I.
Der Kläger begehrt in der Berufungsinstanz von der Beklagten als Herstellerin des Motors des vom Kläger erworbenen Gebrauchtwagens Audi A 4 Avant 2.0 TDI quattro Schadenersatz infolge des Einbaus einer abgasbeeinflussenden Software in die Motorsteuerung dieses Fahrzeuges.
Hinsichtlich des tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird auf die mit Endurteil des Landgerichts Deggendorf vom 10.12.2019 (Bl. 158/181 d. A.) getroffenen tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen, weiterhin auf Ziffer I. des Hinweisbeschlusses vom 26.02.2020 (Seite 2), hinsichtlich des Vorbringens der Klagepartei auf die weiteren Ausführungen Ziffer I., Seiten 2 - 4 des Hinweisbeschlusses.
Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz:
I.
Unter Abänderung des am 10.12.2019 verkündeten Urteils des LG Deggendorf, Az.: 22 O 281/19, die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Rückgabe und Übereignung des Fahrzeugs Audi A 4 mit der Fahrgestellnummer: …90 an den Kläger einen Betrag in Höhe von 27.990,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.02.2017 zu zahlen.
II.
Unter Abänderung des am 10.12.2019 verkündeten Urteils des Landgerichts Deggendorf, Az.: 22 O 281/19, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten seines Rechtsanwalts M. H. in Höhe von 1.872,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
III.
Unter Abänderung des am 10.12.2019 verkündeten Urteils des Landgerichts Deggendorf, Az.: 22 O 281/19, festzustellen, dass sich die Beklagte seit dem 19.03.2019 mit der Rücknahme des Klageantrags Ziffer I. bezeichneten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
Die Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
II.
Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts Deggendorf vom 10.12.2019, Az.: 22 O 281/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten. Bei dieser Wertung verbleibt es auch unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klagepartei in dem Schriftsatz vom 25.03.2020.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf den vorangegangenen Hinweisbeschluss des Senats vom 26.02.2020 Bezug genommen. Die klägerseits in der Stellungnahme vom 25.03.2020 (Bl. 212/215 d. A.) zitierte Entscheidung des OLG Köln vom 04.10.2019, Az.: 19 O 98/19 (BeckRS 2019, 30559) steht den Erwägungen im Hinweisbeschluss des Senats vom 26.02.2020 nicht entgegen.
Das Oberlandesgericht Köln führt in dem von ihm entschiedenen Fall eines am 24.10.2016 vom Kläger erworbenen gebrauchten Pkws, Erstzulassung am 03.03.2015, ausgestattet mit dem von der Beklagten entwickelten und hergestellten 2,0 L.-Dieselmotor vom Typ EA 189, in Rn. 35 aus:
„Im vorliegenden Fall bedarf es keiner grundsätzlichen Entscheidung darüber, ob es bei lange nach Herbst 2015, mithin des ersten Bekanntwerden „Dieselskandals“, erfolgten Fahrzeugkäufen aufgrund der über Monate hinweg anhaltenden Berichterstattung zu diesem Thema einer gewissen Wahrscheinlichkeit entspricht, dass ein Fahrzeugerwerber von der Abgabsproblematik des konkret erworbenen Fahrzeugs Kenntnis hatte und deshalb bei solchen Käufen höhere Substantiierungsanforderungen an einen Vortrag des Anspruchstellers gerechtfertigt sein können. Hier hat der Kläger nämlich insoweit im Senatstermin ergänzend zu den bisherigen Feststellungen im Rahmen seiner Anhörung nach § 141 Abs. 1 ZPO geschildert, dass es sich um ein mit „AdBlue“ ausgestattetes Fahrzeug handelt, bei welchem der Motor zum damaligen Zeitpunkt des Kaufvertrags noch nicht in Verdacht stand, manipuliert worden zu sein. .. Gerade deshalb habe er sich nach Einholung von weiteren Informationen und der Bestätigung der Verkäuferin, dass es sich um ein „AdBlue“-Fahrzeug handele, für dieses entschieden.“ Diese Darstellung glaubte der Senat.
Soweit auf eine „vorläufige Rechtsauffassung des 14. Zivilsenats“ im Verfahren 14 U 537/19 OLG München verwiesen wird, hat diese nicht in einem Urteil Ausdruck gefunden, sondern das Verfahren endete mit einem Vergleich und von den Parteien getroffener Kostenregelung.
In der klägerseits weiterhin zitierten Entscheidung des OLG Hamm vom 10.09.2019, Az.: 13 O 149/18 (BeckRS 2019, 20495) setzt sich der 13. Zivilsenat dieses Gerichts zu Recht mit der Frage auseinander, ob die Ad-hoc-Mitteilung der Beklagten vom 22.09.2015 generell geeignet gewesen sei, die Kausalität der Täuschung für den Vertragsabschluss in Frage zu stellen. Dies verneint das OLG Hamm (Rn. 46) mit einer, bezogen auf die Ad-hoc-Mitteilung nachvollziehbaren Begründung.
Auf die - in der Folgezeit erfolgte - und von der Beklagten maßgebend ausgelöste Kommunikation bezüglich der Spezifizierung der insgesamt betroffenen Fahrzeuge geht das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm allerdings nicht ein. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass das Vorbringen der Beklagtenseite zu diesem Aspekt im dortigen Verfahren anders gestaltet war als vorliegend. Das OLG Hamm führt nämlich in Rn. 53 dazu aus: „Auch in der Folgezeit hat die Beklagte eine solche Form der Klarstellung nicht betrieben. Ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung zufolge hat sie (lediglich) eine Informationsplattform im Internet zur Verfügung gestellt, anhand der durch Eingabe der Fahrzeug-Identifizierungsnummer festgestellt werden kann, ob ein Fahrzeug betroffen ist. Dass diese Form der Aufklärung offensiv in einer Art und Weise beworben worden wäre, dass sämtliche Kaufinteressenten hiervon hätten Kenntnis nehmen müssen, hat die Beklagte nicht dargelegt, im Übrigen liegt eher fern, dass schon rechtzeitig vor Vertragsschluss Fahrzeug-Identifizierungsnummern bekannt gemacht und überprüft werden.“
Anders als offensichtlich in dem Verfahren des OLG Hamm hat die Beklagte auch (im Schriftsatz vom 11.11.2019, Seite 8 f.) vorgetragen, dass sie bereits im September 2015 ihre Vertragshändler und Servicepartner über den Umstand, dass Fahrzeuge mit Motoren des Typs EA189 beanstandet wurden und Gebrauchtwagenkäufer über das Vorhandensein der Umschaltlogik aufgeklärt werden müssen, unterrichtet. In der Entscheidung des OLG Hamm erfolgte ein Beweisantritt der Beklagten, dass ein Mitarbeiter der vertragsschließenden VW-Vertragshändlerin die Klagepartei vor Kaufvertragsabschluss von der Betroffenheit des Fahrzeugs informiert habe, offensichtlich verspätet und wurde aus prozessualen Gründen nicht mehr berücksichtigt.
Soweit das OLG Stuttgart (Az.: 7 U 50/19) als Referenz angeführt wird, handelt es sich um einen Hinweis im Sitzungsprotokoll, der aus insgesamt drei Sätzen besteht; eine auf diese Rechtsauffassung gestützte Entscheidung erging nicht.
Die Frage des Vorliegens des spezifischen Schädigungsvorsatzes im Rahmen des § 826 BGB ist nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden, so dass eine unterschiedliche Bewertung der Tragweite des Vorsatzes keine im Sinne von § 522 Abs. 2 ZPO relevante Abweichung von der Entscheidung des OLG Oldenburg (Urteil vom 16.01.2020, Az.: 14 U 166/19) darstellt. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH, dass zum Vorsatz gehört und genügt, dass der Schädiger spätestens im Zeitpunkt des Schadenseintritts Art und Richtung des Schadens und die Schadensfolgen vorausgesehen (kognitives Element) und die Schädigung im Sinne eines direkten Vorsatzes gewollt oder im Sinne eines bedingten Vorsatzes jedenfalls, mag es sie auch nicht wünschen, doch zur Erreichung seines Ziels billigend in Kauf genommen hat (voluntatives Element, BGH NJW-RR 2013, 550, Rn. 32, WM 2013, 1310, Rn. 22). Der BGH weist in seiner Rechtsprechung auf den besonderen Konnex zwischen dem kognitiven Element und dem voluntativen Element des Vorsatzes im Rahmen der Haftung nach § 826 BGB hin. So genügt nicht bloß das Wissen um die Schädigungsmöglichkeit, vielmehr bedarf es eines von diesem Wissen geleiteten Wollens der Schädigung des Opfers (Spindler in beck-online Großkommentar Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand 01.02.2020, § 826, Rn. 19). Gemessen an diesen Kriterien erscheint dem Senat der Zeitraum vom Inverkehrbringen des mit der illegalen Software ausgestatteten Fahrzeugs in 2014 bis zum Erwerbsvorgang durch den Kläger am 16.02.2017 mit zwei zwischengeschalteten Verkaufsvorgängen (VW an Vertragshändler, Vertragshändler an Erstkäufer) in Zusammenschau mit der nach Bekanntwerden des „Dieselskandals“ erfolgten öffentlichen Berichterstattung und von der Beklagten getroffenen Maßnahmen zur Publizierung zu wenig stringent, um noch einen Vorsatz der Schadenszufügung und Sittenwidrigkeit der Schädigung gegenüber dem Kläger annehmen zu können.
Das klägerseits zitierte Urteil des OLG Oldenburg vom 12.03.2020 (Az.: 14 U 302/19, BeckRS 2020, 3450) hatte vom Sachverhalt des Erwerbs des Klägers am 24.11.2015, nur kurze Zeit nach Bekanntwerden des VW-Diesel-Abgas-Skandals auszugehen. So ist es in diesem Zusammenhang auch zu sehen, wenn das OLG Oldenburg ausführt (Rn. 42): „Es ist zwar anerkannt, dass eine Enthaftung des Schädigers dann eintreten kann, wenn er vor einer Zweitursache erfolgversprechende Abwehrmaßnahmen zur Verhinderung eines weiteren Schadenseintritts getroffen hat. Die beschriebenen Maßnahmen waren aber nicht ausreichend, um als solche schon den Zurechnungszusammenhang zu unterbrechen. Betrachtet man nämlich die von der Beklagten selbst betriebene Aufklärung, wird nur von „Auffälligkeiten“ und „Unregelmäßigkeiten“ gesprochen, nicht aber von einer unzulässigen Abschalteinrichtung, die ohne Nachbesserung die Gefahr einer Stilllegung des Fahrzeugs bedeutet. … Eine ausreichende Aufklärung hat auf die drohende Gefahr einer Stilllegung des Fahrzeugs gezielt hinweisen müssen. Eine solche kann in den Maßnahmen der Beklagten nicht festgestellt werden.“
Hier zeigt sich, dass die Entscheidung des OLG Oldenburg eine durch spezifischen Parteivortrag und die zeitliche Nähe des streitgegenständlichen Kaufs zum Bekanntwerden des Abgasskandals bestimmt ist. Damit weicht der Senat mit der hier getroffenen Entscheidung der Zurückweisung der Berufung nicht von der Entscheidung des OLG Oldenburg ab, da es sich um unterschiedliche Sachverhaltskonstellationen handelt.
Was die weiterhin in der Stellungnahme vom 25.03.2020 zitierten landgerichtlichen Entscheidungen angeht, ist eine mögliche Abweichung von der Auffassung des hier entscheidenden Senats für das Ergehen einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO nicht hinderlich. Zu den klägerischen Ausführungen im Schriftsatz vom 25.03.2020 ist von Seiten des Senats noch zu betonen, dass zwischen einerseits der Ad-hoc-Mitteilung durch VW und Beginn der Presseberichterstattung zum Dieselskandal im September 2015 und andererseits dem Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs im Februar 2017 nahezu 1 1/2 Jahre lagen. Nachdem in diesem Zeitraum mit Wissen und Wollen der Beklagten sich an potentielle Erwerber betroffener Fahrzeuge zahlreiche Hinweise, nicht nur auf der Internet-Seite der Beklagten, sondern auch in sämtlichen Medien richteten, die auf eine Sensibilisierung respektive Warnung vor dem Kauf solcher Fahrzeuge gerichtet waren, ist die Annahme eines fortwirkenden Vorsatzes der - sittenwidrigen - Schädigung und eines fortbestehenden (gleichermaßen Vorsatz erfordernden) Kausalverlaufs nach Auffassung des Senats nicht mehr sachlich geboten und rechtlich zu vertreten. Auf die Frage, ob dem konkreten Kläger hier grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann, kommt es (anders als bei der Verjährungsproblematik), nicht an.
Unter nochmaliger Berücksichtigung des Berufungsvorbringens verbleibt es dabei, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, diese somit zurückzuweisen war.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß § 708 Nr. 10 ZPO, § 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.