Beschluss vom Oberlandesgericht Naumburg (2. Zivilsenat) - 2 W 55/13

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des Landgerichts Magdeburg vom 7. Juni 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Anträge verworfen werden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf eine Gebührenstufe bis ... € festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Antragstellerin begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung in Gestalt einer Leistungsverfügung, mit der die Antragsgegnerin vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet wird, einen Abschlag auf die Einspeisevergütung in angemessener Höhe für den in den Monaten April und Mai 2013 im Solarpark „N.“ erzeugten und in ihr Netz eingespeisten Strom (Größenordnung ... €) zu zahlen sowie einen monatlichen Abschlag für die Folgemonate. Zudem soll der Antragsgegnerin aufgegeben werden, unverzüglich ein Angebot für einen Einspeisevertrag zu unterbreiten.

2

Hierzu hat die Antragstellerin behauptet, dass sie die Anlagen im Solarpark am 30.10.2012 in Betrieb genommen habe und eine Einspeisung von Strom in das Netz der Beklagten seit dem 04.04.2013 erfolge. Eine Einigung über die Höhe der Einspeisevergütung sei trotz intensiver Verhandlungen nicht erzielt worden. Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, dass sich der Verfügungsgrund bereits aus § 59 EEG 2009 ergebe. Sie hat vorgetragen, dass hier eine besondere Eilbedürftigkeit daraus resultiere, dass sie zur Finanzierung der getätigten Investitionen Kredite habe aufnehmen müssen, zu deren Tilgung sie Ratenzahlungsverpflichtungen übernommen habe. Inzwischen habe sie wegen des Ertragsausfalls bereits ca. 60.000 € aus Eigenmitteln aufbringen müssen. Ohne regelmäßige Zahlungen an die finanzierende Bank drohe eine Kündigung des Darlehens und damit eine finanzielle Notlage der Anlagenbetreiberin.

3

Das Landgericht hat den Erlass der einstweiligen Verfügung ohne Anhörung der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 07.06.2013 abgelehnt, weil ein Verfügungsgrund teilweise schon nicht schlüssig dargelegt und im Übrigen nicht glaubhaft gemacht worden sei.

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Gegen diese, ihr am 11.06.2013 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin am 26.06.2013 sofortige Beschwerde eingelegt und den Erlass der einstweiligen Verfügung, wie erstinstanzlich beantragt, weiter verfolgt.

5

Die Antragstellerin hat zunächst gerügt, dass die Abweisung ihres Antrages ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung erfolgt sei; hierin liege ein Verfahrensfehler.

6

In der Sache macht die Antragstellerin geltend, dass das Landgericht von fehlerhaften Feststellungen ausgegangen sei, indem es angenommen habe, dass lediglich die exakte Höhe der Vergütung streitig sei. Tatsächlich zahle die Antragsgegnerin bislang gar keine Vergütung (vgl. eidesstattliche Versicherung K. W. v. 21.06.2013). Es fehle zudem an einem Vertragsschluss. Die Antragstellerin hat zur Höhe der Investitionskosten und des Darlehens vorgetragen und hierzu Kreditunterlagen (nur für das Gericht) vorgelegt. Sie hat – unter Berufung auf die o.g. eidesstattliche Versicherung – behauptet, dass eine anderweitige Kredittilgung neben derjenigen aus Einnahmen aus der Stromeinspeisung nicht sichergestellt sei, insbesondere deshalb, weil die Klägerin anderweitige wirtschaftliche Aktivitäten nicht entfalte. Wegen des Einnahmenausfalls sei die Vereinbarung einer Zwischenfinanzierung erforderlich gewesen; diese sei inzwischen erreicht worden.

7

Das Landgericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und zur Begründung seiner am 27.06.2013 getroffenen Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Zurückweisung des Antrags im schriftlichen Verfahren zulässig und hier angemessen gewesen sei. Aus den Angaben der Antragstellerin ergebe sich, dass derzeit durch eine Zwischenfinanzierung der Betrieb des Solarparks gewährleistet sei. Im Übrigen widerlege der bisherige Zeitablauf die Dinglichkeit der einstweiligen Regelung der Angelegenheit. Die Stattgabe hinsichtlich des Antrags zu Ziffer 3 stellte eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache dar. Schließlich hat das Landgericht auf seine örtliche Unzuständigkeit verwiesen.

B.

8

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Landgericht hat die Anträge auf Erlass der einstweiligen Verfügung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Die sofortige Beschwerde nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft, denn die angefochtene Entscheidung ist ohne mündliche Verhandlung im Beschlusswege ergangen, was im Übrigen nach § 937 Abs. 2 Alt. 2 ZPO auch nicht verfahrensfehlerhaft gewesen ist. Die Antragstellerin hat ihr Rechtsmittel form- und fristgerecht eingereicht.

10

II. Das angerufene Landgericht Magdeburg war, wie in der Nichtabhilfeentscheidung zutreffend ausgeführt worden ist, für den Erlass der begehrten einstweiligen Verfügung schon nicht örtlich zuständig. Örtlich und sachlich ausschließlich zuständiges Gericht ist nach § 537 Abs. 1 ZPO das Gericht der Hauptsache (vgl. § 802 ZPO); dieses ist hier aufgrund des allgemeinen Gerichtsstandes der Antragsgegnerin das Landgericht Halle (vgl. § 17 Abs. 1 ZPO). Die danach gebotene Zurückweisung der Anträge als unzulässig stellt keine Verschlechterung der Rechtsstellung der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren dar (vgl. Heßler in: Zöller, Komm. z. ZPO, 29. Aufl. 2012, § 572 Rn. 41 m.w.N.). Im Übrigen griffe selbst dann, wenn man es als eine Verschlechterung ansehen wollte, das Verschlechterungsverbot bei den von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensvoraussetzungen, zu denen auch die Frage der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gehört, nicht ein (vgl. Heßler, a.a.O., § 572 Rn. 42 m.w.N.).

11

III. Nur ergänzend verweist der Senat darauf, dass das Landgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass das Vorbringen der Antragstellerin – auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens – für das Vorliegen eines Verfügungsgrundes nicht genügt hat.

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1. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist der sachliche Anwendungsbereich des § 59 Abs. 2 EEG 2009 grundsätzlich auch dann eröffnet, wenn isoliert ein einzelner Anspruch aus dem Katalog des § 59 Abs. 1 EEG 2009 geltend gemacht wird, und zwar auch dann, wenn der Anspruch, wie hier, nicht im Zusammenhang mit der Geltendmachung des Netzanschlusses bzw. der Abnahme des erzeugten Stroms steht (vgl. OLG Naumburg, Urteil v. 08.12.2011, 2 U 100/11, REE 2012, 27).

13

2. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung als Leistungsverfügung kommt nach § 940 ZPO jedoch nur in Betracht, soweit die begehrte Entscheidung eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ersetzt und vorwegnimmt. Nach diesem Maßstab verfolgt die Antragstellerin mit ihrem Antrag zu Ziffer 3) der Antragsschrift, der auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Vorlage eines (verbindlichen) Angebots zum Abschluss eines Einspeisevertrags mit einer konkreten Vergütungsregelung gerichtet ist, bereits ein unzulässiges Antragsziel. Hinsichtlich der auf Zahlung gerichteten Anträge muss sich der Charakter der begehrten Zahlungen als vorläufige Abschlagszahlungen widerspiegeln, auch in der Bezifferung.

14

3. Die Antragstellerin hat einen Verfügungsgrund nicht schlüssig dargelegt.

15

a) Durch § 59 Abs. 2 EEG 2009 wird der Zugang eines Anlagenbetreibers zu einem gerichtlichen Verfahren auf Erlass einer Leistungsverfügung im einstweiligen Rechtsschutz dadurch erleichtert, dass der Anlagenbetreiber von der Darlegung und Glaubhaftmachung einer Dringlichkeit befreit ist. Im Einzelfall ist aber zu prüfen, ob die gesetzliche Vermutung des Vorliegens eines Verfügungsgrundes nicht dadurch widerlegt ist, dass die Nichterfüllung der vom Anlagenbetreiber geltend gemachten Ansprüche im konkreten Fall nicht zu einer Gefährdung der Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien führt.

16

b) Die Antragstellerin hat selbst angegeben, dass die Einspeisung des im Solarpark „N.“ erzeugten Stroms seit dem 04.04.2013 ununterbrochen erfolgt. Eine unmittelbare Behinderung der Stromeinspeisung durch die Antragsgegnerin erfolgt nicht. Die Antragstellerin beruft sich primär darauf, dass die eine Gefährdung davon ausgehe, dass die Antragsgegnerin nicht zum Abschluss eines Einspeisevertrages mit der Verpflichtung zur Zahlung der von der Antragstellerin geforderten Vergütung bereit sei. Hieraus ergibt sich nicht ohne Weiteres, dass die Antragsgegnerin jede Zahlung verweigert, sondern nur, dass der Abschluss des Vertrages an Unstimmigkeiten über die Höhe der gesetzlichen Vergütung scheitert.

17

c) Aus den bisherigen Angaben der Antragstellerin ist nicht nachvollziehbar, dass sie selbst auf die Einnahmen aus der Einspeisevergütung zum Zwecke der Rückführung der zur Anfangsinvestition aufgenommenen Darlehen angewiesen ist. Denn sie hat zwar vorgetragen, dass sie selbst erhebliche Investitionen vorgenommen habe. Nach dem Inhalt der von ihr vorgelegten Kreditunterlagen und der eidesstattlichen Versicherung des K. W. ist Darlehensnehmerin des zur Finanzierung aufgenommenen Darlehens jedoch eine andere juristische Person, die S. GmbH & Co. KG.

18

c) Soweit die Antragstellerin angegeben hat, dass ihre alleinige wirtschaftliche Aktivität im Betrieb des Solarparks „N.“ bestehe, ist dies offenkundig unrichtig. Ausweislich des Internetauftritts der Antragstellerin ist sie als Generalunternehmerin u.a. auch gewerblich mit der umfassenden Beratung, Projektentwicklung, Finanzierungsbegleitung und der Montage von Solaranlagen für Dritte befasst; sie bietet daneben zusätzliche Bauleistungen, wie Dachsanierung oder Erneuerung der elektrischen Hausverteilung an, die Übernahme des Anlagenbetriebs für Dritte einschließlich Wartungsleistungen. Dieser Umstand lässt ihre Angaben, dass sie über keine finanziellen Mittel zur Überbrückung einer Übergangssituation bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren verfüge, als zweifelhaft erscheinen. Die Zweifel werden dadurch verstärkt, dass der Antragstellerin nach eigenen Angaben der Abschluss eines Vertrags über die Zwischenfinanzierung gelungen ist – diese Zwischenfinanzierung kann, wirtschaftlich vernünftig, nur auf den Zwischenraum bis zur Erwirkung einer erstinstanzlichen Hauptsacheentscheidung gerichtet sein.

19

d) Unter diesen tatsächlichen Umständen ist der Schluss auf eine Gefährdung der Stromeinspeisung nicht gerechtfertigt. Der Senat hat von einer nochmaligen Anhörung der Antragstellerin zum Verfügungsgrund und von einer Beteiligung der Antragsgegnerin am Verfahren abgesehen, weil bereits der unter Abschnitt II. der Gründe angeführte Umstand, die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts, die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde trägt.

C.

20

Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

21

Die Festsetzung des Streitwerts für die Gebührenberechnung ergibt sich aus §§ 53, 42 GKG i.V. mit § 3 ZPO; der Senat macht sich insoweit die Erwägungen des Landgerichts zur Schätzung des Werts des wirtschaftlichen Interesses der Antragstellerin am Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung zu Eigen.


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