Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 9 W 41/15; 9 W 42/15

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Sachverständigen gegen den Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 09.10.2013 - 4 OH 10/12 D - (Ordnungsgeldfestsetzung) wird als unzulässig verworfen.

2. Dem Sachverständigen wird hinsichtlich der Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 19.02.2014 - 4 OH 10/12 D - (Ordnungsgeldfestsetzung) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

3. Auf die sofortige Beschwerde des Sachverständigen wird der Beschluss des Landgerichts Konstanz vom 19.02.2014 - 4 OH 10/12 D - (Ordnungsgeldfestsetzung) dahingehend abgeändert, dass das Ordnungsgeld auf 200,- Euro reduziert wird. Die weitergehende sofortige Beschwerde des Sachverständigen wird zurückgewiesen.

Gründe

 
I.
Mit Beschluss vom 11.02.2013 hat das Landgericht Konstanz - 4 OH 10/12 D - den Sachverständigen mit der Erstattung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt. Mit Verfügung vom 07.08.2013 hat das Landgericht dem Sachverständigen eine Nachfrist zur Vorlage des Gutachtens bis zum 09.09.2013 gesetzt. Das Gutachten ist innerhalb der Frist nicht eingegangen. Daraufhin hat das Landgericht mit Beschluss vom 09.10.2013 gegen den Sachverständigen gemäß § 411 Abs. 2 ZPO ein Ordnungsgeld in Höhe von 500,- Euro festgesetzt.
Mit Verfügung vom 11.12.2013 hat das Landgericht dem Sachverständigen erneut eine Nachfrist zur Erstattung des Gutachtens gesetzt. Das Gutachten ist auch innerhalb dieser Frist nicht bei Gericht eingegangen. Daraufhin hat das Landgericht mit Beschluss vom 19.02.2014 ein weiteres Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,- Euro gegen den Sachverständigen verhängt.
Mit Schreiben vom 16.03.2015 hat der Sachverständige sich gegen die beiden Ordnungsgeldfestsetzungen gewendet. Ihm sei aus gesundheitlichen Gründen eine ordnungsgemäße Bearbeitung des Gutachtenauftrags nicht möglich gewesen. Die entstandenen Verzögerungen bedauere er zutiefst.
Mit Beschluss vom 24.08.2015 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde des Sachverständigen gegen die beiden Ordnungsgeldbeschlüsse nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - zur Entscheidung vorgelegt.
Die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme.
II.
Das Rechtsmittel des Sachverständigen gegen den Beschluss vom 09.10.2013 hat keinen Erfolg; das Rechtsmittel gegen die Entscheidung vom 19.02.2014 ist teilweise erfolgreich.
1. Die sofortige Beschwerde gegen die erste Ordnungsgeldfestsetzung über einen Betrag von 500,- Euro vom 09.10.2013 ist unzulässig. Die Entscheidung ist dem Sachverständigen  am  12.10.2013  ordnungsgemäß  zugestellt  worden.  Gemäß §§ 411 Abs. 2 Satz 3, 409 Abs. 2, 569 Abs. 1 ZPO hätte die sofortige Beschwerde innerhalb der Notfrist von zwei Wochen eingelegt werden müssen. Diese Frist war bei Eingang des Schreibens des Sachverständigen vom 16.03.2015, welches als sofortige Beschwerde zu werten ist, abgelaufen. Nach Fristablauf kommt eine sachliche Prüfung der Entscheidung des Landgerichts im Beschwerdeverfahren nicht mehr in Betracht.
2. Hingegen ist das Rechtsmittel gegen die Ordnungsgeldfestsetzung im Beschluss vom 19.02.2014 teilweise erfolgreich.
a) Zum 01.01.2014 trat die Neuregelung in § 232 ZPO in Betracht. Nach dieser Vorschrift war eine Rechtsbehelfsbelehrung bei Zustellung des Ordnungsgeldbeschlusses erforderlich. Die Vorschrift gilt nach ihrem Wortlaut nicht nur für Entscheidungen gegen Parteien, sondern in gleicher Weise auch bei einer Entscheidung gegen einen Sachverständigen, wie insbesondere bei einer Ordnungsgeldfestsetzung. Aus den Akten ergibt sich, dass der Sachverständige im Zusammenhang mit der Zustellung dieser Entscheidung nicht über das statthafte Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde und die dabei einzuhaltenden Notfrist von zwei Wochen belehrt worden ist.
10 
b) Gemäß §§ 233, 236 ist dem Sachverständigen wegen Versäumung der Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Entscheidung erfolgt von Amts wegen, da die für die Wiedereinsetzung maßgeblichen Tatsachen offensichtlich sind (vgl. dazu Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 30. Auflage 2014, § 236 ZPO Rn. 5). Die Versäumung der Rechtsmittelfrist beruhte auf der fehlerhaft unterbliebenen Rechtsbehelfsbelehrung. Das Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrung ergibt sich aus der Akte. Dass dieser Umstand für die Fristversäumung ursächlich war, wird gemäß § 233 Satz 2 ZPO vermutet.
11 
c) Die Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes lagen bei der Entscheidung vom 19.02.2014 vor (§ 411 Abs. 2 ZPO). Denn der Sachverständige hatte eine Nachfrist zur Erstattung des Gutachtens versäumt. Aus dem Vorbringen des Sachverständigen und den von ihm vorgelegten Attesten lässt sich auch nicht entnehmen, dass er die Nachfrist unverschuldet versäumt hat. Die vom Sachverständigen nachträglich dargelegten Umstände lassen sein Verschulden jedoch geringer erscheinen, als vom Landgericht angenommen. Es erscheint angemessen, das Ordnungsgeld auf einen Betrag von 200,- Euro herabzusetzen.

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