375 Tz. 8) oder eines Anschlussrechtsmittels (BGHZ 96, 205 Tz. 9 ff.) in den Prozess einzuführen.
48 
Einer abänderungsberechtigten Partei steht es grundsätzlich frei, eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses eintretende Veränderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse durch Berufung oder durch eine eigene Abänderungsklage geltend zu machen, solange es nicht zum Berufungsverfahren kommt (BGHZ 96, 205 Tz. 9; BGH FamRZ 1988, 493 Tz. 6; Zöller/Vollkommer, a.a.O. § 323 Rz. 13, 34; Graba, Die Abänderung von Unterhaltstiteln, 4. Auflage 2011, Rz. 401).
49 
aa) Die Einkommensreduzierung, namentlich die Pensionierung des Klägers, ist zum 1.8.2008, somit objektiv erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht - Familiengericht - Lörrach am 12.6.2008 eingetreten. Bis zur mündlichen Verhandlung hätte der Kläger die Einkommensreduzierung deshalb - etwa im Wege der Widerklage - nicht geltend machen können, da nach allgemeinen Grundsätzen eine Abänderung erst dann verlangt werden kann, wenn die in Frage stehende Änderung der Verhältnisse bereits eingetreten und nicht nur voraussehbar ist (BGH FamRZ 1988, 493 Tz. 8; BGH FamRZ 1992, 162 Tz. 8; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8. Auflage 2011, § 10 Rz. 214; Johannsen/Henrich/Brudermüller, a.a.O., § 238 FamFG Rz. 101 m.w.N.). Vorliegend ist der Kläger erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht am 12.6.2008 in den Ruhestand getreten. Die genaue Höhe des Ruhegeldes und der gesetzlichen Rente stand zu diesem Zeitpunkt nicht zuverlässig fest und hätte deshalb vom Kläger nicht mit ausreichender Sicherheit vorgetragen werden können. Dies belegen nicht zuletzt die unterschiedlichen Berechnungen in Bezug auf das Ruhegehalt des Klägers. Die im Verfahren 12 F 933/07 a beim Familiengericht Lörrach mit Schriftsatz des Ehemanns und dortigen Beklagten vom 8.1.2008 als Anlage B 3 vorgelegte Ruhegehaltsberechnung unterscheidet sich nicht unerheblich von den mit Bescheid über die Festsetzung von Versorgungsbezügen der Evangelischen Ruhegehaltskasse in Darmstadt vom 4.7.2008 ermittelten Beträge. Somit war die mit der Pensionierung des Klägers verbundene Einkommensreduzierung hinsichtlich ihres Umfangs nicht zuverlässig feststellbar und hätte vom Familiengericht nicht zur Grundlage einer verlässlichen Unterhaltsberechnung gemacht werden können.
50 
Der Kläger konnte somit - jedenfalls solange kein Berufungsverfahren anhängig war - eine eigene Abänderungsklage unter Bezug auf das reduzierte Einkommen anstrengen. Seine Abänderungsklage vom 23.7.2008 ging am 24.7.2008 beim Amtsgericht Lörrach ein. Zu diesem Zeitpunkt war das Berufungsverfahren noch nicht anhängig; die Berufungsschrift der Ehefrau gegen das Urteil des Familiengerichts Lörrach vom 4.7.2008 ging erst am 30.7.2008 beim Oberlandesgericht Karlsruhe ein und wurde dem Kläger am 6.8.2008 zugestellt.
51 
In Hinblick darauf, dass die Ehefrau als Berufungsklägerin im dortigen Verfahren in der Berufungsbegründung vom 9.10.2008 ihren Abänderungsantrag zeitlich bis zum 31.7.2008 begrenzt hatte, kann offen bleiben, ob der Kläger gehalten gewesen wäre, den Abänderungsgrund seiner Einkommensreduzierung im Wege der Anschließung im Berufungsverfahren geltend zu machen und die eigene Abänderungsklage vor dem - zwischenzeitlich zuständigen - Amtsgericht Villingen-Schwenningen wegen doppelter Rechtshängigkeit gegenläufiger Abänderungsklagen für erledigt zu erklären. Denn jedenfalls durch die Begrenzung des Streitgegenstandes infolge der Klagerücknahme durch die Ehefrau im Berufungsverfahren hatte er dazu keine Veranlassung mehr und konnte vielmehr die Klärung des Abänderungsgrundes in zwei Tatsacheninstanzen verlangen.
52 
bb) Gleiches gilt für den Einwand der Befristung des Unterhalts, den der Kläger erstmals mit Schriftsatz vom 27.11.2009 im vorliegenden Prozess vorgebracht hat. Auch insoweit ist der Kläger nicht nach § 323 Abs. 2 ZPO a.F. präkludiert.
53 
Zwar ist der maßgebende Zeitpunkt der Schluss der mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz (BGH NJW 2000, 3789 Tz. 8; BGH FamRZ 2012, 288 Tz. 21; Stein/Jonas/Leipold, a.a.O., § 323 Rz. 49), wobei es bei mehreren aufeinanderfolgenden Abänderungsprozessen, die zu einer Abänderung geführt haben, auf den Schluss der Tatsachenverhandlung des letzten Verfahrens ankommt (BGHZ 96, 205 Tz. 6; BGHZ 136, 374 Tz. 5). Deshalb sind beide Parteien dazu angehalten, ihren Standpunkt bereits im Ausgangsprozess zur Geltung zu bringen (BGHZ 96, 205 Tz. 9; BGHZ 136, 374 Tz. 5; BGH NJW 2000, 3789 Tz. 8; BGH FamRZ 2012, 1284 Tz. 14).
54 
Die Umstände, die eine Befristung des Krankenunterhalts aufgrund des am 1.1.2008 in Kraft getretenen Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom 21.12.2007 ermöglicht hätten, lagen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz am 12.6.2008 bereits vor. Somit wäre dem Kläger in erster Instanz vor dem Familiengericht Lörrach die Erhebung einer Abänderungswiderklage mit dem Ziel der Befristung des Unterhalts rechtlich möglich und auch ohne weiteres zumutbar gewesen. Allerdings wurde der Streitgegenstand durch die teilweise Klagerücknahme der Ehefrau in der Berufungsinstanz - rückwirkend - zeitlich begrenzt; die Rechtshängigkeit der unbegrenzten Abänderungsklage ist rückwirkend weggefallen. Gegenstand des Verfahrens war nur noch eine zeitlich begrenzte Unterhaltsabänderung, namentlich das Begehren der Ehefrau auf Heraufsetzung des Ehegattenunterhalts für den Zeitraum vom 1.4.2006 bis zum 31.7.2008. In Hinblick darauf, dass der Kläger eine Befristung des Unterhalts in diesem Zeitraum nicht angestrebt, sondern eine Befristung erst ab 1.1.2010 begehrt hatte, bestand somit ex ante keine Veranlassung für eine frühere Geltendmachung dieser Einwendung in einem - einen nur begrenzten Zeitraum erfassenden - Abänderungsprozess, in dem keine Prognoseentscheidung über die künftige Entwicklung der Verhältnisse zu treffen war. Erst recht war der Kläger wegen der zeitliche Begrenzung des Abänderungsbegehrens bis 31.7.2008 durch die Ehefrau nicht mehr gehalten, den Einwand der Befristung im zweiten Rechtszug im Wege der Widerklage vorzubringen.
B.
55 
Die Abänderungsklage hat in der Sache teilweise Erfolg.
56 
Die Beklagte hat bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, das heißt bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres am 31.7.2011, einen Anspruch auf Unterhalt wegen Krankheit nach § 1572 BGB. Ein darüber hinausgehender Anspruch der Beklagten auf Unterhalt besteht nicht.
57 
1. Die Beklagte war im Zeitraum vom 1.8.2008 bis 31.7.2011 unstreitig erwerbsunfähig. Sie leidet - dies wurde bereits im Urteil des Oberlandesgerichts vom 5.3.2004 ausgeführt - an einer rezidivierenden depressiven Störung. Die Beklagte bezieht seit 1.3.1998 eine Erwerbsunfähigkeits- und seit 1.8.2009 eine (vorgezogene) Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Von ihr kann wegen Krankheit eine angemessene Erwerbstätigkeit im Sinne des § 1574 Abs. 1 und 2 BGB im genannten Zeitraum nicht erwartet werden.
58 
2. Als Einkommen der Beklagten ist entsprechend ihrem Vortrag für die Jahre 2008 bis 2011 ein monatliches Einkommen aus der Erwerbsunfähigkeits- bzw. vorzeitigen Altersrente abzüglich der monatlichen Beiträge für die private Kranken- und Pflegeversicherung einschließlich der (im Jahr 2009 abgeschlossenen) Zusatzversicherung bei der Debeka sowie krankheitsbedingter Mehrbedarf in Höhe von monatlich 166,53 EUR zugrundezulegen.
59 
Der krankheitsbedingte Mehrbedarf wurde bereits in der abzuändernden Entscheidung des Oberlandesgerichts vom 5.3.2004 (5 UF 172/01) einkommensmindernd berücksichtigt, so dass der Abzug dieser Position dem Grunde nach berechtigt ist. Die Beklagte geht zuletzt in ihren Berechnungen im Schriftsatz vom 9.9.2010 von einem monatlichen Mehrbedarf in Höhe von 166,53 EUR - entsprechend der Annahme im Urteil des Oberlandesgerichts vom 18.9.2009 (5 UF 134/08), dort S. 12 - aus. Der Kläger hat diesen Mehrbedarf unstreitig gestellt.
60 
Es ergibt sich somit folgende Einkommensberechnung für die Beklagte:
61 
        
ab
8/2008

2009

2010
bis
7/2011
Rente
990,43 EUR
1.002,61 EUR
1.014,78 EUR
1.017,62 EUR
Kranken- und Pflegeversicherung
-311,90 EUR
-231,85 EUR
-229,98 EUR
-238,26 EUR
Zusatzversicherung Debeka
--
-16,72 EUR
-16,72 EUR
-16,72 EUR
Krankheitsbedingter Mehrbedarf
-166,53 EUR
-166,53 EUR
-166,53 EUR
-166,53 EUR
Einzusetzendes Einkommen
512,00 EUR
587,51 EUR
601,55 EUR
596,11 EUR
62 
3. Das maßgebliche Einkommen des Klägers bestimmt sich - entsprechend seinem neuen Vorbringen - nach seinen Renteneinkünften, einerseits der Deutschen Rentenversicherung Bund und andererseits der Evangelischen Ruhegehaltskasse …, abzüglich der tatsächlichen Aufwendungen für eine private Kranken- und Pflegeversicherung.
63 
Die Berücksichtigung von Einkünften aus selbständiger Tätigkeit des Klägers sowie eines Wohnwertes - davon gehen auch die Parteien aus - kommt nicht in Betracht. Insoweit wird auf die Ausführungen im Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18.9.2009 (5 UF 134/08) Bezug genommen.
64 
Es ergibt sich folgende Berechnung:
65 
        
ab
8/2008
2009
2010
bis
7/2011
Rente der Deutschen
Rentenversicherung Bund
1.001,89 EUR
1.015,37 EUR
1.026,03 EUR
1.034,01 EUR
Zahlungen Evangelische
Ruhegehaltskasse
1.573,23 EUR
1.564,71 EUR
1.625,29 EUR
1.642,82 EUR
Kranken- und Pflegeversicherung
-189,86 EUR
-187,18 EUR
-171,77 EUR
-171,77 EUR
Nettoeinkommen
2.385,26 EUR
2.392,90 EUR
2.479,55 EUR
2.505,06 EUR
66 
4. Der seitens des Klägers an den gemeinsamen Sohn P. bezahlte Kindesunterhalt wäre grundsätzlich bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen, soweit ein Anspruch des Kindes gegen den Kläger aus § 1601 BGB bestand.
67 
Der Anspruch aus § 1572 BGB ist nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bestimmen. Diese können durch anderweitige, auch nachrangige Unterhaltspflichten eingeschränkt sein. Von einer solchen Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse durch anderweitige Unterhaltspflichten ist auch in dem Verhältnis zwischen Eltern und volljährigen Kindern auszugehen (BGH FamRZ 2009, 762 Tz. 45; BGH FamRZ 2003, 860 Tz. 43 zum Elternunterhalt). Danach ist bei der Bemessung des Unterhalts der Beklagten grundsätzlich der auf den Kläger entfallende Anteil des Unterhalts für den volljährigen Sohn vorweg vom Einkommen des Beklagten abzuziehen (BGH FamRZ 2009, 762 Tz. 45; Wendl/Dose, a.a.O., § 4 Rz. 445).
68 
Die Beklagte hat zulässig im Sinne des § 323 Abs. 2 ZPO a.F. eingewandt, dass die Unterhaltspflicht des Klägers gegenüber dem gemeinsamen Sohn in Wegfall geraten sei und ein Abzug an den Kläger bezahlter Beträge nicht mehr in Betracht komme.
69 
Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der Sohn P. einen gesetzlichen Anspruch auf Kindesunterhalt im streitgegenständlichen Zeitraum ab 1.8.2008 hatte. Insbesondere hat der Kläger - nachdem die Beklagte dies ausdrücklich in Abrede gestellt hatte - nicht vorgetragen, dass der Sohn bedürftig gewesen sei, § 1610 BGB. Im Gegenteil folgt aus den von der Beklagten vorgelegten Lohnsteuersteuerbescheinigungen des Sohnes für die Jahre 2008 bis 2010, dass P. W. eigene Einkünfte hatte, mit denen er seinen Bedarf ausreichend decken konnte. Die vom Kläger gleichwohl erbrachten Zahlungen an seinen Sohn sind als freiwillige Leistungen im Rahmen des Ehegattenunterhalts nicht abzugsfähig.
70 
5. Der Kläger hat im Zeitraum von September 2009 bis 2011 monatliche Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung für den gemeinsamen Sohn P. bezahlt. Die Beklagte ist dem Abzug dieser Positionen nur insoweit entgegengetreten, als Nachweise nicht vorgelegt werden können. Diesen Nachweis hat der Kläger durch die Vorlage von Kontoauszügen erbracht und ergänzend vorgetragen, dass Beiträge für P. seit dem Jahr 2009 bezahlt worden seien, nachdem wegen Erreichens des 25. Lebensjahres am 29.8.2009 kein Versicherungsschutz des Kindes mehr über die Familienversicherung bestanden habe.
71 
Nach den eingereichten Unterlagen sind somit für den Zeitraum September bis Dezember 2009 monatlich 94,25 EUR, für das Jahr 2010 monatlich 91,24 EUR und für das Jahr 2011 monatlich 100,56 EUR als Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für den Sohn P. in Abzug zu bringen.
72 
Das relevante Einkommen des Klägers stellt sich somit wie folgt dar:
73 
        
ab
8/2008
bis
8/2009
ab
9/2009
2010
2011
           
2.385,26 EUR
2.392,90 EUR
2.392,90 EUR
2.479,55 EUR
2.505,06 EUR
abzüglich Kranken- und
Pflegeversicherung für P.
--
--
-94,25 EUR
-91,24 EUR
-100,56 EUR
Einkommen
2.385,26 EUR
2.392,90 EUR
2.298,65 EUR
2.388,31 EUR
2.404,50 EUR
74 
5. Daraus ermittelt sich der Bedarf der Beklagten wie folgt:
75 
        
ab
2008
bis
8/2009
ab
9/2009
2010
2011
Eheprägendes
Einkommen des Kläger
2.385,26 EUR
2.392,90 EUR
2.298,65 EUR
2.388,31 EUR
2.404,50 EUR
Eheprägendes
Einkommen der Beklagten
512,00 EUR
587,51 EUR
587,51 EUR
601,55 EUR
596,11 EUR
Einkommen der Ehegatten
2.897,26 EUR
2.980,40 EUR
2.886,15 EUR
2.989,86 EUR
3.000,61 EUR
Unterhaltsbedarf
1.448,63 EUR
1.490,20 EUR
1.443,08 EUR
1.494,93 EUR
1.500,31 EUR
        
        
        
        
        
        
Unterhalt
936,63 EUR
902,70 EUR
855,57 EUR
893,38 EUR
904,20 EUR
76 
6. Ein Anspruch auf Abänderung des titulierten Unterhaltsbetrages, namentlich 942,00 EUR monatlich, folgt aus diesen Berechnungen nicht. Denn sie führen nicht zu einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse.
77 
Wesentlich ist eine Änderung dann, wenn sie in einer nicht unerheblichen Weise zu einer anderen Beurteilung des Bestehens, der Höhe oder der Dauer des Anspruchs führt (BGH FamRZ 1984, 353). Regelmäßig ist eine Änderung von etwa 10% des Unterhaltsanspruchs als wesentlich anzusehen. Bei beengten wirtschaftlichen Verhältnissen kann der Prozentsatz darunter liegen (BGH FamRZ 1992, 539).
78 
Vorliegend überschreiten die errechneten Unterhaltsbeträge den bereits titulierten Unterhalt der Beklagten um weniger als 10 %. Im Zeitraum August bis Dezember 2008 hätte sich der Unterhalt der Beklagten um 5,37 EUR, für den Zeitraum von Januar bis August 2009 um 39,30 EUR, für den Zeitraum von September bis Dezember 2009 um 86,43 EUR, für das Jahr 2010 um 48,62 EUR und das Jahr 2011 um 37,80 EUR reduziert. Diese Differenzen überschreiten sämtlich den maßgeblichen Betrag in Höhe von 10 % von 942,00 EUR, somit 94,20 EUR, nicht.
79 
Ein Fall beengter wirtschaftlicher Verhältnisse, der ein Absenken der allgemein üblichen Wesentlichkeitsgrenze rechtfertigen würde, liegt in Hinblick auf das Einkommen des Klägers nicht vor.
80 
7. Der Anspruch der Beklagten auf Krankenunterhalt ist weder zu befristen noch herabzusetzen, § 1578b BGB.
81 
a) Der Kläger ist mit seinem Befristungseinwand - er begehrt die zeitliche Begrenzung des Unterhalts bis 31.12.2009 - nicht präkludiert, so dass eine inhaltliche Befassung mit diesem Einwand erfolgen muss.
82 
b) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem 1. März 2013 geltenden Fassung auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Gemäß § 1578 b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Die Kriterien für die Billigkeitsabwägung sind aus § 1578 b Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB zu entnehmen. Danach ist neben der Dauer der Ehe vorrangig zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes und aus der Gestaltung von Haushaltsführung oder Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben. Ein ehebedingter Nachteil äußert sich in der Regel darin, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich nicht die Einkünfte erzielt, die er ohne Ehe und Kinderbetreuung erzielen würde (BGH FamRZ 2013, 1291 Tz. 18).
83 
c) Es kann offen bleiben, ob das Krankheitsbild der Beklagten im Zusammenhang mit der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe verbundenen Umständen stand, denn eine Befristung des Krankenunterhalts kommt bereits aus Gründen der nachehelichen Solidarität nicht in Betracht. Denn auch wenn keine ehebedingten Nachteile feststellbar sind, ist unter dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität eine Herabsetzung oder Befristung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet.
84 
Wesentliche Aspekte im Rahmen der Billigkeitsabwägung sind neben der Dauer der Ehe insbesondere die in der Ehe gelebte Rollenverteilung wie auch die vom Unterhaltsberechtigten während der Ehe erbrachte Lebensleistung (BGH FamRZ 2012, 197 Tz. 31); dies gilt auch beim Krankheitsunterhalt (BGH FamRZ 2009, 1207 Tz. 39). Des Weiteren sind die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien von Bedeutung, etwa inwieweit der Unterhaltsberechtigte neben seinen eigenen Einkünften auf den Unterhalt angewiesen ist und in welchem Maße der Unterhaltspflichtige - auch unter Berücksichtigung weiterer Unterhaltspflichten - durch diese Unterhaltszahlungen belastet wird (BGH FamRZ 2013, 853 Tz. 42). In diesem Zusammenhang kann auch die lange Dauer von Trennungsunterhaltszahlungen bedeutsam sein (BGH FamRZ 2011, 875 Tz. 22). Außerdem ist zu berücksichtigen, ob der Unterhaltsanspruch tituliert ist, denn einem titulierten oder durch Vereinbarung festgelegten Unterhalt kommt ein größerer Vertrauensschutz zu, was - wie § 36 Nr. 1 EGZPO ausführt - bei Unterhaltstiteln nach der bis zum 31. Dezember 2007 bestehenden Rechtslage in stärkerem Maße gilt.
85 
Vorliegend ist von einer Ehedauer von 12 ½ Jahren auszugehen (Eheschließung am 18.5.1984; Zustellung des Scheidungsantrags im Dezember 1996). Es liegt damit keine lange Ehedauer vor. Allerdings hat die Beklagte während der Ehe keine eigene Erwerbstätigkeit - jedenfalls auch wegen der Betreuung des gemeinsamen Sohnes und wegen der Haushaltsführung - ausgeübt. In der Ehezeit war die Beklagte somit vom Kläger wirtschaftlich abhängig. Es ist zu berücksichtigen, dass der Kläger der Beklagten zwar regelmäßig Trennungsunterhalt aufgrund einer Vereinbarung und sodann - bis heute - Ehegattenunterhalt in nicht unerheblichem Maß bezahlt hat. Andererseits hat die Unterhaltsleistung den Kläger - jedenfalls bis zum Renteneintritt - nicht übermäßig finanziell belastet. Die Beklagte hat demgegenüber lediglich eine Rente als Einkommen bezogen.
86 
Gegen die Befristung des Krankenunterhalts spricht vorliegend auch der Vertrauensschutz. Denn der Unterhaltsanspruch der Beklagten wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts vom 5.3.2004 nach der bis zum 31. Dezember 2007 bestehenden Rechtslage tituliert, so dass diesem Unterhaltstitel in stärkerem Maße Vertrauensschutz zukommt, § 36 Nr. 1 EGZPO. Die Beklagte durfte zwar an sich seit der Änderung des Unterhaltsrechts zum 1.1.2008, spätestens jedenfalls seit Dezember 2009, als sie vom Befristungsantrag des Klägers im Schriftsatz vom 27.11.2009 Kenntnis hatte, nicht mehr auf eine dauerhafte Unterhaltsleistung durch den Kläger vertrauen. Ab diesem Zeitpunkt der Kenntnisnahme vom Befristungsantrag des Klägers ist der Beklagten jedoch ein Übergangszeitraum zuzubilligen, um sich auf den Wegfall der Unterhaltspflicht des Klägers einstellen und entsprechende vermögensrechtliche Dispositionen treffen zu können. Dieser Übergangszeitraum ist großzügig auf etwa 18 Monate zu bemessen. Die Beklagte durfte - jedenfalls bis zum Erreichen ihres 65. Lebensjahres als Regelrentenalter - mit der finanziellen Unterstützung durch den Kläger rechnen.
87 
8. Die Beklagte kann ab Vollendung des 65. Lebensjahres keinen Ehegattenunterhalt mehr verlangen. Einem - nach Erreichen der Regelaltersgrenze - möglichen Anspruch auf Altersunterhalt steht § 1578b BGB entgegen.
88 
a) Der Kläger ist mit seinem Befristungseinwand - er begehrt die zeitliche Begrenzung des Unterhalts - nicht präkludiert (s.o.).
89 
b) Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578 b Abs. 1 Satz 1 BGB in der seit dem 1. März 2013 geltenden Fassung auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre, s.o.
90 
c) Es ist bereits zweifelhaft, ob ehebedingte Nachteile vorliegen. Ehebedingte Nachteile, die bei der Begrenzung des Altersunterhalts zu berücksichtigen sind, können darin liegen, dass es dem Unterhaltsberechtigten nach der Scheidung nicht gelungen ist, eine rentenversicherungspflichtige Tätigkeit zu finden und die Altersvorsorge weiter aufzubauen (Wendl/Dose, a.a.O., § 4 Rz. 235).
91 
Die aus der ehebedingten Erwerbsunterbrechung resultierenden Nachteile in der Altersvorsorge eines Ehegatten werden regelmäßig durch den Versorgungsausgleich ausgeglichen (BGH FamRZ 2010, 1633 Tz. 23; BGH FamRZ 2008, 1325 Tz. 42; BGH FamRZ 2008, 1508 Tz. 25). Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b BGB können unabhängig von der Höhe der im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechte regelmäßig nicht mit der Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe und den dadurch bedingten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit der Versorgungsausgleich vollständig durchgeführt worden ist. Der Nachteil in der Versorgungsbilanz ist dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und damit in der Regel vollständig ausgeglichen, was einen zusätzlichen unterhaltsrechtlichen Ausgleich ausschließt (BGH FamRZ 2010, 1633 Tz. 24; FamRZ 2008, 1325 Tz. 43).
92 
Die Beklagte erhält infolge des Versorgungsausgleichs Renteneinkünfte. Nach dem Scheidungsurteil wurden zulasten des Kontos des Klägers bei der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten der Beklagten Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 511,39 DM sowie des Weiteren zulasten der Versorgungsanrechte des Klägers bei der evangelischen Landeskirche … für die Beklagte eine monatliche Rentenanwartschaft in Höhe von 357,45 DM begründet. Ein ehebedingter Nachteil aufgrund ehebedingter Erwerbsunterbrechung kann wegen des durchgeführten Versorgungsausgleichs nicht angenommen werden.
93 
Ob ehebedingte Nachteile - etwa durch ungenügende ehebedingte Erwerbstätigkeit - nach der Scheidung entstanden sind, kann ermittelt werden, indem die Lage, wie sie sich ohne Eheschließung und die gewählte Rollenverteilung ergeben hätte, und die tatsächlich bestehende Lage gegenüber gestellt werden. Dabei können zunächst entstandene Nachteile durch andere mit der Ehe verbundene Vorteile - auch nach der Ehescheidung - kompensiert worden sein (BGH FamRZ 2011, 1381 Tz. 33). In Hinblick darauf, dass die Beklagte vor der Eheschließung keiner Erwerbstätigkeit nachging, liegt es nahe, dass sie durch den Versorgungsausgleich eine höhere Rente erzielt, als sie dies ohne Heirat getan hätte.
94 
Die nacheheliche Solidarität steht einer Befristung des Altersunterhalts nicht entgegen. Das Maß der geschuldeten nachehelichen Solidarität wird durch eine zunehmende Entflechtung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse der geschiedenen Ehegatten, die umso gewichtiger wird, je weiter die Scheidung zurückliegt, begrenzt (BGH FamRZ 2012, 197 Tz. 37; BGH FamRZ 2011, 1721 Tz. 23 f.). Vorliegend sind die Parteien wirtschaftlich aufgrund der Unterhaltszahlungen des Klägers an die Beklagte nach wie vor miteinander verflochten. Allerdings liegt die Scheidung (21.2.1998) der - lediglich 12 ½ Jahre dauernden Ehe (Zeitraum von der Eheschließung am 18.5.1984 bis zur Zustellung des Scheidungsantrags im Dezember 1996) - bereits 15 ½ Jahre zurück. Hinzu kommt, dass die Ehegatten mindestens seit Sommer 1993 getrennt gelebt hatten. Der Kläger hat seit dieser Zeit regelmäßig Unterhalt an die Beklagte geleistet. Der Kläger hat somit eine längere Zeit Unterhalt bezahlt (20 Jahre) als die Ehe gedauert hat.
95 
Für eine Befristung spricht auch, dass die Beklagte durch den Versorgungsausgleich eine deutliche Aufbesserung ihrer Rente erfährt. Die schicksalhafte Erkrankung der Beklagten tritt nach Erreichen des Regelrentenalters in den Hintergrund und hat keine Auswirkungen mehr auf die Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.
96 
Schließlich konnte die Beklagte nicht auf einen dauerhaften Unterhaltsanspruch vertrauen. Zwar gilt der Vertrauensgrundsatz gemäß § 36 Nr. 1 EGZPO bei Unterhaltstiteln nach der bis Dezember 2007 bestehenden Rechtslage - wie hier - in stärkerem Maße. Dass die Beklagte nach Eintritt in die Altersrente weiterhin Unterhalt vom Kläger erhalten würde, konnte jedenfalls nach der seit 1.1.2008 geänderten Rechtslage nicht mehr als gesichert gelten. Denn die Beklagte durfte spätestens seit Dezember 2009, als sie vom Befristungsantrag des Klägers im Schriftsatz vom 27.11.2009 Kenntnis hatte, nicht mehr auf eine dauerhafte Unterhaltsleistung durch den Kläger vertrauen.
C.
97 
Die Beklagte hat somit für die Zeit vom 1.8.2008 bis 31.7.2011 einen Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich 942,00 EUR. Ab August 2011 besteht kein Unterhaltsanspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger mehr. Die Abänderungsklage des Klägers hat somit teilweise Erfolg.
98 
Der Kläger hat seit August 2008 bis November 2013 an die Beklagte monatlich Unterhalt in Höhe von 431,89 EUR, in den Monaten August bis November 2009 monatlich 530,00 EUR gezahlt. Werden im laufenden Unterhaltsprozess zum Teil Überzahlungen geleistet, teilweise weniger bezahlt, ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien mit einer Verrechnung einverstanden sind (BGH FamRZ 1985, 908).
99 
Daraus ergibt sich folgende Rückstandsberechnung:
100 
        
monatlich
geschuldeter
Unterhalt
gesamt
abzüglich
Zahlungen
des Klägers
Rückstand
August bis Dezember 2008
942,00 EUR
4.710,00 EUR
2.159,45 EUR
2.550,55 EUR
Januar bis Dezember 2009
942,00 EUR
11.304,00 EUR
5.575,12 EUR
5.728,88 EUR
Januar bis Dezember 2010
942,00 EUR
11.304,00 EUR
5.182,68 EUR
6.121,32 EUR
Januar bis Juli 2011
942,00 EUR
6.594,00 EUR
3.023,23 EUR
3.570,77 EUR
August bis Dezember 2011
0 EUR
0 EUR
2.159,45 EUR
-2.159,45 EUR
Januar bis Dezember 2012
0 EUR
0 EUR
5.182,68 EUR
-5.182,68 EUR
Januar bis November 2013
0 EUR
0 EUR
4.750,79 EUR
-4.750,79 EUR
ergibt
        
        
        
5.878,60 EUR
D.
101 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Im vorliegenden Fall ist es sachgerecht, bei der Kostenverteilung auf den gesamten Zeitraum vom 1.8.2008 bis zur letzten mündlichen Verhandlung abzustellen und die Kosten im Verhältnis der sich so ergebenden Beträge des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen (zur wirtschaftlichen Betrachtungsweise s. auch OLG München FamRZ 1997, 762 Tz. 4 ff.; OLG Brandenburg FamRZ 2007, 67 Tz. 6 ff.).
102 
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
103 
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

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