Beschluss vom Oberlandesgericht Koblenz (2. Strafsenat) - 2 Ws 342/19, 2 Ws 343/19

Tenor

Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in Diez vom 12. April 2019 aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die insoweit notwendigen Auslagen des Verurteilten fallen der Staatskasse zur Last (§ 121 Abs. 4 StVollzG iVm. § 467 StPO).

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau vom 11. April 2016, rechtskräftig seit dem 22. Dezember 2016, wegen schwerer sexueller Nötigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt; zugleich wurde seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Bis zum 19. November 2017 verbüßte er zwei Drittel einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten, die durch ein weiteres Urteil desselben Gerichts vom 15. Januar 2016 gegen ihn verhängt worden war. Seit dem 20. November 2017 wird die durch das erstgenannte Urteil verhängte Freiheitsstrafe von sechs Jahren gegen ihn vollstreckt. Die Vollstreckung erfolgte zunächst in der örtlich und sachlich zuständigen Justizvollzugsanstalt Bu. in Sachsen-Anhalt. Am 11. Juli 2018 wurde er aus Sicherheitsgründen für die Dauer von sechs Monaten in die Justizvollzugsanstalt B. in Mecklenburg-Vorpommern verlegt. Von dort aus erfolgte am 5. Februar 2019 seine zeitlich auf sechs Monate befristete Verlegung in die Justizvollzugsanstalt D.

2

Mit Schreiben vom 16. Juli 2018 hat der Verurteilte die Durchführung der strafvollzugsbegleitenden Kontrolle nach § 119a StVollzG bei der für die Justizvollzugsanstalt B. zuständigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock beantragt. Diese hat den Antrag durch Beschluss vom 17. September 2018 als unzulässig verworfen, weil die Zweijahresfrist nach § 119a Abs. 3 Satz 3 StVollzG noch nicht abgelaufen sei (Bl. 227 ff. VH). Auf die Beschwerde des Verurteilten hat das Oberlandesgericht Rostock durch Beschluss vom 2. November 2018 die Entscheidung des Landgerichts Rostock aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Rostock zurückverwiesen (Bl. 252 ff. VH).

3

Bevor eine Entscheidung des Landgerichts Rostock erging, wurde der Verurteilte am 5. Februar 2019, wiederum befristet auf sechs Monate, in die Justizvollzugs- und Sicherungsverwahrungsanstalt D. verlegt. Mit Beschluss vom 27. Februar 2019 verwies das Landgericht Rostock die Sache deshalb an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz (Bl. 48 d.A.). Diese lehnte die Übernahme des Verfahrens jedoch mit Beschluss vom 15. März 2019 ab (Bl. 53 d.A.). Das Landgericht Rostock hat am 28. März 2019 beschlossen, dass es bei dem Verweisungsbeschluss vom 27. Februar 2019 verbleibe (Bl. 66 d.A.). Darauf hat sich die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz mit Beschluss vom 12. April 2019 für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an die für die JVA Bu. zuständige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Stendal verwiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Verurteilten vom 12. April 2019.

4

Soweit die Strafvollstreckungskammer den weiteren Antrag des Verurteilten vom 9. Februar 2019 auf Durchführung der strafvollzugsbegleitenden gerichtlichen Kontrolle wegen anderweitiger Rechtshängigkeit mit Beschluss vom 18. Februar 2019 als unzulässig zurückgewiesen hat (Bl. 38 d.A.), hat der Senat die hiergegen gerichtete Beschwerde des Verurteilten bereits mit Beschluss 2 Ws 206/19 vom 16. Mai 2019 als unbegründet verworfen.

5

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen. Das Ministerium der Justiz hat mit Schreiben vom 17. Juni 2019 Stellung genommen. Der Verurteilte hat abschließend mit Schreiben vom 19. Juni 2019 Stellung genommen.

II.

6

Die gemäß § 119a Abs. 5 StPO statthafte Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

7

Zwar ist örtlich zuständig für die strafvollzugsbegleitende Kontrolle bei angeordneter Sicherungsverwahrung diejenige Strafvollstreckungskammer, in deren Bezirk die Vollzugsbehörde ihren Sitz hat, in der der Betroffene am Ende des Überprüfungszeitraums untergebracht war (vgl. OLG Hamm, Beschl. 1 Ws [Vollz] 309/18 v. 22.11.2018 - juris). Der Überprüfungszeitraum nach § 119a Abs. 3 Satz 1 StVollzG umfasst grundsätzlich zwei Jahre und wird nicht bis zur abschließenden Entscheidung erster Instanz verlängert (vgl. OLG Koblenz, Beschl. 1 Ws 683/17 v. 08.01.2018; OLG Nürnberg, 1 Ws 6/16 v. 22.02.2016 - Rn. 9 u. 11). Für den vorliegenden Fall hat das Oberlandesgericht Rostock in seinem Beschluss vom 2. November 2018 entschieden, dass die Frist des § 119a Abs. 3 Satz 3 StVollzG mit der Rechtskraft der die Sicherheitsverwahrung anordnenden Entscheidung begann, soweit gegen den Verurteilten eine Freiheitsstrafe vollstreckt wurde, hier mit dem 22. Dezember 2016. Demnach endete der hier maßgebliche Überprüfungszeitraum am 22. Dezember 2018. Zu diesem Zeitpunkt war der Verurteilte in der Justizvollzugsanstalt B. untergebracht. Deshalb wäre die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Rostock örtlich zuständig.

8

Doch hat diese Strafvollstreckungskammer das Verfahren durch Beschluss vom 27. Februar 2019 an das Landgericht Koblenz verwiesen. Diese Verweisung ist gemäß § 83 VwGO analog iVm. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG für das Gericht, an das verwiesen wurde, auch dann verbindlich, wenn der zu Grunde liegende Beschluss - wie hier - fehlerhaft ist (vgl. Bachmann in: Lauben-thal/Nestler/Neubacher/Verrel, Strafvollzugsgesetze, 12. Aufl. Abschn. P Rn. 42 unter Bezugn. auf Ehlers in: Schoch/Schneider/Bier, GVG § 17a Rn. 15 mwN.). Der im Strafvollzugsverfahren entsprechend anwendbare § 83 VwGO bestimmt, dass für die sachliche und örtliche Zuständigkeit die §§ 17 bis 17b GVG entsprechend anzuwenden sind. Ein Ausnahmefall eines groben und offensichtlichen Verweisungsmangels, der nach Auffassung des OLG Thüringen (vgl. OLG-NL 2006, 191) keine Bindungswirkung entfalten soll, ist vorliegend nicht gegeben.

9

Die strafvollzugsbegleitende gerichtliche Kontrolle für den ersten Überprüfungszeitraum ist deshalb durch die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Koblenz in D. auszuüben.

10

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf §§ 65 Satz 1, 60, 52 Abs. 2 GKG.

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