Beschluss vom Oberlandesgericht Karlsruhe - 20 UF 27/19

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pforzheim vom 21.12.2018, 7 F 159/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

Gründe

 
I.
Das Verfahren betrifft die Regelung der elterlichen Sorge gem. § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB für das Kind A. S., geboren am ...
Wegen der Feststellungen wird auf den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts Pforzheim vom 21.12.2018 Bezug genommen.
Das Amtsgericht hat den erstinstanzlich gestellten Antrag der Mutter, ihr die Gesundheitsfürsorge für das Kind A. zur alleinigen Ausübung zu übertragen, zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass trotz der zwischen den Eltern ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten eine Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Teilbereich der Gesundheitsfürsorge nicht erforderlich sei. Die Mutter habe über § 1687 Abs. 1 und § 1629 Abs. 1 Satz 4 BGB ohnehin die rechtlich erforderliche Vertretungsmacht, um allein über die Vornahme kleinerer medizinischer Behandlungen sowie in Eilfällen auch über die Durchführung größerer Behandlungen entscheiden zu können. Es bestehe kein Schwebezustand, in dem gegebenenfalls dringend erforderliche Behandlungen aufgrund einer unbegründeten Weigerungshaltung des Vaters nicht durchführbar wären. Gerade auch angesichts der medizinischen Ausbildung des Vaters könne ihm die Eignung, fundierte Entscheidungen im Bereich der Gesundheitsfürsorge treffen zu können, nicht abgesprochen werden. Es bestehe nicht der Eindruck, dass der Vater seine Zustimmung zu unzweifelhaft dem Kindeswohl dienlichen Behandlungen verweigern würde. Zudem sei nicht zu erwarten, dass durch die Übertragung des Teilbereichs der Gesundheitsfürsorge eine Befriedung des Elternkonflikts zu erreichen wäre. Die Prognose, dass die Herstellung einer für die Konsensfindung in Sorgerechtsangelegenheiten erforderlichen tragfähigen sozialen Bindung in absehbarer Zeit ausgeschlossen sei, könne noch nicht gestellt werden. Zuletzt hätten die Eltern zwar nur einen Termin in der Beratungsstelle wahrgenommen, in dessen Rahmen allerdings einen Konsens im Hinblick auf die Wahl der Grundschule für A. treffen können. Den Eltern sei die Fortführung der Beratungsgespräche zur Herbeiführung von Übereinstimmung und Gemeinsamkeit zumutbar.
Gegen den ihr am 28.12.2018 zugestellten Beschluss hat die Mutter am 28.01.2019 Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge setze eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern und ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen voraus. Daran fehle es, so dass im Beschwerdeverfahren die Übertragung nicht mehr nur der Gesundheitsfürsorge, sondern der elterlichen Sorge insgesamt auf die Mutter beantragt werde. Seit der Trennung der Eltern im Jahr 2014 habe der Vater diverse Gerichtsverfahren zur Regelung des Umgangs in Gang gebracht, bei denen es um Details der Umgangsregelung zwischen dem Vater und A. - wie etwa Ferienumgänge, Ausweitung der Umgangskontakte, die Nachholung von Umgangskontakten sowie die Mitgabe der Krankenversicherungskarte bei den Umgangskontakten - gegangen sei (AG Sinsheim, 20 F 5/15; AG Pforzheim, 1 F 323/15; AG Pforzheim, 1 F 49/16; AG Pforzheim, 1 F 200/16). Im Oktober 2018 habe die Mutter ihrerseits einen Antrag auf Übertragung der Entscheidung für die Wahl der Grundschule gestellt, nachdem der Vater sich zuvor monatelang nicht auf entsprechende Anfragen gemeldet habe. Der Vater schikaniere sie im Bereich der Gesundheitsfürsorge und verlange, vor jeder noch so kleinen Untersuchung informiert und zu Rate gezogen zu werden sowie vor Ort die Situation selbst beurteilen zu können. Es sei nicht davon auszugehen, dass in Zukunft wichtige Behandlungen des Kindes ohne Schwierigkeiten durchgeführt werden könnten. Probleme habe es Ende 2015 auch bei der Beantragung eines Kinderreisepasses für A. gegeben, weil der Vater das Formular zur Erteilung der Vollmacht für die Beantragung eines Reisepasses falsch ausgefüllt habe und zudem auf dem Briefumschlag seine Hausnummer falsch angegeben habe. Dieses Verhalten könne die Mutter nicht als Zufall, sondern nur als Schikane des Vaters ansehen. Auch bei der Verlängerung des Reisepasses im Sommer 2018 sei es zu Verzögerungen gekommen, weil auf dem Vollmachtformular des Vaters zunächst die Unterschriften von zwei Zeugen gefehlt hätten. Ferner habe der Vater verboten, dass der Lebensgefährte der Mutter A. aus dem Kindergarten abholen dürfe. Schließlich habe sie bislang davon abgesehen, A. taufen zu lassen, weil sie ein weiteres gerichtliches Verfahren habe vermeiden wollen. A. dürfe auch nicht in den Kindergottesdienst oder seine Mutter und deren Lebensgefährten in die Kirche begleiten, wenn dieser im Posaunenchor spiele. Eine Kommunikation mit dem Vater sei nicht möglich, weil dieser ihr das Wort im Mund herumdrehe bzw. sie mit Emails überschütte.
Der Vater tritt der Beschwerde entgegen. Der Vortrag der Mutter zu den Schwierigkeiten der vergangenen Jahre im Zusammenhang mit der Regelung des Umgangs sei für das Sorgerechtsverfahren irrelevant; im Übrigen sei ihr Vortrag bezüglich des Sommerurlaubs im Jahr 2015 und des Skiurlaubs im Jahr 2016 unzutreffend. Bezüglich der Auswahl der Grundschule für A. sei darauf hinzuweisen, dass die Mutter ihn bereits im August 2018 kontaktiert habe und um Zustimmung zur Einschulung an einer von ihr favorisierten Grundschule gebeten habe, obwohl die Einschulung erst im September 2019 erfolge. Nachdem die Angelegenheit nicht eilbedürftig gewesen sei, habe er um Fristverlängerung gebeten, um nähere Auskünfte über die Schule einholen zu können. Schließlich habe man sich im Rahmen eines einmaligen Beratungsgesprächs Ende Oktober 2018 auf eine Schule einigen können; diese Einigung habe im Dezember 2018 vor dem Familiengericht Pforzheim protokolliert werden können. Der Vater habe die Kommunikation mit der Mutter nicht verweigert und anlässlich des Beratungstermins sei ohne weiteres eine sinnvolle Regelung getroffen worden. Es sei daher auch nicht nachvollziehbar, warum die Mutter die Beratungsgespräche nicht fortsetzen wolle und stattdessen eine Sorgerechtsentscheidung herbeiführen wolle. Entgegen der Behauptung der Mutter habe er zu keinem Zeitpunkt verlangt, im Zusammenhang mit noch so kleinen medizinischen Untersuchungen informiert und zu Rate gezogen werden zu wollen. Er wolle lediglich zeitnah über nicht unerhebliche Verletzungen seines Kindes informiert werden, damit er gegebenenfalls die Möglichkeit habe, dem Kind gegenüber seiner Anteilnahme zu zeigen. Er halte es durchaus für angebracht, nach erfolgten Operationen oder Behandlungen informiert zu werden. Für kleinere ärztliche Behandlungen, wie beispielsweise eine örtliche Betäubung bei Zahnschmerzen, bedürfe es selbstverständlich nicht der vorherigen Zustimmung des Vaters. Bezüglich der Beantragung des Reisepasses sei zutreffend, dass er versehentlich auf dem Umschlag bei der Absenderadresse eine falsche Hausnummer angegeben habe. Die beanstandete Korrektur der Vollmacht habe er innerhalb kürzester Zeit erledigt gehabt. Es sei richtig, dass er zum jetzigen Zeitpunkt eine Taufe des Kindes nicht befürworte, weil er der Auffassung sei, dass das Kind selbst diesbezüglich entscheiden solle. Die Mutter sei 2013 aus der evangelischen Kirche ausgetreten; ob sie zwischenzeitlich wieder in die Kirche eingetreten sei, sei ihm nicht bekannt. Demgegenüber habe er zu keinem Zeitpunkt untersagt, dass A. den Kindergottesdienst besuche oder mit seiner Mutter in die Kirche gehe. Hiergegen habe er nichts einzuwenden. Er habe sich Gesprächen mit der Kindesmutter im Hinblick auf die Ausübung der elterlichen Sorge zu keinem Zeitpunkt verweigert. Es sei ihm ein Anliegen, dass weiterhin Beratungsgespräche stattfinden, nachdem zuletzt bei dem Beratungsgespräch Ende Oktober 2018 eine sinnvolle Regelung bezüglich des Schulbesuchs getroffen worden sei.
Der Senat hat mit Beschluss vom 27.02.2019 den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren abgelehnt. Zugleich wurde auf die beabsichtigte Entscheidung nach § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG hingewiesen.
Die Antragstellerin hat hierauf nochmals mit Schriftsatz vom 22.03.2019 Stellung genommen.
II.
Die gem. §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragstellerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
1. Dem Antrag eines Elternteils, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt, ist gem. § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB stattzugeben, soweit zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung auf den Antragsteller dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Vor diesem Hintergrund ist eine doppelte Kindeswohlprüfung durchzuführen, die in einem ersten Schritt zunächst dahin geht, festzustellen, ob die Aufhebung der gemeinsamen Sorge dem Kindeswohl am besten entspricht. In einem zweiten Schritt ist dann zu prüfen, ob die Übertragung gerade auf den Antrag stellenden Elternteil dem Kindeswohl am besten entspricht.
10 
Das Vorliegen eines Elternkonflikts oder die Ablehnung der gemeinsamen elterlichen Sorge durch einen Elternteil sprechen für sich genommen noch nicht gegen die gemeinsame elterliche Sorge. Allein die Verweigerungshaltung eines Elternteils ist kein entscheidender Gesichtspunkt dafür, dass die Beibehaltung oder Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge dem Kindeswohl widerspricht. Dass Eltern in Einzelfragen verschiedener Meinung sind und ihre Meinungsverschiedenheiten im Einzelfall streitig ausgetragen haben, genügt ebenfalls nicht, um die gemeinsame elterliche Sorge abzulehnen. Es gehört zur Normalität im Eltern-Kind-Verhältnis, dass sich in Einzelfragen die für das Kind beste Lösung erst aus Kontroversen herausbildet (BGH, FamRZ 2016, 1439 Rn. 22).
11 
Grundvoraussetzung für eine dem Kindeswohl dienliche gemeinsame Sorgerechtsausübung ist aber die Kooperationsfähigkeit und -bereitschaft der Eltern. Die gemeinsame Ausübung der Elternverantwortung setzt eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern voraus, erfordert ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen und hat sich am Kindeswohl auszurichten (BVerfG, FamRZ 2003, 285, 287 und FamRZ 2004, 354, 355). Hierbei ist zu prüfen, ob bei dem konkreten Sachverhalt eine Verständigung der Eltern über wichtige Sorgerechtsfragen überhaupt noch in einer Art und Weise möglich ist, die auch bei einem Dissens der Eltern eine dem Kindeswohl dienliche Entscheidung gewährleistet. Die gemeinsame Sorge kommt nicht in Betracht, wenn eine schwerwiegende und nachhaltige Störung auf der Kommunikationsebene vorliegt, die den Eltern eine gemeinsame Entscheidungsfindung unmöglich macht und das Kind folglich erheblich belastet würde, würde man die Eltern zwingen, die Sorge gemeinsam zu tragen (vgl. BGH, FamRZ 2016, 1439 Rn. 24).
12 
Zu den wesentlichen Bereichen der elterlichen Sorge, für die ein Mindestmaß an Verständigungsmöglichkeiten gefordert werden muss, gehören alle nach § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB gemeinsam zu treffenden Entscheidungen, auch die Grundentscheidung über den persönlichen Umgang des Kindes mit dem nicht betreuenden Elternteil (BGH, FamRZ 2016, 1439 Rn. 29).
13 
2. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Entscheidung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden. Trotz des bestehenden Elternkonflikts kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht festgestellt werden, dass die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung auf die Mutter dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
14 
a) Die von der Mutter beschriebenen Konflikte zwischen den Eltern erfordern nicht die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge.
15 
aa) Zwar weist die Mutter zutreffend darauf hin, dass die Regelung des Umgangs zwischen den Eltern wiederholt Gegenstand von Gerichtsverfahren war. Allerdings kann hierbei nicht unberücksichtigt bleiben, dass nach der erstmaligen Regelung des Umgangsrechts zwischen dem Vater und A. anlässlich der Scheidung im Mai 2015 ein regelmäßiger Umgang stattgefunden hat, der sowohl Wochenendbesuche als auch längere Ferienzeiten umfasste. Seit Sommer 2018 verweigert die Mutter nun den Umgang zwischen A. und dem Vater. In dem diesbezüglich in der Beschwerdeinstanz anhängigen Umgangsverfahren 20 UF 164/18 wurde zwischenzeitlich im Wege einstweiliger Anordnung die Durchführung begleiteter Umgangskontakte sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Regelung des Umgangs veranlasst.
16 
Auch wenn nun aktuell kein Konsens über die grundsätzliche Durchführung von Umgangskontakten besteht, erfordert dies nicht die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Mutter. Denn zum einen hatten beide Elternteile noch im Dezember 2018 beim Jugendamt Anträge auf eine Bewilligung von Kinder- und Jugendhilfeleistungen im Zusammenhang mit begleiteten Umgangskontakten zwischen dem Vater und A. gestellt; die Mutter hat hiervon mit der Begründung, sie wolle erst den Ausgang des Beschwerdeverfahrens abwarten, einseitig wieder Abstand genommen. Zum anderen ist die Vorschrift des § 1684 BGB zur Regelung des Umgangs gegenüber Sorgerechtsmaßnahmen vorrangig. Einem Elternteil kann durch die Übertragung der elterlichen Sorge kein Instrument zur einseitigen Lösung eines Umgangskonflikts gegeben werden. Die Rechte des Kindes und des nicht betreuenden Elternteils auf Umgang miteinander sind unverzichtbar; etwaige Beschränkungen des Umgangsrechts liegen nicht in der Hand des betreuenden Elternteils (BGH, FamRZ 2008, 592 Rn. 16; OLG Zweibrücken, FamRZ 2000, 1042, 1043).
17 
bb) Die Frage, an welcher Grundschule A. im September 2019 eingeschult werden soll, ist bereits geklärt. Dass sich der Vater im Sommer 2018 eine Überlegungsfrist erbeten hat, um sich selbst über die Schule informieren zu können, erscheint verständlich, nachdem die Frage der Einschulung zu diesem Zeitpunkt keinesfalls dringlich war. Im Übrigen haben die Eltern über diese Frage im Rahmen des einzigen Beratungsgesprächs, welches sie im Herbst 2018 bei der psychologischen Beratungsstelle in Anspruch genommen haben, Einvernehmen erzielen können. Im Termin vom 11.12.2018 konnte das zuvor von der Mutter eingeleitete Verfahren betreffend die Schulwahl einvernehmlich beendet werden (vgl. Vermerk vom 11.12.2018, AS I 195 f.). Nicht nachvollziehbar ist demgegenüber, dass das Kind hierdurch nach Angaben der Mutter beeinträchtigt worden sein soll. Denn die Einschulung stand nicht etwa unmittelbar bevor, sondern sollte erst ein Jahr später erfolgen.
18 
Soweit die Mutter mit Schriftsatz vom 22.03.2019 ausführt, noch im Termin vom 11.12.2018 sei heftig über die Einschulung diskutiert worden, kann dies dem Vermerk über die Anhörung vom 11.12.2018 nicht entnommen worden. Dort ist lediglich die von den Eltern getroffene Vereinbarung niedergelegt. Im Übrigen hat das Amtsgericht in seinem Beschluss vom 21.12.2018 dargelegt, dass im Rahmen des Beratungsgesprächs ein Konsens getroffen worden sei, der letztlich die gütliche Beilegung des Verfahrens betreffend die Einschulung des Kindes ermöglicht habe (S. 6 des Beschlusses).
19 
cc) Bezüglich der erstinstanzlich allein beantragten Übertragung der Gesundheitsfürsorge auf die Mutter nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in dem angefochtenen Beschluss vom 21.12.2018 Bezug.
20 
dd) Die von der Mutter beschriebenen Probleme im Zusammenhang mit der Beantragung eines Kinderreisepasses für A. führen ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde. Die Eltern sind sich von Anfang an darüber einig gewesen, dass es der Beantragung eines Kinderreisepasses bedarf. Dies lag gerade auch im eigenen Interesse des Vaters, der in der Vergangenheit wiederholt mit dem Kind Urlaubsreisen ins Ausland unternommen hat.
21 
Nicht festgestellt werden kann, dass der Vater absichtlich, um die Mutter zu schikanieren, die ihm vorgelegten Unterlagen falsch oder unzureichend ausgefüllt hat. Von ihm eingeräumte versehentliche Fehler (etwa Verwechslung seiner Hausnummer bei der Absenderadresse auf einem Briefumschlag) hat er zeitnah behoben, so dass jeweils der Reisepass erteilt werden konnte.
22 
ee) Bezüglich der religiösen Erziehung hat der Antragsteller erklärt, dass er gegen den Besuch des Kindergottesdienstes oder den Besuch des Gottesdienstes mit der Mutter und deren Partner nichts einzuwenden hat. Im Übrigen würde es sich insoweit auch um Angelegenheiten des täglichen Lebens handeln, über die die Mutter allein entscheiden kann.
23 
Über die von der Mutter nun erstmals im Beschwerdeverfahren vorgebrachte Absicht der Taufe des Kindes besteht insoweit Uneinigkeit, als der Vater zwar nicht generell einer Taufe entgegensteht, aber diese Entscheidung dem Kind überlassen möchte. Allerdings bedarf es auch insoweit nicht einer Übertragung der elterlichen Sorge; die Vornahme der Taufe stellt eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung dar, für die die Mutter ggf. eine gerichtliche Entscheidung nach § 1628 BGB beantragen könnte (vgl. BGH, NJW 2005, 2080, 2081; Staudinger, BGB, Neubearb. 2015, § 1628 Rn. 29). Zu berücksichtigen ist aber ferner, dass die Mutter diese Entscheidung offenbar nicht als dringlich angesehen hat; so hat sie dieses Anliegen zu keinem Zeitpunkt, insbesondere auch nicht während des erstinstanzlichen Verfahrens vorgetragen. Hinzukommt, dass der Mutter abverlangt werden kann, zuvor ggf. eine Einigung über die Taufe mit dem Vater herbeizuführen. Eine Entscheidung nach § 1628 BGB ist nur veranlasst, wenn die Meinungsverschiedenheit der Eltern trotz ernsthafter beiderseitiger Einigungsbemühungen, zu denen die Eltern nach § 1627 BGB verpflichtet sind, fortbestehen. Rufen die Eltern das Familiengericht an, ohne sich zuvor ernstlich in eigener Verantwortung und Zuständigkeit um eine Einigung bemüht zu haben, so findet keine Entscheidung des Familiengerichts statt (Staudinger, BGB, Neubearb. 2015, § 1628 Rn. 24). Vorliegend hat sich die Mutter um eine derartige Einigung nicht bemüht. Vielmehr hat sie allein die im Herbst 2018 begonnenen Beratungsgespräche, zu deren Fortführung der Vater bereit wäre, abgebrochen. Dies ist vor dem Hintergrund, dass es den Eltern in dem bislang einzigen Beratungsgespräch gelungen war, eine Einigung im Hinblick auf den Schulbesuch zu erzielen, nicht verständlich. Zur Begründung für den Abbruch der Beratungsgespräche hat die Mutter lediglich angegeben, sie wolle diese nicht fortführen, bis eine Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Beschwerde in dem Umgangsverfahren getroffen worden sei (vgl. Vermerk vom 11.12.2018, AS I 195 f.).
24 
b) Trotz der vorbeschriebenen Meinungsverschiedenheiten der Eltern kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass ihnen in vielen anderen wichtigen Bereichen in der Vergangenheit eine Einigung gelungen ist. So stand zu keinem Zeitpunkt der Aufenthalt des Kindes bei der Mutter im Streit. Einigkeit bestand auch hinsichtlich der Grundentscheidung, ob das Kind einen Kindergarten besucht und dass für das Kind ein Reisepass beantragt wird. Eine Einigung haben die Eltern im Rahmen eines Beratungsgesprächs auch bezüglich des Schulbesuchs erzielen können.
25 
Ferner ist zu sehen, dass der Vater ein erhebliches Interesse an seinem Kind hat. Er hat sich stets um umfangreiche Umgangskontakte mit A. bemüht und diese auch durchgeführt. Darüber hinaus interessiert er sich für die gesundheitliche Entwicklung seines Kindes und nimmt hierfür - was ihm im Rahmen der gemeinsamen elterlichen Sorge auch durchaus zusteht - Rücksprache mit den behandelnden Ärzten bzw. der Krankenkasse. Schließlich zahlt er regelmäßig Kindesunterhalt.
26 
c) Nachdem es den Eltern anlässlich eines einzigen Beratungsgesprächs gelungen war, eine Lösung für die Frage der Einschulung zu erzielen, erscheint es angemessen, die Eltern zunächst auf die ihnen nach § 1627 Satz 2 BGB obliegende Pflicht zu Erzielung einer Einigung hinzuweisen.
27 
d) Ergänzend ist auch zu erwägen, dass die Mutter ihrerseits erstinstanzlich lediglich die Übertragung der Gesundheitsfürsorge auf sich beantragt hatte. Hierdurch hat sie selbst zum Ausdruck gebracht, dass sie die Übertragung der gesamten elterlichen Sorge auf sich nicht für erforderlich hält. Soweit die Mutter mit Schriftsatz vom 22.03.2019 geltend macht, sie sei bezüglich ihres erstinstanzlichen Vortrags dem Ratschlag ihrer früheren Verfahrensbevollmächtigten gefolgt, die das Mandat neu übernommen gehabt habe und sich der jahrelangen Problematik der Eltern nicht bewusst gewesen sei, greift dies nicht durch. Denn ihre derzeitige Verfahrensbevollmächtigte hatte ihre Vertretung bereits Ende November 2018 übernommen und war auch im Anhörungstermin vom 11.12.2018 anwesend, als die Angelegenheit vor dem Amtsgericht abschließend erörtert wurde.
28 
Weitere Vorkommnisse nach Erlass der erstinstanzlichen Entscheidung, die nun eine Ausweitung ihres Antrags auf die gesamte elterliche Sorge in der Beschwerdeinstanz nachvollziehbar machen würden, hat die Mutter nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Auch mit Schriftsatz vom 22.03.2019 wiederholt die Mutter im Übrigen lediglich ihr bisheriges Vorbringen, welches vom Senat anders gewürdigt wird.
29 
3. Die Entscheidung konnte gem. § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne nochmalige Anhörung der Beteiligten ergehen, nachdem diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind.
30 
4. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob die Eltern in der Lage sind, dem Kindeswohl dienliche Entscheidungen zu treffen, ist - zumal der Aufenthalt des Kindes nicht in Frage steht - nicht erforderlich.
31 
Soweit die Mutter darauf abstellt, dass die Reaktionen A.s auf die Umgänge mit dem Vater deutlich machten, dass das Kind unter der jetzigen Situation leide, sei darauf hingewiesen, dass im parallel geführten Umgangsverfahren 20 UF 164/18 derzeit ein entsprechendes Sachverständigengutachten zur Frage der Regelung des Umgangsrechts eingeholt wird.
III.
32 
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG.
33 
2. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.

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