Urteil vom Oberlandesgericht Naumburg (1. Zivilsenat) - 1 U 91/11

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 14.9.2011 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg (9 O 1041/08) wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Streithilfe, diese trägt die Streithelferin.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf die Gebührenstufe bis 80.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Kläger befand sich am 11.11.2006 zur medizinischen Behandlung in einer geschlossenen psychiatrischen Station des Städtischen Klinikums ..., dessen Träger die verbliebene Beklagte zu 1) ist (i.F. nur noch Beklagte). Die Unterbringung erfolgte aufgrund eines Beschlusses des Amtsgericht - Vormundschaftsgerichts - Magdeburg vom 25.10.2006 (220 XIV 1293 [Bl. 19/20 I]). Der Kläger hat hinsichtlich des streitgegenständlichen Vorfalls zunächst auch eine Stationsärztin, einen Krankenpfleger und eine Krankenschwester (ehemalige Beklagte zu 2) - 4) in Anspruch genommen. Mit Teilurteil vom 17.6.2009 hat das Landgericht die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 2) - 4) abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung (Urteil des Senats vom 12.1.2010 - 1 U 77/09 -) und eine Nichtzulassungsbeschwerde (VII ZR 43/10) hatten keinen Erfolg.

2

Der Kläger litt im Zeitpunkt des Vorfalls unter einer schizophrenen Psychose mit wahnhaften Gedanken. Am 11.11.2006 gegen 18.25 Uhr versuchte der Kläger die Station unerlaubt zu verlassen, was unterbunden wurde. Da sich sein psychopathologischer Zustand verschlechtert hatte (Äußerung von starken psychotischen Angstgefühlen), bereitete die ehemalige Beklagte zu 2) die Injektion eines neuroleptischen Medikamentes vor. Unter für den vorliegenden Rechtsstreit nicht mehr relevanten Umständen entfernte sich der Kläger gegen 18.45 Uhr unter dem Vorwand, die Toilette aufsuchen zu wollen. Tatsächlich ging er aber in sein Patientenzimmer, öffnete unter Beschädigung des Fensterrahmens gewaltsam ein Fenster und kletterte auf den Fenstersims. Der ehemalige Beklagte zu 3) versuchte den Kläger verbal zur Rückkehr in das Zimmer zu bewegen, was ohne Erfolg blieb. Der Kläger sprang unvermittelt aus dem 4. Stock in die Tiefe. Dies erfolgte nach den (für den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindenden) Feststellungen des Landgerichts (LGU S. 2) in suizidaler Absicht. Der Kläger erlitt dabei ein Polytrauma mit Frakturen an allen Extremitäten und an drei Lendenwirbelkörpern sowie ein traumatisches Hirnödem bei diffuser Hirnkontusion (zum Verletzungsbild auch Schriftsatz vom 11.10.2008, S. 4/5 [Bl. 125/126 I]). Für den Kläger wurde vom Amtsgericht Magdeburg seine Mutter als Betreuerin bestellt.

3

In der Klageschrift (Bl. 5 I) hat der Kläger zu einer Haftung der Beklagten zu 1) vorgetragen, dass diese dafür habe Sorge tragen müssen, dass das Fenster so ausgestattet gewesen sei, dass es von ihm nicht habe geöffnet werden können. Bei der Betreuung von Patienten, die unter einer schizophrenen Psychose mit wahnhaften Gedanken litten, sei es absolut erforderlich, dass die Fenster nicht von innen geöffnet werden könnten.

4

Die Beklagte zu 1) ist dem entgegengetreten (Bl. 70 I). Alle Fenster verfügten über ein Sicherungsschloss, durch das ein vollständiges Öffnen verhindert werde. Der Kläger habe das Fenster auch nicht geöffnet, sondern den Fensterflügel unter erheblicher Gewalteinwirkung herausgerissen, sodass der Holzrahmen teilweise zersplittert sei, das Fensterschloss sei verbogen gewesen, auch andere Teile seien deformiert worden. Die Fenster seien zudem am 10.11.2006 gewartet worden und hätten sich in einem ordnungsgemäßen Zustand befunden (unter Hinweis auf einen Bau-Tagesbericht [Bl. 115 I]). Einen absoluten Schutz könne es nicht geben, wenn auf das Fenster mit einer derart starken Gewalt eingewirkt werde, wie dies durch den Kläger erfolgt sei. Soweit der Kläger behaupte, dass nach dem Vorfall weitere Sicherungseinrichtungen angebracht worden seien, treffe dies im Grundsatz zwar zu, es handele sich aber nur um zusätzliche Maßnahmen, die die Sicherheit weiter erhöhen sollen. Ein ordnungsgemäßer Standard sei bereits zuvor eingehalten worden (Bl. 175 I).

5

Das Landgericht hat mit Datum vom 17.6.2009 (Bl. 200 I) einen Beweisbeschluss erlassen zur technischen Begutachtung des Fensters und hat auf Vorschlag der Industrie- und Handelskammer (Bl. 206 I) einen Sachverständigen bestimmt (Bl. 214 I). Der Sachverständige hat einen Ortstermin durchgeführt, in dessen Folge die Beklagte ihn wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt hat. Diesen Antrag hat das Landgericht mit Beschluss vom 26.4.2010 für begründet erklärt (Bl. 39/40 IV). Mit weiterem Beschluss vom 14.9.2010 (Bl. 98 IV) hat das Landgericht die Parteien darauf hingewiesen, dass es zunächst keinen Raum für die Einholung eines technischen Gutachtens sehe, sondern eine psychiatrische Stellungnahme einholen werde. Das Landgericht hat einen dahingehenden Beweisbeschluss erlassen (Bl. 111 IV) und auf Vorschlag der Ärztekammer Sachsen-Anhalt (Bl. 114 IV) einen Psychiater zum Sachverständigen bestimmt (Bl. 120 IV).

6

Der Sachverständige Dr. H. hat mit Datum vom 26.1.2011 das Gutachten schriftlich erstattet (Bl. 135 ff. IV) und dies mit Datum vom 10.5.2011 schriftlich ergänzt (Bl. 214 ff. IV). Darauf wird Bezug genommen.

7

Im Verlauf des Verfahrens hat die Beklagte vorgetragen, dass sich der Kläger nicht auf der Grundlage eines Behandlungsvertrages in der Klinik befunden habe, sondern er sei auf der Basis des Gesetzes über Hilfen für psychisch Kranke und Schutzmaßnahmen des Landes Sachsen-Anhalt (PsychKG-LSA) zwangsweise dort eingewiesen worden. Da das Land nach § 12 Abs. 1 PsychKG-LSA (Text Bl. 55 IV) für den Vollzug der Unterbringung zuständig sei, komme allenfalls eine Haftung des Landes in Betracht. Der Kläger behauptet demgegenüber das Bestehen eines Behandlungsvertrages (unter Hinweis auf einen Behandlungsvertrag vom 4.9.2006 [Bl. 85 IV]). Sowohl der Kläger (Bl. 91 IV) als auch die Beklagte (Bl. 123 IV) haben in der Folge dem Land Sachsen-Anhalt den Streit verkündet. Das Land ist dem Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 9.3.2011 (Bl. 173 IV) auf Seiten des Klägers beigetreten.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten und der in erster Instanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil.

9

Das Landgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Da sich der Kläger zwangsweise in der Klinik der Beklagten aufgehalten habe, komme eine privatrechtliche Haftung nicht in Betracht. Die Beklagte könnte nur nach den Grundsätzen einer Amtspflichtverletzung haften (unter Hinweis auf BU S. 6 [Bl. 62 II]). Eine Amtspflichtverletzung könne aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht angenommen werden. In einer geschlossenen psychiatrischen Station müsse ein Fenster so beschaffen sein, dass es im geschlossen Zustand durch einen hochgradig erregten, besonders kräftigen oder einen planvoll vorgehenden Patienten nicht innerhalb sehr kurzer Zeit überwunden werden könne. Dies setze voraus, dass das Fenster wirklich verschlossen und ohne Schlüssel nicht zu öffnen sei und auch nicht angekippt werden könne. Das streitgegenständliche Fenster habe dem zwar nicht entsprochen, weil es angekippt gewesen sei. Der Sachverständige stelle aber fest, dass die Anforderungen an ein Fenster, das sich öffnen lasse, sich nicht mit einem geschlossenen Fenster vergleichen lasse. Denn bei einem zu öffnenden Fenster bestehe immer die Möglichkeit, dass es mit Gewalt aufgebrochen werde. Es sei dann Sache des Personals die Gefahr rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Vorschriften, die den Sicherheitsstandard von Fenstern in psychiatrischen Kliniken regelten, gebe es nicht. Weitere Maßnahmen hätten durch die ehemaligen Beklagten zu 2) - 4) nicht getroffen werden müssen.

10

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Berufung: Es gehöre zu den Mindestanforderungen, dass ein Fenster nicht so geöffnet werden könne, dass ein Patient hinaussteigen oder herausspringen könne. Es müssten in einer Nervenklinik die Fenster so gestaltet sein, dass auch gefährdete Patienten vor einem Hinausstürzen selbst nach Einschlagen der Scheiben geschützt seien. Auch im Übrigen müssten die Fenster so gesichert sein, dass der Patient sie nicht ohne Werkzeug öffnen könne. Da die Beklagte selbst vortrage, dass das Fenster geschlossen gewesen sei, verkenne das Landgericht, dass dann nach dem Gutachten strengere Maßstäbe anzulegen seien. Das Landgericht hätte im Hinblick darauf, dass der zunächst bestellte technische Sachverständige S. anlässlich der Ortsbegehung mehrfach ungenügende Sicherungen der Fensteranlagen bemängelt habe, dem nachgehen müssen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts bestehe auch eine vertragliche Haftung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 9.11.2011 (Bl. 63 ff. V).

11

Wegen der in der Berufungsinstanz gestellten Anträge wird Bezug genommen auf Seite 1 der Berufungsbegründung vom 9.11.2011 (Bl. 63 V).

12

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

13

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und wiederholt und vertieft ihren Vortrag aus erster Instanz. Das Landgericht habe sich nicht mit ihrem Vortrag auseinandergesetzt, dass nicht sie, sondern allenfalls das Land Sachsen-Anhalt passivlegitimiert sei. Zum Bauzustand des Fensters trägt die Beklagte ergänzend vor: Die Fenster seien durch einen Sicherheitsknauf geschützt gewesen, der verhindert habe, dass das Fenster ganz habe geöffnet werden können. Es habe lediglich die Möglichkeit bestanden, die Fenster im oberen Bereich anzukippen. Eine Verpflichtung sicherzustellen, dass auch das gewaltsame Öffnen vollkommen ausgeschlossen sei, bestehe auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen nicht. Die Fenster hätten auch im Übrigen keine baulichen Mängel aufgewiesen (unter Hinweis auf die Überprüfung am Vortrag des Vorfalls). Ob der Sachverständige S. Mängel gerügt habe, könne dahinstehen, weil diese jedenfalls nicht kausal für den Vorfall geworden seien. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Berufungserwiderung vom 29.2.2012 (Bl. 104 ff. V).

14

Der Senat hat den Parteien einen schriftlichen rechtlichen Hinweis erteilt, in dem es u.a. heißt (Bl. 159 V):

15

Die Klägerin macht vielmehr geltend, dass ein Fenster dieses Typs, auf einer geschlossenen psychiatrischen Station keine Verwendung finden dürfe, weil es nicht dem dort zu fordernden Sicherheitsstandard entspreche, was wiederum die Beklagte zu 1) anders beurteilt.

16

Zu diesem Hinweis hat der Kläger keine Stellung genommen und im Senatstermin klargestellt, dass es um die Geeignetheit des verwendeten Fenstertyps und nicht um die Beschaffenheit des konkreten Fensters gehe.

II.

17

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Zwar wäre die Beklagte für einen Anspruch aus § 839 BGB (als einziger in Betracht kommender Anspruchsgrundlage) passivlegitimiert (1). In der Sache kann aber keine Amtspflichtverletzung festgestellt werden (2):

18

(1) Die Beklagte ist passivlegitimiert. Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass im Hinblick auf § 12 Abs. 1 PsychKG-LSA allein die Streithelferin für den Vollzug der Unterbringung zuständig wäre, kann dem nicht gefolgt werden, weil das Land gemäß § 7 Abs. 1 PsychKG-LSA den Vollzug gerichtlicher Entscheidungen (vorliegend den Beschluss des AG - Vormundschaftsgericht - Magdeburg vom 25.10.2006 [Bl. 18/19 I]) auf die Landkreise und kreisfreien Städte übertragen hat (als Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises i.S.v. § 5 Abs. 1 S. 2 LKO-LSA). Begeht ein kommunaler Amtsträger in der Auftragsverwaltung eine Amtspflichtverletzung gegenüber einem Bürger, so haftet (§ 839 BGB/Art. 34 GG) grundsätzlich die Kommune selbst (BGH Urteil vom 15.1.1981 - III ZR 18/80 - [z.B. VersR 1981, 353]; hier: zitiert nach juris; s.a. Vietmeier, Die Rechtsstellung der Kommunen im übertragenen Wirkungskreis, DVBl. 1993, 190, 196), vorliegend also die Beklagte (anderer Ansicht offenbar: OLG München Urteil vom 29.3.2012 - 1 U 4444/11 -, hier: zitiert nach juris).

19

(2) Eine Amtspflichtverletzung von Seiten der Beklagten kann im Ergebnis nicht festgestellt werden. Wie unter I. ausgeführt geht es nur noch um die Beurteilung des verwendeten Fenstertyps und nicht mehr um den Zustand des konkreten Fensters. Auszugehen ist von der Grundfeststellung des Sachverständigen Dr. H. (SV S. 20), dass es verbindliche Sicherheitsstandards für Fenster in geschlossenen psychiatrischen Kliniken nicht gibt (wohl auch nicht geben kann, weil der Sicherheitsaspekt mit hygienischen Gesichtpunkten [lüften], mit der Wahrnehmung durch den Patienten und den Möglichkeiten der Beaufsichtigung durch das Personal in einem sich wechselseitig bedingenden Abhängigkeitsverhältnis steht). Vor diesem Hintergrund vermag sich der Senat der von der Berufung zur Untermauerung ihres Rechtsstandspunktes herangezogenen Entscheidung des Hanseatischen OLG Hamburg (Urteil vom 14.2.2003 - 1 U 186/00 - [OLGR 2003, 267]; hier: zitiert nach juris) nicht anzuschließen. Diese Entscheidung (insbesondere Rn. 37/37 in der Zitierung nach juris) läuft letztlich auf die Feststellung hinaus, dass eine Pflichtwidrigkeit allein daraus herzuleiten ist, dass ein Durchbruch durch das Fenster rein tatsächlich gelingt. Dieser Ansatz wird aber dem Gesichtspunkt nicht gerecht, dass bei einem suizidgefährdeten Patienten nicht allein mit dem Springen aus dem Fenster gerechnet werden muss, sondern auch andere Verhaltensweisen berücksichtigt werden müssen. Würde man eine undurchdringliche Verglasung wählen, könnte sich der Patient bei einem Durchbruchsversuch auch schwerwiegende (Kopf-)Verletzungen zuziehen. Fenster stellen also in jedem Fall einen gewissen Schwachpunkt im Sicherheitskonzept für geschlossene psychiatrische Abteilungen dar. Der erfolgreiche Durchbruch an sich kann mithin den Bezugspunkt für die Beurteilung der Pflichtwidrigkeit nicht darstellen, sondern hinsichtlich der vorgenannten Gesichtspunkte muss eine Kompromisslösung gefunden werden. Alle Fenster in der Abteilung verfügen über ein Sicherungsschloss, durch das ein vollständiges Öffnen verhindert wird. Der Kläger hat das Fenster nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten auch nicht geöffnet, sondern den Fensterflügel unter erheblicher Gewalteinwirkung herausgerissen, sodass der Holzrahmen teilweise zersplitterte, das Fensterschloss sich verbog und auch andere Teile deformiert wurden. Unabhängig davon, dass es selbst dann, wenn sich das Fenster ganz hätte öffnen lassen, an der Kausalität mit dem eingetretenen Schaden fehlen würde, wenn der Kläger es tatsächlich nicht mit der dafür vorgesehenen Vorrichtung geöffnet hätte, war das Fenster so gesichert, dass es nur im oberen Teil anzuklappen war. Ausgehend von der Überlegung, dass es eine vollständige Sicherheit vor einer Eigengefährdung eines Patienten auch in einer geschlossenen psychiatrischen Abteilung nicht gibt, waren weitere bauliche Sicherungsmaßnahmen bezogen auf den Zeitpunkt des Vorfalls nicht zu ergreifen, wenn der Durchbruch nur unter Anwendung erheblicher körperlicher Gewalteinwirkung möglich war (im Ergebnis ebenso: OLG Zweibrücken Urteil vom 22.12.2009 - 5 U 5/07 - [z.B. NJW-RR 2010, 1246]; hier: zitiert nach juris). Soweit sich die Mutter (die Betreuerin) bei ihrer Anhörung durch den Senat erneut kritisch zum Verhalten des am Vorfallstag Dienst tuenden Personals auf der Abteilung geäußert hat, muss dies im Hinblick auf das rechtskräftige Teilurteil des Landgerichts Magdeburg (9 O 1041/08) für das vorliegende Verfahren auf sich beruhen. Der Senat verkennt nicht die schwerwiegenden Folgen, die der Sturz für den Kläger (und seine Familie) gehabt hat, da aber leider eine völlige Sicherheit nicht erreicht werden kann, kann eine Amtspflichtverletzung der Beklagten im konkreten Fall nicht festgestellt werden. Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 101 ZPO.

21

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

22

Die Revision ist zuzulassen, weil einerseits vom Grundansatz der Entscheidung des Hanseatischen OLG Hamburg (a.a.O.) abgewichen wird und es einer grundsätzlichen Klärung der Frage bedarf, ob von (und wenn ja von welchen) abstrakt zu formulierenden Sicherheitsstandards für Fenster in geschlossenen psychiatrischen Abteilungen auszugehen ist, oder ob es jeweils auf die Einzelfallbetrachtung ankommt.


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