I.
Die Parteien streiten um die Bemessungsgrundlage für eine anwaltliche Einigungs- und Terminsgebühr.
Der Kläger hat am 24.08.2017 eine Stufenklage zur Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen erhoben.
Nach Anerkenntnis des Auskunftsanspruches kam es am 29.11.2017 zu einer Zahlung der Beklagten in Höhe von 50.000,00 € an den Kläger. Nach zeitweiligem Ruhen des Verfahrens erging am 05.04.2018 ein Teilurteil gegen die Beklagte. Anschließend kam es zu Auseinandersetzungen über die Auskunftserteilung und ein Zwangsgeld, nach deren Beendigung der Kläger mit Schriftsätzen vom 06.02. sowie vom 05.03.2020 die Hauptsache insgesamt für erledigt erklärte. Das Gericht legte hierauf die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO der Beklagten auf und setzte den Streitwert auf € 58.567,35 fest. Die Beklagte legte - nur - gegen die Kostenverteilung in Ziffer 1. dieses Beschlusses sofortige Beschwerde ein, die ohne Erfolg blieb.
Im Zuge des Kostenfestsetzungsverfahrens wandte sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 26.05.2020 gegen das Festsetzungsgesuch des Klägers: Der Gegenstandswert für die Einigungs- und Terminsgebühr müsse die erfolgte Zahlung von € 50.000,00 berücksichtigen; Gegenstand des Vergleichs sei nurmehr der diese Summe übersteigende Restbetrag gewesen. Der Kläger verwies demgegenüber darauf, die Beklagte habe die Festsetzung des Streitwertes in dem Beschluss vom 18.03.2020 nicht angefochten.
Das Landgericht legte sodann in dem angefochtenen Festsetzungsbeschluss den Streitwert von € 58.567,35 zu Grunde. Die Beklagte habe eine Zahlung geleistet, dies jedoch insbesondere zur Verhinderung weiterer Vollstreckungsmaßnahmen des Klägers.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde, zu deren Begründung sie im Wesentlichen anführt, sowohl Termins- wie auch Einigungsgebühr dürften nicht aus dem gerichtlich festgesetzten Gegenstandswert berechnet werden; bereits vor Anfall dieser Gebühren sei der Betrag von € 50.000,00 bezahlt worden; auf die übrige Begründung wird Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde - als solche ist die „Erinnerung“ auszulegen - hat in der Sache Erfolg; die Unterscheidung zwischen der Festsetzung von Gerichtskosten einerseits und der von Rechtsanwaltskosten andererseits wurde nicht hinreichend beachtet.
1. Richtig ist, dass im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich eine Bindung des Rechtspflegers an den gerichtlich bestimmten Streitwert besteht.
Gemäß § 23 Abs. 1 RVG bestimmen sich - im Grundsatz - die anwaltlichen Gebühren nach den Wertvorschriften, die für die Gerichtsgebühren gelten; deshalb ist - wiederum im Grundsatz - eine Festsetzung von Gerichtsgebühren auch für die Bemessung der Gebühren des Anwaltes maßgebend, das heißt der festgesetzte Streitwert gilt auch für diese.
Allerdings gibt es Fälle, in denen der für die Tätigkeit des Rechtsanwaltes maßgebende Wert anders ist als derjenige für die Gerichtsgebühren, beispielsweise wenn eine Klage während des Rechtsstreits teilweise zurückgenommen wird und anschließend noch ein gerichtlicher Termin stattfindet: Die Gerichtsgebühr bestimmt sich immer nach dem höheren Wert und dieser gilt auch für die Verfahrensgebühr des Rechtsanwaltes; der maßgebliche Gegenstandswert für die anwaltliche Terminsgebühr ist in diesem Falle jedoch geringer (vgl. z.B. OLG Frankfurt, Beschl. v. 07.03.2018 - 14 W 89/18; OLG München, Beschl. v. 13.12.2016 - 15 U 2407/16; LG Mainz, Beschl. v. 04.10.2018 - 1 O 264/16 oder KG Berlin, Beschl. v. 02.03.2018 - 26 W 62/17; aus der Senatsrechtsprechung etwa Beschl. v. 18.10.2016 - 11 WF 1225/16; Beschl. v. 10.08.2016 - 11 W 1152/16; aus der Literatur Gerold/Schmidt-Müller-Rabe, RVG, 24. Aufl., § 32 Rn. 7 ff.). Entsprechendes kann auch bei einer (teilweisen) Erledigterklärung wie hier gelten.
2. Verfahrenstechnisch ist das Gericht dabei nicht gehalten, von sich aus neben der Festsetzung des Wertes für die Gerichtskosten auch die - möglicherweise unterschiedlichen - Gegenstandswerte für die Bemessung der Rechtsanwaltsgebühren zu bestimmen. Vielmehr obliegt es der Partei, die sich auf ein Auseinanderfallen von Gerichts- und Anwaltskosten beruft, gegebenenfalls einen Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG zu stellen. In einem solchen Fall, wenn also die Festsetzung des Streitwertes für die Gerichtskosten nicht gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Anwaltsgebühren gilt, hat das Gericht, nämlich der Richter, über deren Höhe zu befinden.
Ein derartiger Fall liegt hier vor - es handelt sich um eine Stufenklage mit späterer Erledigungserklärung durch den Kläger (siehe hierzu aus neuerer Zeit speziell zur Stufenklage z.B. OLG Koblenz, Beschl. v. 12.10.2018 - 2 W 464/18 Tz 9 ff.; anschaulich auch OLG Brandenburg, Beschl. v. 16.03.2013 - 3 WF 1/12 Tz 12 ff.; Schneider/Wolf, RVG, 8. Aufl., § 33 Rn. 4 und Rn. 28).
Vorliegend hat die Beklagte zwar die Vorschrift des § 33 Abs. 1 RVG nicht genannt - das Vorbringen vom 26.05.2020 jedoch ist ohne weiteres als Antrag in diesem Sinne auszulegen: Es wird letztlich dargelegt, der Gegenstandswert für Einigungs- und Terminsgebühr des Klägervertreters müsse aus einem niedrigeren Wert als dem für die Gerichtskosten festgesetzten berechnet werden (siehe zur Annahme eines konkludenten Antrages in diesem Fall etwa BGH, Beschl. v. 27.03.2014 - IX ZB 52/13 Rn. 4 a.E.).
Demnach hätte die Rechtspflegerin den Antrag gemäß § 33 Abs. 1 RVG der zuständigen Richterin zur Entscheidung vorlegen müssen (BGH, Beschl. v. 27.03.2014 - IX ZB 52/13 Tz 4 ff.; OLG Koblenz, Beschl. v. 12.10.2018 - 2 W 464/18 Tz 9; OLG Brandenburg, a.a.O., Tz 14); ob es hierzu einer förmlichen Aussetzung des Verfahrens gemäß § 11 Abs. 4 RVG analog, 148 ZPO bedurfte (was nicht unbedingt zwingend erscheint), bedarf keiner Entscheidung.
Diese richterliche Entscheidung über den konkludent gestellten Antrag nach § 33 Abs. 1 RVG (Schriftsatz 26.05.2020, Bl. 89) ist nachzuholen (das Beschwerdegericht kann eine solche nicht treffen: §§ 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG gilt hier nicht). Anschließend kann die Höhe der Termins- und Einigungsgebühr berechnet werden.