Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (10. Zivilsenat) - 10 W 35/13 (Abl), 10 W 35/13

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle vom 19. April 2013 – 4 O 24/13 – abgeändert.

Das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 15. April 2013 gegen Richter am Landgericht I. wird für begründet erklärt.

Gründe

I.

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Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Anspruch. Der Einzelrichter der 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle hatte durch Verfügung vom 29.01.2013 das schriftliche Vorverfahren angeordnet und eine Frist zur Klageerwiderung von zwei Wochen gesetzt. Mit Schriftsatz vom 27.02.2013 haben die Prozessbevollmächtigten der Beklagten beantragt, die Frist zur Klageerwiderung um drei Wochen zu verlängern und zur Begründung ausgeführt, sie seien erst kürzlich mandatiert worden; nach Eingang der Schadensunterlagen und deren Aufarbeitung seien noch Rücksprachen und Recherchen notwendig, welche bislang nicht vorgenommen werden konnten. Diesen Fristverlängerungsantrag hat der Einzelrichter durch Verfügung vom 28.02.2013 mit der Begründung abgelehnt, erhebliche Gründe für eine Fristverlängerung seien nicht vorgebracht worden. Nach der Begründung habe wegen der späten Mandatierung eine Stellungnahme nicht erarbeitet werden können. Bereits mit der Klagezustellung sei die Beklagte jedoch darauf hingewiesen worden, dass ein Rechtsanwalt angemessene Zeit für die Bearbeitung der Sache benötige. Wenn sie dessen Beauftragung verzögert habe, bestehe kein erheblicher Grund für eine Fristverlängerung.

2

Die Beklagte hat daraufhin gegen den Einzelrichter der 4. Zivilkammer am 05.03.2013 ein Ablehnungsgesuch angebracht, welches sie darauf gestützt hatte, die Begründung für die Ablehnung ihres erstmaligen Fristverlängerungsgesuchs sei nicht vertretbar. Der Fristverlängerungsantrag sei nicht auf eine späte Mandatierung gestützt worden, sondern auf die Notwendigkeit weiterer Recherchen, was schon daran deutlich werde, dass die Frist zur Verteidigungsanzeige eingehalten worden sei. Schon deswegen, aber auch weil ihr nicht die Gelegenheit zur Substantiierung der Gründe für den Fristverlängerungsantrag gegeben worden sei, sei zu befürchten, dass ihr der Richter nicht mit der gebotenen Neutralität begegnen werde.

3

Durch Verfügung vom 06.03.2013 hat der abgelehnte Richter Termin zur mündlichen Verhandlung für den 18.04.2013 anberaumt.

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Durch Beschluss vom 21.03.2013 hat der abgelehnte Einzelrichter das Ablehnungs-gesuch der Beklagten als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat er ausgeführt, das Ablehnungsgesuch erfolge ohne eine im Ansatz tragende Begründung und belege damit allein den prozesstaktischen Zweck, durch die erwartbare Dauer der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch die Wirkungen der Fristversäumnis zu vermeiden und den angesetzten Verhandlungstermin zu verhindern. Über solche unzulässigen, manipulativen Ablehnungsanträge entscheide der Einzelrichter selbst. Ein Ablehnungsgrund liege nicht vor. Die Verfahrensleitung durch einen Richter könne allenfalls dann einen Grund für eine Ablehnung sein, wenn das prozessuale Vorgehen des Richters so grob fehlerhaft sei, dass sich der Anschein der Voreingenommenheit geradezu aufdrängen müsse. Solche Umstände seien nicht ansatzweise ersichtlich. Es erschließe sich bereits nicht, weshalb eine einzelne abschlägige Entscheidung über einen Fristverlängerungsantrag auf Willkür oder eine sachwidrige Voreingenommenheit des Richters hindeuten solle. § 224 Abs. 2 ZPO fordere für eine Fristverlängerung erhebliche Gründe. Der Richter habe die mitgeteilten Gründe nicht für erheblich gehalten. Die Begründung für das Ablehnungsgesuch befasse sich allein mit dem vermeintlichen Verfahrensfehler, ohne darzustellen, weshalb einer der Ausnahmefälle vorliege, in denen die Ablehnung gerechtfertigt sei.

5

Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte sofortige Beschwerde eingelegt und den Richter zugleich erneut wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses zweite Ablehnungsgesuch stützt sie darauf, der Richter habe zu Unrecht selbst über das Ablehnungsgesuch entschieden, denn dieses sei jedenfalls nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt. Das Ablehnungsgesuch sei aber auch in der Sache begründet gewesen, da eine Zurückweisung des Fristverlängerungsgesuchs nicht zutreffend zu begründen gewesen sei. Die vom Gericht genannten Gründe seien „erfunden“, die angegebenen Gründe seien nicht beschieden worden. Es sei nicht dargelegt worden, dass die Klageerwiderung wegen einer späten Mandatierung nicht habe rechtzeitig erfolgen können; vielmehr handele es sich dabei nur um den Einleitungssatz des Schreibens vom 27.02.2013. Die Beklagte werde in ihrer Besorgnis durch die Begründung des Beschlusses vom 21.03.2013 bestärkt. Der Richter unterstelle ihr die Absicht, den Verhandlungstermin zu verhindern, was schon deshalb nicht zutreffend sein könne, weil jener erst am 06.03.2013 anberaumt worden sei. Er unterstelle ihr eine Verschleppungsabsicht, obwohl zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch die Klageerwiderung bereits vorgelegen habe.

6

Das weitere Ablehnungsgesuch gegen den Einzelrichter vom 15.04.2013 hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Halle ohne dessen Mitwirkung durch Beschluss vom 19.04.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung führt die Kammer aus, Anhaltspunkte für die willkürliche Anwendung von Verfahrensrecht vermöge sie nicht zu erkennen; ob das Verfahrensrecht inhaltlich zutreffend angewendet worden sei, sei nach der Funktion des Ablehnungsverfahrens in einem solchen Verfahren nicht zu prüfen. Soweit der abgelehnte Richter darauf abgestellt habe, dass eine späte Mandatierung angesichts der hierzu erteilten Hinweise gegen einen erheblichen Grund für eine Fristverlängerung spreche, handele es sich um eine nach § 224 Abs. 2 ZPO ersichtlich sachgerechte Erwägung. Es liege eher fern, die Begründung für das Fristverlängerungsgesuch vom 27.02.2013 anders zu verstehen als der abgelehnte Richter es getan habe. Erst recht sei dessen Verständnis nicht abwegig. Die Besorgnis der Befangenheit des Richters sei aber auch nicht dadurch begründet, dass jener über das Ablehnungsgesuch selbst entschieden habe. Auch die Überschreitung der Schranken für eine Selbstentscheidung könne die Besorgnis der Befangenheit nur begründen, wenn diese willkürlich war. Die Bewertung des abgelehnten Richters, das Ablehnungsgesuch sei der Versuch der Erzwingung der Fristverlängerung, sei alles andere als fernliegend. Für eine solche Instrumentalisierung spreche, dass die Beklagte das Ablehnungsgesuch allein auf die abschlägige Entscheidung über das Fristverlängerungsgesuch gestützt habe und die Begründung auf eine nachträgliche Begründung des letzteren, nicht aber auf ein Ablehnungsgesuch passe. Zudem sei aus den Zitaten aus Literatur und Rechtsprechung, welche der Richter dem Beschluss vom 21.03.2013 zugrunde gelegt habe, deutlich, dass der abgelehnte Richter sich den aufgeworfenen Fragen sorgfältig, gewissenhaft und vorurteilsfrei stelle.

7

Gegen diesen Beschluss, welcher ihren Prozessbevollmächtigten am 26.04.2013 zugestellt worden ist, hat die Beklagte durch Schriftsatz vom 07.05.2013, eingegangen bei dem Landgericht Halle am selben Tag (Bl. 130 d.A.), wiederum sofortige Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung sie erneut darauf abstellt, die Besorgnis der Befangenheit sei gegenüber dem abgelehnten Richter jedenfalls dadurch begründet, dass er über das Ablehnungsgesuch selbst entschieden habe.

II.

8

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gem. §§ 567 Abs.1 Nr. 1, 46 Abs. 2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

9

Jedenfalls der Umstand, dass der abgelehnte Richter in grober Verkennung seiner Entscheidungskompetenz über das Ablehnungsgesuch der Beklagten vom 05.03.2013 durch Beschluss vom 21.03.2013 selbst entschieden hat, begründet die Besorgnis seiner Befangenheit, § 42 Abs. 2 ZPO.

10

Gemäß § 45 Abs. 1 ZPO entscheidet über ein Ablehnungsgesuch gegen einen Richter das Gericht, dem der Abgelehnte angehört, ohne dessen Mitwirkung. Gleichwohl ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, dass ein Ablehnungsgesuch unter Mitwirkung des Abgelehnten als unzulässig verworfen werden darf, wenn es sich als rechtsmissbräuchlich darstellt, weil es offensichtlich nur dazu dienen soll, das Verfahren zu verschleppen, oder weil mit der Ablehnung ausschließlich verfahrensfremde, von Sinn und Zweck des Ablehnungsrechts offensichtlich nicht erfasste Ziele verfolgt werden. Das Gleiche gilt bei einem nicht ernsthaft gemeinten oder unter einem Vorwand bzw. allein aus prozesstaktischen Erwägungen gestellten Ablehnungsgesuch und bei Gesuchen, die grobe Beleidigungen und Beschimpfungen der abgelehnten Richter enthalten (Senat, Beschl. v. 14.02.2006, 10 W 2/06, veröffentlicht: OLGR Naumburg, 2007, 157, hier zitiert nach juris; OLG Frankfurt, Beschl. v. 08.02.2012, 1 W 5/11, veröffentlicht: NJW-RR 2012, 1271, hier zitiert nach juris; Zöller-Vollkommer, Rn. 4 zu § 46 ZPO m.w.N.; MüKo-Gehrlein, Rn. 2 zu § 45 ZPO).

11

Die Entscheidung über die Zulässigkeit einer Selbstentscheidung unter Mitwirkung des Abgelehnten muss sich verfassungsrechtlich aber an dem Maßstab aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG messen lassen. Die Verfahrensgarantie des gesetzlichen Richters bezweckt einerseits die Abwehr einer etwaigen sachwidrigen Einflussnahme auf die recht-sprechende Tätigkeit von außen, enthält andererseits aber auch einen materiellen Gewährleistungsgehalt dahin, dass der Rechtssuchende im Einzelfall vor einem Richter steht, der unabhängig und unparteilich ist und die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet. Durch die Zuständigkeitsregelung in § 45 ZPO wird dem Umstand Rechnung getragen, dass es nach der Natur der Sache an der völligen inneren Unbefangenheit und Unparteilichkeit des Richters fehlen wird, wenn er über die vorgetragenen Gründe für seine angebliche Befangenheit selbst entscheiden müsste. Die Rechtsprechung der Zivilgerichte trägt dem Gewährleistungsgehalt von Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG Rechnung, indem ein Richter, dessen Unparteilichkeit mit jedenfalls nicht von vornherein untauglicher Begründung in Zweifel gezogen worden ist, nicht an der Entscheidung über das gegen ihn selbst gerichtete Ablehnungsgesuch mitwirken soll, während andererseits aus Gründen der Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens der abgelehnte Richter in den klaren Fällen eines unzulässigen oder missbräuchlich angebrachten Ablehnungsgesuchs an der weiteren Mitwirkung nicht gehindert und ein aufwendiges und zeitraubendes Ablehnungsverfahren verhindert werden soll. Eine sog. Selbstentscheidung setzt deshalb voraus, dass es sich um eine echte Formalentscheidung handelt, bei der jedes inhaltliche Eingehen auf den Verfahrens-gegenstand entbehrlich ist (BVerfG, Beschl. v. 20.07.2007, 1 BvR 3084/06, veröffentlicht u.a.: NJW-RR 2008, 72, hier zitiert nach juris). Demgegenüber liegen die Voraussetzungen für eine Selbstentscheidung bei einem „offensichtlich unbegründeten“ Ablehnungsgesuch nie vor, weil eine Entscheidung unter Mitwirkung des Abgelehnten nie eine sachliche Bewertung des eigenen Verhaltens enthalten darf (Prütting/Gehrlein-Mannebeck, Rn. 1 zu § 45 ZPO).

12

Nach diesem Maßstab lagen die Voraussetzungen für eine Selbstentscheidung durch den abgelehnten Richter nicht vor. Die Annahme, das Ablehnungsgesuch sei rechtsmissbräuchlich, weil es dazu habe dienen sollen, das Verfahren zu verschleppen oder den bereits anberaumten Verhandlungstermin zu verhindern, hält der Senat schon nicht für naheliegend, keinesfalls aber eine solche Intention der Beklagten für offensichtlich. Hinsichtlich einer etwaigen Verhinderung des für den 18.04.2013 anberaumten Verhandlungstermins weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass dieser erst durch Verfügung vom 06.03.2013 anberaumt worden war, mithin der Beklagten zum Zeitpunkt ihres Ablehnungsgesuchs vom 05.03.2013 gar nicht bekannt gewesen sein konnte. Eine allgemeine Verschleppungsabsicht kommt ebenfalls nicht in Betracht, denn die Klageerwiderung ist bereits am 20.03.2013 bei dem Landgericht eingegangen, mithin so rechtzeitig, dass eine Verlegung des auf den 18.04.2013 anberaumten Verhandlungstermins nicht notwendig gewesen wäre und eine Verzögerung des Rechtsstreits nicht eingetreten wäre. Es spricht aber auch nichts dafür, dass das Ablehnungsgesuch maßgeblich aus der Intention heraus erfolgt sein könnte, eine Verspätungspräklusion gem. § 296 Abs. 1 ZPO als Folge der nicht gewährten Verlängerung der Klageerwiderungsfrist zu vermeiden. Eine Verspätungspräklusion drohte aus Sicht der Beklagten schon nicht ernstlich, denn die Verweigerung der erstmalig beantragten Fristverlängerung durch den Einzelrichter trotz Angabe eines üblicherweise als erheblich eingestuften Grundes für eine Fristverlängerung, hier: die Notwendigkeit weiterer Recherchen und einer Rücksprache, deren Notwendigkeit sich erst aus den Schadensunterlagen ergab (vgl. etwa: Zöller-Heßler, Rn. 19 zu § 520 ZPO), verstieß nach gefestigter verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung (vgl. BVerfG, Beschluss v. 20.09.2000, 1 BvR 464/00, veröffentlicht: NJW 2001, 812, hier zitiert nach juris) gegen das Gebot eines fairen Verfahrens, so dass die Beklagte darauf vertrauen durfte, dass hierauf keine Verspätungspräklusion hätte gestützt werden dürfen. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass die Beklagte ihren Fristverlängerungsantrag mit dem Hinweis darauf eingeleitet hatte, ihre Prozessbevollmächtigten seien bekanntlich erst kürzlich mandatiert worden, denn wie sich aus der Verteidigungsanzeige vom 12.02.2013 ergab, waren sie jedenfalls zu diesem Zeitpunkt bereits beauftragt. Dass eine noch frühere Beauftragung innerhalb der Frist zur Verteidigungsanzeige gem. § 276 ZPO überhaupt geeignet gewesen wäre, das Verlängerungsgesuch zu vermeiden, ist eine durch Tatsachen nicht untersetzte Vermutung des abgelehnten Richters. Aber auch vom insoweit abweichenden Rechtsstandpunkt des Landgerichts hätte der Beklagten nicht die Intention unterstellt werden dürfen, mit ihrem Ablehnungsgesuch die Folgen der Verspätungspräklusion zu umgehen, denn hierzu wäre das Ablehnungsverfahren ein ersichtlich unzuverlässiges Instrument gewesen, da das Ablehnungsgesuch selbst im Erfolgsfall nichts daran ändert, dass der Fristverlängerungsantrag durch eine gem. § 225 Abs. 3 ZPO nicht anfechtbare richterliche Entscheidung zurückgewiesen war und die materielle Klageerwiderung deshalb erst außerhalb der hierzu gesetzten Frist bei Gericht einging. Aus dem Umstand, dass die Beklagte in ihrem Ablehnungsgesuch dargestellt hat, weshalb die Entscheidung über das Fristverlängerungsgesuch aus ihrer Sicht rechtsfehlerhaft erfolgt war, lässt sich schon aus diesem Grund nicht auf die Absicht schließen, das Ablehnungsverfahren zur nachträglichen Durchsetzung des Fristverlängerungsantrags zu instrumentalisieren. Diese Darstellung war aber auch erforderlich, weil die Beklagte deutlich zu machen suchte, weshalb die Entscheidung des Einzelrichters über den Fristverlängerungsantrag soweit von dem Erwartbaren und der ihr bekannten Praxis anderer Gerichte abwich, dass sie hierüber nicht nur überrascht war, sondern auch ihr Vertrauen in die Unparteilichkeit und die Unvoreingenommenheit des Richters erschüttert worden ist. Hierbei handelt es sich aber um ein nicht von vornherein zur Begründung eines Ablehnungsgesuchs untauglichen Begründungsansatz, so dass bei der Entscheidung über dieses Gesuch auch nicht lediglich eine reine Formalprüfung erforderlich war, sondern eine Auseinandersetzung mit den Ablehnungsgründen. Dementsprechend haben sich auch sowohl der abgelehnte Richter in seinem Beschluss vom 21.03.2013 als auch die Kammer in dem angefochtenen Beschluss vom 19.04.2013 mit dem vorgebrachten Ablehnungsgrund, der Behandlung des Fristverlängerungsantrags, ausführlich inhaltlich auseinander gesetzt.

13

Der Umstand, dass der abgelehnte Richter ohne Vorliegen der engen Voraussetzungen für eine Befugnis zur Selbstentscheidung entgegen § 45 Abs. 2 ZPO selbst über das Ablehnungsgesuch entschieden hat, ist geeignet, die Besorgnis seiner Befangenheit zu begründen (BVerfG, Beschl. v. 20.07.2007, 1 BvR 3084/06, a.a.O.). Dies ist entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht erst dann der Fall, wenn die Überschreitung der Grenzen für eine zulässige Selbstentscheidung willkürlich erfolgt ist. Vielmehr ist schon der Umstand, dass der abgelehnte Richter überhaupt in grober Verkennung der Grenzen für eine Selbstentscheidung über das Ablehnungsgesuch befunden hat, geeignet, Misstrauen in seine Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit zu begründen, denn hierin liegt zugleich ein schwerer Verstoß gegen die Verfahrensgarantie aus Art. 101 Abs. 2 GG. Diese Besorgnis wird auch nicht dadurch ausgeräumt, dass der abgelehnte Richter sich in den Gründen seines Beschlusses vom 21.03.2013 zu seiner Befugnis zur Selbstentscheidung auf Literatur- und Rechtsprechungszitate gestützt hat, denn die angegebenen Zitatstellen tragen seine Auffassung gerade nicht. Die zitierte Entscheidung des BAG (Beschluss vom 07.02.2012, 8 AZA 20/11, veröffentlicht u.a.: NZA 2012, 526, hier zitiert nach juris) betrifft einen Fall, in dem das Ablehnungsgesuch schon deshalb rechtsmissbräuchlich war, weil alle Berufsrichter eines Senats des BAG abgelehnt worden sind und der einzige zum Ablehnungsgrund formulierte Begründungssatz schon sprachlich nicht verständlich war. Eine inhaltliche Befassung der abgelehnten Richter mit dem Ablehnungsgesuch war deshalb nicht erforderlich. An der zitierten Kommentarstelle bei Zöller-Vollkommer, Rn. 4 zu § 45 ZPO, werden lediglich die oben bereits genannten Fallgruppen, bei denen eine Selbstentscheidung zulässig ist, zusammengestellt; aus den vorstehend genannten Gründen liegt jedoch keiner der dort genannten Gründe vor.

14

Eine Kostenentscheidung sowie eine Festsetzung des Gegenstandswertes sind nicht veranlasst, da bei einer erfolgreichen sofortigen Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs keine Kostenerstattung stattfindet, sondern die Kosten solche des Rechtsstreits sind (OLG Frankfurt, Beschluss v. 28.05.2007, 1 W 23/07, veröffentlicht u.a.: MDR 2007, 1399, hier zitiert nach juris).


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